Die Firma Braun in Waiblingen wollte Zeit und Kosten in der SMT-Bestückung sparen. Dafür brachten drei Unternehmen ihre Erfahrung in drei verschiedenen Bereichen ein.

Die Firma Braun in Waiblingen wollte Zeit und Kosten in der SMT-Bestückung sparen. Dafür brachten drei Unternehmen ihre Erfahrung in drei verschiedenen Bereichen ein. (Bild: Essemtec)

Braun aus Waiblingen sah sich vor die Herausforderung gestellt, dass immer mehr Produkte und Varianten die Losgrößen verkleinerten und die dadurch nötigen Umrüstzeiten und das Einfahren neuer Produkte in der Linie zu hohen und teuren Stillständen führten. Wie Christian Müller, technischer Verantwortlicher bei Braun, erklärte, brauchte es eine neue Produktionsstrategie. Dabei sollten die Stillstandzeiten in der ganzen Produktionskette stark reduziert werden, unter Berücksichtigung einer minimalen Anzahl Mitarbeiter in der Produktion. Ziel war es, mit geringem Aufwand an der Linie die komplexen Produktionsanforderungen zu meistern und somit die Produktionskosten zu senken. Wichtig waren dabei drei Faktoren.

Faktor 1: Stopp-Zeiten reduzieren

Nach mehreren Auswertungen bei Braun wurde festgestellt, dass nicht die absolute Bestück-Leistung maßgebend ist, sondern die Minimierung der Stopp-Zeiten. Essemtec entwickelte dazu das „Turtle vs. Rabbit“-Konzept. Also lieber eine langsame und sichere Produktion, als eine schnelle, fehleranfällige.

FOX Bestückern von Essemtec
Faktor 1: Durch den Einsatz 3 FOX Bestückern von Essemtec in der SMT Pick and Place Linie bei Braun reduzierte das Unternehmen Umrüst- und Stillstandszeiten. (Bild: Essemtec)

Auf Seite der Bestückung fokussierte sich Essemtec an einer Nonstop-Produktionslösung. Drei kleine Bestücker stellen dabei 420 Feederplätze online zur Verfügung, die mit zusätzlichen Tray Wechslern in den Maschinen ergänzt wurden, welche keine Feederplätze benötigen. Damit konnte Braun bereits 90% der benötigten Bauelemente für das gesamte Produktionsspektrum auf den Maschinen fest rüsten. Die absolute Bestückleistung ist Nebensache. Die restlichen benötigten Feeder werden on the fly gerüstet – ohne Produktionsstopp. Dabei unterstützen eine Materialmanagement Software, ein Umrüsttool und ein Traceability-Konzept den Operator.

Auf dem ersten Modul der Linie ist eine Dispenseinheit integriert, welche – wenn nötig – SMD Kleber für zusätzliche Fixierungen der Bauteile oder auch zusätzliche Lotpaste aufbringt. Somit lässt sich die Umrüstung auf nahezu Null drücken und auch bei Prozessanforderungen sofort in der Linie reagieren. Der Bestücker allein löst das Problem noch nicht, was den nächsten Faktor ins Spiel bringt, denn der Lötprozess muss auch inline optimiert werden.

Faktor 2: Dampfphasenlötanlage vereint Qualität und Einfachheit

Asscon Systemtechnik-Elektronik hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit dem Dampfphasenlöten einen hochqualitativen und gleichzeitig einfach zu kontrollierenden Lötprozess zu entwickeln. Als Ergebnis dieser Anstrengungen vereint die Installation einer flexiblen VP6000 Dampfphasenlötanlage bei Braun Qualität und Einfachheit.

Das physikalisch selbstregulierende Verfahren des gesättigten Dampfphasenlötens steht für 100 % sauerstofffreies Löten durch Kondensation und verhindert gleichzeitig Schäden von Baugruppen durch Überhitzung. Der optional zuschaltbare Vakuumprozess hilft, Lunkerraten auf unter 1 % zu reduzieren. Dabei stellt der geringe Platzbedarf einer Dampfphasenanlage ein weiteres Plus dar.

