IBM-Quantencomputer Q System One‘

Blick in den IBM-Quantencomputer ‚Q System One‘, der auf supraleitenden Qubits beruht. In den kommenden Jahren werden Quantencomputer eine immer wichtigere Rolle spielen. (Bild: IBM)

Seit etwa 50 Jahren wird mit Quantum Computing an einer alternativen Strategie zur klassischen Implementierung von Rechenleistung geforscht. Zunächst war die
Idee, mit Quantencomputern zu arbeiten, vor allem ein theoretisches Konzept. Im Herbst 2019 wurde von Google jedoch erstmals praktisch nachgewiesen, dass Quantencomputer einige Berechnungsprobleme wesentlich schneller lösen können als Digitalcomputer. Doch was genau ist ein Quantencomputer, wie funktioniert er und wie sieht die Zukunft des Quantencomputings aus?

Für Eilige: Rundumblick zu Quantencomputern in einer Minute

Quantencomputer sind eine revolutionäre Technologie, die das Potenzial hat, die Art und Weise, wie wir Daten verarbeiten und komplexe Probleme lösen, radikal zu verändern.

Was sind Quantencomputer?

Quantencomputer sind Maschinen, die Quantenmechanik nutzen, um Daten zu verarbeiten und zu speichern. Im Gegensatz zu klassischen Computern, die Bits verwenden, arbeiten Quantencomputer mit Quantenbits oder Qubits.

Funktionsweise von Qubits

Qubits sind die fundamentalen Einheiten von Quantencomputern. Sie können nicht nur in einem Zustand von 0 oder 1 sein, wie klassische Bits, sondern können auch in einer Überlagerung dieser Zustände existieren. Dies ermöglicht es ihnen, mehrere Berechnungen gleichzeitig durchzuführen.

Potenziale und Anwendungen

Dank ihrer einzigartigen Funktionsweise können Quantencomputer Probleme lösen, die für klassische Computer zu komplex oder zeitaufwendig wären. Dazu gehören:

  • Optimierungsprobleme: Zum Beispiel Routenplanung für Lieferdienste oder Finanzmodelle.
  • Kryptographie: Sie könnten die meisten aktuellen Verschlüsselungsmethoden knacken.
  • Materialwissenschaft: Entdeckung neuer Materialien und Medikamente durch Simulation auf molekularer Ebene.

Herausforderungen und Grenzen

Trotz ihres Potenzials stehen Quantencomputer noch vor vielen technischen Herausforderungen:

  • Fehleranfälligkeit: Qubits sind sehr empfindlich gegenüber externen Störungen.
  • Skalierbarkeit: Es ist herausfordernd, eine große Anzahl von Qubits zu bauen und zu verwalten.

Der Weg in die Zukunft

Es ist unbestreitbar, dass Quantencomputer das Potenzial haben, die technologische Landschaft zu revolutionieren. Dennoch befinden sie sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium und es wird noch einige Zeit dauern, bis sie ihr volles Potenzial entfalten.

Wie funktioniert ein Quantencomputer?

Quantencomputer basieren auf der Wechselwirkung quantenmechanischer Zustände. Dabei arbeiten sie nicht mit klassischen Bits, wie in der binären Informatik. Diese Bits kennen nur den Zustand 1 oder 0, an oder aus. Quantencomputer arbeiten stattdessen mit Quantenbits oder kurz Qubits. Sie können zum Beispiel durch die Spin-Orientierung eines Elektrons gebildet werden. Je nach Spin-Ausrichtung ist ihr Zustand als 1 oder 0 interpretierbar. Das Qubits in Quantencomputern funktionieren, ist möglich dank zwei Schlüsselprinzipien der Quantenphysik: Superposition und Verschränkung. Superposition bedeutet, dass ein Qubit nicht nur den Zustand 1 oder 0 einnehmen kann, sondern 1 und 0 gleichzeitig – und alle Zustände dazwischen. Ähnlich wie eine sich drehende Münze. Solange sie sich bewegt, kann das Ergebnis sowohl Kopf oder Zahl werden. Er wenn sie gestoppt wird, also der Ausgang gemessen wird, entscheidet sich das Ergebnis. Für ein Qubit bedeutet das: Erst wenn der Mensch, den Zustand eines Elementarteilchens misst, kollabiert dessen Überlagerung.

Verschränkung heißt, dass Qubits miteinander wechselwirken können, um größere Werte darzustellen, zum Beispiel durch ihre Magnetfelder. So verschränkte Qubits sind abhängig voneinander. Beeinflusst man eines, werden zeitgleich auch alle Partner beeinflusst. Beispielsweise führt eine Zustandsmessung bei dem einen Quant automatisch zu einer Zustandsänderung des anderen Systems – auch wenn sie noch so weit voneinander entfernt sind. Dadurch entsteht ein fast unbegrenzter Informationsträger. Sie bilden dann ein Gesamtsystem, in dem die Quanten nicht mehr einzeln beschrieben werden können, sondern voneinander abhängig sind. Als Qubit eignet sich alles, was eine Superposition bilden kann – also Neutronen, Elektronen und Photonen. Als Speichermedium dienen supraleitende Metalle wie Niob.

Quantencomputing an einem Beispiel: Wie ein Quantencomputer ein Pik-Ass in einem Kartendeck finden würde

„Allerdings ist es knifflig, die gesuchte Lösung auszulesen“, schränkt Professor Tommaso Calarco, Direktor des Institute for Quantum Control am Forschungszentrum (FZ) Jülich, ein. „Denn der Quantenzustand repräsentiert nur so lange alle möglichen Lösungen, bis er gestört wird. Dann stellen die Qubits nur noch eine einzige Lösung dar.“ Ein weiteres Problem: Qubits haben den Nachteil, dass sie extrem störanfällig sind, etwa durch Temperaturschwankungen oder elektrische Störungen. Um Tausende fehlerfreie Qubits nutzen zu können, müssen die Rechner Millionen von Qubits haben, die dazu dienen, dieses sogenannte Rauschen auszugleichen.

In Kürze: Quantencomputer verarbeiten Information, die in Form von Quantenbits (Qubits) dargestellt wird. Hieraus ergibt sich ein entscheidender Vorteil, denn Qubits können im Vergleich zu ihrem klassischen Analogon – den Bits – viel mehr Information gleichzeitig repräsentieren und verarbeiten somit in jeder einzelnen Rechenoperation mehr Daten.

