Mir ist das mehr als einmal passiert: Im Gespräch unter Freunden ging es um spezielle Marken und deren Produkte oder mögliche Urlaubsziele. Nicht viel später erhalte ich dazu die passende Werbung auf das Handy. Die Vermutung liegt dann nahe, dass mein Smartphone "mitgehört" hat. Möglicherweise unterliege ich da einem gewissen Bestätigungsfehler (confirmation bias), also mir das einfach mehr auffällt, weil ich es mehr als einmal erlebt habe und es zu meinen Erwartungen passt. Aber womöglich täusche ich mich. Wenn ich dann jedoch von den Plänen von Ford lese, erscheint mir mein Gedanken gar nicht mehr so unrealistisch. Aber was genau ist passiert? Ford hat ein neues Patent angemeldet, das möglicherweise die Zukunft der personalisierten Werbung im Auto verändern könnte – allerdings nicht ohne potenzielle datenschutzrechtliche Bedenken zu wecken.
Wie funktioniert Fords neues personalisiertes Werbesystem im Auto?
Das von Ford angedachte System überwacht die Umgebung und das Verhalten der Insassen durch verschiedene Sensoren und Datensysteme, um gezielte Werbeanzeigen auf den Bildschirmen des Fahrzeugs anzuzeigen. Dazu werden Echtzeitdaten wie Standort, Geschwindigkeit, Reiseverlauf, Route sowie der Straßentyp (z. B. Stadtstraße oder Autobahn) und die aktuelle Verkehrslage analysiert. Zusätzlich nutzt das System historische Nutzerdaten und könnte auch Informationen aus Drittanbieter-Apps integrieren, um die Relevanz der Werbeanzeigen weiter zu erhöhen. Auf Basis dieser Daten wird die Anzahl und Art der Werbeanzeigen individuell an den Fahrer angepasst.
Alles zur Automotive Computing Conference
Die Automotive Computing Conference konzentriert sich auf die Herausforderungen der Sicherheit, der funktionalen Sicherheit, der Cloud-Konnektivität und der zunehmenden Komplexität des Fahrzeugdesigns. Das Ziel ist es, traditionelle Ansätze zu revolutionieren und an die Bedürfnisse der Automobilindustrie anzupassen. Hochkarätige Referenten werden am 14. und 15. November 2024 in Frankfurt in die Welt des Automotive High Performance Computing eintauchen und ein breites Spektrum an Aspekten abdecken. Die Hauptthemen:
- High Performance Computing - Quo vadis?
- Domain Computing und E/E-Architektur
- Hyperscaling und Cloud Computing
- Das softwaredefinierte Fahrzeug
- Virtuelles Prototyping
- Outlet Chiplets
Weitere Infos zur Automotive Computing Conference gibt es hier oder auf dem LinkedIn-Kanal. Neu war in diesem Jahr auch die 1. ACC in Amerika am 26. und 27. März 2024 in Detroit !
Warum könnte das System Gespräche im Auto abhören?
Eine der umstrittensten Funktionen des Systems ist die Fähigkeit, Gespräche der Fahrzeuginsassen zu überwachen. Das System kann akustische Signale im Fahrzeug analysieren, um festzustellen, wann eine Unterhaltung stattfindet, und bestimmte Schlüsselwörter oder Phrasen erkennen, die auf ein Reiseziel oder andere relevante Informationen hinweisen könnten. Beispielsweise könnte eine Unterhaltung über das Einkaufen dazu führen, dass passende Werbeanzeigen für Lebensmittelgeschäfte oder Einkaufszentren eingeblendet werden. Zudem könnte das System bei Stille im Fahrzeug Audio-Werbung starten, während es bei laufenden Gesprächen die Anzahl der Werbeanzeigen reduziert.
Wie sicher sind die gesammelten Daten und was sagt Ford dazu?
