
MEMS-Timing-ICs ermöglichen einen zuverlässigen Betrieb von Elektrofahrzeugen selbst in störbehafteten Umgebungen. (Bild: iStock-1168365115)
Vier große Trends prägen die Zukunft der Mobilität: Elektrifizierung, geteilte Fahrzeugnutzung, aktive Sicherheitssysteme und Fahrautomatisierung. Diese Trends haben bereits großen Einfluss auf die Art und Weise, wie Fahrzeuge entworfen werden. Denn um Nutzungsüberwachung und Abrechnung, Antriebsstrangsteuerung, autonomes Bremsen und Lenken, Navigation, Positionierung, kontextbezogene Erfassung und V2X-Kommunikation zu bewältigen, sind mehr digitale Systeme an Bord erforderlich. Dementsprechend wächst der Markt für elektronische Bauelemente und Software für Fahrzeuge doppelt so schnell wie der Automobilmarkt insgesamt und soll bis 2030 ein Volumen von 450 Mrd. US-Dollar erreichen. Derzeit enthält ein Fahrzeug etwa 70 bis 100 Timing-ICs (Takt-/Zeitgeber), Tendenz steigend.
Gutes Timing sorgt für Datenintegrität und Sicherheit
Die zunehmende Zahl digitaler Systeme an Bord führt zu einem enormen Anstieg schneller Datenübertragungen im gesamten Fahrzeug, einschließlich über das Ethernet-Backbone des Fahrzeugs und über drahtlose (Funk-)Netzwerke. Da elektronische Systeme immer komplexer werden und immer mehr Sensoren für die Automatisierung hinzukommen, können Fahrzeuge mehr als 20 TB Daten pro Stunde erzeugen. Diese Datenflut erfordert eine nahtlose Kommunikation und Verarbeitungskapazitäten mit einer Rechenleistung von bis zu 100 TFlops.
Für die Verwaltung dieser riesigen Datenmenge ist präzises Timing unerlässlich. Das Fahrzeug ist in hohem Maße auf Timing-ICs angewiesen, um die schnellen und umfangreichen Datenübertragungen von verschiedenen Sensoren zu ADAS-Rechnern und Steuergeräten zu synchronisieren, Schnittstellen mit mehreren Gigabit pro Sekunde effektiv zu verwalten und eine nahtlose Kommunikation zwischen internen und externen Fahrzeugsystemen sicherzustellen.
Besonders in sicherheitskritischen Systemen, in denen die Vermeidung gefährlicher Zustände durch einen Komponentenausfall höchste Priorität hat, müssen Timing-ICs hochzuverlässig und -präzise sein. Da die Branche von passiven zu aktiven Sicherheitssystemen übergeht, ist präzises Timing von entscheidender Bedeutung. Bei diesen und bei autonomen Fahrfunktionen sind ein sehr niedriger Jitter, hohe Stabilität und ein zuverlässiger Betrieb äußerst wichtig, um die funktionale Sicherheit zu gewährleisten.

Save the date: 29. Automobil-Elektronik Kongress

Am 24. und 25. Juni 2025 findet zum 29. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.
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Höhere Ströme führen zu mehr EMI
Die Betriebsumgebungen im Fahrzeugbereich sind von Natur aus rau – mit hohen Umgebungstemperaturen, starken Vibrationen und mechanischen Stößen. Bei geteilter Nutzung sollen Fahrzeuge erwartungsgemäß bis zu 90 Prozent der Zeit in Betrieb sein, deutlich mehr als bei Einzelnutzern. Dies erhöht die Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Fahrzeugsysteme. Denn alle Systeme sind häufigen Ein- und Ausschaltzyklen sowie erhöhtem Verschleiß ausgesetzt, was robuste Komponenten erfordert, die mehr Arbeitszyklen standhalten.
Die komplexere Fahrzeugelektronik von Elektrofahrzeugen bringt aber auch Designherausforderungen mit sich. Diese kompakten elektronischen Systeme müssen mit zunehmenden elektromagnetischen Störungen (elektromagnetische Interferenzen, EMI) aufgrund der höheren Ströme im Fahrzeug zurechtkommen, was den Betrieb elektronischer Geräte stören kann. Robuste Timing-ICs spielen eine entscheidende Rolle bei der Taktung und Synchronisierung komplexer Fahrzeugelektronik, um für einen zuverlässigen Betrieb von Elektrofahrzeugen selbst in störbehafteten, anspruchsvollen Umgebungen zu sorgen.
MEMS-Technik ersetzt Quarzkristalle
In der Vergangenheit lieferten Quarzkristalle die Zeitreferenz für elektronische Schaltkreise. MEMS-Technik (mikroelektromechanisches System) ermöglicht es nun, die thermischen, mechanischen und elektrischen Eigenschaften von Silizium zu nutzen, um genaue Timing-ICs zu entwickeln.
MEMS-Resonatoren können viel kleiner als Quarzkristalle sein, Timing-ICs haben also eine kleinere Grundfläche (bis 1 mm x 1,2 mm) und sind damit ideal für Fahrzeuganwendungen wie Kameramodule und Radar-/Lidar-Sensoren. Durch die geringere Größe und Masse sind die Bauteile im Vergleich auch bis zu hundertmal widerstandsfähiger gegen Stöße und Vibrationen ebenso wie gegenüber elektromagnetischen Störungen. Diese Widerstandsfähigkeit zahlt sich in Anwendungen mit hohen Strömen und elektromagnetischen Feldern aus, etwa in Batteriemanagementsystemen für Elektrofahrzeuge.

