Sandra Paggen-Breu hat auf LinkedIn eine Serie ins Leben gerufen, die sich der Erklärung von Begriffen und Grundlagen der Elektronikfertigung widmet. Als Geschäftsführerin der Paggen Werkzeugtechnik GmbH, die sie seit dem 01.01.2023 gemeinsam mit ihrem Vater Wolfgang Paggen leitet, gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Bereichen Qualitätsmanagement, Vertrieb und Marketing weiter. Ihre Beiträge sollen sowohl Quereinsteigern als auch Fachleuten, die sich auf bestimmte Aspekte der Produktion spezialisiert haben, Einblicke bieten. Die Reihe, die trotz anfänglicher Skepsis eine breite positive Resonanz gefunden hat, beleuchtet grundlegende und technische Begriffe der Elektronikfertigung. Sie hat nicht nur Interesse geweckt, sondern auch zu lebhaften Diskussionen in der Community geführt. So stammt ihr zweiterfolgreichster Post genau aus dieser Reihe "Begriffe der Elektronikfertigung"
Hier haben wir einige der erklärten Begriffe zusammengestellt.
HASL (Hot Air Solder Leveling) und seine Bedeutung in der Leiterplattenproduktion
Um das freiliegende Kupfer auf der Leiterplatte vor Oxidation zu schützen und die Lötbarkeit zu gewährleisten, werden in der Leiterplattenproduktion die Kupferoberflächen mit einer speziellen Endoberfläche beschichtet. Diese Beschichtung verhindert die Oxidation, verlängert die Lagerfähigkeit und verbessert die Benetzbarkeit der Lötanschlussflächen. Dabei gibt es gibt zahlreiche Methoden zur Oberflächenveredelung; jede mit ihren eigenen spezifischen Eigenschaften.
Eine weit verbreitete Methode ist HASL, was für Hot Air Solder Leveling steht. Bei diesem Verfahren wird flüssiges Lot auf die zuvor gereinigte Leiterplattenoberfläche aufgetragen. Anschließend wird die Leiterplatte durch heiße Luftdüsen geführt, wodurch überschüssiges Lot entfernt und eine gleichmäßige Lötschicht erzeugt wird.
HASL ist eine kostengünstige Methode, die eine gute Lötbarkeit und lange Lagerfähigkeit bietet. Allerdings kann es aufgrund der tendenziell ungleichmäßigen Oberflächenbeschaffenheit bei feinen Leiterbahnen (Fine Pitch) oder dicht bestückten Leiterplatten zu Problemen führen.
Zusätzlich zu HASL gibt es noch andere Oberflächenveredelungen, die je nach Anwendungsbereich und Anforderungen unterschiedliche Vorteile bieten, wie:
- ENIG (Electroless Nickel/Immersion Gold)
- OSP (Organic Solderability Preservative)
- Immersion Tin
- Immersion Silver
- ENEPIG (Electroless Nickel Electroless Palladium Immersion Gold)
- Hard Gold
Diese verschiedenen Optionen bieten jeweils spezielle Eigenschaften und Vorteile, die je nach spezifischen Anforderungen der Anwendung ausgewählt werden können.
NanoWiring als Alternative zu Bondtechnik, Kleben und Löten
NanoWiring ist ein automatisierter, galvanischer Prozess, bei dem auf Materialien wie Kupfer, Gold, Silber oder Nickel eine Art "Wiese" wächst. Diese nanoskaligen Drähte erzeugen eine spezielle Oberflächenstruktur, die einzigartige Verbindungseigenschaften bietet.
Durch diese Behandlung können Bauteile schnell, präzise und umweltfreundlich verbunden werden – und das bei Raumtemperatur und ohne großen Kraftaufwand. Diese Verbindungen sind sehr robust und funktionieren ähnlich wie ein Klettverschluss, jedoch ohne Möglichkeit, sie wieder zu lösen.
