Was aus Innovationen werden kann – und was der PIA bewirkt

Rückblick auf den productronica Innovation Award 2023

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Alle Preisträger des productronica Innovation Awards 2023 freuten sich über den Preis und den gelungenen Abend.
Alle Preisträger des productronica Innovation Awards 2023 freuten sich über den Preis und den gelungenen Abend.

Der productronica Innovation Award (PIA) ehrt alle zwei Jahre Innovationen in der Elektronikfertigung. Welche Entwicklungen haben die Gewinner 2023 seitdem vorangetrieben? Wir haben bei den Unternehmen nachgefragt.

Der productronica Innovation Award – kurz PIA – hat sich seit seiner Einführung im Jahr 2015 als feste Größe innerhalb der Elektronikfertigung etabliert. Als gemeinsames Projekt der Messe München und der Fachzeitschrift productronic ist der PIA der einzige unabhängige Innovationspreis dieser Branche. Dabei geht es nicht um symbolische Anerkennung, sondern um technisch nachvollziehbare Neuerungen mit nachweisbarem Mehrwert.

2023 wurde der Preis zum fünften Mal vergeben wie immer direkt zu Beginn der Messe. Rund 70 Einreichungen gingen ins Rennen, aufgeteilt in sechs Technologiekategorien, die auch die Messethemen repräsentieren. Die Jury ist hochkarätig mit unabhängigen Fachleuten aus Forschung und Verbänden besetzt. Ihr Ziel: Substanz erkennen, Buzzwords aussortieren, Innovationen sichtbar machen, die das Potenzial haben, Standards zu verschieben.

Die ausgezeichneten Projekte kamen sowohl von internationalen Konzernen und spezialisierten Mittelständlern als auch von jungen Unternehmen. Doch was ist aus diesen Innovationen geworden? Welche Entwicklungen gab es seither? Und wie bewerten die Preisträger ihre Teilnahme rückblickend? Wir haben nachgefragt, wobei nicht alle Unternehmen geantwortet haben.

Cluster Future Markets: Asys – Performance Monitor

Mit dem Performance Monitor präsentierte Asys ein Tool, das für mehr Transparenz in der SMT-Fertigung sorgt. Die Lösung ermöglicht eine Analyse der Taktzeiten einzelner Anlagen innerhalb einer Linie – ein echter Fortschritt gegenüber bisherigen Ansätzen, die oft nur mit Näherungswerten arbeiteten.

„Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal war die präzise Taktzeitanalyse pro Anlage im Verbund“, erklärt auch Drazenko Trkulja, Product Manager Software Solutions bei Asys. „Frühere Systeme konnten das nur annäherungsweise, was die Aussagekraft stark eingeschränkt hat.“ Inzwischen wurde der Monitor tief in die Softwareplattform Synaptica OS integriert. Hilfreich sei laut Trkulja eine neu entwickelte History-Funktion: „Damit lassen sich Leistungsdaten einzelner Anlagen über längere Zeiträume hinweg analysieren – das eröffnet neue Möglichkeiten für gezielte Prozessverbesserungen.“

Auch die Auszeichnung selbst habe Wirkung gezeigt: „Der Gewinn des Awards war für uns ein klares Signal, dass wir technologisch auf dem richtigen Weg sind. Und er hilft natürlich auch im Markt, weil er Vertrauen schafft.“ Seine Empfehlung an andere Unternehmen: „Einreichen lohnt sich, wenn man etwas Handfestes vorzuweisen hat.“

Was PIA und die Oscars gemein haben

„Welcome to the Oscars!“, so eröffnete Moderatorin Petra Gottwald, Chefredakteurin der productronic, die feierliche Verleihung des 5. productronica innovation awards. Hintergrund für den Hauch von Hollywood ist, dass die goldenen Briefumschläge, aus denen die Gewinnern gezogen wurden, die gleichen sind, wie in Los Angeles. Gefertigt werden sie übrigens in Regensbu

Cluster PCB & EMS: Suss – JETxSM24

Im Cluster PCB & EMS holte sich Suss mit dem JETxSM24 den ersten Platz – einer Lösung zur digitalen Applikation von Lötstopplack. Statt auf fotolithografische Prozesse zu setzen, wird das Maskenmaterial per Inkjet-Verfahren direkt auf das Substrat gedruckt. Das reduziert Prozessschritte, spart Chemikalien und erlaubt flexiblere Designs.

Den zweiten Platz belegte Gebr. Schmid mit seinem ET-Prozess zur Einbettung von Leiterbahnen mittels Plasmaätztechnik. Auf Rang drei folgte Haprotec mit einem skalierbaren Materialversorgungssystem.

Cluster Semiconductors: AP&S International – NexAStep

Mit NexAStep stellte AP&S eine kompakte, automatisierte Nassprozesslösung für die Halbleiterfertigung vor. Die Integration aller chemischen Versorgungskomponenten, gepaart mit einem robotergestützten Lagersystem und einer speziell geformten Prozesskammer, [-]ermöglicht eine hohe Flächeneffizienz und verbesserte Dampfabsaugung – optimal für den Reinraumeinsatz.