Nach oben

Was unterscheidet Quantencomputer von üblichen Computern?

Im Grunde führen auch Quantencomputer Rechenoperationen aus, wie "normale" Computer auch. Allerdings arbeiten Quantencomputer simultan, betrachten also die möglichen Lösungen eines Problems gleichzeitig, während klassische Computer sequenziell eine Aufgabe nach der anderen ausführen und dadurch konzeptionell bedingt viel Rechenzeit benötigen. Somit können Quantencomputer mit Maschinellem Lernen prinzipiell schneller Lösungen finden und für Aufgaben eingesetzt werden, die klassische Computer – sogar Superrechner – nicht in einer angemessenen Zeit lösen können. Jedoch werden Quantencomputer in absehbarer Zeit den Computer, wie wir ihn heute kennen, nicht ablösen. Eine Studie von IQM und Atos zeigt beispielsweise, dass 76 % der HPC-Rechenzentren bis 2023 Quantencomputing nutzen wollen, um ihre Hochleistungsrechner zu ergänzen.

Zum Vergleich noch ein paar Zahlen: bei einem klassischen, binären, Gatter, erhält man zweimal so viele Informationen wie Bits vorhanden sind (2*n). Ein Gatter aus Qubits kann viel mehr Zustände gleichzeitig einnehmen. Ein Quantencomputer kann mit einer Zustandsmenge von 2n der Anzahl der Qubits arbeiten. Über diesen Quantenparallelismus verarbeitet ein Quantencomputer zu einem Zeitpunkt X nicht nur einen Wert, sondern eine enorm hohe Zahl an Werten auf einmal. Über einen Sortieralgorithmus müssen diese Werte interpretiert und so das relevante, zum Beispiel das optimale, Ergebnis herausgefiltert werden. Dafür muss die Superposition der Qubits möglichst lange erhalten bleiben, also die Kohärenzzeit möglichst lang sein. Denn selbst kleine Zustandsänderung ändern der Rechenvorgang der Qubits.

Ein Beispiel, um den Unterschied in der Berechnung durch einen normalen Computer mit einem Quantencomputer zu vergleichen, ist der schnellste Weg durch eine Stadt von A nach B: Während übliche Rechner eine Möglichkeit nach der anderen "durchprobieren", analysiert der Quantencomputer alle möglichen Routen gleichzeitig und kommt so deutlich schneller zu einem Ergebnis.

Nach oben

Welche Kriterien muss ein Quantencomputer erfüllen?

David Di Vincenzo, ein Pionier der Quanteninformatik, Professor für Theoretische Physik an der RWTH Aachen und am Forschungszentrum Jülich hat dafür diese 5 Kriterien aufgestellt:

  1. Das System besteht aus einem skalierbaren System gut charakterisierter, also gut verstandener Qubits.
  2. Es muss möglich sein, die Qubits in einen definierten Anfangszustand zu versetzen.
  3. Ein universeller Satz elementarer Quantengatter, also an Rechenoperationen, kann ausgeführt werden.
  4. Einzelne Qubits (zumindest eines) können gemessen bzw. ausgelesen werden.
  5. Die Kohärenzzeit des stabilen Systems ist wesentlich länger als die Operationszeit einer Rechenoperation.

Quantencomputer: Funktionsweise und Anwendungen

Quantencomputing verspricht, durch hochparallele Datenverarbeitung Probleme bewältigen zu können, die mit der heutigen Rechenleistung kaum lösbar sind. Doch wie funktionieren sie und was sind die Unterschiede zu klassischen Computern? Diese Animation zeigt es.

Wie sieht die Messtechnik für einen Quantencomputer aus?

Was die Verwendung von Qubits komplex macht, ist, dass sie nicht so einfach ausgelesen werden können. Denn es muss der genaue Zustand ausgemessen werden, was aber gleichzeitig die Superposition aufhebt. Wird ein Qubit gemessen, dann befindet es sich mit der Wahrscheinlichkeit von |α|2 im Zustand |0〉 und mit der Wahrscheinlichkeit von |β|2 im Zustand |1〉. Das heißt, die Messung ist abhängig von den komplexen Amplituden und könnte über einem zusätzlichen Resonator oder gar über eine zweite isolierte Filterschaltung, z.B. über einem „Purcell Filter“, der an dem Qubit Resonator gekoppelt ist, indirekt vorgenommen werden. Mehr zum Thema, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Nach oben

Karriere in der Elektronik: Welche Möglichkeiten es gibt und was sich verdienen lässt

Frau sitzt vor einem Monitor und schaut ein Leiterplatten-Layout. Ein Mann schaut mit ihr zusammen auf den Bildschirm

Entdecke die Welt der Elektronikkarriere! Für Berufsanfänger bieten sich vielfältige Chancen: Unser neuer Schwerpunkt zum Thema Karriere informiert über attraktive Berufsbilder, Bildungsmöglichkeiten, und Aufstiegsmöglichkeiten in der Elektronikbranche. Unsere umfassende Seite gibt wertvolle Einblicke und hilfreiche Ratschläge, um deine Karriere in der Elektronik erfolgreich zu starten. Egal ob du Interesse an der Elektronikentwicklung, der Systemintegration oder der Forschung hast, hier findest du die Informationen, die du benötigst, um in diesem dynamischen und zukunftsorientierten Bereich durchzustarten.

Was können Quantencomputer leisten?

Die Erwartungen an Quantencomputer sind groß, denn das Versprechen der Quantentechnologie besteht darin, die Grenzen der klassischen Physik zu überwinden, indem man sich die quantenmechanischen Eigenschaften der Materie zunutze macht. Je nach Kontext kann dies völlig neue Wege der Informationsverarbeitung eröffnen, die das Potenzial haben, schneller und ressourceneffizienter zu sein.

Für eine Vielzahl praktisch relevanter Anwendungen ergeben sich drastisch beschleunigte Algorithmen, die es erlauben, Probleme anzugehen, die so komplex sind, dass sie bisher nur näherungsweise oder gar nicht lösbar waren. Beispielsweise versprechen Simulationen atomarer Prozesse, die auf Quantencomputern durchgeführt werden können, neue Ansätze für die Entwicklung von Materialien und Medikamenten und somit einen hohen Mehrwert für die Chemie- und Pharmaindustrie. Logistik und Finanzwesen werden von Quantenalgorithmen profitieren, die es erlauben, sehr aufwändige Optimierungsprobleme zu lösen. Effiziente Quantenalgorithmen zur Lösung massiver linearer Gleichungssysteme bieten neue Möglichkeiten im Maschinellen Lernen und bei der Arbeit mit Differenzialgleichung, die für die Simulation von Wetter- und anderen Strömungssystemen relevant sind.