Die möglichen Anwendungsbereiche für NanoWiring sind vielfältig und umfassen unter anderem:
- 3D Packaging
- Die/Substrate Attach
- Wire Bonding Replacement / FPC
- Power Module Packaging
- Thermal Interface Material
- Weitere spezifische Anwendungen in der Mikroelektronik und Nanotechnologie
Dieser Prozess bietet erhebliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Präzision und Nachhaltigkeit, was ihn zu einer vielversprechenden Technologie für die Zukunft der Elektronikfertigung macht. Bemerkenswert ist dabei, dass die rein metallische Verbindung aus unter anderem Kupfer, Gold, Silber oder Nickel deutlich höhere elektrische und thermische Leitfähigkeiten aufweist als Löten, Bonden, Klebstoffe oder Schrauben.
Ein interessanter Nebeneffekt ergibt zudem: Denn beim KlettWelding und KlettSintern findet der Bond-Prozess in der z-Achse statt, wodurch ein 3D-Packaging realisierbar ist. Die Technologie von NanoWired wurde bereits mit 25 internationalen Firmen wie Osram, Bosch, Murata, Wika, SMA, Honda und Huawei erprobt.
Die Bedeutung der Glasübergangstemperatur (Tg) für FR4-Leiterplattenmaterialien
TG auch Tg steht für die Glasübergangstemperatur eines Materials, wobei 130 die Temperatur in °C angibt, bei der das Harz im Gewebe des klassischen FR4 von einem glasartigen in einen gummiartigen Zustand übergeht. Die TG ist ein wichtiger Parameter für Leiterplattenmaterialien; Materialien mit einer TG von 130°C eignen sich für Anwendungen, bei denen die Leiterplatte mäßigen thermischen Belastungen ausgesetzt ist.
Es gibt auch Varianten von FR4 mit höherer Tg, oft bei etwa 170°C oder höher. Diese Hoch-TG-Materialien werden verwendet, wenn Leiterplatten höheren Betriebstemperaturen standhalten müssen, ohne ihre mechanische Stabilität oder elektrischen Eigenschaften zu verlieren. Anwendungen in der Automobil- oder Luft- und Raumfahrtindustrie erfordern häufig solche Hoch-TG-Materialien.
Obwohl Standard-FR4 eine TG von ca. 130°C hat, können FR4-Leiterplatten bei Temperaturen von ca. 230°C gelötet werden, da die thermische Belastung während des Lötprozesses nur kurzzeitig auftritt. FR4 ist also trotz einer TG von ca. 130°C für Lötprozesse geeignet. Es ist jedoch wichtig, die thermischen Grenzen des Materials zu verstehen und zu berücksichtigen, um eine zuverlässige Leistung der Leiterplatte zu gewährleisten.
Neben der Glasübergangstemperatur sollten Entwickler auch die Zersetzungstemperatur (Td) und die maximale Betriebstemperatur des Materials berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Leiterplatte den Anforderungen der spezifischen Anwendung entspricht. Als Richtwert für die thermische Dauerbelastung gilt: Einsatztemperatur ca. 25°C unter TG.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der thermische Ausdehnungskoeffizient (CTE), der angibt, wie stark sich das Material bei Erwärmung ausdehnt. Ein niedriger CTE ist vorteilhaft, um mechanische Spannungen und mögliche Schäden an der Leiterplatte während thermischer Zyklen zu minimieren.
Rework in der Elektronikfertigung: Prozesse, Gründe und Lösungen
In der Elektronikfertigung wird der Begriff "Rework" oft mit Reparatur gleichgesetzt, umfasst jedoch die selektive Nacharbeit von SMD-Bauteilen und geht somit über die reine Reparatur hinaus. Rework beinhaltet alle notwendigen Prozesse, die zur gezielten Installation oder zum Austausch einzelner Bauteile auf einer Baugruppe erforderlich sind.
