Elektromobilität EU Ladeinfrastruktur

Verlangsamt sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur? Eine Regel in der Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) könnte dafür sorgen. (Bild: U. J. Alexander)

Mit dem Ziel des beschleunigten Ausbaus von Ladeinfrastruktur in Deutschland arbeitet die Bundesregierung aktuell an der Neuauflage des Masterplans Ladeinfrastruktur. Die Europäische Union hat im Sommer mit dem Entwurf einer Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) einen ambitionierten europaweiten Ausbauplan für Lade-infrastruktur für PKW und LKW vorgelegt. Eine kleine, aber bedeutsame Regel innerhalb der AFIR könnte jetzt jedoch zum Streitpunkt werden und über Erfolg oder Misserfolg der Verkehrswende mitentscheiden.

Verpflichtung zur Implementierung von Kartenterminals

Mit der AFIR ist auch die verpflichtende Einführung von Kartenbezahlterminals in Ladesäulen geplant, die für das sogenannte spontane Laden verwendet werden. Dieses spontane Laden wird von weniger als 5 Prozent der Verbraucher genutzt und kann außerdem bereits kostengünstiger über webbasierte Methoden am Smartphone (z. B. mittels QR-Codes) realisiert werden. Der AFIR-Entwurf der Europäischen Kommission sah zunächst nur die verpflichtende Implementierung von Kartenbezahlterminals ab einer Leistung von 50 kW vor. Die Änderungsanträge aus dem EU-Parlament sehen nun die Implementierung bei Neuanlagen sowie die Nachrüstung bestehender Anlagen für alle Ladesäulentypen vor. Mag dieser Ansatz zunächst verbraucherorientiert erscheinen, so umfasst er im Falle der tatsächlichen Umsetzung einen sehr kostenintensiven Implementierungsprozess, welcher sich negativ auf den Verbraucher und den Ausbau von Ladeinfrastruktur auswirken wird.

Petras Ladegeschichten: Warum eine E-Mobilistin keine Reichweitenangst hat

Petra Gottwald
(Bild: Petra Gottwald)

Wie lässt sich ein E-Auto 40.000 km im Jahr fahren, ohne Wallbox zuhause? Warum sollte man sich beim Aufladen nicht nur auf Apps verlassen? In diesem Blog bekommen Sie die Antwort und weitere Geschichten rund ums Laden.

Laut eines Herstellers belaufen sich die Kosten für die Nachrüstung einer einzigen Ladesäule, ohne die Berücksichtigung von Arbeits- und Entwicklungskosten, bereits auf bis zu 2.650 Euro. Durch das Fehlen eines gemeinsamen europäischen Standards mit Blick auf das Gesamtkonzept, die Hardware-Schnittstellen und das Eichrecht, könnten darüber hinaus die Entwicklungskosten für ein entsprechendes E-Mobility-Backend mit bis zu 1.000.000 Euro pro Ladesäulentyp erheblich ins Gewicht fallen. Neben weiteren Aufwendungen für den laufenden Betrieb, Wartung und Services werden die Kosten zusätzlich durch den Umstand vervielfacht, dass für eine europaweite Umsetzung verschiedene Terminals eingesetzt werden müssen. Abgesehen von der kostenintensiven Implementierung können aus baulichen und zertifizierungstechnischen Gründen viele – darunter auch bereits geförderte Ladesysteme – im Feld gar nicht nachgerüstet werden, weshalb diese vollständig ersetzt werden müssten. Bei fehlender Nachrüstung drohen laut den Forderungen des EU-Parlaments gar Strafzahlungen, welche in vielen Fällen zum Abbau von Ladeinfrastruktur führen würden.

E-Mobility: Laden

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(Bild: AdobeStock_39293318)

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Auswirkungen auf den Markt und die Verbraucher

Während der hohe Kostenaufwand bei Schnellladern, das heißt DC-Ladesäulen ab 50 kW, etwa mit Blick auf den höheren stündlichen Umsatz, noch zu tragen wäre, droht das Geschäftsmodell bei den regulären Ladesäulen (AC-Ladesäulen) mit niedrigeren Ladeleistungen schlichtweg zu entfallen. Davon wäre besonders der Mittelstand als zentraler Treiber der AC-Ladeinfrastruktur in Europa betroffen. Statt eines Ausbaus wäre ein erheblicher Rückbau von Ladeinfrastruktur im AC die Folge.

Die Verpflichtung zur Implementierung eines Kartenterminals sollte aus Sicht des ZVEI vor allem mit dem Ziel einer verbraucherorientierten Ladeinfrastruktur erfolgen. Dabei setzt sich die Attraktivität von Lademöglichkeiten für den Verbraucher aus der Anzahl, den Zahlungsmöglichkeiten und den Kosten für das Laden zusammen. Im Falle der AFIR-Umsetzung müssten jedoch die am Markt verbleibenden Betreiber die Kosten für die Implementierung von Kartenterminals auf den Verbraucher umlegen. So stellt sich die Frage, ob die in seltenen Fällen genutzte Terminalzahlungsmöglichkeit tatsächlich als verbraucherorientiert beschrieben werden kann, wenn sie zulasten der Anzahl an Ladesäulen und der Kosten für den Ladevorgang geht.

André John

ist Leiter der ZVEI Plattform Mobilität

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