Das Patent lässt einige wichtige Fragen zum Datenschutz offen, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit der gesammelten Daten. Es bleibt unklar, wie private Gespräche und andere sensible Informationen im Fahrzeug geschützt werden sollen. Ford hat bisher keine konkreten Maßnahmen zum Schutz dieser Daten beschrieben. Laut "The Record" betonte Forn in einer Stellungnahme, dass Patentanmeldungen ein normaler Teil der Geschäftsstrategie seien, um neue Ideen zu schützen und das Portfolio an geistigem Eigentum zu erweitern. Das Unternehmen betont außerdem, dass die Einreichung eines Patents nicht bedeutet, dass diese Technologien auch tatsächlich in zukünftigen Produkten umgesetzt werden.
Kernpunkte des Ford-Patents US2024/0289844 A1
Diese Patentanmeldung mit der Nummer US2024/0289844 A1 beschreibt ein System und eine Methode zur Anzeige von Werbung in Fahrzeugen, insbesondere autonom fahrenden Fahrzeugen. Es geht darum, personalisierte Werbung auf Basis von Fahrinformationen, Nutzerverhalten und Präferenzen bereitzustellen.
Die Kernpunkte umfassen:
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Ziel- und Routenprognose: Das System nutzt Ziel- und Routenprognosen, um die Anzahl und Art der anzuzeigenden Werbungen zu bestimmen. Bestimmte Ziele wie Einkaufszentren oder Arbeitsorte führen zu einer höheren Anzahl von Werbeanzeigen.
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Geschwindigkeitsprognose: Vorhergesagte Geschwindigkeiten beeinflussen die Interaktion des Nutzers mit der Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI). Bei höheren Geschwindigkeiten wird weniger Werbung angezeigt.
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Nutzerpräferenzen und Kontextdaten: Das System berücksichtigt historische Nutzerdaten und akustische Signale (z. B. gesprochene Wörter im Fahrzeug), um Werbung entsprechend den Vorlieben des Fahrers oder der Passagiere zu präsentieren.
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Primäre und sekundäre Lasten: Das System berechnet eine primäre Last durch den Fahrzeugbetrieb und eine sekundäre Last durch die Nutzung von HMI, mobilen Geräten oder Sprachsteuerung. Diese Lasten bestimmen, wie viele Werbeanzeigen noch gezeigt werden können, ohne den Nutzer zu überlasten.
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Optimistische und pessimistische Schätzungen: Das System erstellt sowohl optimistische als auch pessimistische Schätzungen der Anzahl der Werbeanzeigen, die dem Nutzer während einer Fahrt zugemutet werden können. Die pessimistische Schätzung basiert auf minimaler Akzeptanz durch den Nutzer, während die optimistische von einem höheren Toleranzlevel ausgeht.
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Fahrzeug- und Nutzerinformationen: Basierend auf den Informationen über das Fahrzeug und den Nutzer, wie z. B. Fahrgeschwindigkeit, Ziel, Route und Präferenzen, wird die optimale Anzahl von Werbeanzeigen während der Fahrt ausgewählt und über das HMI des Fahrzeugs präsentiert.
Welche weiteren kontroversen Patente hat Ford bereits angemeldet?
Ford hat in der Vergangenheit bereits mehrere kontroverse Patente angemeldet, die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Privatsphäre aufgeworfen haben. Ein Beispiel ist ein Patent, das es Fahrzeugen ermöglichen sollte, die Geschwindigkeit von umliegenden Autos zu überwachen, Fotos zu machen und diese Informationen an die Polizei zu übermitteln. Diese Idee sorgte bei Datenschützern für heftige Kritik. Ein weiteres aufsehenerregendes Patent betraf die automatische Rückführung von Fahrzeugen bei Zahlungsverzug. Hierbei sollte das Fahrzeug autonom zu einer Sammelstelle fahren oder bestimmte Funktionen wie die Klimaanlage deaktivieren, um den Fahrer zur Zahlung zu bewegen. Beide Patente sorgten für kontroverse Diskussionen und wurden als Eingriffe in die Privatsphäre angesehen.
Der Autor: Dr. Martin Large
Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.