Vom Konzept zur Referenz

Imec eröffnet in Heilbronn: Chiplets für die Autoindustrie rücken näher

Veröffentlicht Geändert
IPAI Space Imec Heilbronn Außenansicht
Das neue imec-Büro im Innovationspark AI (IPAI) in Heilbronn: Von hier aus will das belgische Forschungszentrum Chiplet-Architekturen für die Automobilindustrie vorantreiben.

Imec hat sein deutsches Büro im Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn eröffnet. Ziel ist es, Chiplet-basierte Architekturen schneller in Fahrzeugplattformen zu überführen und so neue Referenzdesigns für die Autoindustrie zu schaffen.

Imec-CEO Luc Van den hove bei seiner Eröffnungsrede in Heilbronn: Er betonte die strategische Bedeutung von Chiplets für energieeffiziente Hochleistungsrechner und softwaredefinierte Fahrzeuge.
Imec-CEO Luc Van den hove bei seiner Eröffnungsrede in Heilbronn: Er betonte die strategische Bedeutung von Chiplets für energieeffiziente Hochleistungsrechner und softwaredefinierte Fahrzeuge.

Im Innovationspark für Künstliche Intelligenz (IPAI) hat imec sein deutsches Büro im Rahmen des Automotive Chiplet Forums offiziell eröffnet. Der Fokus ist klar: Chiplet-basierte Architekturen für softwaredefinierte Fahrzeuge schneller vom Labor in die Fahrzeugarchitektur bringen – in enger Zusammenarbeit mit Industrie und Forschung in Baden-Württemberg und darüber hinaus. Bei der Eröffnung auf der IPAI-Bühne: imec-CEO Luc Van den hove, Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.

Worum es konkret beim Imec in Heilbronn geht

Das Heilbronner Hub versteht sich als Design- und Systemdrehscheibe für die Automobilbranche: Chiplet-Design, Advanced Packaging, System- und Sensorintegration, Perzeption/Sensorfusion sowie (Edge-)KI stehen oben auf der Agenda. Ziel ist es, funktionsfähige Referenzdesigns („A-Samples“) zu entwickeln – mit realistischen Bootzeiten, Safety-Verhalten und Integrationspfaden, die OEMs als Fahrplan nutzen können. Parallel dazu soll die Ausbildung der nächsten Generation von Automotive-Systemarchitekt:innen vorangetrieben werden, inklusive enger Zusammenarbeit mit EDA-Anbietern, um neue KI-gestützte Designwerkzeuge in realen Umgebungen zu testen und die Designzeit zu senken.

Die Eröffnung, das wachsende Team und die CHASSIS-Teilnahme beschleunigen den Übergang zu Chiplet-Architekturen in der Autoindustrie und stärken Baden-Württembergs Ökosystem – mit Perspektive auf weitere Sektoren und mehr europäische Halbleitersouveränität.

Luc Van den hove, CEO, imec

Warum Heilbronn?

Imec bringt die Technologie-Grundlage aus Leuven mit – inklusive einer 2-nm-Pilotlinie. Was laut Bart Placklé bisher fehlte, sei der konsequente Systemschritt ins Fahrzeug: „Die Region bietet ein außergewöhnlich starkes Umfeld für Systemintegration“, vom Bauteil bis zum marktfähigen Produkt. Der lokale Talentpool – Hardware und Software – habe die Standortentscheidung zusätzlich befeuert. Das Team soll bis 2030 auf rund 70 Expert:innen anwachsen, mit Schwerpunkten in Systemarchitektur und -design, Sensorintegration, Perzeption/Sensorfusion und KI.

Politischer und industrieller Rückenwind

Die Landesregierung positioniert Mikroelektronik als Haupttreiber für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Ministerpräsident Kretschmann betonte den Anspruch, die Zukunft der Mikroelektronik „nicht nur zu begleiten, sondern aktiv mitzugestalten“ – mit Forschungsexzellenz, Hidden Champions und einem Netzwerk, das Industrie und Wissenschaft eng verzahnt. Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut stellte die Investitionen des Landes und die Logik des Standorts heraus: Im IPAI entstehe ein sichtbares Zentrum, in dem Elektronik, KI und Mobilität ein neues „Innovationsdreieck“ bilden – mit beschleunigter, wirtschaftsnaher F&E und besseren Bedingungen für Start-ups.