Doch all das ist nicht nur Wunschdenken, es gibt auch konkrete Forschungsprojekte, die sich diesen neuen Möglichkeiten widmen. So wollen die Beteiligten im Projekt Quest per Simulationen im Quantencomputer Batterien und Brennstoffzellen leistungsfähiger machen. Das Forschungsinstitut CEA-Leti hat den Aufbau einer Quantenphotonik-Plattform angekündigt, die besonders sichere Daten für die Finanzbranche, den Energiesektor, die Verteidigung und andere Industrien bereitstellen sollen. Wissenschaftlerversprechen sich auch Fortschritte zum Beispiel in der Medizin, der Materialforschung, der Logistik und natürlich in der künstlichen Intelligenz, die eine Menge Rechenleistung benötigt. Hier setzt beispielsweise das Forschungsprojekt Q(AI)2 an, das herausfinden will, um wieviel schneller KI-Anwendungen auf Quantencomputern laufen. Das Projekt QuBRA beschäftigt sich mit der Frage, wann ein Quantencomputer bei der Lösung von Optimierungsprobleme klassischen Rechnern überlegen ist. Als Anwendung soll die Halbleiter- und Autoproduktion per Quantenalgorithmen optimiert werden.

Nach oben

Warum Quantencomputer eine Gefahr für aktuelle Verschlüsselungen sind

Aber die revolutionäre Entwicklung hat eine Schattenseite: Quantencomputer sind eine große Gefahr für die Datensicherheit und die Privatsphäre, da sie aktuelle Verschlüsselungen wertlos machen. Warum das so ist, lesen Sie hier. Auch für die Industrie könnte das zum Thema werden, denn Chips in den Komponenten von Industrieanlagen kommunizieren verschlüsselt miteinander – künftige Quantencomputer wären indes durchaus in der Lage, etablierte Verschlüsselungs-Algorithmen zu knacken und ganze Fabriken lahmzulegen. Auch hier gibt es Forscher, die sich diesem Problem bewusst sind und haben einen Computerchip entwickelt, der Post-Quanten-Kryptografie effektiv umsetzt. EnSilica, ein Hersteller von Mixed-Signal-ASICs, hat beispielsweise eSi-Crypto-Hardware-Beschleuniger-IP-Serie um eine Reihe von Post-Quantum-Kryptographie (PQC)-Beschleunigern erweitert. Diese neuen kryptographischen Algorithmen wurden entwickelt, um Angriffen von Quantencomputern zu widerstehen.

Die Implementierung dieser Algorithmen in Hardware ermöglicht schnellere, energieeffizientere und sicherere kryptographische Operationen wie Ver- und Entschlüsselung im Vergleich zu softwarebasierten Implementierungen.

PQC ist von entscheidender Bedeutung, da sichere Kommunikation und Finanztransaktionen heute auf Public-Key-Verschlüsselungstechniken basieren, die von herkömmlichen Computern nicht ohne Weiteres gelöst werden können. Fortschritte in der Quantencomputertechnologie und KI-basierte Systeme stellen jedoch eine reale Bedrohung dar, die bestehende Standards brechen könnte. Das US-amerikanische National Institute of Standards and Technology (NIST) hat daher bereits erste Entwürfe für quantenresistente Verschlüsselungsalgorithmen veröffentlicht.

Nach oben

Verschlüsselung knacken mit Quantencomputern: Der Algorithmus von Shor

Was ist eigentlich Quantentechnologie?

Das Wort Quantentechnologie wird als Überbegriff für den aufkommenden Technologie-Bereich verwendet, der sich die Quantenmechanik zunutze macht, um grundlegend neue Möglichkeiten in etablierten Bereichen wie Informatik, Kommunikation, Sensorik, Pharmazeutik, Chemie und Materialforschung zu entwickeln.

Im wörtlichen Sinne bezieht sich das Wort „Quanten“ auf die kleinste Einheit oder Entität in einem physikalischen System, das mithilfe der Quantenmechanik beschrieben wird. Der Grund, warum Physiker eine eigene Formulierung der Mechanik für die Quantenwelt haben, liegt darin, dass auf der Skala der sehr, sehr kleinen Teilchen die Regeln der klassischen Physik nicht unbedingt gelten und seltsames, neues Verhalten zu beobachten ist, das mit klassischer Physik nicht erklärbar ist. Zu diesen Phänomenen gehören die Quanteninterferenz und die Verschränkung, durch die Teilchen, die sehr weit voneinander entfernt sind, miteinander verbunden sein können.

Nach oben

Quantentechnologie: Warum Deutschland jetzt handeln muss

Die Grundlage für deutsche Quantencomputer ist gelegt. Wie nun die Umsetzung ablaufen soll und warum besonders die Industrie gefragt ist. Das lesen Sie in diesem Beitrag auf produktion.de.

Welche (Haupt-)Arten von Quantencomputern gibt es?

Mit Quanten-Annealing und gatterbasierten Quantencomputer gibt es zwei Hauptarten von Quantencomputern, die jeweils Vor- und Nachteile haben. Quanten-Annealing ist robust gegenüber Fehlern, aber weniger vielseitig als das Gate-basierte Quantencomputing. Gatterbasierte Quantencomputer können hingegen eine Vielzahl von Operationen durchführen, sind aber empfindlicher gegenüber Fehlern und haben verschiedene Qubit-Modalitäten mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen. Gate-basierte Quantencomputer stehen im Fokus der Forschung und bieten aktuell eine größere Bandbreite der Lösung von Problemen.

Was genau sich hinter Supraleitenden Qubits, „Trapped Ions“, Photonischen Qubits, Neutralen Atome (kalte Atome) und Halbleiter-/Siliziumpunkten versteckt und wo die Vor- und Nachteile liegen, beschreibt dieser Beitrag.

