Sie sind 10.000 Mal feiner als ein menschliches Haar und machen Leben bunter: Quantum Dots. Es macht den Charme der Wissenschaft aus, dass manchmal selbst die kleinsten Dinge riesige Aufmerksamkeit produzieren können. Das war Anfang Oktober 2023 bei der Bekanntgabe der aktuellen Nobelpreisträger in Chemie ganz genauso, als Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Jekimov für ihre Forschung an Quantum Dots, also winzigsten Nanopartikeln, mit der größtmöglichen akademischen Ehre in Chemie ausgezeichnet wurden.
Tatsächlich durfte man zwar damit schon seit einigen Jahren durchaus rechnen, wenngleich auf den ersten Blick die Kategorie nun etwas überraschen mag. Schließlich sind die Effekte dieser Punkte in der Quantenphysik bereits länger bekannt. Neuartig und disruptiv und somit auch preiswürdig ist die Tatsache, dass man diese Teilchen als separate Materialien aus einer flüssigen Lösung und damit in einer chemischen Reaktion herstellen kann. Und so gesehen macht der Nobelpreis für Chemie auch viel Sinn. Letztlich ist die Forschung an den Quantum Dots ein spannendes interdisziplinäres Feld, das irgendwo zwischen Chemie und Physik liegt und einen noch viel größeren Bereich an Anwendungen eröffnet.
In ihrer Begründung für den Preis sprach die schwedische Akademie von einem Meilenstein in der Nanotechnologie, den die synthetische Herstellung von Quantenpunkten ermöglicht habe. Die Eigenschaften dieses Materials ergeben sich aus den Elektronen, die sich darin bewegen. Quantum Dots können Licht aufnehmen und in bestimmter, einstellbarer Farbe wiedergeben. So machen sie das Leben nicht nur erheblich bunter und helfen mit ihrer hohen Effizienz in der Lichterzeugung sogar Energie zu sparen und somit Nachhaltigkeit voranzutreiben – sie besitzen durch die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten auch enormes wirtschaftliches Potenzial über etliche Branchen hinweg. Eines Tages werden sie Lichtteilchen für die Quantenkommunikation erzeugen können oder winzige Sensoren, flexiblere Elektronik und flachere Solarzellen ermöglichen.
Künstliche Kristallwelten: Wie funktionieren Quantum Dots?
Die Herstellung von Quantenpunkten lässt sich, sehr vereinfacht gesagt, etwa so vorstellen wie das Zusammenstecken von Legosteinen. Nur dass es sich hierbei um das Zusammenstecken von vielleicht zehn bis maximal ein paar 1000 Atomen handelt – und dass die Kristalle aufgrund der chemischen Reaktion in einer Flüssigkeit eigenständig ihre Gestalt annehmen, die man sich in einem vereinfachten Bild als winzige Kugel vorstellen darf. Kleinste solcher kugel-artigen Quantum Dots (ca. 2 nm) leuchten blau, mittelgroße (ca. 3 nm) grün und größere gelb (ca. 4-5 nm) beziehungsweise rot (ca. 6-7 nm). Quantum Dots können fluoreszieren und Licht (Photonen) in andere Farben (Wellenlängen) umwandeln, aber auch selbst Licht z.B. aus elektrischer Energie erzeugen und ausstrahlen. Für Unternehmen der Opto Elektronik wie ams Osram sind diese Phänomene äußerst relevant, denn darüber lässt sich die Farbgebung von Licht präzise steuern und gestalten.
Dazu muss klar sein, wie im Falle von Quantum Dots farbiges Licht erzeugt werden kann. Angenommen man verwendet hochenergetisches blaues Licht, um auf diese Quantenpunkte einzustrahlen. Dieses Licht wird von einem Quantenpunkt zunächst verschluckt und käme anschließend in einer anderen Farbe wieder zutage. Die emittierte Farbe weist dann typischerweise eine längere Wellenlänge auf, ist also beispielsweise grün, gelb oder gar rot. Das Besondere daran ist, dass sich über den Durchmesser dieser Quantenpunkte die Farbe des emittierten Lichts verändern lässt. Die Farben lassen sich auf diese Weise sehr flexibel über den Herstellprozess der Quantenpunkte einstellen. Mit dieser speziellen Form der Lichterzeugung ist zudem der Sättigungsgrad der Farbe einstellbar, mit anderen Worten: wie kräftig diese ist. Das führt bei Bildschirmen aller Art, ob in Fernsehgeräten, Tablets oder Smartphones, zu einem besonders stark ausgeprägtem Farbreichtum mit tiefer Farbsättigung.
Als Konzern mit einer langen Historie im Bereich Lampen und Leuchten ist für ams Osram noch ein zweiter Punkt in diesem Forschungsfeld wichtig. Wenn man mit Licht, das mittels Quantenpunkte erzeugt wird, etwas beleuchtet, dann sind die Farben des Lichts, die das Auge empfängt – ganz gleich ob rot, gelb oder grün – besonders gesättigt und kräftig, also besonders brillant. Wir sprechen von einer hohen Farbwiedergabequalität, die auf diese Weise noch dazu mit sehr hoher Energieeffizienz erzeugt werden kann. Das ist bei weitem nicht mit jeder Lichtquelle so, und genau deshalb ist dieser Ansatz so spannend.