Automotive Chiplet Program nimmt Fahrt auf

Das Automobil-Ökosystem von imec auf dem „2025 Spring Automotive Chiplet Forum” in Cambridge

Das Automotive Chiplet Program (ACP) von imec bringt Akteure aus der Automobil- und Halbleiterbranche in einer vorwettbewerblichen Forschungsinitiative zusammen, um gemeinsam die Einführung von Chiplet-Architekturen und Packaging-Technologien in Fahrzeugen der kommenden Generation zu beschleunigen und dabei die Anforderungen der Automobilindustrie an Sicherheit und Zuverlässigkeit zu erfüllen. So ist GlobalFoundries (GF) dem Programm beigetreten und wird als Foundry-Partner Fertigungskapazitäten, ein differenziertes Technologieportfolio und weltweite Präsenz mit Fabriken in den USA, Europa und Asien beisteuern. Ebenfalls zur Teilnahme verpflichtet haben sich die Halbleiter- und Systemunternehmen Infineon, Silicon Box, Stats ChipPAC und der japanische Entwickler von Technologien für autonomes Fahren Tier IV.

Da sich Fahrzeuge zu leistungsstarken, softwaredefinierten Plattformen entwickeln, werden herkömmliche monolithische Chipdesigns zunehmend vor die Herausforderung gestellt, die Anforderungen von Fahrerassistenzsystemen (ADAS), autonomem Fahren und immersivem Infotainment im Fahrzeug zu erfüllen. Chiplet-Architekturen bieten eine skalierbare, flexible und kostengünstige Alternative, die sich nahtlos in die hochentwickelten Rechensysteme softwaredefinierter Fahrzeuge integrieren lässt.

Programmatische Einbettung: ACP, CHASSIS, MoU

Heilbronn ist Knoten im Automotive Chiplet Program (ACP) von imec. Parallel ist das Büro Kernpartner von CHASSIS, einem neuen europäischen CHIPS JU-Projekt für heterogene Integration in Automotive-HPC. Ziel: eine modulare, skalierbare Hardwareplattform für softwaredefinierte Fahrzeuge, die industrielle Anforderungen erfüllt und so die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie stärkt. Mit dem Memorandum of Understanding mit der Technischen Universität München (Prof. Hussam Amrouch, MACHT-AI) sollen Wissenstransfer, Training und Hands-on-Entwicklung in Chipdesign und Advanced Packaging für das BW-Ökosystem ausgebaut werden.

Baden-Württemberg sei „Wiege und Zukunft des Automobils“. Imec verstärke das Halbleiter-Ökosystem und die Position des Landes als Vorreiter in Chip-Innovation und digitaler Transformation.

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident BW

Technische Stoßrichtung: Vom Skalieren zum Stapeln

Luc Van den hove ordnete die Initiative technologisch ein: Der KI-getriebene Rechenhunger zwingt zur Effizienz – nicht nur durch weitere 2D-Skalierung, sondern durch das konsequente Nutzen der dritten Dimension. Chiplets und heterogene Integration werden als praktikabler Weg verstanden, um leistungsfähige, flexible und kosteneffiziente Rechenplattformen zu bauen – im Rechenzentrum wie im Fahrzeug. Standardisierung und Interoperabilität sind dafür Schlüssel, um Komponenten aus mehreren Quellen zu kombinieren und die Lieferkettensouveränität zu erhöhen.

Über imec

Der Forschungs- und Innovationshub beschäftigt über 6.000 Mitarbeitende und meldete 2024 einen Umsatz von 1,034 Mrd. €. Standorte bestehen in mehreren europäischen Ländern sowie den USA; die Zentrale ist in Leuven, Belgien.

Von der Vision zur Plattform

Imec beschreibt sein Vorgehen als zweigleisig: Track A/B kümmert sich um Qualität, Zuverlässigkeit und Standardisierung sowie um die interoperable Plattformarchitektur. Darauf aufbauend entstehen in Heilbronn referenzfähige Designs für die nächsten Generationen automotiver HPC-Plattformen – eine Brücke vom „Lab to Fab“ ins Fahrzeug, mit klaren Meilensteinen für OEMs, Tiers und Tool-Hersteller. Flankierend laufen europäische Programme (u. a. CHASSIS) und Kooperationen mit Fraunhofer. Die Anwendung beginnt im Kernmarkt Automotive; die Übertragbarkeit auf Robotik, Drohnen und sicherheitsrelevante Systeme ist eingeplant.

Hochleistungs-Chips prägen Mobilität, KI und Digitalisierung. Das Zentrum im IPAI beschleunige geschäftsnahe F&E und vernetze Start-ups, Industrie und Forschung – weit über den Automotive-Sektor hinaus.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Wirtschaftsministerin BW

Ökosystem und Partner

Imec setzt auf das gewohnte Netzwerkmodell: Universitäten, Material- und Equipment-Hersteller, Foundries, Fabless und Systemhäuser arbeiten vorwettbewerblich zusammen. Im Rahmen des ACP werden zusätzliche Partner aufgenommen; genannt wird unter anderem GlobalFoundries als erster Foundry-Partner, der Fertigungskapazitäten und Portfolio für eine automotive-fähige Chiplet-Plattform einbringt. Das Auto-Cluster in Südwestdeutschland – OEMs, Tier-1/2, EDA, Packaging – liefert Nähe zu Anforderung, Integration und Qualifikation.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.