
Bild 1: Für Machine-Learning-Aufgaben sind oft energieintensive Module im Einsatz. Integrierte NPUs, wie im i.MX8M Plus, bieten jedoch eine effiziente und ressourcenschonende Alternative. (Bild: Data Modul)
Die Elektronikbranche sieht sich immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber: Ob von Seiten der Verbraucher oder durch allgemeingültige Richtlinien initiiert, immer gilt es, möglichst schnell, effektiv und ressourcenschonend auf neue Themen zu reagieren oder unter Umständen nachzujustieren. Meist bildet zudem das Erfüllen von Standards der europäischen Union (EU) eine rechtlich bindende Grundlage für Anpassungen und Änderungen, sowohl in zeitlicher, qualitativer als auch technischer Hinsicht. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten gewinnt gerade das Thema Energieeffizienz an Bedeutung in der Elektronikentwicklung und -produktion.
Einige Unternehmen werben bereits mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck ihrer Produkte, etwa bei akku- und batteriebetriebenen Systemen. Auch größere Anlagen wie Fertigungs- und Verpackungsstraßen streben danach, ihren CO2-Abdruck zu reduzieren. Für Machine-Learning (ML)-Aufgaben nutzen Entwickler beispielsweise oft sehr leistungsstarke und energiehungrige Module, doch auch sparsame Neural Processing Units (NPUs), wie im i.MX8M-Plus-Prozessor von NXP Semiconductors integriert, können diese Aufgaben effizient bewältigen (Bild 1).
Ökodesign-Verordnung regelt Leistungsaufnahme im Standby
Die neu überarbeitete Ökodesign-Verordnung der EU regelt unter anderem die Energieeffizienz. Hierbei gelten zum Beispiel neue Werte für die Leistungsaufnahme elektronischer Geräte im Standby-Modus. Ab sofort sind existente Geräte in der Regel innerhalb von zwei Jahren technisch nachzurüsten, lediglich in Ausnahmefällen greifen die Regeln erst nach vier Jahren.
Die neuen Anforderungen an die Energieeffizienz sehen vor, dass die Leistungsaufnahme eines erfassten Gerätes im Aus-Zustand nicht mehr als 0,5 W betragen darf. Zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung sinkt der Wert sogar auf 0,3 W. Die Leistungsaufnahme in einem Zustand, in dem lediglich eine Reaktivierungsfunktion mit oder ohne Anzeige bereitgestellt wird, darf ebenfalls 0,5 W nicht überschreiten. Sofern man lediglich eine Informations- oder Statusanzeige oder eine zusätzliche Reaktivierungsfunktion bereitstellt, liegt der Maximalwert bei 0,8 W. Bei vernetzten Geräten, die über einen oder mehrere Bereitschaftszustände verfügen, müssen die Anforderungen für alle Zustände erfüllt sein: sind alle verdrahteten Netzwerkanschlüsse vom Netzwerk getrennt und alle drahtlosen Verbindungen deaktiviert?
Für elektrisch betriebene Geräte mit intensiven Netzwerkfunktionen gelten gesonderte Regeln. Diese sogenannten „vernetzten Geräte mit hoher Netzwerkverfügbarkeit“ (HiNA) dürfen künftig im Standby-Modus bis zu 8 W aufnehmen. Zwei Jahre nach dem Geltungsbeginn der Verordnung sinkt die Grenze auf 7 W. Für Systemanbieter ist das in mehrerlei Hinsicht sehr herausfordernd: Sie müssen alle Komponenten, vom Display bis zur Steuerung, an die neuen Prämissen anpassen.
Low Power Displays – die optimale Basis für Energieeffizienz
Verschiedene Display-Technologien sind grundsätzlich energieeffizient. Hierzu gehören alle reflektiven Displays, die durch ihren spezifischen Aufbau mit einer reflektierenden Backplane Umgebungslicht dazu nutzen, optische Eigenschaften wie den Kontrast zu erhöhen. Beispielsweise lassen sich mit E-Paper-Displays – elektrophoretischen Anzeigen – statische Inhalte darstellen, ohne eine kontinuierliche Stromversorgung zu benötigen (Bild 2).