Balkendiagramm zeigt die kumulative Anzahl von Unternehmen, die aktiv Quantencomputer nach Technologie bis zum Jahr 2022 entwickeln, mit Farben, die verschiedene Technologien darstellen."
Entwicklung der Quantencomputer-Technologie von 2011 bis 2022, dargestellt anhand der Anzahl von Unternehmen, die in verschiedenen Bereichen wie Trapped Ion, Supraleitende Qubits und Photonic aktiv forschen und entwickeln. (Bild: IDTechEx)

Wie weit ist die Entwicklung von Quantencomputern?

Auch wenn die ersten Quantencomputer bereits ihren Betrieb aufgenommen haben, ist die Forschung und Entwicklung an dieser noch relativ jungen Technologie im vollen Gange. Seit über drei Jahrzehnten findet intensive Forschung zu dem Thema Quantencomputer statt. Erste experimentelle Quantencomputer wurden im Laufe der letzten 20 Jahre in Forschungseinrichtungen gebaut. Längst haben Tech-Riesen wie Google, IBM, Microsoft & Co das Potenzial der Technologie erkannt und Physiker, Informatiker und Mathematiker angeworben, um die Entwicklung der ersten kommerziellen Quantencomputer zu befeuern.

Auch in Deutschland wird beispielsweise im Forschungsprogramm Quantum Flagship fleißig geforscht, um Erkenntnisse aus der Quantentechnologie vom Labor heraus in den Alltag zu befördern. Auch im Projekt Quasar arbeiten das Forschungszentrum Jülich, Infineon und weitere Projektpartner in den nächsten vier Jahren daran, die Grundlagen für die industrielle Fertigung von Quantenprozessoren auf Halbleiter-Basis zu schaffen. Generell ist Jülich eine der Adressen in Deutschland, wenn es um das Thema Quantencomputing geht. Das zeigt die Meldung, dass mit dem Quantenannealer von D-Wave in Jülich der erste Quantencomputer in Europa mit 5000 Qubits steht.

Neben den vielen zukunftsgerichteten Projekten, gibt es auch immer Meldungen über Neuentwicklungen. So stellte Intel Ende 2020 die 2. Generation des Quantencomputer-Chips Horse Ridge vor. Das Unternehmen sieht darin einen Meilenstein auf dem Weg zur Skalierbarkeit, einer der größten Hürden des Quantencomputers. Jim Clarke, Direktor für Quanten-Hardware bei Intel beschrieb den Fortschritt so: „Wir sind der Meinung, dass die Erhöhung der Anzahl von Qubits, ohne die daraus resultierende Komplexität der Verdrahtung zu adressieren, dem Besitz eines Sportwagens gleicht, bei dem man aber ständig im Stau steht. Horse Ridge II rationalisiert die Steuerung von Quantenschaltungen weiter, und wir erwarten, dass dieser Fortschritt zu einer erhöhten Wiedergabetreue und einer geringeren Leistungsabgabe führt und uns der Entwicklung einer ‚verkehrsfreien‘ integrierten Quantenschaltung einen Schritt näher bringt.“ Mit dem Eagle Chip stellte IBM Ende 2021 einen Quantenprozessor mit 127 Quantenbits vor. Damit will das Unternehmen "einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur praktischen Quantenberechnung" legen. Ein Unternehmen, dass auch viel in die Forschung zum Quantencomputer investiert ist Infineon. Anfang 2022 gab das Unternehmen bekannt, dass es weitere 6 Forschungsprojekte unterstützt, um die Technologiehürden zu senken. Welche Projekt das sind sind.

Bei aller Aufmerksamkeit, die das Quantum Computing in letzter Zeit erfährt, darf nicht vergessen werden, dass die Technologie bis dato noch nicht wirklich kommerziell genutzt wurde. Über die letzten Jahre wurden stetige Fortschritte bei den besten Quantenprozessoren erzielt, dennoch wird es noch einige Zeit brauchen, bis die Technologie reif genug ist, um in der Praxis eingesetzt zu werden. Die sprunghafte Entwicklung der letzten Jahre gibt aber Grund, vorsichtig optimistisch zu sein. Es ist durchaus zu erwarten, dass in fünf bis zehn Jahren Quantum Computer existieren, die kommerziell genutzt werden und klassische Computer in relevanten Anwendungen übertrumpfen.

Nach oben

Welche Quantencomputer gibt es bereits?

An dieser Stelle listen wir ein paar der schon heute existierenden Quantencomputern auf. Die Liste wird immer wieder aktualisiert. Übrigens schätzt IDTechEx, dass bis 2043 über 3000 Quantencomputer installiert sein werden.

Unternehmen Standort Art des Quantencomputers Qubits Veröffentlichungsdatum
IBM Q System One USA, New York Kommerzieller Quantencomputer 20 Januar 2019
Google Sycamore Ein Exemplar im Museum München Quantencomputer 54 2019
IonQ Nicht spezifiziert Ionenfallen-Technologie 32 Ende 2018
Honeywell Nicht spezifiziert Ionenfallen-Technologie 10 Mitte 2020
Rigetti Computing Nicht spezifiziert Supraleitende Qubits 32 Juli 2023
D-Wave Systems Nicht spezifiziert Quanten-Annealing-Technologie 5000 11. Mai 2011
Alibaba China Quantencomputer 11 1. März 2018
QuTech Niederlande Supraleitende Qubits 2  
University of Maryland Nicht spezifiziert Supraleitende Qubits 53  
University of New South Wales Nicht spezifiziert Silizium-Qubits 4  

Welche Fortschritte sind notwendig, damit Quantencomputing Mainstream wird?

Zurzeit sind vor allem die zeitliche Stabilität von Quantensystemen und die Fähigkeit, sie genau zu kontrollieren, die größten Einschränkungen. Die einzigartige Empfindlichkeit von Quantensystemen gegenüber ihrer Umgebung macht sie für die Datenverarbeitung so leistungsfähig, erschwert aber auch ihre genaue Steuerung. Daher sind die derzeitigen Quantencomputer sehr klein (sie bestehen nur aus einigen Dutzend Quantenbits oder Qubits – klassische Computer haben Hunderte von Millionen Bits), und die Berechnungen, die diese kleinen Systeme realisieren können sind oft ungenau.