Quantenpunkte treiben Nachhaltigkeit voran
Im Alltag begegnen uns – Stand heute – Quantum Dots vor allem in der LED-Technik. Im Speziellen haben sie im Segment der Displays das Geschäftsfeld komplett revolutioniert. Die gesteigerte Farbqualität mit gesättigten Farben ermöglicht lebendigere und kontrastreichere Bildschirme, die den Markt für hochwertige Fernseh-Geräte neu definiert haben.
Zudem ist es durch die Quantenpunkte gelungen, die Energieeffizienz von LED-Lichtquellen bei gleichbleibend hoher Farbqualität signifikant zu steigern, sprich mehr Licht pro Watt zu erzeugen. Das wiederum bedeutet, dass Endgeräte wie TV-Bildschirme oder auch Lampen und Leuchten mit weniger LEDs bei gleichbleibender Lichtleistung (Helligkeit) ausgestattet werden können, was die Herstellkosten dieser Endgeräte senkt. Die Quantum Dots sind somit ein Treiber der Nachhaltigkeit. Die mit der modernen LED-Technik im allgemeinen verbundene erhöhte Lebensdauer von Lichtquellen reduziert schließlich auch Ressourcenverschwendung und Elektroschrott. Des Weiteren das Unternehmen in der Quantum-Dot-Forschung an noch umweltfreundlicheren Herstellungsverfahren, die den Einsatz toxischer Materialien wie etwa Cadmium minimieren oder gar zu 100 Prozent vermeiden. Für die Elektronikindustrie sind diese Nanomaterialien also eine gute Möglichkeit, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern.
Ohnehin betrachtet auch die Energiebranche die Entwicklung der Quantenpunkte quasi elektrisiert. Die Forschung arbeitet daran, sie in Batterien und Solarzellen zu integrieren. In Batterien könnten sie Eigenschaften wie deren Lebensdauer und Kapazität signifikant steigern, in Solarzellen wiederum ermöglichen sie eine effizientere Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität und helfen, erneuerbare Energien wettbewerbsfähiger zu machen. Vielleicht ebnen Quantum Dots also auch noch den Weg für neue Geschäftsmöglichkeiten im Green-Tech-Bereich.
Boomende Märkte für Licht und Medizin
Schon jetzt regt die Nanotechnologie und Nanomaterialien im Speziellen die Fantasien in der Investmentbranche an. Analysten gehen davon aus, dass sich der Markt rund um die Quantenpunkte innerhalb der nächsten fünf Jahre mehr als verdoppeln wird – auf gut zehn Milliarden US-Dollar. Für Hersteller entstehen daraus fantastische Möglichkeiten, zum Beispiel perfekte Lichtumgebungen für den Büro- wie für den Wohnbereich zu gestalten und diese den jeweiligen Bedürfnissen zum Beispiel nach Konzentration oder Entspannung anzupassen.
Damit allerdings sind die Anwendungsmöglichkeiten der Quantum Dots noch längst nicht ausgeschöpft. Insbesondere ihre sehr geringe nanoskalige Ausdehnung, ihre Winzigkeit, lässt in Verbindung mit hoher Energieeffizienz sowie Farbwiedergabe-Qualität über brillante Lichtquellen in miniaturisierter Form nachdenken.
Und wiederum darüber hinaus sind die Innovationsfelder im Bereich der Medizin einer der Gründe für den Boom auf dem Markt der winzigen Halbleiter. Quantum Dots eignen sich womöglich als sehr gute Kontrastmittel in der Bildgebung. Ihre speziellen optischen Eigenschaften ermöglichen genauere, vielleicht frühere Diagnosen von Krankheiten. Quantenpunkte können zum Beispiel helfen, Tumore frühzeitig zu erkennen und zu überwachen. Überhaupt revolutionieren sie das große Thema Monitoring in der Medizin. Während einer Operation tragen sie unter Umständen dazu bei, gesundes von krankem Gewebe zu unterscheiden. Ganz ähnlich machen sie in der personalisierten Medizin Therapien nachvollziehbar, indem sie die Reaktion des Körpers auf Medikamente, Impfstoffe oder Behandlungen erkennen lassen. Quantenpunkte können Leben verbessern. Ja sogar retten.
Stabilität ohne Schwermetalle
Hersteller ams Osram hat heute in seinem Portfolio hauptsächlich Produkte für sichtbares Licht. Das kann von der allgemeinen Beleuchtung über Display-Technologie für Consumer-Elektronik bis hin zur Innen- sowie Außenbeleuchtung eines Autos reichen. Er bedient darüber hinaus auch den spektralen Bereich Infrarot und teilweise das UV-Segment. Zentraler Baustein für diese Technologien sind hier Halbleitersysteme.