Genaues Timing auch bei extremen Temperaturen
Darüber hinaus ermöglichen die intrinsischen Materialeigenschaften Si-basierender MEMS-Bausteine eine kontrollierte Frequenzgenauigkeit über einen weiten Temperaturbereich und die Genauigkeit weicht im Gegensatz zum typischen Verhalten von Quarzen bei extremen Temperaturen nicht exponentiell ab. Ein MEMS-Oszillator in Automotive-Qualität hat eine Stabilität von bis zu ±20 ppm über -40 bis +125 °C. Dieser Wert umfasst die anfängliche Genauigkeit, Temperatureffekte und Alterung. Das Hinzufügen einer Temperaturkompensation verbessert die Stabilität auf bis zu ±0,1 ppm. Diese Genauigkeit ermöglicht eine bessere Synchronisierung der V2X- und 5G-Kommunikation über erweiterte Temperaturbereiche.
MEMS-Timing ist auch frei von sogenannten Kaltstartproblemen am unteren Ende des Temperaturbereichs, die bei Systemen mit Quarzoszillatoren häufig auftreten. Ebensowenig sind Si-MEMS-Resonatoren anfällig für Mikrosprünge. Diese zufälligen, nicht reproduzierbaren Frequenzsprünge treten bei quarzbasierenden Oszillatoren häufig auf und können zu einem Signalverlust bei der GNSS- oder V2X/5G-Kommunikation führen. Tatsächlich bleibt die von einem MEMS-basierenden Oszillator erzeugte Frequenz auch dann konstant, wenn die Umgebungstemperatur schnell ansteigt, während Quarzoszillatoren zufällige Frequenzen mit Temperaturspitzen ausgeben.

Weniger Fehler gleich mehr Sicherheit

Die geringere Wahrscheinlichkeit eines Komponentenausfalls (failure in time, FIT) führt auch zu einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit für Hardwarefehler (probability metric for hardware failure, PMHF), sprich mehr Sicherheit in Fahrzeugsystemen und auf Systemebene. Die enge Integration von MEMS- und CMOS-Technologie in Verbindung mit Sicherheitsmechanismen verbessert Single-Point-Fehler-Metriken (SPFM) und Latent-Fehler-Metriken (LFM). Diese Verbesserungen sind für die Einhaltung von Sicherheitsstandards wie ISO 26262 für funktionale Sicherheit von Fahrzeugen entscheidend. Eine niedrigere FIT-Rate erhöht auch die Hardwaresicherheit in einer Gefährdungs- und Risikoanalyse (Failure modes, effects, and diagnostic analysis, FMEDA), der quantitativen Analyse, die im Rahmen der Bewertung der funktionalen Sicherheit erforderlich ist.
Ein Beispiel für die Vorteile des Si-basierenden MEMS-Timings ist ein Kameramodul für Fahrzeuge. Im Fahrzeug kommen immer mehr Kameras zum Einsatz, um Bildsensoren für Systeme wie die Erkennung des toten Winkels und die Verkehrszeichenerkennung sowie für ADAS-Funktionen wie Einparkhilfe, Spurhalteassistent, Notbremssystem und adaptive Geschwindigkeitsregelung bereitzustellen. Zu den üblichen Designherausforderungen gehören Platzbeschränkungen auf der Platine, extreme Umgebungstemperaturen und schnelle Temperaturänderungen sowie Stöße, Vibration und EMI. Außerdem soll die Sensorauflösung ständig weiter steigen. Das erfordert dann höhere Datenraten, wodurch die Minimierung des Taktjitters an Bedeutung gewinnt.

