Die Quantentechnologie soll neue Möglichkeiten in etablierten Bereichen wie Informatik, Kommunikation, Sensorik, Pharmazeutik, Chemie und Materialforschung entwickeln.

Die Quantentechnologie soll neue Möglichkeiten in etablierten Bereichen wie Informatik, Kommunikation, Sensorik, Pharmazeutik, Chemie und Materialforschung entwickeln. (Bild: AdobeStock 459353148, Bartek Wróblewski)

Das Wort Quantentechnologie wird als Überbegriff für den aufkommenden Technologie-Bereich verwendet, der sich die Quantenmechanik zunutze macht, um grundlegend neue Möglichkeiten in etablierten Bereichen wie Informatik, Kommunikation, Sensorik, Pharmazeutik, Chemie und Materialforschung zu entwickeln.

Im wörtlichen Sinne bezieht sich das Wort „Quanten“ auf die kleinste Einheit oder Entität in einem physikalischen System, das mithilfe der Quantenmechanik beschrieben wird. Der Grund, warum Physiker eine eigene Formulierung der Mechanik für die Quantenwelt haben, liegt darin, dass auf der Skala der sehr, sehr kleinen Teilchen die Regeln der klassischen Physik nicht unbedingt gelten und seltsames, neues Verhalten zu beobachten ist, das mit klassischer Physik nicht erklärbar ist. Zu diesen Phänomenen gehören die Quanteninterferenz und die Verschränkung, durch die Teilchen, die sehr weit voneinander entfernt sind, miteinander verbunden sein können.

Was Sie schon immer über Quantencomputer wissen wollten

Themenschwerpunkt Quantencomputer auf all-electronics.de
(Bild: Bartek Wróblewski – Adobe Stock)

Als im Juni 2021 der erste Quantencomputer in Deutschland von IBM eingeweiht wurde, war das Interesse groß. Aber was verbirgt sich hinter der Technologie? Was kann sie eines Tages leisten, woran wird geforscht und wo lauern Gefahren? Das und mehr erfahren Sie hier.

Was verspricht die Quantentechnologie und warum ist sie wichtig?

Das Versprechen der Quantentechnologie besteht darin, die Grenzen der klassischen Physik zu überwinden, indem man sich diese quantenmechanischen Eigenschaften der Materie zunutze macht. Je nach Kontext kann dies völlig neue Wege der Informationsverarbeitung eröffnen, die das Potenzial haben, schneller und ressourceneffizienter zu sein. So lassen sich zum Beispiel Dinge berechnen, die bisherige Technologien nicht berechnen konnten. Dazu gehören unter anderem die Bildung von Proteinen oder die Vorhersage des komplexen Verhaltens von Finanzsystemen.

Wo liegt das disruptive Potenzial der Quantentechnologie?

Es gibt eine ganze Reihe von Bereichen, in denen die Quantentechnologie potenziell bahnbrechend sein kann. Um nur ein paar zu nennen:

  • Optimierung: Quantencomputer könnten in der Lage sein, schwierige Optimierungsprobleme sehr viel schneller zu lösen und können es sogar ermöglichen, Probleme zu lösen, die heute völlig unerreichbar sind (im Hinblick auf die benötigten klassischen Rechenressourcen).
  • Pharmazeutische/chemische Forschung und Modellierung: Die Quantensimulation kann dabei helfen zu verstehen, wie sich Moleküle und Proteine bilden, und zu Durchbrüchen in Chemie und Biologie, bei der Entwicklung von Medikamenten und im Gesundheitswesen führen.
  • Cybersecurity: Ein leistungsfähiger Quantencomputer könnte möglicherweise bestehende Verschlüsselungsprotokolle brechen, die auf der Faktorisierung großer Zahlen beruhen, wie RSA-basierte Verschlüsselungsprotokolle. Derzeit gibt es keinen klassischen Computer oder Algorithmus, der dies innerhalb einer angemessenen Zeitspanne bewerkstelligen kann – und so besteht die Möglichkeit, völlig neue Arten der Verschlüsselung zu entwickeln, um Informationen sicher zu halten.
Die Quantensimulation kann dabei helfen zu verstehen, wie sich Moleküle und Proteine bilden, und zu Durchbrüchen in Chemie und Biologie, bei der Entwicklung von Medikamenten und im Gesundheitswesen führen.
Die Quantensimulation kann dabei helfen zu verstehen, wie sich Moleküle und Proteine bilden, und zu Durchbrüchen in Chemie und Biologie, bei der Entwicklung von Medikamenten und im Gesundheitswesen führen. (Bild: AdobeStock 418105566, Siarhei)

Was sind die Vorteile und Risiken des Quantencomputing?

