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Dass der Kreislaufwirtschaftsgedanke schon viel früher beginnen muss als beim Recycling, offenbart ein Blick ins Kreislaufwirtschaftsgesetz (§6) zur Abfallhierarchie. Bevor Abfälle recycelt werden, haben zwei andere Prinzipien Vorrang: An erster Stelle steht die Vermeidung, an zweiter die Vorbereitung zur Wiederverwendung. Auf jeder dieser Stufen haben Elektronikunternehmen Stellschrauben, ihre Prozesse zu optimieren.
Abfallvermeidung und Wiederverwendung als erste Schritte
„Die beste Form der Kreislaufwirtschaft ist die, bei der Abfall erst gar nicht anfällt“, bringt es Quentin Zapf, COO bei Prettl Electronics, auf den Punkt. Sein Unternehmen verfolgt eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie: Mit der 2020 gestarteten Initiative GoZero soll der CO₂-Ausstoß im Produktionsprozess auf null gesenkt werden. Dabei wird auch das Abfallmanagement einbezogen – ein Bereich, dessen Potenzial zur Emissionsreduktion in der Elektronikbranche oft unterschätzt wird.

Für Elektronikfertiger bedeutet das: Prozesse müssen so evaluiert werden, dass Materialüberschüsse und Abfälle gar nicht erst entstehen. Bereits in der Planungsphase lassen sich durch fertigungsgerechtes Design und eine optimierte Materialausnutzung Produktionsreste und Ausschuss erheblich reduzieren. Auch die Überlagerung von Materialien lässt sich vermeiden, wenn Auftraggeber und Zulieferer eng kooperieren.
Lässt sich Abfall dennoch nicht vollständig vermeiden, folgt in der Abfallhierarchie die Vorbereitung zur Wiederverwendung – und diese ist deutlich energieeffizienter als klassisches Recycling. Dabei werden Stoffe so aufbereitet, dass sie erneut in den Produktionskreislauf eingebracht werden können, ohne dass aufwändige Raffinationsprozesse notwendig sind. Dan Mutschler, CEO von MTM Ruhrzinn, beschreibt den Ansatz so: „Für uns ist wichtig, die Abfälle korrekt zu sortieren. Es ist notwendig, in Produkten und Legierungen zu denken, um durch korrekte Chargenbildung die Vorbereitung für die Wiederverwendung erreichen zu können.“
Ein anschauliches Beispiel ist die Aufbereitung von Zinnkrätze. Wird diese sortenrein gesammelt – also nur in einer bestimmten Legierung – lassen sich die metallischen Anteile effizient zurückgewinnen. Im Idealfall kann das rückgewonnene Zinn direkt wieder als Lötmaterial eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist eine kontinuierliche Qualitätskontrolle im Produktionsprozess, um dafür zu sorgen, dass die Legierungszusammensetzung konstant der Norm entspricht.
Nachhaltigkeit beginnt mit Sortierung, Verwertung und Verantwortung
Damit Produktionsabfälle tatsächlich in eine Wiederverwendung überführt werden können, ist ein professionelles Stoffstrommanagement notwendig. Eine wesentliche Voraussetzung ist die korrekte Trennung der Abfälle nach Legierungen, was in vielen Elektronikfertigungen noch keine Selbstverständlichkeit ist. Die Schulung der verantwortlichen Mitarbeitenden spielt dabei eine zentrale Rolle. Nur wenn das Wissen über Materialzusammensetzung und Sortenreinheit vorhanden ist, können Produktionsreste effizient in den Materialkreislauf zurückgeführt werden.
Nicht alle Rückstände lassen sich ohne Weiteres wiederverwenden – insbesondere wenn die Stoffströme bereits vermischt sind oder es sich um komplexe Baugruppen handelt. In solchen Fällen ist das Recycling der nächste logische Schritt, um dennoch wertvolle Ressourcen zurückzugewinnen. Für Unternehmen wie MTM Ruhrzinn, die sich auf das Recycling von Lotabfällen spezialisiert haben, bedeutet das: Die Rückstände werden geschmolzen und durch mehrere Raffinationsstufen in ihre metallischen Bestandteile wie Zinn, Kupfer oder Silber zerlegt. Diese liegen anschließend in Reinform vor und können gezielt für neue Legierungen eingesetzt werden.

Auch hier kommt es entscheidend auf die Standardisierung der Abfalltrennung in der Produktion an. So können beispielsweise unbestückte Leiterplatten, die aufgrund von Qualitätsmängeln aussortiert werden, getrennt von bestückten Baugruppen gesammelt werden – ein wichtiger Schritt, um die Recyclingprozesse effizient und umweltgerecht zu gestalten. Je besser das Material vorbereitet ist, desto höher ist der ökonomische wie ökologische Rückgewinnungswert.
Die Kooperation zwischen Prettl Electronics und MTM Ruhrzinn veranschaulicht, wie Unternehmen durch Kreislaufwirtschaft Verantwortung übernehmen und gleichzeitig messbare Vorteile erzielen können. „Wir schmeißen Reklamationen nicht einfach weg, sondern sorgen dafür, dass das Material in die Wiederverwendung oder ins Recycling gelangt“, betont Quentin Zapf. Das zahlt sich aus: Allein im vergangenen Jahr konnten über 1,5 Tonnen Abfälle aus verschiedenen Prettl-Standorten wiederaufgewertet werden – mit dem Ergebnis einer über 20 %igen Profitsteigerung im Vergleich zur vorherigen Entsorgungslösung.

Auch die Umwelt profitiert: Rund 23.500 Kilogramm CO₂-Äquivalente konnten durch das optimierte Recycling eingespart werden – eine Menge, die etwa 16 Flügen zwischen Frankfurt und New York entspricht. Die Einsparung wurde durch MTM Ruhrzinn in einem TÜV-zertifizierten CO₂-Footprint-Zertifikat (PCF nach DIN ISO 14067:2019) dokumentiert.
Die Zusammenarbeit zeigt beispielhaft, wie sich ökologische und ökonomische Interessen durch kluge Abfallstrategien vereinen lassen. Gerade in einer Branche, die unter zunehmendem Ressourcen- und Kostendruck steht, können Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Recycling zu entscheidenden Stellhebeln werden. Wer entlang der gesamten Wertschöpfungskette denkt, senkt nicht nur Betriebskosten und CO₂-Fußabdruck, sondern erfüllt zugleich steigende regulatorische Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit und Emissionstransparenz.
In dieser Entwicklung liegt eine strategische Chance: Eine konsequent verankerte Kreislaufwirtschaft ist kein Nice-to-have mehr, sondern ein zukunftsentscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Elektronikunternehmen. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Partnern wie MTM Ruhrzinn kann dabei der Schlüssel sein – zu einer intelligenten Ressourcennutzung und einem Geschäftsmodell, das ökologisch verantwortungsvoll und wirtschaftlich tragfähig zugleich ist.