Der Schock saß tief beim Test der Rocket Factory Augsburg (RFA) am 20.8., als die erste Raketenstufe der RFA One bei der Zündung der neun Helix-Triebwerke durch einen Brand zerstört wurde. Das Unglück ereignete sich auf dem SaxaVord Spaceport auf den Shetlandinseln. Trotz des Totalverlusts der Raketenstufe kam niemand zu Schaden, da alle Sicherheitsprotokolle eingehalten und das Gelände vor dem Test geräumt worden war. Der Vorfall wird als Teil des Testprozesses betrachtet, um Probleme vor der nächsten Projektphase zu identifizieren.
Anders beim deutschen NewSpace-Startup HyImpulse, eine Ausgründung des Zentrums für chemische Antriebe der deutschen Raumfahrtbehörde DLR in Lampoldshausen: Sie konnten im Mai 2024 einen Erfolg mit dem Start der SR75 feiern, einer Suborbitalrakete, die vom Testgelände Koonibba in Australien abhob. Die dort eingesetzten Systeme wurden bereits in früheren Projekten wie der HEROS 3 verfeinert, einer Hybridrakete, die von damals noch Studierenden der Universität Stuttgart entwickelt wurde. Eingebettet war diese Projekt in das STERN-Programm (Studentische Experimental-Raketen), ein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) initiiertes Förderprogramm, das darauf abzielt, Studierende in die Entwicklung, den Bau und den Start von Experimentalraketen einzubeziehen.
Doch hinter dem erfolgreichen Start steht mehr als nur ein Antrieb: Elektronische Systeme spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg solcher Missionen. 2018 veröffentlichte das Unternehmen die technischen Details der HEROS-3-Rakete. Hier haben wir alle Aspekte der Elektronik herausgearbeitet – von der Steuerung bis zur Telemetrie.
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Flugcomputer: Das Gehirn hinter der präzisen Steuerung der Rakete
Der Flugcomputer berechnet automatisch die Fluglage und Höhe der Rakete und zeichnet zusätzlich die GPS-Position auf, die an die Bodenstation übertragen wird. In der HEROS 3 überwachte dieser Computer kontinuierlich die Beschleunigung, Rotation und Lage der Rakete. Bei der Berechnung des Link Budgets – die Verstärkungen und die Dämpfungen der Sendeleistung, die ein Kommunikationssignal in einem Telekommunikationssystem erfährt – zeigte sich, dass mehr Sendeleistung erforderlich war, als der Flugcomputer allein liefern konnte. Daher wurde das Datensignal verstärkt und über eine Stabantenne im 70-cm-Band gesendet. In der Rakete wurde zudem eine redundante Konfiguration mit zwei unabhängigen Systemen integriert, wobei jeder Flugcomputer seine Positionsdaten an die Bodenstation sendet. Diese Redundanz erhöhte die Sicherheit, indem es die Möglichkeit bot, einen Ausfall während des Fluges zu kompensieren. Allerdings ist das GPS-Signal aufgrund der COCOM-Beschränkungen auf die Geschwindigkeit der Rakete limitiert. Um dennoch eine genaue Positionsbestimmung zu ermöglichen, wurden zusätzliche Sensoren und ein Kalman-Filter zur Auswertung der Daten der Trägheitsmesseinheit (IMU) eingesetzt.
Zu den wichtigste Aufgaben der Flugcomputer gehörte, die Bremsschirme am Apogäum sowie die Hauptfallschirme in Bodennähe auszulösen. Darüber hinaus enthielt der Elektronikbereich zwei Bordkameras. Eine Power-Control- und Verteilungseinheit wurde entwickelt, um den Flugcomputer sowie die Bordkameras und die Nutzlast vor dem Start zu steuern. Während des Fluges sorgte sie für eine konstante Ausgangsspannung, obwohl die Eingangsspannung der Lithium-Polymer-Batterien abnahm.
Ziel des STERN-Programms: Telemetrie und DatenĂĽbertragung
Ein wichtiges Ziel des STERN-Programms war die Implementierung eines Telemetrie-Downlinks von der Rakete zur Bodenstation. Dies wurde durch den Einsatz eines kommerziell erhältlichen Flugcomputers realisiert, der hauptsächlich in Hochleistungsmodellraketen verwendet wird. Dieser Flugcomputer misst die Beschleunigung der Rakete in drei Achsen sowie die Rotationsgeschwindigkeit in drei Achsen und den Umgebungsdruck.