„Unsere Innovation lag vor allem in der konsequenten Integration“, sagt Alexandra Meier aus dem Marketingteam von AP&S. „Das System nutzt die vorhandene Fläche optimal aus, kombiniert Automatisierung mit hoher Prozesstreue und schafft so einen echten Mehrwert in der Produktion.“

Seit der Preisverleihung wurde die Lösung laut Meier punktuell weiterentwickelt: „Das Grundkonzept hat sich bewährt. Anpassungen erfolgen gezielt dort, wo Kunden individuelle Anforderungen haben.“ Auch der Award selbst hat Wirkung gezeigt: „Für uns war der Gewinn eine wichtige Bestätigung – sowohl für unser Team als auch für unsere Kunden. Die Resonanz war durchweg positiv.“ Ihre Einschätzung zum Bewerbungsprozess: „Allein die Teilnahme ist lohnend. Sie zwingt dazu, das eigene Produkt klar zu strukturieren und die Stärken herauszuarbeiten. Und wenn man gewinnt, ist das ein starkes Signal in alle Richtungen.“

Cluster SMT: SmartTec – smartProLog

Smarttec wurde für seine Lösung smartProLog ausgezeichnet, ein modulares System für das Materialmanagement in der SMT-Fertigung. Ziel ist es, sämtliche Materialien zur richtigen Zeit, in richtiger Menge und in nachvollziehbarer Form bereitzustellen. Das System ist anpassbar und skalierbar – von einfachen manuell unterstützten Lagereinheiten bis hin zur Vollautomatisierung mit Roboterintegration.

„Vom damaligen Stand der Technik unterscheiden wir uns vor allem durch unsere Modularität und die Fähigkeit, alle relevanten Teile einlagern und verwalten zu können“, sagt Uwe Geisler, Managing Director SCCE. „Das ermöglicht eine kundenindividuelle Ausgestaltung bei gleichzeitig gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis.“ Seit der Verleihung wurde das System weiter ausgebaut: „Wir haben auf Kundenwunsch zentrale und dezentrale Lagerkonzepte entwickelt und die Software- wie Hardwaremodule konsequent modularisiert. So können wir heute sowohl kleinere Kunden als auch globale Player bedienen.“

Geisler sieht im Award einen klaren Mehrwert: „Die Aufmerksamkeit nach der Auszeichnung war deutlich spürbar. Unsere Erwartungen wurden vollständig erfüllt – sowohl in Bezug auf die Resonanz als auch auf die Marktpositionierung.“ Sein Rat an andere: „Kann ich nur empfehlen. Der Aufwand ist überschaubar, der Nutzen hoch.“

Cluster Inspection [&] Quality: budatec – HFTS320

Mit dem HFTS320 präsentierte Budatec ein Testsystem zur thermischen Charakterisierung von Leistungsmodulen. Mithilfe der Kontaktthermografie wird das Verhalten von gelöteten oder gesinterten DCB-Verbindungen unter definierten thermischen Belastungen analysiert – und das ohne zerstörende Eingriffe. Die Methode simuliert realitätsnah den Betrieb und liefert Daten zur Qualität der thermischen Anbindung – ein relevanter Beitrag zur zuverlässigen Leistungselektronik.

Die Jury würdigte neben dem klaren Anwendungsfokus auch die methodische Tiefe des Systems. Auf Platz zwei landete Göpel Electronic mit FlashFox 8, Platz drei belegte Mirtec mit einem AOI-System auf Basis von Anti-Reflex-Technologie.

Cluster Cables, Coils [&] Hybrids: Frisimos – Automatisierte Kabelkonfektion

Frisimos überzeugte die Jury mit einer vollautomatisierten Bearbeitungslinie für RJ45- und M8/M12-Kabel – einem Fertigungsbereich, der bislang weitgehend manuell ablief. Die Lösung eröffnet Möglichkeiten für eine wirtschaftlich sinnvolle Produktion auch in Europa.

„Unsere Linie ist die erste, die diese Kabeltypen vollautomatisch herstellen kann“, sagt Stefan Jaeger, Sales Manager bei Frisimos. „Das senkt nicht nur die Fertigungskosten, sondern macht auch europäische Produktionsstandorte attraktiver.“ Auch technisch ging es weiter: „Wir haben das Transportsystem überarbeitet – statt Paletten verwenden wir nun eine Lineareinheit, was die Taktzeit verbessert. Zusätzlich wurden neue Module wie ein Lötmodul integriert.“

Und wie fiel die Resonanz auf den Award aus? „Die Auszeichnung kam für uns überraschend – aber sie hat sofort Wirkung gezeigt. Viele Besucher kamen gezielt auf uns zu, und erste Projekte wurden bereits während der Messe angestoßen.“ Jaegers Fazit fällt eindeutig aus: „Ich würde mich jederzeit wieder bewerben. Für kleinere Firmen ist das eine großartige Chance, Sichtbarkeit zu gewinnen.“

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.