Wenn weißes Licht oder besonders gesättigtes farbiges Licht erzeugt wird, dann funktioniert das über das Konzept der Konversion, sprich ein blaues Licht emittierender Chip wird mit einem sogenannten Konverter-Material, zum Beispiel Leuchtstoffe, kombiniert, wobei letztere – angeregt durch das blaue Licht des Chips – selbst anders-farbiges Licht aussenden. Zusammen ergibt das weißes Licht verschiedenster Farbtemperatur, wie zum Beispiel warm- oder kalt-weiß. Neben konventionellen Leuchtstoffen sind Quantenpunkte eine der wenigen sehr leistungsfähigen und gleichzeitig flexiblen Technologie-Bausteinen, die diese Konversion ermöglichen. Deshalb sind sie für ams Osram als Unternehmen speziell im Bereich der Konversionsmaterialien von fundamentalem Interesse.
Die weitere Entwicklungs- und Forschungsarbeit wird darin bestehen, Energieeffizienz und Qualität und Haltbarkeit über einen wirklich außerordentlich langen Zeitraum optimal miteinander zu verbinden; und dabei auf den Einsatz von Schwermetallen und Materialien mit schwieriger Reputation zu verzichten. Der Hauptaspekt ist dabei die Stabilisierung dieser Nano-Materialien. Dabei gilt es zu bedenken, dass in Quantenpunkten gerade mal ein paar Hundert bis wenige Tausend von Atomen zusammengebaut sind und dass Feuchtigkeit und Sauerstoff und gegebenenfalls enorme Temperaturen in der Anwendung auf dieses Gebilde einwirken. Dabei müssen diese Materialien dennoch in ihrer Perfektion erhalten bleiben, es dürfen keine Materialfehler und Defekte während des Betriebs der LED mit „Quantum Dots inside“, beispielsweise in der Lampe oder am Display, entstehen, um weiterhin optimal und mit hoher Performance zu funktionieren. Das ist die eigentliche Errungenschaft und bleibt eine große Herausforderung. Denn diese so genannte On-Chip-Technologie, die ams Osram beherrschen, ist derzeit einzigartig.
So werden Quantenpunkte hergestellt
Bei Quantenpunkten bestimmt deren Größe ihr Verhalten. Diesem Effekt liegt ein quantenmechanisches Phänomen zugrunde, wonach Objekten der Quantenphysik wie z.B. Elektronen oder Photonen gleichermaßen Eigenschaften sowohl klassischer Wellen als auch klassischer Teilchen zugeschrieben werden. Die Größe der „Teilchen“ oder „Dots“, die im Wesentlichen winzigen separierten Halbleiterkristallen entsprechen, verändert die Bandlücke des Materials und somit auch die Wellenlänge des aufgenommenen sowie des emittierten Lichtes. Auf eine einfache Formel gebracht: Je kleiner die Teilchen, desto kürzer die Wellenlängen.
Die Halbleitermaterialien werden in einer Mixtur aus organischen und anorganischen Verbindungen gelöst. Diese Lösung enthält Metallsalze und Liganden, welche die Zusammensetzung der Quantum Dots bestimmen. Die Materialkomposition sowie Größe und Form der Quantum Dots definieren deren besondere Eigenschaften in der Anwendung. Mit der Bildung eines Nanokerns beginnt das Wachstum der Quantenpunkte. Der Kern besteht aus einem bestimmten Halbleitermaterial und wird durch das Einbringen der Lösung in eine Reaktionskammer bei hoher Temperatur und unter kontrollierten Bedingungen über einen längeren Zeitraum erzeugt. Anschließend werden weitere Schichten aus dem Halbleitermaterial mit speziellem Design und hoher Perfektion um den Kern herum abgeschieden. Diese Schalenbildung wird durch Hinzufügen weiterer Vorläufersubstanzen sowie präziser Kontrolle der Reaktionsbedingungen gesteuert. Die Größe der Quantum Dots hängt von der Dicke der Schalenbildung, und damit von der Menge der hinzugefügten Vorläufer-Materialien ab; ein Wachstumsprozess also, der sich präzise steuern lässt.
Quantenpunkte stabil halten
Um die Quantenpunkte in deren Anwendung auch stabil zu halten, werden sie von einer Schutzhülle umgeben, wodurch weder Sauerstoff noch Feuchtigkeit oder zu hohe Temperaturen die Funktion der Kristalle beeinträchtigen. In einem letzten Schritt werden die fertigen festkörperartigen Quantum Dots von der restlichen flüssigen Lösung getrennt bzw. herausgefiltert. Dies geschieht zumeist durch Zentrifugation.
Dieser Herstellungsprozess erfordert präzise Kontrolle von Parametern wie Temperatur, Druck und weiteren chemischen Reaktionsbedingungen. Nur so erhalten die Quantenpunkte ihre gewünschten Eigenschaften. Der entscheidende und letztlich revolutionäre Schritt besteht darin, dass die einmal entstandenen nano-Kristalle immer wieder weiterwachsen, wenn man die Lösung aufheizt; gegebenenfalls mit gezielt veränderter Materialzusammensetzung in der Lösung. Durch dieses langsame und kontrollierte Wachstum entstehen Halbleiterkristalle hoher Qualität sowie präzise eingestellter Größe, welche für die Anwendungseigenschaften entscheidend ist.