Produktion, Forschung und Entwicklung aus Deutschland gefordert

Mehr Unterstützung für die heimische Halbleiterproduktion

Deutschlands Industrie fordert mehr Halbleiter aus heimischer Produktion – und ist sogar bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Doch wo liegt die Schmerzgrenze, wenn Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit aufeinandertreffen?

Bitkom-Grafik zur Förderung im Bereich Halbleiter in Deutschland
Bitkom Research hat 503 Unternehmen in Deutschland gefragt, welche Halbleiter-Bereiche besonders gefördert werden sollten.

Deutschlands Versorgung mit Halbleitern sollte aus Sicht der Wirtschaft deutlich stärker politisch gefördert werden als bislang. So halten 55 % der deutschen Unternehmen, die intensiv mit Halbleitern arbeiten, die Förderung der heimischen Produktion für „äußerst wichtig“, weitere 41 % für „eher wichtig“. Für 50 % ist eine Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich Halbleiter „äußerst wichtig“, für weitere 45 % „eher wichtig“. Und 47 % halten die Förderung der Entwicklung und Produktion von Chips und Prozessoren für KI-Anwendungen für „äußerst wichtig“, weitere 43 % finden dies „eher wichtig“. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 503 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus verarbeitendem Gewerbe, der IT und Telekommunikation – also Branchen, die Halbleiter stark nutzen. Die Befragung wurde von Juli bis September 2025 durchgeführt – also vor den aktuellen Lieferengpässen rund um das Unternehmen Nexperia.

Darüber hinaus halten es insgesamt 90 % für wichtig, dass der Aufbau heimischer Kapazitäten im Bereich Test und Packaging gefördert wird (36 % „äußerst wichtig“, 54 % „eher wichtig“). Eine Förderung des Chipdesigns (insgesamt 87 %), der Herstellung von Produktionsgeräten für die Halbleiter-Fertigung (insgesamt 87 %) und der Produktion von Materialien und Chemikalien hierfür (insgesamt 81 %) erachtet ebenfalls eine große Mehrheit als notwendig. Noch bemängeln 86 % der befragten Unternehmen, die Politik unternehme zu wenig, um die Versorgung mit Halbleitern sicherzustellen. Ebenfalls 86 % halten ein starkes Halbleiter-Ökosystem in Deutschland für wichtig für die nationale Sicherheit.

Halbleiter aus Europa dürften auch mehr kosten 

Angesichts der anhaltend fragilen Lieferketten und geopolitischen Unsicherheiten wünschen sich die meisten Unternehmen verlässliche Halbleiterquellen aus Deutschland und Europa. Laut einer weiteren Bitkom-Umfrage wären 96 % der Unternehmen bereit, für Halbleiter aus europäischer Produktion einen Aufpreis zu zahlen – vorausgesetzt, die Qualität stimmt.

Konkret gaben 79 % der Befragten an, bis zu 5 % mehr zu bezahlen, weitere 17 % würden bis zu 10 % akzeptieren. Kein Unternehmen war bereit, darüber hinauszugehen. Nur 1 % lehnt höhere Preise grundsätzlich ab. „Digitale Souveränität gibt es nicht zum Nulltarif“, betont Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Der Aufbau eines wettbewerbsfähigen Halbleiter-Ökosystems kostet zunächst Geld, bringt uns aber langfristig mehr Unabhängigkeit und Handlungsspielraum.“

Damit das gelingt, brauche es stabile Rahmenbedingungen, Fachkräfte und weniger Bürokratie. Nur dann könnten Initiativen wie der EU Chips Act Wirkung zeigen. Fast drei Viertel (71 %) der befragten Unternehmen bewerten die EU-Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Halbleiterindustrie positiv. Ziel ist es, Forschung, Design, Fertigung und Packaging fortschrittlicher Chips in Europa zu fördern und bis 2030 einen Anteil von 20 % am Weltmarkt zu erreichen.

Die Bitkom-Umfrage zeigt eine hohe Zahlungsbereitschaft für Halbleiter aus europäischer Produktion. Fast acht von zehn Unternehmen würden bis zu fünf Prozent mehr bezahlen, 17 % sogar bis zu zehn Prozent. Nur ein Prozent lehnt Aufpreise grundsätzlich ab. Zugleich bewerten 71 % der Befragten die EU-Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Halbleiterindustrie positiv.