Quantencomputing verspricht eine effizientere Datenverarbeitung. Die Fähigkeit, Informationen schneller zu verarbeiten, eröffnet die Möglichkeit, Bereiche wie Grundlagenforschung, Optimierung, Informationstechnologie und Pharmazie über das hinaus voranzutreiben, was derzeit mit klassischen Computern überhaupt vorstellbar ist.

Für die Sicherheit werden Risiken erwartet. Es ist theoretisch bekannt, dass ein großer Quantencomputer die NSA-Verschlüsselung knacken kann. Eine große Herausforderung ist derzeit die Entwicklung von Sicherheitsstandards, die sowohl vor klassischen als auch vor Quantencomputern sicher sind.

Die unvorhergesehenen Risiken bestehen darin, dass es viele bisher ungeahnte Anwendungen für einen wesentlich leistungsfähigeren Computer gibt. Die Stärke eines Quantencomputers ist die Verarbeitung von Big Data, was Auswirkungen auf die Privatsphäre haben kann.

So wird beispielsweise etwa 1 Prozent des Energieverbrauchs der USA für die Herstellung von Düngemitteln verwendet. Dieser Prozess ist zum Teil ineffizient, weil die Simulation der chemischen Reaktion auf quantenmechanischer Ebene sehr komplex ist. Mit einem Quantencomputer lassen sich biologisch-chemische Prozesse wie die Stickstofffixierung in der Nitrogenase simulieren, was die Effizienz der Produktion steigern und zu einem umweltfreundlicheren Ansatz führen würde.

Welche Fortschritte sind notwendig, damit Quantencomputing Mainstream wird?

Zurzeit sind vor allem die zeitliche Stabilität von Quantensystemen und die Fähigkeit, sie genau zu kontrollieren, die größten Einschränkungen. Die einzigartige Empfindlichkeit von Quantensystemen gegenüber ihrer Umgebung macht sie für die Datenverarbeitung so leistungsfähig, erschwert aber auch ihre genaue Steuerung. Daher sind die derzeitigen Quantencomputer sehr klein (sie bestehen nur aus einigen Dutzend Quantenbits oder Qubits – klassische Computer haben Hunderte von Millionen Bits), und die Berechnungen, die diese kleinen Systeme realisieren können sind oft ungenau.

Um das Quantencomputing aus seinem Nischendasein in den Mainstream zu bringen ist es notwendig zu lernen, wie sich Quantensysteme besser von ihrer Umgebung isolieren und sich gleichzeitig mit viel größerer Genauigkeit steuern lassen. Die Fehler, die bei Quantenberechnungen zu beobachten sind, müssen reduziert und dann das System auf Hunderte von Millionen Qubits hochskaliert werden.

Qubits sind die Basiseinheit für Quanteninformation. Aktuelle Quantencomputer enthalten nur einige Dutzend davon. Ziel ist es, diese Systeme auf Hunderte von Millionen Qubits hochzuskalieren.
Qubits sind die Basiseinheit für Quanteninformation. Aktuelle Quantencomputer enthalten nur einige Dutzend davon. Ziel ist es, diese Systeme auf Hunderte von Millionen Qubits hochzuskalieren. (Bild: AdobeStock 239139756, Astibuag)

Wie lassen sich diese Herausforderungen beim Quantencomputer meistern?

Ziel ist es, das Fehlerproblem bei Quantenberechnungen sowohl durch Innovationen bei der Hardware als auch bei der Software für Quantencomputer zu überwinden. Es bedarf weiterer Forschung, um die Fehlerprozesse zu verstehen, die in Quantensystemen auftreten, und um Hardware zu bauen, die gegenüber diesen Fehlern widerstandsfähiger ist. Gleichzeitig sind Fortschritte bei der Software und der Implementierung bestimmter Algorithmen erforderlich, da Entwickler hier an die physikalischen Grenzen der Chipfertigung stoßen.

Wird sich Quantencomputing auf das tägliche Leben auswirken?

Es ist unwahrscheinlich, dass die Menschen zu Hause Quantencomputer haben werden, die ihre klassischen Computer ersetzen. Quantencomputer sind vielmehr als ein Tool für die Forschung, das sowohl von Forschern als auch von der Industrie genutzt werden kann. Der Einfluss auf das tägliche Leben der Menschen wird durch die Innovationen in den oben genannten Bereichen erfolgen.

Welche Trends sind beim Quantencomputing zu beobachten?

