Jiangxiong Xiao (AutoX) spricht per Leinwand zu den Besuchern des Automobil Elektronik Kongress

Auch am 2. Tag gaben sich die hochkarätigen Referenten die (digitale) Klinke in die Hand. Im zum Thema Robotaxis. (Bild: Matthias Baumgärtner)

Bereits am ersten Tag des 25. Automobil-Elektronik Kongress stand das Software-defined Car im Mittelpunkt. Daran knüpfte nahtlos das Programm des zweiten Tages an, bei dem ganz klar die Software-Themen dominierten, aber vor allem die Personalknappheit kam in sehr vielen Vorträgen durch. Die Themen „Ingenieurnachwuchs fördern“ und „Talente/Kapazitäten finden“ zogen sich wie ein roter Faden als Aufforderung durch Vorträge und Pausengespräche des Networking-Kongresses. Hier präsentieren wir Ihnen einige Inhalte der Vorträge und Diskussionsrunden.

Software und Strategie

Die großen Veränderungen der Branche beschreibt Marius Asselmeyer, Head of Corporate Strategy  Process Model bei Cariad, so: „Die Definition der Spaltmaße ist nicht mehr so wichtig wie die Definition der Update-Zyklen.“ Deshalb wurde Cariad als „Software-Powerhouse des Volkswagen-Konzerns“ gegründet, denn „wir als Volkswagen sind überzeugt, dass wir in Zukunft 1/3 unseres Umsatzes mit Software erlösen werden“. Ziel sei es, alles mit einer einzigen skalierbaren Plattform zu lösen. Es gehe darum, ein „ganzheitliches Software-Erlebnis“ zu bieten und „der digitale Begleiter des Kunden“ zu werden. Derzeit entwickle Cariad etwa 10 % der Software selbst, aber man müsse so viel Software selbst machen, dass an den strategischen Punkten die Kontrolle bestehen bleibt, denn eines sei klar: „Wir müssen zu den Hyperscalern in den USA aufschließen. Es ist noch nicht zu spät. Wir haben es noch in der Hand, Geschichte zu schreiben statt Geschichte zu sein.“

Der Automobil-Elektronik Kongress in Kürze

Impressionen zum 25. Jubiläum des Automobil-Elektronik Kongress'

Vom Gaming lernen

Ned Curic, seit Sommer 2021 CTO bei Stellantis, hatte schon in seiner vorherigen Position als Mitarbeiter von Amazon seine Teilnahme als Redner bestätigt und referierte dann ganz offiziell als OEM-Vertreter. Er zog Parallelen zur Gaming-Welt und erklärte, wie wichtig Standard-Schnittstellen sind. Sein Appell: „Sie müssen darüber nachdenken, wie Sie standardisieren können“, und anschließend folgte noch ein indirekter Aufruf, bei nicht wettbewerbsdifferenzierenden Elementen zu kooperieren.

5G als Enabler

Cristiano Amon, CEO & President von Qualcomm, erklärte in seiner per Video eingespielten Ansprache nicht nur, dass wir „massive (große) Displays im Auto sehen“ werden, sondern auch, wie wichtig Connectivity für das software-defined Car ist. Dabei zeigte er auf, in wie vielen Bereichen 5G aber auch V2x ganz neue Funktionen und Erlebnisse ermöglichen. So sei Navigation derzeit nur auf die Richtungsangabe fokussiert, aber „mit 5G ergeben sich völlig neue Möglichkeiten“. Die Fragen der Anwesenden beantwortete danach Alejandro (Alex) Vukotich, VP Product Management bei Qualcomm.

Die Highlights des 25. Automobil-Elektronik Kongress – Tag 1

Warum Software auch Hardware braucht, wie die Möglichkeiten und Herausforderungen auf dem Weg zum Software-defined Car aussehen und worin das Potenzial bei End2End-Software steckt, erfahren Sie in den Highlights des ersten Tages.

Es geht nur mit Kooperationen

Die Rede von Georg Kopetz, CEO von TTTech Auto, erläuterte sehr anschaulich, warum Kooperationen beim Software-defined Car so wichtig sind, denn für den Übergang von der herkömmlichen Auto-Supply-Chain zu einem offenen plattformbasierten Auto-Technologie-Ökosystem müssten sehr viele Player mit ins Boot kommen: Es sei eine frühe Zusammenarbeit zwischen Halbleiterherstellern und Software-Unternehmen notwendig noch bevor die OEMs überhaupt daran danken, und eines sei dabei stets wichtig: „Wir müssen viel stärker in Standards und Schnittstellen denken.“

 Martin Anderschitz (Cariad), Georg Kopetz (TTTech Auto), Alejandro Vukotich (Qualcomm) und  Stan Boland (Five) mit Ricky Hudi
In der Podiumsdiskussion am zweiten Tag sprachen Martin Anderschitz (Cariad), Georg Kopetz (TTTech Auto), Alejandro Vukotich (Qualcomm) und
Stan Boland (Five) mit Ricky Hudi über das Thema „Autonome Mobilität auf dem Weg zu Level 4“. (Bild: Matthias Baumgärtner)
Martin Anderschitz (Head of Data Developing sowie Head of Data Processing Solutions ADAS & AD bei Cariad)
(Bild: Matthias Baumgärtner)

