Versteckte Verluste auf der Platine aufdecken

So lässt sich die Streuinduktivität in TLVR messen

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elektronische Komponenten auf einer Leiterplatte

Einfach durchführbare Spannungsmessungen ermöglichen die präzise Bestimmung der Gesamt-Streuinduktivität in TLVR-Schaltungen. Auf dieser Basis lassen sich Flankensteilheit und Verlustleistung gezielt optimieren, insbesondere im Hochleistungsdesign.

Ein TLVR (Trans-Inductor Voltage Regulator) stellt eine Abwandlung des konventionellen mehrphasigen Abwärtswandlers dar. Hier erhöht sich die Flankensteilheit des Ausgangsstroms, um den steilen Lastsprüngen auf der Core-Versorgungsspannung von schnellen Prozessoren oder applikationsspezifischen integrierten Schaltungen gerecht zu werden. Die Ausgangsinduktivitäten erhalten zu diesem Zweck jeweils sekundäre Wicklungen, die zu einer sekundären Schleife in Reihe geschaltet werden, um das Lastsprungverhalten zu beschleunigen.

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Nachteilig an dieser Methode ist allerdings, dass die Verbesserung der Lastsprungeigenschaften mit einer erhöhten Welligkeit im statischen Zustand sowie mit erhöhten Verlusten erkauft werden muss. Das Problem liegt darin, dass es schwierig ist, die tatsächliche Gesamtinduktivität der sekundären Schleife abzuschätzen. Diese aber hat großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, da sie in hohem Maße vom Leiterplatten-Layout bestimmt wird. Nachfolgend wird deshalb beschrieben, wie es mithilfe einer einfachen Messung möglich ist, die tatsächliche Streuinduktivität in der sekundären TLVR-Schleife abzuschätzen, um auf dieser Basis die Leistungsfähigkeit zu optimieren.

TLVR-Schaltung und die Rolle der Sekundärschleife

Bild 1 zeigt ein vereinfachtes Schaltbild des mehrphasigen Abwärtswandlers – einmal ohne und einmal mit TLVR-Schaltung.

Vereinfachtes Schaltbild eines mehrphasigen Abwärtswandlers ohne bzw. mit TLVR-Schaltung
Bild 1: Vereinfachtes Schaltbild eines mehrphasigen Abwärtswandlers ohne bzw. mit TLVR-Schaltung .

Zu beachten ist die zusätzliche sekundäre Schleife in der TLVR-Schaltung, die aus den Sekundärwicklungen der Ausgangsspulen, der zu kompensierenden Induktivität LC und den ebenfalls dargestellten parasitären Elementen besteht. Die Summe aller dieser Induktivitäten wird als die Gesamtinduktivität der sekundären Schleife (Ltsl) bezeichnet. Der Wert von Ltsl hat entscheidenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, denn sowohl die Verbesserung der Strom-Anstiegsgeschwindigkeit als auch der hochfrequente Welligkeitsstrom der TLVR-Schleife sind proportional zu Ltsl. Wegen der fehlenden Vorhersagbarkeit der parasitären Induktivitäten wurde die TLVR-Schaltung bei ihrer ersten Einführung mit einer fest vorgegebenen Kompensations-Induktivität LC versehen.

Optimierung der TLVR-Performance durch LC-Anpassung

Der bisherige Ansatz sieht vor, mit LC die parasitären Induktivitäten in den Hintergrund zu drängen – basierend auf der Annahme, dass sie deutlich kleiner als LC sind. Mit einer oszillografischen Messung an LC lässt sich diese Annahme entweder verifizieren, oder es kann anderenfalls die Information eingeholt werden, dass Ltsl abgeschätzt werden muss. Anschließend lässt sich LC so anpassen, dass sich eine bessere Anpassung an die Gesamt-Streuinduktivität ergibt und optimale Eigenschaften sowohl hinsichtlich der Anstiegsgeschwindigkeit als auch in Bezug auf die Welligkeit erzielt werden. In bestimmten Situationen kann LC sogar ganz entfallen.