Um das Quantencomputing aus seinem Nischendasein in den Mainstream zu bringen ist es notwendig zu lernen, wie sich Quantensysteme besser von ihrer Umgebung isolieren und sich gleichzeitig mit viel größerer Genauigkeit steuern lassen. Die Fehler, die bei Quantenberechnungen zu beobachten sind, müssen reduziert und dann das System auf Hunderte von Millionen Qubits hochskaliert werden.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Menschen zu Hause Quantencomputer haben werden, die ihre klassischen Computer ersetzen. Quantencomputer sind vielmehr als ein Tool für die Forschung, das sowohl von Forschern als auch von der Industrie genutzt werden kann.

Nach oben

Wie lassen sich die Herausforderungen beim Quantencomputer meistern?

Ziel ist es, das Fehlerproblem bei Quantenberechnungen sowohl durch Innovationen bei der Hardware als auch bei der Software für Quantencomputer zu überwinden. Es bedarf weiterer Forschung, um die Fehlerprozesse zu verstehen, die in Quantensystemen auftreten, und um Hardware zu bauen, die gegenüber diesen Fehlern widerstandsfähiger ist. Gleichzeitig sind Fortschritte bei der Software und der Implementierung bestimmter Algorithmen erforderlich, da Entwickler hier an die physikalischen Grenzen der Chipfertigung stoßen.

Nach oben

Was unterscheidet Algorithmen auf Quantencomputern von denen auf klassischen Rechnern?

In einem klassischen Algorithmus sind logische Verknüpfungen festgeschrieben, die das binäre Bitsystem nacheinander abarbeitet. Der Knackpunkt liegt im Wörtchen nacheinander. Je komplexer das Problem, desto länger das rechnen. Dabei ist allerdings über die gesamte Laufzeit klar, welche Zwischenergebnisse der Computer liefert und wie das korrekte Ergebnis einer Berechnung lautet. Ein Quantencomputer liefert als Rechenergebnis jedoch immer eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Entsprechend muss auch jede Quantensoftware daher auf probabilistischen Verknüpfungen basieren. Genauer mit der Entwicklung von solchen Algorithmen beschäftigt sich das Projekt SEQUOIA.

Nach oben

Wie sieht der Zeitplan für das Quantencomputing aus?

Die Frage ist sehr schwer zu beantworten, da es für die Probleme, mit denen Entwickler heute konfrontiert sind, noch keine eindeutige Lösung gibt. Wenn die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen weiterhin erfolgreich sind, lässt sich ein Zeitrahmen von zehn Jahren ins Auge fassen. Treten jedoch neue Herausforderung auf oder es lassen sich keine passenden Wege finden, um das Fehlerproblem bei der Quanteninformatik zu überwinden, wird das Ziel unter Umständen sogar nie erreicht. Stattdessen sollten sich dann die Anstrengungen auf erreichbare Ziele wie den Bau von Quantensimulatoren konzentrieren, die spezifischere Probleme lösen – im Gegensatz zum Bau von Quantencomputern für allgemeine Zwecke.

Was kostet ein Quantencomputer?

Exakte Zahlen lassen sich dazu nicht finden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Betrag für einen "echten" Quantencomputer in die Millionen geht. Das sagt auch der Daniel Jirovec, Postdoc für Quantenphysik, an der IST (Institute of Science and Technology) Austria in einem Videointerview. Dabei gibt er zu Bedenken, dass die Initialanschaffung der Hardware eine Sache ist. Allerdings müssen – je nach Quantenart – Quantencomputer bei extrem niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (0K bzw. -273,15°C) betrieben werden. Die Kühlung erfordert immense Mengen an Strom, die natürlich ebenfalls bezahlt werden müssen.

Einen anderen Ansatz wählt die Firma SpinQ: Ihr Gemini Mini kostet etwa 8000 Euro. Dabei handelt es sich um einen Quantencomputer mit zwei Qubits, der lediglich rudimentäre Funktionen auf Basis der Kernspinresonanz nutzt. Das ist die technisch einfachste Methode, um Qubits zu realisieren und auch der Grund, warum der Geminini so wenige hat. Der Vorteil der Technik besteht darin, dass sie auch unter Raumtemperatur funktioniert.  Eine Alternative ist es natürlich, beispielsweise das IBM Quantum System zu mieten. Ein personalisiertes Monatstickets kostet für die Industrie 11.621 Euro, Forschungs- und Entwicklungspartner von Fraunhofer zahlen dagegen nur 9.770 Euro.

Wir haben zu diesem Thema auch ein "Interview der anderen" Art mit dem KI-Chatbot ChatGPT geführt. Hier lesen Sie die Antworten auf die Frage nach dem Preis, einen Witz zu Quantencomputern und welche Potenziale die KI für sich selbst sieht.

Nach oben

Was IBM mit seiner neuen Quantum Roadmap plant

Wie bereits erläutert, können Quantencomputer heute schon spezielle Probleme lösen – für den kommerziellen Einsatz in der breiten Masse braucht es jedoch noch einige Entwicklungen, etwa in der Anzahl der Qubits, eine längern Kohärenzzeit und einer besseren Fehlerkorrektur. Beispielsweise will IBM bis Ende 2023 einen Quantenprozessor mit über 1000 Qubits entwickelt haben. Die Skalierung auf größere Systeme und weitere Pläne für die Zukunft des Quantencomputings hat IBM in seiner Quantum Roadmap zusammengefasst. Hier werfen wir einen genaueren Blick darauf.

Mitte 2022 hat IBM das Update seiner Quanten-Roadmap vorgestellt und wirft damit einen Blick in die Zukunft. Was für das Unternehmen spricht: Bisher wurden die gesteckten Ziele auch erreicht. Hier finden Sie alles zum Update.

Nach oben

Was steckt hinter dem Quanten-Konsortium QUTAC?

Wissenschaft und Industrie könnten den bereits erwähnten Quantencomputer von IBM in Ehning nutzen, um beispielsweise Algorithmen zu testen oder Berechnungen auszuführen. Hintergrund ist, dass sich Deutsche Industrie-Unternehmen vieles von Quantencomputing und Co. erhoffen – vor allem Fortschritt und Innovationen. 10 große Unternehmen haben sich zu diesem Zweck das Quanten-Konsortium QUTAC gegründet. Gründungsmitglieder von QUTAC sind BMW, Volkswagen und Bosch auch BASF, Boehringer Ingelheim, Infineon, Merck, Munich Re, SAP und Siemens an.