Alles zur Automotive Computing Conference
Die Automotive Computing Conference konzentriert sich auf die Herausforderungen der Sicherheit, der funktionalen Sicherheit, der Cloud-Konnektivität und der zunehmenden Komplexität des Fahrzeugdesigns. Das Ziel ist es, traditionelle Ansätze zu revolutionieren und an die Bedürfnisse der Automobilindustrie anzupassen. Hochkarätige Referenten werden am 13. und 14. November 2025 in München in die Welt des Automotive High Performance Computing eintauchen und ein breites Spektrum an Aspekten abdecken.
Weitere Infos zur Automotive Computing Conference gibt es hier oder auf dem LinkedIn-Kanal.
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Zudem gab es 2025 auch die 2. ACC in Amerika, die dritte folgt am 25. und 26. März 2024 in Detroit.
MEMS sorgen für stabilere Verbindungen
Ein MEMS-basierender Oszillator wie der SiT9025 von SiTime (Bild 4) ist klein und liefert stabile, hohe Genauigkeit über einen weiten Temperaturbereich – selbst bei schnellen Temperaturänderungen. Der Oszillator verfügt über konfigurierbare Spread-Spectrum-Funktion sowie einstellbare Anstiegs-/Abfallzeiten, was EMI minimiert. Die Bausteine weisen außerdem wenig Jitter, hohe Stoß- und Vibrationsfestigkeit sowie Funktionen auf, um EMI zu reduzieren. Die hohe Zuverlässigkeit spiegelt sich in einer bis zu 50-mal besseren Ausfallrate als bei Quarzoszillatoren wider. So können die Systeme die strengen Vorgaben für funktionale Sicherheit erfüllen (s. Kasten).
MEMS-Oszillatoren weisen eine Frequenzstabilität von bis zu ±100 ppb auf und sind damit vergleichbaren Quarzalternativen überlegen. Die Frequenzantwort auf Temperaturänderungen, dF/dT, kann besser als 3,5 ppb/°C sein, was zu einer besseren Kopplung mit GNSS und V2X sowie zu weniger Verbindungsabbrüchen führt.

Doppelt hält besser: Zwei Resonatoren auf einem Chip
MEMS-Oszillatoren können mit speziellen Funktionen ausgestattet werden, um bestimmte Eigenschaften zu bieten wie etwa eine erhöhte Robustheit gegenüber Störungen seitens der Spannungsversorgung. Beispiele sind die Differential-Oszillatoren SiT9396 und SiT9397 (Bild 5).
Hat die Temperaturstabilität Priorität, bieten die Super-TCXO-Oszillatoren SiT5386 und SiT5387 (Bild 3) den DualMEMS-Chip-Aufbau und TurboCompensation, um eine Temperaturstabilität zu bieten, die mit der eines beheizten Quarzoszillators (OXCO) vergleichbar ist, jedoch zu geringeren Kosten und mit kleinerem Stromverbrauch. DualMEMS vereint zwei Si-MEMS-Resonatoren auf einem einzigen Chip. Ein Resonator ist so optimiert, dass er über der Temperatur einen nahezu flachen Frequenzgang aufweist.

Der zweite Resonator fungiert als präziser Temperatursensor, dessen Frequenz auf Temperaturänderungen reagiert. Die Empfindlichkeit ist linear – mit einer Steigung von etwa ±7 ppm/°C, sodass das Frequenzverhältnis zwischen den beiden Resonatoren eine schnelle und genaue Messung der Resonatortemperatur ermöglicht. Dies wird als TurboCompensation bezeichnet und ermöglicht eine Auflösung von 30 μK sowie eine Bandbreite in der Größenordnung von 100 Hz. Die Temperaturmessung wird dann in einen Temperaturkompensationsalgorithmus eingegeben, den das zugehörige Mixed-Signal-CMOS-IC ausführt, was zu einer temperaturkompensierten Frequenzverschiebung von besser als ±1 ppm führt.