Im ersten Schritt wird das SMD-Bauteil von der Baugruppe entlötet, das überschüssige Lot wird entfernt und die Baugruppe für die Installation des neuen Bauteils vorbereitet. Anschließend wird das neue Bauteil präzise platziert und eingelötet. Ziel dieser Nacharbeit ist es, Produkte zu erzeugen, die qualitativ ebenso hochwertig sind wie in der Serienfertigung produzierte Produkte. Zudem wird durch professionelle Rework-Prozesse die Lebensdauer von elektronischen Baugruppen verlängert und deren Wert erhalten.
Es gibt zahlreiche Gründe für die Nacharbeit an elektronischen Baugruppen, darunter:
- Defekte Bauteile
- Falsch bestückte Bauteile
- Bestückung in falscher Orientierung
- Schlechte Lötstellen
- Falsche Programmierung
- Wiederverwendung von Bauteilen
- Änderungen am Design der Baugruppe
- Prototyping
- Tests an der Baugruppe
Das Ziel der Nacharbeit ist stets, eine funktionsfähige und zuverlässige Baugruppe zu erhalten und gleichzeitig die Entstehung von Elektroschrott zu minimieren, was zur Nachhaltigkeit beiträgt. Für jede Rework-Anwendung gibt es passende Lösungen, von kostengünstigen Entlötstationen bis hin zu automatisierten Systemen.
Die wichtigsten Abkürzungen in den Bereichen Automotive und Elektronik
Automobil-Begriffe wie ABS und CAN gehörten zu den ersten TLAs (Three-Letter Acronyms, also Abkürzungen, die aus drei Buchstaben bestehen) im Automotive-Bereich, aber mittlerweile gibt es so viele Abkürzungen, dass selbst Experten manchmal ins Grübeln kommen – zumal die Abkürzungen mittlerweile nicht nur aus drei Buchstaben bestehen. Weil selbst Experten, die jeden Tag mit den Begriffen umgehen, manchmal durcheinander kamen, hat die Redaktion ein großes, ständig aktualisiertes Abkürzungsverzeichnis mit weit über 1.000 Einträgen erstellt, das der Übersichtlichkeit halber in mehrere Einzelbeiträge aufgeteilt ist. Zu den Rubriken zählen unter anderem ADAS und AD; Schnittstellen, Test, Diagnose und Frameworks; Elektromobilität; IoT, Wireless, Netzwerk und Schnittstellen sowie viele weitere.
Fine Pitch in der Elektronikfertigung: Bedeutung und Herausforderungen
In der Elektronikfertigung bezieht sich der Begriff "Fine Pitch" auf den Abstand oder die Dichte der Anschlüsse oder Lötpunkte auf einer Leiterplatte oder einem IC-Gehäuse. In anderen Worten: Es beschreibt die Feinheit der Rasterung oder der Abstände zwischen den Anschlüssen.
Bei traditionellen Leiterplatten und IC-Gehäusen waren die Anschlussraster relativ groß, typischerweise im Bereich von 0,1 Zoll (2,54 mm). Im Gegensatz dazu sind bei Fine Pitch die Anschlussraster enger und haben kleinere Abstände. So können Rasterabstände von 0,5 mm, 0,4 mm, 0,3 mm oder sogar noch kleiner vorkommen.
Fine Pitch-Komponenten ermöglichen eine höhere Anzahl von Anschlüssen auf einer begrenzten Fläche und werden häufig in Anwendungen verwendet, bei denen eine hohe Anschlussdichte erforderlich ist, wie beispielsweise bei High-Density-Steckverbindern, Flachbandkabeln, IC-Packages oder Display-Anschlüssen. Durch die Verwendung von Fine Pitch-Technologie können Hersteller kompaktere und leistungsstärkere elektronische Geräte entwickeln. Allerdings erfordert die Handhabung und Montage von Fine Pitch-Komponenten oft spezielle Techniken und Werkzeuge aufgrund der geringeren Abstände zwischen den Anschlüssen.