Zitate aus der Podiumsdiskussion

  • Level 4 ist in puncto Enabling Technologies näher als wir denken. Wir bauen das Gehirn und das Nevensystem mit den erforderlichen Redundanzen im Hinterkopf. (Georg Kopetz)
  • Wir müssen Module auf Systemlevel schaffen, die sich über die Lebensdauer des Fahrzeugs upgraden lassen. (Alejandro Vukotich, Qualcomm)
  • Die Unternehmen, die in Deutschland existieren, müssen Tech Companies werden. (Stan Boland)
  • Für Software zu zahlen, ist eine alte Diskussion. Jetzt müssen wir darüber reden, wie wir für Daten bezahlen. (Martin Anderschitz, Cariad (im Bild))
  • Wir müssen faire und erfolgreiche Partnerschaften managen. (Alejandro Vukotich, Qualcomm)

Robotaxis in der Praxis

Prof. Jiangxiong Xiao, Gründer und CEO von AutoX Technologies, dem nach den Angaben von Prof. X „größten Unternehmen für selbstfahrende Vehikel in China mit Fokus auf Robotaxis“, hat sich die „Demokratisierung des autonomen Fahrens“ auf die Fahnen geschrieben. Dieses Ziel will er mit „AI Drivers“, also Fahrer-Software, die Künstliche Intelligenz verwendet, erreichen. Er stellte die Technologie vor und zeigte mit diversen eindrucksvollen Videos, wie sich Robotaxis durchaus zügig ihren Weg durch den nicht immer 100% regelkonformen chinesischen Straßenverkehr mit vielen Fußgängern und Zweiradfahrern bahnen.

Software First!

Shinishi Yoshioka, Senior Vice President & CTO von Renesas, erläuterte, wie Software-First-Lösungen es ermöglichen, mit der „Code-Explosion“ mitzuhalten. Hierzu seien eine passende Software-simulationsfähige Entwicklungsumgebung, KI-Compiler, die CNN-Toolchains nutzen können, sowie eine Hardware-agnostische Plattform notwendig. Um die gewünschte Skalierbarkeit zu erzielen, sollten die Beteiligten dabei auf Standards setzen.

Software-Entwickler gesucht

Für Maria Anhalt, CEO von Elektrobit, muss die Branche drei wesentliche Herausforderungen meistern, nämlich die Technologie-Evolution, die Entwicklungsgeschwindigkeit und den Kampf um die besten Talente. Für 2031 prognostiziert sie, dass 35 % der Fahrzeuge bei jedem OEM auf der gleichen Software-Plattform beruhen werden. Ihr Tipp: „Erfinden Sie das Rad nicht neu: Nutzen Sie erprobte Software erneut!“ Ganz wichtig sei es, die Funktionsentwicklung vom Hardware-Entwicklungszyklus zu entkoppeln. Allerdings fehle derzeit noch eine gemeinsame Sprache zur Kommunikation zwischen Funktionen und der Hardware.

Band
Stilvolle Live-Musik sorgte für eine entspannte Atmosphäre beim Branchentreff zum 25. Jubiläum des Automobil-Elektronik Kongress. (Bild: Matthias Baumgärtner)

Android Auto

Ricky Hudi stellte Patrick Brady, VP Engineering Google Android, als “Mr. Android Auto” vor, der gleich zu Beginn erst einmal eines klarstellte: “Wir haben keinerlei Absicht, ein Fahrzeug zu machen, wir wollen nur Partner der Automotive-Branche sein.“ Anschließend ging er auf die hohe Bedeutung von Plattformen, Ökosystemen und Partnerschaften ein – und zwar nicht ohne zu erwähnen, dass schon heute über 100 Millionen Autos mit Android Auto auf den Straßen unterwegs sind, wobei 10 der Top-15-OEMs Android Auto als Betriebssystem für ihre nächste Infotainment-Generation gewählt hätten. Ganz wichtig sei die Tatsache, dass Fahrzeug-Software kein Teil, sondern ein Produkt ist. Er betonte, dass niemand in der Branche die vertikale Lösung ganz alleine realisieren könne und stellte fest: „Wenn Du schnell gehen willst, gehe allein, aber wenn Du weit gehen möchtest, gehe gemeinsam!“

Software produzieren

Thomas Beck, CEO von Vector Informatik, begann seinen Vortrag mit den Worten „ich war schon letztes Jahrhundert auf diesem Kongress“. Sowohl der Kongress als auch die Software beziehungsweise die Software-Produktion hätten sich seitdem beachtlich verändert. In seiner Präsentation ging er sowohl auf die Hard Facts (beispielsweise den Aufwand) als auch auf die Soft Facts (wie die organisatorischen Aspekte) rund um das Thema Produktion hochvolumiger Software ein.

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