
Um zu verstehen, wie sich Umgebungsfaktoren auf das Verhalten von SiC-MOSFETs auswirken, wurden umfangreiche Testreihen durchgeführt. (Bild: stock.adobe.com, Valeriy Odit)
Konventionelles Silizium hat einen Energieabstand der Bandlücke von 1,12 eV. Hingegen zeichnet sich SiC durch eine wesentlich höhere Bandlückenenergie von 3,26 eV aus. Das bedeutet, dass etwa die dreifache Energie erforderlich ist, um Elektronen aus dem Valenzband in das Leitungsband zu transportieren. Die größere Bandlücke führt zu einer zehnmal höheren Feldstärke als bei Silizium und damit zu höheren Durchbruchsspannungen. Das größere Durchbruchsfeld kann genutzt werden, um die Dicke des Bauelements zu verringern, was zu einem geringeren Durchlasswiderstand und einer verbesserten Stromtragfähigkeit führt. SiC übertrifft Silizium indessen auch in Bezug auf die Wärmeleitfähigkeit. Die daraus resultierende dreifache Verbesserung der Wärmeleitfähigkeit führt zu einem geringeren Temperaturanstieg bei einer bestimmten Verlustleistung. Diese thermische Leistung verbessert nicht nur die Gesamtleistung und Zuverlässigkeit von Schaltungen auf SiC-Basis, sie ermöglicht darüber hinaus auch höhere Leistungsdichten.
Höhere Geschwindigkeit der Sättigungsdrift
Weitere Vorteile sind eine höhere Sättigungsgeschwindigkeit der Elektronendrift sowie eine geringere intrinsische Ladungsträgerdichte (Eigenleitungsdichte) als bei Siliziumbauelementen. Durch die höhere Geschwindigkeit der Sättigungsdrift eignet sich SiC besser für Hochfrequenzanwendungen. Die geringere Eigenleitungsdichte, die auf die breitere Bandlücke von SiC zurückzuführen ist, ermöglicht den Betrieb dieser Bauelemente bei höheren Temperaturen ohne übermäßige Streuverluste.
Die Kombination der durch SiC gebotenen Faktoren geht weit über die bloße Verringerung der Größe von Stromrichtern und Motorantrieben hinaus. Die Fähigkeit, bei Temperaturen von bis zu 175 °C zu arbeiten, eröffnet die Möglichkeit, Leistungswandler zur Kosten- und Gewichtseinsparung in Motoren, Photovoltaik-Paneele und andere Anwendungen zu integrieren, die große Wärmemengen erzeugen.
Um jedoch die besonderen Eigenschaften von SiC optimal nutzen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie sich Umgebungsfaktoren, wie beispielsweise Temperaturschwankungen, auf das Verhalten von SiC-MOSFETs auswirken. Zu diesem Zweck hat SemiQ eine umfangreiche Testreihe mit seinen 1,2-kV-SiC-MOSFETs durchgeführt.
Zu den wichtigsten Eigenschaften, die unbedingt zu beachten sind, zählen die temperaturbedingten Änderungen der Schwellenspannung. SiC-MOSFETs weisen eine negative Beziehung zwischen Temperatur und Schwellenspannung auf, wie sie entsprechend im Großen und Ganzen auch bei Silizium-Bauelementen zu beobachten ist. Da diese Bauelemente aber bei Temperaturen von bis zu 175 °C betrieben werden können, ist es noch wichtiger, die Art dieses Effekts zu verstehen.
Untersuchungen, die in den Anfängen der Entwicklung von SiC durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass die Temperaturabhängigkeit von SiC-Transistoren in zwei lineare Bereiche unterteilt ist: mit einer höheren Flankensteilheit bei niedrigen Sperrschichttemperaturen und einer umso geringeren Flankensteilheit, je wärmer das Bauteil wird.
