Die CES findet in 2022 um einen Tag verkürzt vom 5. bis 7. Januar in Las Vegas statt.

Die CES findet in 2022 um einen Tag verkürzt vom 5. bis 7. Januar in Las Vegas statt. (Bild: Alfred Vollmer)

Autonome Fahrzeuge leben von Sensordaten zur Umgebungserfassung. Wie viel sich bei den Sensortechnologien Radar und Lidar getan hat zeigen NXP, Texas Instruments, Blickfeld und Valeo auf der Messe. Auch beim In-Cabin-Sensing geht es voran – Gentex macht daraus ein ganzheitliches System. Die für die Auswertung der Sensordaten, für KI und für die Konnektivität benötigte Rechenleistung stellt immer höhere Ansprüche. Entsprechend ziehen die Halbleiterhersteller mit und präsentieren die aktuellsten SoCs mit noch mehr Rechenpower (NXP, Ambarella) oder auch gleich ein komplett digitales Chassis basierend auf dem Snapdragon (Qualcomm). Soll die Autonomie gelingen, müssen die Systeme auch skalierbar sein von Level 2+ bis hoch zu Level 4 oder 5. Wie das geht zeigt z.B. ZF mit dem ADAS-System coPilot. Im Folgenden finden Sie alle Details im Überblick.

NXP – 4D Imaging Radar und S32G-Netzwerkprozessoren

Vor einem Jahr kündigte NXP den Radar-Chip S32R45 an, nun soll er in Robotaxis gemäß L4 zum Einsatz kommen, um Lidar-Sensoren zu ersetzen. Für 2022 ist bereits SOP bei einem OEM geplant, weitere sollen folgen. Der Chip soll 4D Imaging Radar von Autonomie-Level 2+ bis 5 ermöglich. Er unterstützt bis zu vier kaskadierte Transceiver für ein präzises Umgebungs-Mapping. Ein weiterentwickelter Radar-Beschleuniger, der das 64-fache an Performance eines Arm A53 Core leisten soll, sorgt für besonders hohe Auflösung. Speziell für Autonomie Level 2+ ausgelegt ist die zweite Generation des Radar-Chips S32R41, der im Vergleich zur Vorgängergeneration die 6-fache Leistung bringen soll. Er unterstützt zwei kaskadierte Transceiver mit doppeltem Durchsatz für die Höhenmessung ohne Kompromisse bei der Auflösung eingehen zu müssen. Die neue Generation verfügt über eine simultane Multimode-Fähigkeit (Medium Range für benachbarte Spuren und gleichzeitig ein Fernbereich-Radar bis 300 m). Damit sollen laut Hersteller Winkelauflösungen von deutlich unter einem Grad möglich sein. Der S32R41 wird in 16-nm-Technologie hergestellt.

Das 4D Imaging Radar von NXP basierend auf dem Chip S32R45 soll eine Skalierung bis auf Level 5 erlauben.
Das 4D Imaging Radar von NXP basierend auf dem Chip S32R45 soll eine Skalierung bis auf Level 5 erlauben. (Bild: NXP)

Bei den S32G-Netzwerkprozessoren fügt NXP mit der S32G3-Serie vier Bausteine dem Portfolio hinzu. Mit der Ergänzung durch die S32G3-Serie kann die S32G-Familie nun ein breiteres Spektrum an Fahrzeuganwendungen abdecken, von sicheren Mikrocontrollern bis hin zu leistungsstärkeren Domain-Controllern, Sicherheitsprozessoren und zonalen Rechenanwendungen im Fahrzeug. Die S32G3-Serie bietet bis zu 2,5 Mal mehr Anwendungsverarbeitung, als dar derzeit leistungsstärkste Chip der S32G2-Serie (S32G274A), sowie Ethernet-Bandbreite auf zwei Ports und einen On-Chip-Systemspeicher. Darüber hinaus verdoppelt sich die Anzahl der Isolationsdomänen, die in Zukunft für die Steuergerätekonsolidierung entscheidend ist. Die Leistungsverbesserungen bei gleichem Gehäuse-Pinout erfüllen die anspruchsvolleren Anforderungen an softwaredefinierte Fahrzeuge. Die S32G3-Serie umfasst darüber hinaus ein EVB3-Evaluierungsboard.

