Sandra Paggen Breu neben dem LinkedIn-Logo mit dem Zitat "Aus „Das bringt doch alles nichts“ wurde ein „Das darf man nicht überschätzen“."

„Menschen auf Social Media wollen Posts, bei denen die Persönlichkeit durchschimmert.“ Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin Paggen Werkzeugtechnik (Bild: Paggen)

Wer in der Elektronikfertigung und auf LinkedIn unterwegs ist, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einmal den Namen Sandra Paggen-Breu vernommen. Wirklich aktiv auf der sozialen Plattform ist sie etwa seit dem Vorfeld der SMT 2022. Dabei kam die ursprüngliche Idee gar nicht von ihr selbst, sondern ein Mitarbeiter „pflanzte“ ihr den Gedanken ein. Wie viel Zeit sie für LinkedIn investiert, wie die Idee in ihrem Umfeld angenommen wurde und was ihr erfolgreichster Post ist, darüber spricht sie im Interview.

Frau Paggen-Breu, woher stammt eigentlich die Idee, Zeit in LinkedIn zu investieren?

Das ist tatsächlich eine lustige Geschichte: Einer meiner Mitarbeiter meinte bei einem Meeting „Wir müssen unbedingt was auf LinkedIn machen.“ Meine Skepsis war anfangs jedoch groß, allein beim Gedanken an den Zeitaufwand. Zudem war für mich LinkedIn zehn Jahre lang nur eine Plattform, auf der Werbung oder Veranstaltungshinweise geteilt werden. Aber irgendwie hat mich dieser Gedanke nicht losgelassen und ich habe einfach mal, etwa zwei, drei Wochen lang, kurz vor der SMT 2022, ein paar Sachen gepostet. Und da war dann ein Post dabei, der ist richtig gut gelaufen. Und das war für mich eine immense Motivation, damit weiterzumachen und der Sache eine Chance zu geben.

Wie hat sich das Thema dann entwickelt?

Anfangs hatte ich noch keinen echten Plan, das kam alle über learning by doing. Später hab mich aber professionell damit auseinandergesetzt und bin Leuten gefolgt, sich damit auskennen und ihre Tipps teilen. Diese habe ich dann nach und nach umgesetzt.

Hatten Sie dabei auch mal das Gefühl, dass es die Zeit nicht wert ist?

Nicht wirklich, denn ich hatte mir vorgenommen, das für ein halbes Jahr auszuprobieren, um rauszufinden, wie das wirklich funktioniert. Ich wollte es durchziehen, zwei bis drei Posts die Woche zu machen. Das hat sich neben dem Tagesgeschäft gut realisieren lassen.

Zitat

Aus „Das bringt doch alles nichts“ wurde ein „Das darf man nicht überschätzen“.

Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin bei Paggen GmbH

Über die Interviewpartnerin

Seit dem 01.01.2023 verantwortet Sandra Paggen-Breu gemeinsam mit ihrem Vater Wolfgang Paggen die Geschäftsführung der Paggen Werkzeugtechnik GmbH. Die Diplom-Wirtschaftsingenieurin sammelte langjährige Berufserfahrung in den Bereichen Qualitätsmanagement, Vertrieb und Marketing in der Elektronikindustrie, bevor sie 2014 in das elterliche Unternehmen eintrat. Sie als Frau und Unternehmensnachfolgerin sieht sich selbst als ein „Kuriosum in der Branche“.

Sie sind immer noch dabei, also lohnt es sich wohl. Welche positiven Effekte erfahren Sie durch LinkedIn?

Definitiv! Zum Beispiel habe ich Auftragsanfragen von Neukunden über LinkedIn erhalten. Allerdings hat es relativ lange gedauert, bis es soweit war – sicher ein halbes Jahr nachdem ich „richtig“ mit dem Posten angefangen habe. Die Anzahl ist auch überschaubar. Außerdem ist es mir schon auf Messen passiert, das mich mir bis dato unbekannte Menschen auf meine Posts angesprochen haben. Das hat mich dann doch überrascht, wie viele Leute mich online wahrnehmen, die ich gar nicht sehe, weil sie nicht liken oder kommentieren.

Tatsächlich ist mein Ziel aber auch in erster Linie keine Lead-Generierung, sondern Networking und Markenaufbau. Also präsent sein, wenn Leute etwas brauchen, dass sie dann an mich beziehungsweise an die Firma Paggen denken. Daher will ich so schreiben, dass meine Persönlichkeit durchkommt. Menschen, mit denen ich erstmals in Kontakt trete, sollen schon das Gefühl haben, dass sie mich ein stückweit kennen und gleich eine Verbindung da ist.

Wie gestalten Sie Ihre Inhalte, um Ihre Leser speziell in der Elektronikbranche anzusprechen?

Ich habe mir vorgenommen, dass ich Unternehmens-Posts und persönliche Posts mache, und zwar im Verhältnis zwei zu eins. Persönlich heißt hier aber nicht privat. Das ist mir wichtig, dass ich unterscheide. Also meine Leser wissen zwar, dass ich eine Tochter habe, aber nicht wie sie heißt. Fotos von ihr sind auch ein absolutes No-Go. Ich behandle in meinen persönlichen Posts eher Kultur- oder Meinungs-Inhalte, zu denen ich etwas sagen möchte und kann, etwa Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Nachfolge im Unternehmen.

Zitat

Ich glaube alle, die heute erfolgreich sind, schauen mit Graus auf ihre ersten Posts zurück.

Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin bei Paggen GmbH

Bei Ihren Unternehmens-Posts erklären Sie manchmal die Grundlagen der Elektronikfertigung. Hatten Sie die Befürchtung, als oberlehrerhaft empfunden zu werden?

Tatsächlich habe ich von einem Bekannten den Kommentar bekommen, dass er diese Serie nicht gut findet, weil das ja ohnehin schon jeder wüsste. Auf der anderen Seite bekomme ich witzigerweise genau auf diese Serie extrem gutes Feedback, weil es eben nicht schon jeder weiß! Gerade Quereinsteiger oder Menschen, die sich bisher vor allem auf einen Aspekt der Fertigung konzentriert haben, freuen sich über solche Posts.

Was war Ihr bisher erfolgreichster Post?

Da müssten wir erst die Frage klären, was ein erfolgreicher Post ist. Wäre es die Zahl der Reaktionen, ist das ein Post zum Thema German Angst im Oktober letzten Jahres. Den Begriff hatte ich öfter gelesen und habe kurz erklärt, was der Begriff bedeutet und dann die Frage gestellt, ob wir denn wirklich ein Volk von Bedenkenträgern sind. Und da hatte jeder eine Meinung dazu.

Interessanterweise war der zweiterfolgreichste Post ein echt technischer, der einen Begriff aus der Elektronikfertigung erklärt hat. Darunter ist dann eine Diskussion entbrannt, die sich über mehrere Tage entwickelt hat.

Wie wurde die Idee von Ihrem Umfeld aufgenommen?

Meine Mama ist mittlerweile überzeugt, dass das Mehr an Anfragen auch durch meine Arbeit auf LinkedIn kommt. Meinem Papa zeige ich hin und wieder, was ich da gemacht habe. Allerdings ist er nicht auf LinkedIn und kann daher wenig damit anfangen. Aber er freut sich immer für mich, weil ich erfolgreich bin und Spaß daran habe. Er hatte auch nie Befürchtungen, dass ich dem Unternehmen damit schaden kann.

Von Bekannten gab es anfangs Stimmen, die gelästert haben „Was will die denn mit dem LinkedIn. Die ist ja nur noch online. Das bringt doch alles nichts.“ Diese Stimmen wurden mit der Zeit leiser. Daraus wurde eher ein „Das darf man nicht überschätzen.“ Dabei kamen diese kritischen Kommentare immer im direkten Gespräch, wenn ich zum Beispiel von meinen Erfolgen erzähle, etwa dass ich kaum noch Kaltakquise mache. Für so manch alten Hasen ist aber LinkedIn keine richtige Arbeit, ich „solle doch mehr Klinken putzen“. Tatsächlich habe ich aber weniger Arbeit, da ich durch meine Präsenz auf LinkedIn mehr potentielle Kunden erreiche.

Das klingt ein wenig nach Neid?

Richtig.

Warum gibt es auf LinkedIn so wenig aktive Personen im Bereich Elektronik?

Das hat aus meiner Sicht mehrere Gründe: Zum einen ist es den Menschen schlicht nicht wichtig, diesen Kanal zu bespielen. Sie haben ihre Wege, die schon immer funktioniert haben. Zudem geht es auch einfach im Tagesgeschäft unter – es steckt ja auch eine Menge Arbeit drin

Andere haben die Einstellung, dass solche Aktivitäten über die Marketingabteilung kommen müssen. Da passiert dann einmal die Woche oder alle zwei Wochen ein Post über den Unternehmensaccount und der wird geliked und vielleicht sogar noch geteilt. Aber so stellt man ja keine Beziehung zu anderen Menschen her, also kommen kaum Interaktionen und die Menschen verlieren die Lust. Ich habe zum Beispiel am Anfang auch über den Firmenaccount gepostet, das dann aber schnell wieder eingestellt, weil es nicht lief.

Die Menschen auf Social Media wollen persönliche Geschichten und Meinungen von Menschen lesen, bei deren Posts die Persönlichkeit durchschimmert.

Zitat

Menschen auf Social Media wollen Posts, bei denen die Persönlichkeit durchschimmert.

Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin bei Paggen GmbH

Fühlen Sie sich eigentlich als Influencer?

Nein, eher nicht. Dafür ist die Branche zu klein und auch die Zahl der potenziellen Follower ist zu gering. Aber ich habe meinen Spaß bei diesem Teil meiner Arbeit und freue mich über jede Interaktion.

Was raten Sie Menschen, die mit dem Gedanken spielen, mit LinkedIn anzufangen?

Einfach anfangen, es passiert nichts! Am Anfang hat man wenig Kontakte, denen es maximal ausgespielt wird, das können 100 oder 200 sein. Durch das regelmäßige Posten bekommt man Routine und es muss auch nicht von Anfang an perfekt sein. Ich glaube alle, die heute erfolgreich sind, schauen mit Graus auf ihre ersten Posts zurück. Zudem muss auch nicht von Anfang an, die Art des Contents festgelegt sein, Formate und Inhalte dürfen sich immer ändern. Man sollte auch nicht zu sehr versuchen, dem Algorithmus zu gefallen. Am Ende zählen die Inhalte.

Menschen sollten außerdem keine Angst vor einem Shit-Storm haben. Gerade zu Beginn, wenn die Reichweite klein ist, ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering. Abschließend noch ein Satz: Der Erfolg braucht Zeit – die muss man sich geben.

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