Unerwünschte Leitfähigkeit verhindern
Zum Testen dieser Beziehung an seinen Bauelementen verwendete SemiQ die in der Norm JEDEC JEP183 beschriebene Methode, um ein konsistenteres Messergebnis zu erzielen. Bei dieser Messung wird die effektive Schwellenspannung als der Punkt betrachtet, an dem der Drain-Strom bei kurzgeschlossenen Gate- und Drain-Anschlüssen nach dem Vorladen des Gates einen festgelegten niedrigen Stromwert erreicht, der auf der Chipfläche basiert. Ein typisches Ergebnis für die 1,2-kV-MOSFETs war eine Verringerung der Schwellenspannung um 0,79 V bei 175 °C im Vergleich zur Raumtemperatur. Infolgedessen sollten Entwickler in Betracht ziehen, eine negative Gate-Source-Spannung anzulegen, wenn das Gerät ausgeschaltet wird, um eine unerwünschte Leitfähigkeit zu verhindern.
Eine zweite wichtige Testgröße ist der Einschaltwiderstand (RDS(ON)), der zu vielen Verhaltensweisen der Bausteine wie Selbsterhitzung und Ineffizienz beiträgt, wenn er nicht angemessen kontrolliert wird. Die Temperatur spielt eine wichtige Rolle bei dieser Kenngröße, die nicht auf SiC-Bauelemente beschränkt ist. Wie die Tests ergeben haben, weisen SiC-Transistoren unterhalb einer bestimmten Schwellentemperatur einen negativen Temperaturkoeffizienten auf. Oberhalb dieses Schwellenwerts geht dieser in einen positiven Koeffizienten über. Die Gate-Source-Spannung (VGS) spielt eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Auswirkungen dieses Übergangs auf Schaltungsebene. Eine niedrigere VGS verstärkt den negativen Temperaturkoeffizienten und verschiebt den Punkt, an dem die Kurve positiv wird, wie in Bild 2 dargestellt. Dies zeigt, dass der Einschaltwiderstand bei hohen Temperaturen geringer ist als unter kalten Bedingungen.
Das Verhältnis zwischen VGS und Einschaltwiderstand kann sich auf Schaltungen auswirken, in denen zwei Geräte parallelgeschaltet werden, um die Gesamtleistungsabgabe zu erhöhen. Wenn die Bausteine unter kalten oder vereisten Bedingungen arbeiten sollen, besteht die Gefahr, dass ein Baustein überlastet wird, wenn seine Betriebstemperatur von der des anderen abweicht. Diese Situation lässt sich vermeiden, indem die Schaltung so ausgelegt wird, dass die VGS erhöht wird. Jenseits von 18 V liegt der Wendepunkt des Temperaturkoeffizienten bei 25 °C und nicht mehr bei 50 °C wie bei niedrigeren Spannungen. Wenn die Temperatur 100 °C erreicht, übersteigt der Einschaltwiderstand schließlich den bei -40 °C festgestellten Wert.

VGS sollte mindestens 18 V betragen
Eine höhere VGS führt nicht nur zu einem niedrigeren effektiven Einschaltwiderstand, sondern sie erhöht auch den Drain-Source-Strom bei höheren Drain-Source-Spannungen. Daher sollte die VGS mindestens 18 V betragen; meistens jedoch werden für diese Bausteinklasse 20 V empfohlen.
Da ein Hauptgrund für den Einsatz von SiC-basierter Technologie darin liegt, von der hohen Durchbruchspannung zu profitieren, ist es wichtig, ihre Eigenschaften zu kennen. Allerdings wird oft ein beträchtlicher Sicherheitsrahmen vorgesehen. SemiQ hat MOSFETs mit einer durchschnittlichen Durchbruchsspannung von mehr als 1500 V entwickelt, obwohl sie in den Datenblättern mit einer maximalen Spannung von 1200 V angegeben werden, um einen großen Sicherheitsspielraum zu bieten. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Durchbruchsspannung mit der Temperatur leicht ansteigt. Der positive Temperaturkoeffizient macht SiC-MOSFETs im Vergleich zu einigen Silizium-Bauelementen weniger anfällig für thermisches „Durchgehen“ (Runaway). Dabei handelt es sich um ein Phänomen, bei dem Temperaturerhöhungen zu einer raschen Minderung der Geräteleistung führen können, insbesondere bei höheren Temperaturen.