Ihre hohe Lesbarkeit und die gleichzeitig geringfügige Energieanforderung machen sie ideal für Applikationen wie E-Reader, digitale Schilder und Electronic Shelf Labelling (ESL) (Bild 3). Die Memory in Pixel (MiP)-Technik ermöglicht es Displays, statische Inhalte im Speicher zu halten, was den Energiebedarf weiter reduziert. Besonders vorteilhaft ist das für Applikationen, die regelmäßig zu aktualisieren sind, aber dennoch eine lange Batterielebensdauer benötigen.

Eine weitere Möglichkeit sind reflektive oder transflektive Thin Film Transistor (TFT)-Displays, die Umgebungslicht zur besseren Darstellung nutzen. Hierdurch ist keine oder eine lediglich sehr geringe Hinterleuchtung erforderlich, was wiederum den Energiebedarf im Vergleich zu traditionellen LCD-Displays erheblich senkt. Hierzu gibt es bereits verschiedene Weiterentwicklungen, die in unterschiedlichen Umgebungen die Lesbarkeit verbessern, ohne die Energieeffizienz zu beeinträchtigen (Bild 4).

Perspektivisch bietet außerdem die fortschreitende Entwicklung echter mikro-LED-Displays (µLEDs) ein großes Potenzial im Bereich der Energieeffizienz. Die aktuell noch für Hinterleuchtung (Backlight) von Liquid Cristal Displays (LCDs) verwendeten miniLEDs (direct LED Backlight) werden mit zunehmend kleiner werdenden Abständen (pitch) und Kantenlängen LCD und Backlight ablösen. Mikro-LEDs selbst sind dann Pixel und Subpixel, ein Backlight als dauerhafte Hinterleuchtung mit relativ hoher Leistungsaufnahme ist obsolet.
Embedded Boards richtig auswählen
Embedded Boards spielen die zentrale Rolle beim Steuern von Displays und anderen Systemkomponenten. Sie können dazu beitragen, den Energiebedarf in einem System zum Beispiel über den Sleep-Modus signifikant zu optimieren. Im Grunde ermöglicht die Kombination aus Embedded Board und Low-Power-Display den Herstellern, energieeffiziente Systeme zu entwickeln, die die Anforderungen sowohl an die Leistungsfähigkeit als auch die Energieeffizienz erfüllen.
Die Auswahl geeigneter Komponenten – beginnend bei der Central Processing Unit (CPU), zum Beispiel mit Ultra-Low-Power-Versionen, kann den Energiebedarf maßgeblich reduzieren. Schon beim Design beziehungsweise der Auswahl des Embedded-Systems ist darauf zu achten, dass es Power-Saving-Betriebsarten der CPU per Hard- und Software unterstützt. Je nach Anwendungsfall lassen sich zum Beispiel Wake-on-LAN-Funktionen implementieren und nutzen. Hierbei ist es nötig, die „wake-up time“ zu berücksichtigen.
Energieeffiziente System-on-Chips
Besonders kleine, aktuelle Fertigungs-Strukturen von System-on-Chips (SoCs) der nächsten Generation von Arm oder Intel ermöglichen den Betrieb mit geringerer Versorgungsspannung und somit geringerer Verlustleistung. Bei Arm arbeitet man beispielsweise derzeit mit der Fertigungstechnologie 5 nm, bei Intel mit „Intel 3“ – in 2025 sollen „18A“ und „20A“ folgen. Ebenso können SoCs mit integrierter Hybrid-Architektur bei x86 beziehungsweise „big.LITTLE“-Architekturen von Arm die Verlustleistung erheblich senken. Eine Hybrid-Architektur bringt große und leistungsstarke CPUs sowie effiziente, energiesparende CPUs auf einem Silizium unter. Auch das Nutzen von Dynamic Voltage Scaling (DVS)- und Dynamic Frequency Scaling (DFS)-Mechanismen erhöhen die Energieeffizienz. Hierbei ist allerdings das Echtzeit-Verhalten zu beachten.