Genau das waren die Gründe für die Entscheidung, auf eine VP6000 in der Gesamtlinie zu setzen. Hier war die Zielsetzung von Braun klar formuliert: Das System muss das gesamte komplexe Spektrum mit nur einem Profil verarbeiten und die Maschinen sind taktgerecht in die Linie zu integrieren.

Natürlich müssen die Endprodukte höchster Qualität entsprechen, da sie in sicherheitsrelevanten Systemen zum Einsatz kommen. Als dritter und letzter Faktor sind daher State of the Art SPI und AOI Systeme eine Selbstverständlichkeit.

Inline VP6000 Dampfphasenlötanlage
Faktor 2: die Inline VP6000 Dampfphasenlötanlage ermöglicht einen hochqualitativen und gleichzeitig einfach zu kontrollierenden Lötprozess. (Bild: Essemtec)

Faktor 3: State of the Art Qualitätskontrolle

Dort wo hohe Flexibilität und Prüftiefe gefordert sind, kommen die Inspektionslösungen von Göpel Electronic ins Spiel. Insbesondere in Fertigungen mit häufigem Produktwechsel kann das 3D-AOI-System Vario Line 3D punkten – wie bei Braun.

Schon länger war ein 2D-AOI-System von Göpel bei Braun integriert, welches im Linienkonzept Bauteile kontrolliert und Prozesse überwacht. Für Qualität und Sicherheit besonders kritisch, ist jedoch das Bewerten der Lötstellen nach dem Dampfphasenlöten. Hier wurde mit dem Vario Line ∙ 3D ein flexibles System mit hoher Prüftiefe durch rotierenden Schrägblick und 3D-Messungen inte-griert. Der Vorteil: die Systemsoftware beinhaltet das Tool „Magic Click“, welches die AOI-Prüfprogrammerstellung automatisiert. Dieser Prozessschritt ist üblicherweise zeitaufwendig und führt zu Maschinenstillstand. Mit der automatischen Erstellung sind viele Produktvarianten einfach umsetzbar. Ein weiterer Benefit: das System übernimmt auch die Prüfprogrammgenerierung für das ältere 2D-AOI-System, sodass dieses nicht zum Flaschenhals wird. Mit diesen beiden AOI-Systemen erreicht Göpel eine hohe Prüftiefe bei Braun. Für einzelne Prüfaufgaben, die über die sichtbaren Bereiche hinausgehen, gibt es zudem ein Röntgensystem als Insellösung.

Vario Line 3D AOI von Göpel electronic
Qualitätssicherung als dritter Faktor: Das Vario Line 3D AOI von Göpel electronic überprüft die Bauteile mit hoher Prüftiefe durch rotierenden Schrägblick und 3D-Messungen. (Bild: Essemtec)

Mit vereinten Kräften

Mit diesen Maßnahmen konnte Braun die Umrüstzeiten praktisch auf null senken. Dabei wurde die Bestückleistung als zweitranging bewertet, da im Vordergrund stand, dass am Ende des Monats die benötigte Menge optimaler Leiterplatten vorhanden ist – bestückt, gelötet und optisch kontrolliert. Zudem hat das Unternehmen erkannt, dass das Konzept über alle Produktionssysteme in der Linie schlüssig umgesetzt werden kann. Mit der angebotenen Lösung aller beteiligter Firmen musste Braun nicht in eine zweite Linie investieren und steigerte den Durchsatz und die Qualität.

Ausschnitt der Braun Linienplanung
Ausschnitt der Braun Linienplanung (Bild: Essemtec)

Christian Müller erklärt: „Das geforderte Konzept wurde von allen eingesetzten Lieferanten aufgenommen. An die Flexibilität, Programmwechsel „Zero time“ und die höchstmögliche Qualitätssicherung in der Produktion gab es keine Kompromisse. Die eingesetzten Konzepte erfüllen die hohe Anforderung. Die Investition hat sich in kürzester Zeit amortisiert.“

Die Autoren

Christian Müller, Technischer Leiter, Braun

Jürg Schüpbach, Director of Sales, Essemtec

Tobias Tuffentsammer, Head of Sales, Asscon

Enrico Zimmermann, Vertriebsleiter, Göpel

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