Bei der SiC-Technologie steigt die Durchbruchsspannung tendenziell mit der Temperatur an
Ein damit zusammenhängender Parameter, der bei der Entwicklung berücksichtigt werden muss, ist der Anstieg des Drain-Source-Leckstroms bei Annäherung an die Durchbruchsspannung, und wie er sich mit der Temperatur verändert. Dieser unerwünschte Strom fließt zwischen Drain und Source, wenn das Bauelement am Gate abgeschaltet wird. In der Regel steigt dieser Drain-Strom mit der Temperatur, obwohl die Beziehung zwischen Drain-Leckstrom und Durchbruchsspannung komplex ist. Ein Vorteil der SiC-Technologie ist, dass die Durchbruchsspannung tendenziell mit der Temperatur ansteigt. Bei Tests von SemiQ-Bauelementen lag die Spannung, bei welcher der Anstieg des Leckstroms signifikant war, typischerweise bei nur 50 V, und zwar über den gesamten Betriebstemperaturbereich des Bauelements hinweg, wie in Bild 3 ersichtlich. Das Verständnis dieser Eigenschaften hilft den Entwicklern, fundierte Entscheidungen über das Wärmemanagement im Zielsystem und den Spielraum bei den Anwendungen zu treffen, insbesondere, wenn dieses bei niedrigen Temperaturen eingesetzt werden soll.
Die Schaltverluste spielen eine entscheidende Rolle für die Gesamtleistung eines MOSFETs. Bei SiC-Bauteilen werden diese Verluste durch temperaturabhängige Effekte gesteuert. Bei höheren Temperaturen kann die Mobilität der Ladungsträger zunehmen, wodurch sich ihre Geschwindigkeit im Kanal erhöht. Eine Konsequenz, wie sie in Tests nachgewiesen wurde, ist, dass sich die Einschaltenergie Eon mit der Temperatur ändern kann, während die Ausschaltenergie nahezu unverändert bleibt.
Der Einschaltprozess beinhaltet das Aufladen der Gate-Source-Kapazität, um die Schwellenspannung zu erreichen. Der Ladevorgang führt zu einer Verzögerung, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Anfangsspannung an der Gate-Source-Kapazität in der Regel Null ist. Diese Verzögerung kann zu höheren Energieverlusten beim Einschalten führen.
Doppelimpulstests können zeigen, wie sich die Schaltverluste mit der Temperatur verändern
Doppelimpulstests (DPTs) können zeigen, wie sich die Schaltverluste mit der Temperatur verändern. Allerdings muss bei diesen Versuchen darauf geachtet werden, dass alle parasitären Komponenten, welche die Schaltleistung beeinträchtigen, reduziert werden. Zu diesem Zweck entwickelten die Ingenieure von SemiQ gehäusespezifische Doppelimpulsplatinen, um die parasitären Effekte zu minimieren. Die Temperaturen der Prüflinge werden mit kalibrierten Heizklammern oder Heizplatten geregelt.
Die Tests zeigten, dass die erhöhte Mobilität bei höheren Temperaturen zu schnelleren Einschaltübergängen beiträgt. Dies führt zu verringerten Energieverlusten und schnelleren Anstiegs- und Abfallzeiten für die Wellenformen von Drain-Source-Spannung (VDS) und Drain-Source-Strom (IDS).

Eine weitere Überlegung für Entwickler, die die Vorteile der SiC-Technologie nutzen wollen, ist die Rolle der Body-Diode. Es ist allgemein bekannt, dass die Body-Dioden in SiC-MOSFETs im Vergleich zu anderen Diodentypen wesentlich höhere Durchlassspannungen aufweisen. Da es ratsam ist, den Einsatz der Body-Diode außerhalb der Leerlaufzeit, wie sie häufig in Leistungswandlerschaltungen üblich ist, zu vermeiden, besteht eine anwendbare Strategie darin, den MOSFET-Kanal nach Möglichkeit zu aktivieren, wenn eine Rückleitung erforderlich ist. Dieser Ansatz reduziert die Verluste erheblich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass SiC-MOSFETs in den heutigen Hochleistungsschaltkreisen erhebliche Vorteile bieten, insbesondere dort, wo Hochtemperaturkompatibilität eine wichtige Rolle spielt. Die Tests von SemiQ haben diese Eigenschaften bestätigt, und die Ergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse für Ingenieure, die die Stärken von SiC in Schaltungen nutzen wollen, die Durchbruchsspannungen von bis zu 1,2 kV bei extremen Temperaturen gewährleisten müssen. (neu)
Autor
Chip Brakeville, VP of Sales and Marketing, SemiQ