Texas Instruments – 77-GHz-Radarsensor für präzise Toter-Winkel-Überwachung

Der neu vorgestellte Radarsensor AWR2944 soll das schnelle Detektieren von Objekten, die Überwachung des toten Winkels und das effiziente Durchfahren von Kreuzungen und Kurven noch präziser machen. Er soll außerdem dafür sorgen, dass Radarsensoren 30 Prozent weniger Platz benötigen. Dank der Integration eines vierten Senders erhöht sich die Auflösung des Radars um 33 Prozent. Die besondere, durch eine DDMA-basierte Signalverarbeitung (Doppler Division Multiple Access) unterstützte Hardware des neuen Sensors verbessert überdies die Fähigkeit zur Detektierung entgegenkommender Fahrzeuge in bis zu 40 Prozent größerer Entfernung.

Der von TI vorgestellt Radarsensor soll eine noch präzisere Überwachung des toten Winkels erlauben.
Der von TI vorgestellt Radarsensor soll eine noch präzisere Überwachung des toten Winkels erlauben. (Bild: Texas Instruments)

Blickfeld – Smartes 3D-Lidar Qb2 und Software Percept

Mit Qb2 stellt Blickfeld stellt auf der Messe einen integrierten smarten Lidar-Sensor vor, der erstmals keine zusätzlichen Computer, Server oder Adapterboxen benötigt, um 3D-Daten in einem einzigen Gerät zu erfassen und zu verarbeiten. Der Sensor kombiniert Blickfelds MEMS-Lidar-Hardwaretechnologie mit einem leistungsstarken Rechenmodul, auf dem der ebenfalls auf der CES 2022 vorgestellte Percept-Software-Stack läuft. Die Umwandlung der von Lidar-Sensoren gesammelten Daten in verwertbare Informationen erfordert damit kein zusätzliches Computer-Netzwerk mehr und reduziert so die Komplexität, den Energieverbrauch und die Kosten für die Implementierung und den Betrieb.

Der integrierte smarte Lidar-Sensor von Blickfeld kommt ganz ohne zusätzlichen Computer aus um verwertbare Umgebungsdaten zur Verfügung zu stellen.
Der integrierte smarte Lidar-Sensor von Blickfeld kommt ganz ohne zusätzlichen Computer aus um verwertbare Umgebungsdaten zur Verfügung zu stellen. (Bild: Blickfeld)

Valeo – Lidar Scanner, Drohnensicht ganz ohne Drohne und Wärme für E-Autos

Valeo stellt auf der 2022er CES seinen Lidar Scanner der dritten Generation vor, der 2024 auf den Markt kommen soll. Außerdem ist der neue NFL-Lidar (Near Field Lidar) vor Ort dabei. Dieser kommt in autonomen Lieferfahrzeugen und Robotaxis zum Einsatz und soll nahezu 360°-Rundumsicht ermöglichen.

Drohnensicht ganz ohne Drohne zeigt der Zulieferer mit der VoyageXR-Panorama-Technologie. Konkret ist dabei auf einem Display – als 360°-Ansicht in 3D – zu sehen, wie sich das Fahrzeug auf der Straße fortbewegt. So können Außenstehende zum Beispiel auf einem Tablet mittels 360°-Augmented-Reality das Fahrzeug während seiner Fahrt beobachten. Mit einem Wisch lässt sich die „Drohne“ steuern. Diese Technologie kann auch beim Einparken oder Fernsteuern von autonomen Fahrzeugen helfen.

Neu dabei bei Valeo ist auch die intelligente Innenraumheizung FlexHeater für Elektrofahrzeuge. Sie soll bei vier Passagieren im Fahrzeug ein Viertel weniger Strom als eine herkömmliche Heizung aufnehmen. Ist der Fahrer allein, halbiert sich sogar die Stromaufnahme. Zu verdanken ist die dem Algorithmus zur Wärmesteuerung und der Energieeffizienz der Strahlplatten, die sich hinter den Verleidungen des Fahrzeugs befinden. Das System lässt sich personalisieren, was besonders sinnvoll bei Passagieren mit unterschiedlichen Wärmebedürfnissen ist.

