Zur Fehleridentifikation einfach eine Pille einwerfen – das haben Forschende am Fraunhofer IZM in Kooperation mit Micro Systems Technologies (MST) und der Sensry GmbH Realität werden lassen. So klein wie ein Bonbon kann der wasserdichte IoT-Sensor die Eigenschaften von Flüssigkeiten auch an schwer zugänglichen Stellen zuverlässig messen. Das kann die Wartung von Industriemaschinen erheblich erleichtern.
Worum geht es?
Je größer eine Industriemaschine, desto schwieriger ist es, im Störungsfall eine ungewollte Öldruckschwankung oder gar ein Leck in einer Leitung von außen zu erkennen. Bis Fachpersonal die Nadel im Heuhaufen gefunden hat, vergeht oft viel Zeit. Produktionsausfälle und hohe Kosten sind die Folge. Hier kann die elektrochemische Impedanzspektroskopie Abhilfe schaffen.
Wie funktioniert die elektrochemische Impedanzspektroskopie?
Bei diesem Verfahren wird ein Frequenzspektrum von einer Elektrode durch ein Medium zu einer zweiten Elektrode gesendet: Daraus lässt sich ein Spektrum, also ein bestimmter Fingerabdruck dieses Mediums ableiten. Werden dabei Veränderungen der Material- oder Flüssigkeitseigenschaften sichtbar, kann dies ein Hinweis auf die fortschreitende Korrosion eines Bauteils oder auch auf das Vorliegen eines bestimmten Krankheitsbildes sein. Bisher waren Impedanzanalysatoren nicht klein und mobil genug, um sie für diese Zwecke einsetzen zu können. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin haben deshalb mit Unterstützung von MST und Sensry einen kompakten und modularen IoT-Sensor für diese Anwendungen entwickelt, der Impedanzen messen und drahtlos übertragen kann. Damit ist er nicht nur wasserdicht, sondern auch biomedizintauglich.
So ist der Sensor aufgebaut:
- Der Sensor besteht aus einem biokompatiblen Polymer und vereint auf nur 11 x 16 Quadratmillimetern die zwei notwendigen Elektroden mit zahlreichen Komponenten zur Analyse der Umgebungseigenschaften, darunter sechs Sensoren zur Messung unterschiedlichster Daten. So kann das kleine Multitalent neben Temperatur, Druck, Luftfeuchtigkeit und Schall in der Umgebung auch das eigene Beschleunigungsverhalten, die Rotation oder Umgebungsgeräusche erfassen. Licht und Farben können über einen integrierten Lichtsensor ermittelt werden.
- Bei der Fertigung des Sensors stellte vor allem die starke Miniaturisierung der Bauteile eine große Herausforderung dar. Insbesondere die Verkleinerung des Spulendurchmessers auf 10 Millimeter für das drahtlose Laden war dabei eine Hürde. Durch ein ausgeklügeltes Systemdesign war es jedoch möglich, diese Herausforderung zu meistern. Zu Beginn des Projekts stellte die Sensry GmbH ihre Schaltpläne und die Firmware Kalisto als Grundlage für die Entwicklung des Sensors zur Verfügung.
- Damit insgesamt über 70 passive und aktive Komponenten auf einer flexiblen und biokompatiblen Leiterplatte Platz finden, wurde diese aus einem Flüssigkristallpolymer konzipiert und vierlagig gefertigt. Dennoch ist sie gerade einmal 175 Mikrometer dünn und damit kaum dicker als ein menschliches Haar.
- Ein System-in-Package wurde auf einem sechslagigen Interposer hergestellt – einer elektrischen Schnittstellenführung zwischen zwei hochintegrierten Systemen – und bildet das Kernstück des Sensors, da dort das IoT-System vereint ist.
- Für den drahtlosen Ladevorgang muss die Kapsel dank einer verbauten Induktionsspule nicht einmal geöffnet werden und kann drahtlos über die auch bei Smartphones verbreitete Qi-Technologie geladen werden.
- Damit die sehr kleinen Komponenten beim Betrieb nicht zu heiß werden, ist der Sensor außerdem mit einem Epoxidharz gefüllt, das die Komponenten voneinander isoliert und die Wärme nach außen abführt.
- Am unteren Ende schließt sie mit einer 0,5 Millimeter dünnen vierlagigen Keramikplatte ab, auf der neben dem Drucksensor die Elektroden für die Impedanzspektroskopie montiert sind.
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So wird die Impedanzspektroskopie-Pille eingesetzt
Konkret wird der Sensor bei einem Maschinenausfall beispielsweise in eine Ölleitung gesteckt und das Öl durchströmt das gesamte System. Die genauen Daten über die Umgebungseigenschaften werden in Echtzeit drahtlos an eine eigens entwickelte Software mit Webinterface für PC und Smartphone übertragen. Wird eine Stelle erreicht, an der der Druck oder das Flüssigkeitsspektrum von der Norm abweicht, ist dies ein Indiz für die erfolgreiche Lokalisierung der Problemursache. Um die Einordnung der gesammelten Daten zu erleichtern, sind die Spektren einiger Flüssigkeiten wie Öl oder Wasser bereits in der Software hinterlegt.