Mein Kommentar zur SMTconnect 2024 "Menschen, die auf Smartphones starren"
Im 2009er-Film „Männer, die auf Ziegen starren“ geht es namensgebend darum, dass das US-Militär damit experimentiert, Tiere durch bloßen Blick zu töten. Keine Angst, hier geht es gleich nicht um solche Praktiken. Allerdings schoss mir dieser Filmtitel durch den Kopf, als ich meinen Messerundgang am Vormittag des ersten Tages auf der SMTconnect 2024 in Halle 4A begonnen habe.
An vielen verwaisten Ständen saßen Männer wie Frauen einsam und verlassen, den Blick tief in ihr Smartphone gerichtet. Die Messehalle machte auf mich eher den Eindruck einer Bibliothek – so still war es für eine Messe. Üblicherweise gibt es auf Messen den gezielten Besucher, den Zufallsbesucher oder den Teilnehmer, der vom Personal auf den Stand gelockt wurde. In Nürnberg gab es Auftritte, bei denen keiner der drei zu sehen war, wodurch sich das Standpersonal die Zeit anders zu vertreiben wusste.
Ich vermute, dass das Personal es nach dem x-ten vergeblichen Anlauf aufgegeben hat, die vereinzelten Messeteilnehmer für sich zu gewinnen und sie sich ihrem Schicksal ergeben haben. Natürlich sind das immer nur Momentaufnahmen. Ich muss auch erwähnen, dass es auch einige Stände gab, bei denen immer etwas los war und andere, bei denen zu anderen Tageszeiten deutlich mehr los war. Aber so mancher Aussteller wird sich nach dieser Messe fragen, ob dieser Termin für ihn noch der richtige Platz ist.
Diese Frage wird nicht erst seit der Corona-Pandemie in den Chefetagen generell für Messen diskutiert. Aber ein Blick auf die Zahlen spricht für die SMT eine klare Sprache, die darauf hinweist, dass die Antwort immer öfter „Nein“ lautet: 2013 waren es noch 570 Aussteller, 10 Jahre später – in einem „nicht-productronica-Jahr“ – lediglich 227. Zugegeben, einige sind nur ein paar Meter weiter zur PCIM gezogen, aber der Trend ist nicht von der Hand zu weisen.
Warum ich das jetzt alles schreibe? Mir tun zum einen die Menschen und Verantwortlichen leid, die viel Zeit, Geld und Hirnschmalz in den Messeauftritt samt Planung und Durchführung gesteckt haben. Zum anderen frage ich mich, ob wir im nächsten Jahr noch eine SMT in dieser Form sehen werden. Schon 2023 sagte mir ein Aussteller: „Die SMT ist ein Pferd, dessen Beine immer kürzer werden und es ist Zeit abzusteigen.“
Ist das nun der Anfang vom Ende aller Messen? Sicher nicht. Von der electronica weiß ich, dass die Hallen ausgebucht sind. Zudem wird schon nach Möglichkeiten gesucht, noch mehr Ausstellern die Chance zu geben, ihre Produkte der Öffentlichkeit zu präsentieren. Vielleicht lag es am sommerlichen Wetter im Juni? Auch das Gespenst der Kurzarbeit, gepaart mit allgemeinen Sparmaßnahmen, waberte bei meinen Gesprächen immer wieder mit.
So oder so, die SMT wird sich verändern müssen. Sie hat zwar den Bonus der familiären Atmosphäre, aber auf Dauer wird das nicht (mehr) ausreichen. Vielleicht muss die Messe auf einen Zweijahresrhythmus umstellen oder es wird eine Messe unter dem Dach der PCIM geben. Möglicherweise sehe ich die Welt auch nur zu schwarz, die Messe berappelt sich wieder und wird sich 2025 und dann wieder im Mai einer größeren Beliebtheit erfreuen – weil auch die wirtschaftliche Gesamtlage wieder rosiger ist.
Ich bin gespannt.
Update vom 25.6.2025:
Nun ist es also soweit. Das es jetzt doch so schnell geht, überrascht mich aber doch....