HyEnD - Hybrid Sounding Rocket HEROS 3 Record Flight Video
Stromversorgung: Zuverlässigkeit der HEROS 3 durch Technologien
Eine zuverlässige Stromversorgung ist in einer Rakete unerlässlich. Die HEROS 3 verwendete eine speziell entwickelte Power Control und Distribution Unit, die sicherstellte, dass alle elektronischen Systeme, einschließlich der Flugcomputer und Kameras, während des gesamten Fluges konstant mit Energie versorgt wurden. Selbst unter extremen Bedingungen lieferte diese Einheit eine stabile Spannung, was besonders wichtig war, um die Funktion der sensiblen Elektronik zu gewährleisten. Die Stromversorgung erfolgte über Lithium-Polymer-Batterien, die für ihre hohe Energiedichte und Zuverlässigkeit bekannt sind.
Selbstgebautes Messsystem erfasst präzise die Flugdaten der Mini-Rakete
Ein selbst entwickeltes Messsystem zeichnete während des Flugs der Rakete Druck-, Temperatur- und IMU-Daten auf, die nach der Landung analysiert wurden. Dieses kostengünstige System bestand aus drei Genuino-Mikrocontrollern, die im unteren Segment der Rakete zwischen Brennkammer und Tank platziert waren. Die Software wurde mit der Arduino-Umgebung programmiert.
Insgesamt kamen 26 Sensoren zum Einsatz:
Art | Anzahl |
---|---|
Inertialsensoren mit 9 Freiheitsgraden | 4 |
3-Achsen-Magnetometer | 4 |
Analoge barometrische Sensoren | 4 |
Digitale barometrische Sensoren | 1 |
Drucksensoren | 3 |
GPS-Module | 3 |
Temperatursensoren | 7 |
Präzise Messungen in HyImpulse-Raketen: Daten für umfassende Analyse
Die Drücke in Brennkammer, Injektor und Tank wurden mit einer Frequenz von 1000 Hz gemessen, um Leistungsdaten und die Verbrennungsstabilität des Motors zu analysieren. Temperaturen wurden mit einer Frequenz von 2 Hz im Injektor, Tank, an den Raketenflossen und der CFRP-Tankstruktur gemessen. Ein Bosch BNO055 IMU-Sensor erfasste die Fluglage der Rakete in Euler-Winkeln sowie Rohbeschleunigungsdaten, die Gravitationsbeschleunigung, Magnetfelddaten und Rotationsraten, jeweils in drei Körperachsen, mit einer Frequenz von mehr als 90 Hz.
Wie die EchtzeitĂĽberwachung und Datenspeicherung in der Heros 3 funktioniert
Alle Daten der Genuino-Controller wurden während des Flugs auf Mikro-SD-Karten gespeichert und nach der Landung analysiert. Vor dem Start wurden Temperaturdaten, Tankdruck und Statussignale in Echtzeit überwacht und an das GSE (Ground Support Equipment) übertragen. Die Temperatur und der Druck des N2O im Raketentank waren entscheidend für die Startfreigabe; eine Tanktemperatur über 25°C und ein Druck von mehr als 60 bar galten als „Go“-Kriterien für den Start.
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Sicherheit und Fehlertoleranz in HyImpulse-Raketen: Lehren aus der HEROS 3 Mission
Die Sicherheit und Fehlertoleranz der elektronischen Systeme spielten eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der HEROS 3. Durch die Integration von Schutzgehäusen für die Elektronik und die Implementierung redundanter Systeme wurde sichergestellt, dass die Rakete auch unter unerwarteten Bedingungen zuverlässig funktionierte. Nach dem Fehlschlag von HEROS 2, bei dem eine elektronische Interferenz zum Ausfall der Bordelektronik führte, wurden zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Diese Verbesserungen trugen wesentlich zum Erfolg der HEROS 3 Mission bei.
Der Autor: Dr. Martin Large
Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.