Der neuartige Ansatz basiert auf einem sogenannten evolutionären Algorithmus in Kombination mit einem maßgeschneiderten Sortierverfahren. „Damit haben wir die erste computergestützte, automatisierte Lösung für eine ganze Reihe von hochkomplexen Problemen der Lasermaterialbearbeitung entwickelt", erklärt Vahid Babaei, Leiter der Forschungsgruppe „Artificial Intelligence aided Design and Manufacturing“ am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik am Saarland Informatics Campus. Bisher mussten diese Probleme noch ‚manuell‘ durch Ausprobieren gelöst werden. An dem Projekt beteiligt ist vonseiten der Industrie der Lasermaschinen-Hersteller Trumpf.
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Farbige Oberflächen ohne Farbstoffe
Ein Beispiel für eine solche Produktionsmethode ist das sogenannte „Color Laser Marking“, ein Verfahren, bei dem metallische Oberflächen durch Erhitzen mit einem Laser eingefärbt werden. Durch Hitze erzeugte Farben lassen sich nur schwer vorhersagen, da sie von zahlreichen Prozessparametern abhängen – beispielsweise von der Art des erhitzten Metalls, der Geschwindigkeit, mit der es erhitzt wird, der Heizleistung oder der Dauer eines einzelnen Laserpulses.
„Wollte man bisher Metall auf einen bestimmten Farbton erhitzen, bestand die einzige Lösung darin, die entsprechenden Parameter einzeln zu bearbeiten, bis das gewünschte Ergebnis erreicht war. Dieser sehr ungenaue und ineffiziente Ansatz sorgte dafür, dass das ‚Color Laser Marking‘ und ähnliche Produktionsverfahren, die von dem optimierten Zusammenspiel einer Vielzahl von Laser-Parametern abhängen, von der Industrie bisher weitgehend außen vor gelassen wurden“, erläutert Vahid Babaei.
Zusammen mit seinen Kollegen Sebastian Cucerca (Max-Planck-Institut für Informatik), Piotr Didyk (Professor an der Universität Lugano) und Hans-Peter Seidel (Wissenschaftlicher Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik) hat ahid Babaei einen Algorithmus entwickelt, der diesen Prozess der „Parameter-Exploration“ so weit automatisiert und beschleunigt, dass eine ganze Reihe von Methoden der Lasermaterialbearbeitung für den industriellen Einsatz praktikabel werden. Beim „Color Laser Marking“ beispielsweise können mit der neuen Methode satte, hochauflösende Farbbilder auf Metall „gedruckt“ werden - ohne Farbstoffe, nur durch Erhitzen des Materials.
Wie der "evolutionären Explorationsalgorithmus funktioniert
Die Methode verwendet einen sogenannten evolutionären Explorationsalgorithmus in Kombination mit einer angepassten Sortiermethode. Der Explorationsalgorithmus wiederholt dabei dieselben Schritte, bis er das bestmögliche Ergebnis gefunden hat:
- Zunächst beginnt er damit, dass der Laser auf Basis zufällig ausgewählter Parameter Markierungen anbringt.
- Der Algorithmus misst dann die Eigenschaften (hier Farbe und Auflösung) dieser Markierungen und berechnet auf dieser Grundlage den nächsten Satz von Parametern, die der Laser zum Markieren verwenden soll.
- Dabei kommt der maßgeschneiderte Sortier-Algorithmus zum Einsatz: Dieser sortiert die leistungsstärksten Prozessparameter der zuvor markierten Farben auf Grundlage verschiedener Metriken, wie z. B. Auflösung oder Farbsättigung.
- Der evolutionäre Algorithmus wiederum erzeugt aus diesen Sortierergebnissen eine neue Generation von Farben, die die besten Eigenschaften der „Elterngeneration“ enthält.
- Dieser iterative Prozess wird so lange fortgesetzt, bis keine nennenswerte Verbesserung des Ergebnisses mehr eintritt und somit das bestmögliche Resultat gefunden wurde.
Dieser neue Ansatz für derartige Optimierungsprobleme ist derzeit weltweit einzigartig und kann auf verschiedene Lasertypen und Substrate sowie auf andere Eigenschaften als die Farbe angewendet werden. „Wir sind fest davon überzeugt, dass die Farbmarkierung nur die Spitze des Eisbergs ist und dass unser Algorithmus viele verschiedene Prozesse im Zusammenhang mit der Oberflächenaktivierung durch Laser beschleunigen kann, wie zum Beispiel die Veränderung der Haptik eines Materials“, sagt Vahid Babei.
Um die Entwicklung zur Marktreife zu bringen, erhält ein Team um Vahid Babaei, bestehend aus Azadeh Asadi, Sebastian Cucerca und Mojtaba Bemana (alle Max-Planck-Institut für Informatik), nun rund 800.000 Euro aus dem EXIST-Gründerprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Mit Trumpf aus Ditzingen bei Stuttgart konnten die Forscher bereits einen der weltweit führenden Anbieter von Industrielasern als Industriepartner gewinnen. Paul Stumpf, Business Development Manager bei Trumpf, sagt: „Wir glauben, dass diese Technologie einen großen Einfluss auf die Lasermarkierungsindustrie und darüber hinaus haben kann. Die Technologie behandelt die physikalische Wechselwirkung zwischen Laser und Material als Black Box und nutzt die Leistungsfähigkeit von Daten und Algorithmen der künstlichen Intelligenz“.