Industrie drängt auf Kurswechsel bei Digitalpolitik
Digitale Souveränität: Industrie fordert Strategie
Frankreich und Deutschland setzen ein Signal: Ohne mutige Digitalstrategie droht Europa technologisch den Anschluss zu verlieren. Industrieverbände fordern klare Weichenstellungen bei KI, Mikroelektronik und Dateninfrastruktur.
Frankreich und Deutschland rücken beim EU-Gipfel zur digitalen Souveränität enger zusammen – vereint im Kampf um Europas technologische Zukunft.
Oliver Boehmer
Zum Start des „Summit on European Digital Sovereignty“ in Berlin haben die französischen und deutschen Elektro- und Digitalverbände FIEEC und ZVEI eine klare Botschaft an die Politik gerichtet: Europa braucht eine mutige, vorausschauende Digitalstrategie. Die bisherige Debatte sei zu stark von Risikoabwehr geprägt, sagte ZVEI-Chef Wolfgang Weber. Stattdessen müsse sich Europa auf seine industriellen Stärken besinnen und die nächste Generation digitaler Technologien aktiv gestalten.
Im Mittelpunkt steht für die Verbände die industrielle KI. Sie soll konsequent in nationale und europäische Innovationsstrategien eingebunden und in Förderprogrammen stärker berücksichtigt werden. Gleichzeitig mahnen sie an, regulatorische Doppelbelastungen zu vermeiden. Gerade beim AI Act brauche es Übergangsfristen, die sich an der tatsächlichen Verfügbarkeit technischer Standards orientieren. Parallel dazu müsse Europa offene und sichere Datenräume ausbauen. Manufacturing-X gilt dabei als Musterprojekt, das künftig breiter unterstützt und durch wirksamen Schutz von Geschäftsgeheimnissen flankiert werden soll. Auch Cybersecurity sehen FIEEC und ZVEI als strategisches Technologiefeld, das durch verhältnismäßige Anforderungen und intensivere öffentlich-private Kooperationen gestärkt werden muss.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung der europäischen Mikroelektronik. Die Verbände drängen auf einen Chips Act 2.0 sowie auf nationale Maßnahmen, die die gesamte Wertschöpfungskette vom Chipdesign über die Fertigung bis hin zur Leiterplatten- und Elektronikproduktion einbeziehen. Europa brauche wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen – einschließlich bezahlbarer Energiepreise und einer Regulierungspause bei zentralen Digitalgesetzen wie AI Act, Data Act, DSGVO und Cyber Resilience Act, um Unternehmen Luft für Innovation zu verschaffen.
Darüber hinaus fordern FIEEC und ZVEI mehr Unterstützung für industrielle Forschung und Entwicklung. Die Kapitalmarktunion müsse schneller umgesetzt werden, um Innovationen besser zu finanzieren. Europäische Digital Innovation Hubs sollten ausgebaut und Public-Private-Partnerships gestärkt werden. Im nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm FP10 erwarten die Verbände eine deutlich stärkere Einbindung der Industrie.
Für Wolfgang Weber steht fest, dass der Gipfel ein Signal der Neuausrichtung setzen muss. Frankreich und Deutschland müssten wieder das technologische Rückgrat Europas bilden. Dafür brauche es eine entschlossene Digitalstrategie, die Chancen in den Vordergrund stellt – nicht Hemmnisse.