Generell ist es nötig, die Dimensionen so auszulegen, dass man die benötigte Systemleistung nicht überdimensioniert, jedoch mit etwas Reserven erreicht. Hierfür eignen sich Microcontroller Units (MCUs) oft besser als leistungshungrige CPUs oder auch sogenannte Crossover CPUs, welche die Brücke zwischen MCU und CPU schlagen. Arm Cortex-M-Prozessoren wiederum bieten beispielsweise einen großen Funktionsumfang bei niedrigem Energiebedarf. Wichtig ist ebenso, den Energiebedarf von Wireless-Schnittstellen mit Bedacht auszuwählen und Low-Power Speicher-Bausteine (LP-DDR) einzusetzen.
Nachfolgend sind typische Low-Power-Modi einer Embedded-Arm-CPU aufgeführt:
- Partial Input/Output (I/O): Einfache I/Os wie CAN oder UART können das SoC aus seinem Aus-Zustand aufwecken.
- Deep Sleep: Timer, Realt-time Clock (RTC) oder I/Os können das System aufwecken. Double Data Rate (DDR) befindet sich im „self-refresh“-Modus
- Nur bei MCUs: Interrupts können das System aufwecken, das MCU-Subsystem läuft und der Rest des SoC befindet sich im Tiefschlafmodus. Die DDR befindet sich im self-refresh-Modus und die MCU kann den Anwendungscode verarbeiten.
- Standby: Ein Systemaufwachen kann durch einen Interrupt erzwungen werden, alle Instanzen wie Core-CPU-Domäne, MCU und DDR befinden sich im Energiesparmodus.
Weitere Faktoren mit Einfluss auf die Leistungsaufnahme
Embedded-Systeme sollten so ausgelegt sein, dass sie in einem möglichst idealen Betriebstemperaturbereich arbeiten, da bei zu großer Wärmeaufnahme ebenfalls die Verluste steigen. Beim Design ist darauf zu achten, die Komponenten so zu dimensionieren, dass möglichst wenig Verlustleistung entsteht.
Für das Design von DC/DC-Konverter gilt zum Beispiel, den optimalen Wirkungsgrad zu erzielen. Falls es die Versorgungsspannung ermöglicht, sind Buck- anstelle von Boost-Konvertern auszuwählen, denn Boost-Konverter sind meist ineffizienter. Weitere Maßnahmen für ein energiesparendes Design sind zum Beispiel Pull-up-Widerstände zu vermeiden beziehungsweise wo nicht möglich, so gut es geht, energiesparend zu dimensionieren – denn auch über den Widerstand gibt es einen Leistungsverlust.
Zudem ist das Software-Konzept entsprechend intelligent auszulegen, beispielsweise über das Verwenden von Interrupts anstelle von Polling-Modes. Selbst das Betriebssystem hat einen Einfluss auf die Leistung, zum Beispiel wenn im Hintergrund permanent Journaling stattfindet. Beim sogenannten Journaling werden alle Änderungen vor dem eigentlichen Schreiben in einem dafür reservierten Speicherbereich, dem Journal, aufgezeichnet. Er ermöglicht den permanenten Zugriff auf die Daten, selbst wenn ein Schreibvorgang unterbrochen wurde. Das ist wichtig, wenn an einer Applikation vermehrt Systemabstürze oder Stromausfälle auftreten.
Der ökologischen Verantwortung nachkommen
Das Implementieren energieeffizienter Systeme bietet viele Vorteile: Mit dem Einsatz weniger leistungsintensiver Schlüsselkomponenten und dem Minimieren des Kühlbedarfs sind enorme Kosteneinsparungen möglich, insbesondere bei großen Produktionsanlagen. Diese Maßnahmen unterstützen das Einhalten strenger CO2-Emissionsnormen und tragen zur ökologischen Verantwortung der Elektronikindustrie bei. Besonders im Bereich batteriebetriebener Geräte führt der geringere Energiebedarf zu längeren Betriebszeiten und einer verlängerten Lebensdauer der Batterien, während die reduzierte Wärmeentwicklung die Gesamthaltbarkeit der Geräte erhöht. (ts)