Drohnenansicht ganz ohne Drohne: Mittels Augmented Reality ist es möglich, das Fahrzeug von oben zu beobachten. Die Drohnensicht lässt sich sogar steuern.
Drohnenansicht ganz ohne Drohne: Mittels Augmented Reality ist es möglich, das Fahrzeug von oben zu beobachten. Die Drohnensicht lässt sich sogar steuern. (Bild: Valeo)

Gentex – Cabin Sensing und Monitoring als ganzheitliches System

Das ganzheitliche Cabin Monitoring System von Gentex nutzt sowohl Kameras als auch Sensoren, um den Fahrer, Insassen und Objekte im Blick zu behalten und zusätzlich die Luftqualität im Fahrzeug zu messen. Integriert ist das Fahrerbeobachtungssystem von Gentex im Innenspiegel, wobei eine Kamera nicht sichtbar hinter dem Spiegelglas Bilder zur Analyse visueller Messgrößen des Fahrers zur Verfügung stellt. Um das Ergebnis zu optimieren, verwendet das System von Gentex zusätzlich noch eine Infrarotkamera sowie eine Beleuchtung hinter dem Spiegel. Mit den gesammelten Rohdaten kann das Fahrzeug dann entsprechende Warnungen oder Notfalleingriffe veranlassen.

Mit der Akquisition von Guardian Optical Technologies ergänzt seine Technologie um ein Verfahren, dass ein für die Insassen nicht sichtbares Netz aus Lichtpunkten in den gesamten Innenraum projiziert, welches von einer Kamera aufgezeichnet wird. Durch die Veränderung der Position der Lichtpunkte zueinander, kann das Objekt dreidimensional berechnet werden. Durch die Kombination aus zweidimensionaler Videobilderkennung mit 3D-Tiefenkartierung und optischer Bewegungsanalyse scannt, beobachtet und bestimmt das System kontinuierlich die Position aller Fahrzeuginsassen und Objekte. Mithilfe von Interferometrie erfasst das System sogar kleinste Bewegungen von Objekten, die sich vor der direkten Sicht der Kamera verstecken. Ergänzend dazu entwickelt Gentex Innenraumsensoren, die Rauch, Dämpfe, flüchtige organische Verbindungen (VOC) und sonstige Luftschadstoffe im Fahrzeuginneren erkennen.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK-Chefredakteur Alfred Vollmer konnte sich das Cabin-Monitoring-System von Gentex in der Praxis anschauen. Das zentrale Display zeigt die erfassten und verarbeiteten Daten und auch die Insassen sind klar erkennbar.
AUTOMOBIL-ELEKTRONIK-Chefredakteur Alfred Vollmer konnte sich das Cabin-Monitoring-System von Gentex in der Praxis anschauen. Das zentrale Display zeigt die erfassten und verarbeiteten Daten und auch die Insassen sind klar erkennbar. (Bild: Alfred Vollmer)

Ambarella – KI-Domain-Controller-SoCs: Wahrnehmung, Fusion und Wegplanung in ADAS

Auf der CES 2022 zeigt Ambarella die KI-Domain-Controller der Serie CV3 vorgestellt. Dabei handelt es sich um vollständig skalierbaren, energieeffizienten CVflow-SoCs, die eine KI-Verarbeitungsleistung von bis zu 500 eTOPS bieten. Die SoCs ermöglichen eine zentralisierte Single-Chip-Verarbeitung für Multi-Sensor-Wahrnehmung sowie Deep Fusion für mehrere Sensormodalitäten und AV-Wegplanung. Das Ergebnis sind robuste ADAS- und L2+ bis Level-4-autonome Fahrsysteme mit einer besseren Umgebungswahrnehmung bei schwierigen Licht-, Wetter- und Fahrbedingungen sowohl für den Fahrer als auch für die KI Wahrnehmung.

Der CV3 markiert das Debüt von Ambarellas nächster CVflow-Architektur, die die Algorithmus-First-Design-Philosophie des Unternehmens fortsetzt. Dies führte zur Entwicklung des On-Chip-NVP (Neural Vector Processor) mit bis zu 500 eTOPS KI-Rechenleistung, hoher Energieeffizienz und Unterstützung für neueste Entwicklungen bei NN-Inferenzen (Neuronales Netzwerk). Der NVP ist auch für die Ausführung von Radarwahrnehmungssoftware optimiert. Hinzu kommt ein neuer Floating-Point-GVP (General Vector Processor), der die NVP-Engines von der klassischen Bild- und Radarverarbeitung sowie die Arm-CPUs von fließkommaintensiven Algorithmen entlastet. Der CV3 integriert auch Ambarellas nächsten Bildsignalprozessor (ISP). Durch die gleichzeitige Unterstützung von bis zu 12 physischen oder 20 virtuellen Kameras kann ein einzelner CV3 das gesamte Sensor paket verarbeiten, das bei gängigen L2+-Installationen zehn Kameras, fünf Radarmodule und zahlreiche Ultraschallsensoren umfasst.