Erklärtes Ziel der Allianz ist die Weiterentwicklung des Quantencomputings für industrielle Anwendungen. Konkret sollen industrierelevante Lösungen für die Branchen Technologie, Chemie und Pharma, Versicherung sowie die Automobilindustrie zur Marktreife gebracht werden. Daher lautet der Claim: "Wir heben Quantencomputing auf die Ebene der großflächigen industriellen Anwendung und bereiten unsere Unternehmen auf eine neue digitale Zukunft vor. Gemeinsam möchten wir Deutschlands digitale Souveränität stärken, Anwendungen zur Marktreife bringen und Förderbedarf aufzeigen."

QUTAC ist keinesfalls die einzige Vereinigung, die sich mit dem Thema beschäftigt. Daneben gibt es beispielsweise das Europäische Quantum Technologies Flagship mit mehr als 20 Projekten. Zugleich existiert mit dem angeschlossenen Quantum Industry Consortium (QuIC) bereits ein Industriekonsortium. Auf die Frage, warum es neben diesen Konsortien noch QUTAC brauchte, antwortet Dr. Andre Luckow, Leiter der Abteilung Neue Technologien bei der BMW Group IT: „Diese Vielfalt zeigt doch gerade das enorme Potenzial der Technologie – und die Notwendigkeit, tragfähige Partnerschaften zu etablieren. QUTAC möchte die Position der deutschen Wirtschaft im Quantencomputing stärken.“

Nach oben

Was erwarten sich deutsche Großunternehmen von Quantencomputern?

Die Kollegen der Produktion haben bei 5 großen Playern verschiedener Branchen nachgefragt, warum das Thema für sie so wichtig ist und wo ihre Hoffnungen liegen. Mit BASF, Infineo, Bosch und BMW sind 4 Mitglieder von QUTAC dabei.

BASF sieht im Quantencomputing beispielsweise eine große Chance für die chemische Industrie. Ein gutes Beispiel sei die Produktentwicklung. Hier habe man dank der Digitalisierung bereits die Effizienz und Effektivität steigern können, mit dem Quantencomputer sollen Qualität und Performance nochmals erhöht werden. „Exakte quantenmechanische Verfahren zur Berechnung der Molekülstruktur und von chemischen Reaktionen mit hoher Genauigkeit werden dann endlich in der Praxis einsetzbar“, erläutert der BASF-Vorstand. „Sie laufen auf einem Quantencomputer nicht mehr exponentiell langsam. Was heute Wochen oder länger dauern würde geht dann in Minuten.“ Anwendungsfälle sieht Brudermüller dort, wo das Materialdesign schwierig oder gar unmöglich sei, etwa bei Katalysator- und Batteriematerialien.

Auch in der Welt der Automobilhersteller spielen Quantencomputer einer Rolle. BMW etwa fokussiert sich auf drei Bereiche

  • Optimierungsthemen, zum Beispiel in der weltweiten Logistik oder auch in der Auslastung von Produktionsstraßen;
  • Quantum Machine Learning, zum Beispiel für die Zukunft des automatisierten Fahrens;
  • Simulation, zum Beispiel in der Materialforschung oder (ebenfalls) der Batteriezellchemie.

„Bis zur erfolgreichen Umsetzung ist allerdings noch ein ganzes Stück Weg zu gehen“, kommentiert BMW-Vorstandsvorsitzender Oliver Zipse. Deshalb gehe es nun „sehr stark darum, die physische Nähe des Computers hier in Deutschland zu nutzen, um kreative und schlaue Köpfe an die Technologie heranzuführen und für Quantencomputing zu begeistern.“

Boschs noch-CEO Volkmar Denner, von Haus aus Quantenphysiker, hat eine ganz persönliche Beziehung zur Technik: „Es bewegt mich, wenn die auch nach hundert Jahren noch verblüffenden Effekte von Wellen und Teilchen in beherrschbare Technik übersetzt werden.“ Vielleicht auch wegen Denners persönlichem Interesse, forscht Bosch bereits seit einigen Jahren im Bereich der Quantentechnologie. Bisher gemeinsam mit internationalen Partnern. Trotzdem sei es für das Unternehmen von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass nun vor Ort die Kompetenz im Quantencomputing ausgebaut werde. Wie auch BASF will Bosch den Quantencomputer für die Materialforschung nutzen. „Daraus werden neue Katalysator-Materialien hervorgehen, die den Einsatz von Edelmetallen etwa in Brennstoffzellsystemen deutlich reduzieren“, erläutert Denner. „Quantencomputing wird also auch klimaneutralen Antrieben zugutekommen.“ (Bosch setzt auf Brennstoffzellen mit grünem Wasserstoff und E-Mobilität)

Infineon sieht im Quantencomputing den Problemlöser der Zukunft. Dr. Reinhard Ploss, Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies AG, sieht vor allem den Nutzen, den Quantencomputing bringen wird. Seine Vision: alternative Kraftstoffe, CO2-neutrales Fliegen und Autofahren, die nächste Generation an Medikamenten. Möglicherweise könne Quantencomputing auch dabei helfen, die Klimaveränderungen besser zu verstehen und gezielter zu reagieren. Gleichzeitig gibt er zu Bedenken: „Vieles können wir uns noch gar nicht vorstellen, was Quantencomputing kann.“

Dr. Peter Leibinger, CTO beim Maschinenbauer Trumpf, hält Quantencomputing besonders für die deutsche Industrie relevant, was an den speziellen Gegebenheiten in Deutschland liege. „Wir haben hier sehr viel anwendende und entwickelnde Industrie – in der Chemie, im Automobilbau, im Maschinenbau oder eben in meinem Bereich, der Lasertechnik“, (Trumpf-Tocher Q.ant und Sick bauen erste Quantensensoren in Serie)

Die vielen, nun durch das Q System One unterstützten Forschungsprojekte, sollen Deutschland jetzt voranbringen. Leibinger: „Ich glaube fest daran, dass dies eine bahnbrechende Entwicklung für Deutschland sein wird und uns Anschluss verschaffen wird an verpasste Technologien wie beispielsweise die Halbleitertechnologie.“

Nach oben

Wie „quantum-ready“ sind deutsche Unternehmen?