Zusätzlich zu den aktuellen Quantencomputertechnologien gibt es mehrere Vorschläge für neue Arten von Quantencomputer-Hardware, die mit Spannung erwartet werden. Dazu gehören photonische Quantencomputer oder Quantencomputer auf der Basis von neutralen Atomen. Darüber hinaus arbeiten Forscher auf dem gesamten Gebiet intensiv an der Entwicklung von Algorithmen, die die Leistung von verrauschten, mittelgroßen Quantencomputern steigern können, um den Durchbruch im Quantencomputing schneller zu erreichen.

Wie funktioniert Quantenkommunikation?

In der Praxis sehen die meisten Quantenkommunikationsverfahren ihren klassischen Pendants für die Glasfaserkommunikation recht ähnlich. Generell gelten für die Quantenkommunikation strengere Leistungsanforderungen und sie ist anfälliger für Umwelteinflüsse. Eine große Herausforderung ist daher die Entwicklung sicherer Quanten-Repeater, um die Probleme bei der Implementierung eines Quanten-Netzwerks im Alltag zu überwinden.

Der Vorteil liegt in der sicheren Kommunikation und in der Möglichkeit, Verschränkung zu nutzen. Verschränkung ist ein quantenmechanischer Effekt, der zu verbesserten Berechnungen und Messungen beiträgt. Ein Quanten-Netzwerk wäre in der Lage, Verschränkung zu verbreiten, sodass sich Netzwerke von Quantensensoren oder Netzwerke von Quantencomputern schaffen lassen. Ähnlich wie es CPU-Cluster für verteilte Berechnungen gibt, wäre ein verteilter QPU-Cluster für Quantenberechnungen realisierbar.

Könnte 7G auf Quantentechnologie basieren?

Das ist eher unwahrscheinlich. Quantencomputer sind in der Regel nicht schneller, sondern eher effizienter. Ein klassischer Computer kann zum Beispiel zwei Zahlen wesentlich schneller dividieren als ein Quantencomputer. Nur durch die Verwendung von quanteneffizienten Unterprogrammen erhält der Quantencomputer einen Vorteil. Die Erwartung einer Geschwindigkeitssteigerung durch die Umstellung auf Quantencomputer ist nicht realistisch.

Introducing the Keysight Quantum Control System

Wie sieht der Zeitplan für das Quantencomputing aus?

Die Frage ist sehr schwer zu beantworten, da es für die Probleme, mit denen Entwickler heute konfrontiert sind, noch keine eindeutige Lösung gibt. Wenn die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen weiterhin erfolgreich sind, lässt sich ein Zeitrahmen von zehn Jahren ins Auge fassen. Treten jedoch neue Herausforderung auf oder es lassen sich keine adäquaten Wegge finden, um das Fehlerproblem bei der Quanteninformatik zu überwinden, wird das Ziel unter Umständen nie erreicht. Stattdessen sollten sich dann die Anstrengungen auf erreichbare Ziele wie den Bau von Quantensimulatoren konzentrieren, die spezifischere Probleme lösen (im Gegensatz zum Bau von Quantencomputern für allgemeine Zwecke).

Welche Regionen der Welt sind beim Quantencomputing am aktivsten?

Keysight freut sich darüber, dass sowohl Start-ups als auch Branchenriesen wie IBM und Google weltweit große Anstrengungen im Bereich des Quantencomputing unternehmen. Während die wichtigsten Akteure der Branche ihren Sitz in Nordamerika haben, ist in Europa, Asien und Ozeanien ein immer stärkeres Engagement zu beobachten. Es ist erstaunlich zu sehen, dass das Quantencomputing ein globales Ziel geworden ist, und Keysight nimmt gern daran teil.

Angesichts der Tatsache, dass viele Unternehmen immer noch versuchen, die angestrebten Einnahmen aus disruptiven Technologien wie 5G, KI/ML, Cloud usw. zu erzielen, stellt sich die Frage, wann der beste Zeitpunkt für die Einführung von Quantencomputing ist.

Das Ertragspotenzial des Quantencomputing ist komplementär zu anderen bahnbrechenden Technologien und bietet potenzielle Fortschritte in einer Vielzahl von Bereichen in Industrie und Forschung. Keysight ist davon überzeugt, dass die Technologie, sobald sie einsatzfähig ist, erfolgreich implementiert wird und jeder Branche, die daran beteiligt ist, enorme Einnahmen bescheren wird. (na)

Elizabeth Ruetsch, Keysight
(Bild: Keysight)

Elizabeth Ruetsch

General Manager für Quantum Engineering Solutions bei Keysight Technologies

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