Im Vergleich zu Wettbewerbern bietet der CV2-Flow (rechts) eine ähnliche Performance, allerdings beträgt der Energieverbrauch auch nur ein Fünftel so hoch.
Im Vergleich zu Wettbewerbern bietet der CV2-Flow (rechts) eine ähnliche Performance, allerdings beträgt der Energieverbrauch auch nur ein Fünftel so hoch. (Bild: Ambarella)

KI-Domain-Controller-SoCs: Wahrnehmung, Fusion und Wegplanung in ADAS

Qualcomm – Snapdragon Digital Chassis

Qualcomm zeigt auf der CES 2022 zum ersten Mal das Snapdragon Digital Chassis. Dieses soll in Zukunft im neuen elektrischen Renault Mégane E-Tech verbaut werden. Mit dem Konzept greift das Unternehmen die aktuellen Entwicklungen hin zu neuen Fahrzeugarchitekturen in der Automobil-Branche auf. Insgesamt soll so ein harmonisierter Ansatz mit leistungsstarkem Prozessoren, softwaredefinierten Plattformen, intelligenten und satellitengestützten Sensoren entstehen. Das Digital Chassis soll Fahrzeugkonnektivität einschließlich 5G, Wi-Fi, Bluetooth, V2X, präzise Positionsbestimmung und Powerline-Kommunikation beinhalten.

Dazu kommt ein digitales Cockpit und Visualisierungen, die die Interaktion und das Erlebnis der Verbraucher im Fahrzeug verbessert. Unterstützt werden alle Stufen von L1 bis L2+, einschließlich Sicht, Wahrnehmung und Antrieb, wobei der Fokus vor allem auf Kosten, Modularität und Wiederverwendbarkeit liegt. Außerdem entsteht eine Car2Cloud-Services-Plattform für die Verwaltung von Funktionen auf Geräteebene und Over-the-Air-Updates sowie SIM-Konnektivität. Das Snapdragon Digital Chassis besteht aus diesen offenen und skalierbaren Cloud-verbundenen Plattformen, die für Telematik und Konnektivität im Automobil, das digitale Cockpit und die Fahrerassistenz und nutzen eine einheitliche Architektur, um verbesserte Sicherheit und immersive digitale die während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs aktualisiert werden können.

ZF – Mit coPilot bis Level 4, Shuttles und Nutzfahrzeuge

Zulieferer ZF zeigt auf der CES 2022 die bereits angekündigten Technologien für das autonome Fahren coAssist (mit Dongfeng in China eingeführt), coDrive – die nächste Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen der Stufe 2+ – und coPilot, ein bis zu Stufe 4 skalierbares System. Letzteres soll in einer Partnerschaft mit dem Elektrofahrzeughersteller VinFast eingeführt werden.

VinFast-Fahrsysteme der Stufe 3 verfügen über mehrere fortschrittliche Sensortechnologien und hochentwickelte zentrale Steuergeräte von ZF.
VinFast-Fahrsysteme der Stufe 3 verfügen über mehrere fortschrittliche Sensortechnologien und hochentwickelte zentrale Steuergeräte von ZF (Bild: ZF)

Im Bereich „Transportation as a Service“ bietet ZF nun schlüsselfertige Lösungen für Planung, Betrieb und Implementierung eines automatisierten Shuttle-Systems. Bei Nutzfahrzeugen sind alle notwendigen Technologien für fortschrittliche Sicherheits- und automatisierte Fahrfunktionen sowie Antriebssysteme bei ZF verfügbar. Zudem geht ZF über diese eher traditionellen Mobilitätsformen hinaus und bietet fortschrittliche Automatisierung auch für landwirtschaftliche, Bergbau- und Off-Road-Anwendungen sowie für automatisierte Gabelstapler an.

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