Konzerne wie Google und Amazon investieren große Summen in die Entwicklung von Quantencomputern. Wie oben beschrieben, hat IBM dafür sogar eine eigene Quanten-Roadmap entwickelt. Die Zukunftstechnologie ist aber nicht nur für Hightech-Giganten interessant. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können zum Teil schon heute vom Quantencomputing  profitieren. Und auch für sie ist es wichtig, mit den potenziell disruptiven Innovationen auf diesem Gebiet Schritt zu halten. Dr. Daniel Zeuch vom Forschungszentrum Jülich hat in der Studie “Quantencomputing für KMU” untersucht, wie „quantum-ready“ deutsche Unternehmen sind und wie die Entwicklung von Strategien für den Markteintritt unterstützt werden kann.

Nach oben

Diese 5 Start-ups beschäftigen sich mit Quantum Computing

Im Rahmen unsere Themenreihe Star-ups im Spotlight werfen wir in der Sonderausgabe Quantum Computing einen Blick über den Tellerrand. Diese 5 jungen Unternehmen setzen unter anderem auf Quantum Computing-as-a-Service, Quanten-Internet und Quantensoftware.

Nach oben

Was ist das Quanteninternet und was wird es bringen?

Wie schon bei der besonderen Funktion eines Quantencomputers spielen im Quanteninternet, also der Verbindung von Quantencomputern, die Superposition und vor allem die Verschränkung von Qubits eine entscheidende Rolle. Bei der Verknüpfung von Quantencomputern müssen Qubits über großskalige Netzwerke gemeinsam in einen verschränkten Zustand gebracht werden. Um dies zu tun, können zwischen den Quantencomputern verschränkte Lichtteilchen (Photonen) über Glasfaserleitungen ausgetauscht werden. Diese Photonen tragen die Informationen und vermitteln so die Verschränkungen zwischen den Computern. In einem Projekt arbeiten beispielweise die Fraunhofer-Gesellschaft und das niederländische Forschungszentrum QuTech daran, wissenschaftliche Zusammenarbeit beim Quanteninternet zu initiieren und zu fördern, neue Prototypen und Testumgebungen zu entwickeln und das Know-how in der anwendungsorientierten Forschung und beim Transfer in die Industrie gemeinsam besser zu nutzen.

Ein Problem dabei: die Instabilität der Qubits, in diesem Fall die Photonen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Übertragung der Qubits deren Wellenlänge geändert werden muss. Als Qubits kommen Stickstoff-Fehlstellen (NV-Zentren) in Diamant zum Einsatz, die Photonen mit der Wellenlänge 637 nm emittieren. Diese Wellenlänge liegt jedoch im sichtbaren Bereich des Lichts (etwa 400 bis 750 nm). Florian Elsen, Koordinator Quantentechnologie am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik an der ILT Aachen, gibt jedoch zu bedenken, dass Glasfasernetze in diesem Bereich allerdings geringe Transmission aufweisen, was die Übertragung der Photonen nur über kurze Distanzen ermöglicht. Die Lösung: Quantenfrequenzkonverter, die dafür Sorgen, dass die Wellenlänge geändert wird, sodass die Übertragungsdistanz deutlich steigt. Die Wellenlänge dann im Bereich zwischen 1500 und 1600 nm, was in den Telekommunikations-Bändern liegt. Demnach wäre für die erste Etablierung des Quanteninternets auf das vorhandene Kommunikationsnetz zurückzugreifen. Eine große Herausforderung ist das Design von Konvertern mit einer hohen Gesamt-Konversionseffizienz. Diese sollen nur wenige Rauschsignale erzeugen bzw. ins Ausgangssignal durchlassen.

Durch die Verknüpfung von Quantencomputern ist es möglich, das Spektrum der Anwendungsgebiete von Quantencomputern noch mehr zu verbreitern. Florian Elsen vergleicht die Entwicklungsmöglichkeiten mit einem Stufenmodell: In der ersten Stufe ist eine abhörsichere Kommunikation zwischen den Rechnern möglich. Das Thema, mit dem er sich beschäftigt ist, dass sich mit dem Quanteninternet die Rechenleistung der Quantencomputer skalieren lässt. Auf der nächsten Stufe gibt es viele Anwendungen, die erst durch die Verknüpfung ermöglicht wird, beispielsweise das Blind Quantum Computing, bei dem alle Ergebnisse der Daten und Rechnungen dem Computer selbst verborgen bleiben. Zudem gibt Elsen zu bedenken, dass es Anwendungen geben wird, die man sich heute gar nicht vorstellen kann.

Begriffe (und eine Zahl) rund ums Quantencomputing kurz erklärt

In Texten rund um den Quantencomputer fallen manche Begriff immer wieder. Was diese bedeuten, erklärt Ihnen unser Glossar:

  • 65531: Diese Zahl zerlegten 2022 Wissenschaftler des Jülich Supercomputing Centre mittels dem Shor-Algorithmus in ihre Primzahlen und stellten damit einen Weltrekord auf. Dafür simulierten sie einen Quantencomputer mit 48 Qubits auf zwei Supercomputern.
  • Bose-Einstein-Kondensat: Das BEK ist ein besonderer Aggregatszustand, bei dem aus vielen Teilchen aus quantenmechanischer Sicht ein einziges Teilchen wird, wobei die einzelne Bestandteile nicht mehr einzeln nachweisbar sind.
  • CLOPS: Circuit Layer Operations per Second ist eine Metrik, die angibt, wie schnell ein Quantenprozessor Schaltungen ausführen kann. Genauer gesagt misst die Metrik die Geschwindigkeit, mit der der Prozessor Schichten eines parametrisierten Modellschaltkreises ausführen kann, wie er auch zur Messung des Quantenvolumens verwendet wird.
  • Grover-Algorithmus: Ein quantenmechanischer Suchalgorithmus, der die Suche in einer unsortierten Datenbank beschleunigt.
  • Hilfs-Qubit: Ein Qubit, das als temporärer Arbeitsspeicher für einen Quantencomputer dient und zugeordnet wird beziehungsweise die Zuordnung aufgehoben wird, wie erforderlich. Manchmal auch als Ancilla bezeichnet.
  • Ionenfallen: Positive Kationen (Atome, denen ein Elektron fehlt) werden mittels elektrischer Felder in sogenannten Paul-Fallen festgesetzt. Darin lassen sie sich per Laser anregen, also in einen anderen Energiezustand versetzen. Nicht angeregte Ionen entsprechen dann dem Zustand Null und angeregte dem Zustand Eins und auch Superpositionszustände dazwischen können erzeugt werden. Die Verschränkung mehrerer Qubits erfolgt durch das Aneinanderreihen solcher Paul-Fallen in Quantenketten beziehungsweise -gattern.
  • Kohärenzzeit: Zeitraum, über den sich Qubits in einem verschränkten Zustand befinden.
  • NISQ-Ära: Noisy Intermediate Scale Quantum Computing bezeichnet die Ära, in der Operationen auf Quantencomputern noch einen relativ großen Fehler haben und die Komplexität der Berechnungen dadurch beschränkt ist.
  • Photonische Quantencomputer:Hier werden Lichtteilchen (Photonen) zu Qubits gemacht. Um die Quanteneffekte optimal zu nutzen, werden auf Siliziumchips spezielle optische Kanäle geschaffen, durch die einzelne Photonen wandern und dann mittels optischer Komponenten wie Strahlteilern, Spiegeln und Phasenschiebern miteinander verschränkt werden können.
  • Rauschen: Die Fehler, die bei Operationen mit Qubits auftreten, werden auch als Rauschen bezeichnet und haben zwei Quellen. Erstens existiert eine eigene Tendenz quantenmechanischer Systeme, von ihrem Zustand abzuweichen, was die Kontrolle der Qubits erschwert. Zweitens entstehen Fehler durch die ungewollte Interaktion mit der Umgebung. Deshalb gilt es, die Qubits perfekt von ihrer Umgebung zu isolieren, sodass derartige Fehler minimiert werden. Diese Isolation wird mit steigender Anzahl an Qubits schwieriger. Ein Großteil der Anstrengungen, Quantum Computing voranzutreiben, zielt exakt darauf ab, die Fehler bei der Operation mit Qubits zu verringern.
  • Shor-Algorithmus: Der amerikanische Mathematiker und Computerwissenschaftler Peter Shor stellte im Jahr 1994 seinen Faktorisierungs-Algorithmus für Quantencomputer vor. Der Shor’sche Algorithmus erlaubt die effiziente Zerlegung einer großen Zahl in zwei Primzahlen, extrem viel schneller als klassische Computer dazu in der Lage sind.
  • Superposition: Quanten können gleichzeitig mehrere Zustände einnehmen und befinden sich dann in einer sogenannten Superposition. In diesem Zustand verhalten sie sich nicht mehr wie Teilchen, sondern wie Wellen. Erst bei der Messung wird der Zustand eindeutig auf einen bestimmten Zustand festgelegt. Ein bekanntes Gedankenexperiment dazu ist Schrödingers Katze
  • Supraleitenden Qubits: Hier fließt Strom durch kreisförmige Supraleiter, die immer wieder von sehr dünnen Isolatorschichten unterbrochen wird. In Supraleitern wird der Strom nicht von einzelnen Elektronen getragen, sondern von Elektronenpaaren (Cooper-Paare). Diese Paare können durch die isolierenden Barrieren hindurch tunneln (Josephson-Effekt). Die einzelnen Elektronen können sich dabei in unterschiedlichen Quantenzuständen befinden und fließen dann gleichzeitig in beide Richtungen. Diese Superpositionen lassen sich dann als Qubits verwenden.
  • Quant: In der Quantenmechanik bedeutet der Begriff Quant Menge oder Portion. Die Welt der Atome und Elementarteilchen ist dadurch charakterisiert, dass beispielsweise Energie nur in definierten Portionen, den Quanten, abgegeben oder aufgenommen werden kann.
  • Quantenfehlerkorrektur: Ein Verfahren, das es Quantencomputern ermöglicht, mit den Fehlern umzugehen, die aufgrund von Umweltstörungen und anderen Faktoren auftreten. Sie schützt Informationen, indem sie sie über mehrere physische Qubits hinweg zu einem „logischen Qubit“ kodiert. Man geht davon aus, dass dies die einzige Möglichkeit ist, einen Quantencomputer im großen Maßstab zu bauen, dessen Fehlerraten niedrig genug für nützliche Berechnungen sind.
  • Quantengatter: Quantengatter oder Quantum Gates sind die Bausteine, die verschiedene Operationen auf den Qubits ermöglichen. Aus geeigneten Kombinationen von Quantengattern lassen sich Quantenschaltungen (Quantum Circuits) bauen, genau wie Logikgatter (Logic Gates) in klassischen Computern zu elektronischen Schaltungen kombiniert werden.
  • Quantum Annealing: Eine spezielle Technik, die verwendet wird, um die Lösungen von Optimierungsproblemen zu finden, indem man ein Quantensystem auf eine niedrigere Energiezustand bringt. In der Natur neigen physikalische Systeme dazu, sich in Richtung ihres niedrigsten Energiezustands zu entwickeln: Objekte rutschen Hügel hinunter, heiße Dinge kühlen ab usw. Dieses Verhalten gilt auch für Quantensysteme. Ein Beispiel ist ein Reisender, der nach der besten Lösung sucht, indem er das tiefste Tal in der Energielandschaft findet, die das Problem darstellt.
  • Quantenüberlegenheit / Quantum Supremacy: Ein programmierbarer Quantencomputer kann ein Problem lösen, das kein klassischer Computer in einer vertretbaren Zeitspanne lösen kann.
  • Qubit: Qubits sind die Grundeinheit des Quantencomputers. Durch das Prinzip der Superposition kann dieses nicht nur null oder eins sein, sondern auch eine Überlagerung beider Werte gleichzeitig repräsentieren. Während ein klassischer Computer nur für einzelne Eingaben nacheinander das Ergebnis errechnen kann, ermöglicht die Superposition dem Quantencomputer, mit mehreren Eingaben gleichzeitig zu rechnen, was die Rechengeschwindigkeit drastisch erhöht.
  • Quantenverschränkung: Die Verschränkung beschreibt eine besondere Kopplung zwischen Quanten, die unter anderem auftritt, wenn die Teilchen miteinander wechselwirken. Sie bilden dann ein Gesamtsystem, in dem die Quanten nicht mehr einzeln beschrieben werden können, sondern voneinander abhängig sind. Eine Zustandsmessung bei dem einen Quant führt dann automatisch zu einer Zustandsänderung des anderen Systems - auch wenn sie weit voneinander entfernt sind.

Nach oben

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

Weitere Artikel von Martin Large

Sie möchten gerne weiterlesen?