Die Leistungsfähigkeit der TLVR-Schaltung bemisst sich nach der Steilheit der fallenden Ausgangsstromflanke ΔI/Δt, angegeben in der Einheit Ampere pro Mikrosekunde (A/µs). Einige neuere Anwendungen verlangen hier Werte bis zu 5000 A/µs. Die Steilheit der steigenden Flanken ist von gleicher Wichtigkeit, aber da VIN mit typisch 12 V üblicherweise deutlich größer ist als VOUT (typisch 0,7 V bis 1,8 V), sind die steigenden Flanken normalerweise deutlich steiler und potenziell sogar übermäßig steil. Zu steile steigende Flanken lassen sich übrigens meist abflachen, indem man die Anzahl der gleichzeitig einschaltenden Phasen begrenzt.

Den Gleichungen in Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass die Beschleunigung des Lastsprungverhaltens umgekehrt proportional zu Ltsl ist.

Gleichungen fü die Steilheit der fallenden Flanken von Abwärtswandler und TLVR
Tabelle 1: Gleichungen für die Steilheit der fallenden Flanken von Abwärtswandler und TLVR .

Aus Tabelle 2 geht darüber hinaus hervor, dass die hochfrequenten TLVR-Ströme ebenfalls umgekehrt proportional zu Ltsl sind.

Tabelle 2. Hochfrequente Ströme in der TLVR-Schaltung in der Sekundärwicklung und allen Phasen, wenn VOUT ∙ Nphasen < VIN
Tabelle 2: Hochfrequente Ströme in der TLVR-Schaltung in der Sekundärwicklung und allen Phasen, wenn VOUT ∙ Nphasen < VIN.

In Tabelle 3 sind die an LC zu erwartenden Spannungen aufgeführt, wenn VOUT ∙ Nphasen < VIN ist, unter der Annahme, dass Ltsl ≈ Lc, sowie die Neuberechnung von Ltsl, wenn kleinere Spannungen vorgefunden werden.

Tabelle 3. Zu erwartende Spannungen an LC, wenn VOUT ∙ Nphasen < VIN ist, unter der Annahme, dass Ltsl ≈ Lc, sowie Neuberechnung von Ltsl, wenn kleinere Spannungen vorgefunden werden
Tabelle 3: Zu erwartende Spannungen an LC, wenn VOUT ∙ Nphasen < VIN ist, unter der Annahme, dass Ltsl ≈ Lc, sowie Neuberechnung von Ltsl, wenn kleinere Spannungen vorgefunden werden.

Designbeispiel

Es ist nun an der Zeit, ein Designbeispiel zu präsentieren – beginnend mit den Anforderungen und dem allgemeinen Ansatz, wie in Tabelle 4 gezeigt.

Tabelle 4. Designanforderungen und allgemeiner Ansatz.
Tabelle 4: Designanforderungen und allgemeiner Ansatz.

Hier stellt sich jedoch die Frage, ob der LC-Wert von 100 nH dem wahren Ltsl-Wert der 16-stufigen Schleife entspricht. Hierzu sei auf die große Sekundärschleife zwischen den Markierungen „Start“ und „End“ in Bild 2 verwiesen. Wie stimmig diese Annahme ist, erhellt sich durch eine Messung des tatschlichen Spannungsverlaufs an LC (hier: L36), wenn alle 16 Stufen und alle acht Phasen aktiv sind. Bei Ltsl ≈ Lc und unter Verwendung der Formeln aus Tabelle 3 sollte man eine zwischen +8 V und -16 V wechselnde Rechteckwelle erwarten, die das Achtfache der Schaltfrequenz einer Phase aufweist. Der RMS-Wert dieser Welle sollte 11,3 V betragen.

Welche Ergebnisse liefert das Designbeispiel?

Was die tatsächliche Messung ergab, ist in Bild 3 zu sehen.

Gemessener Spannungsverlauf an der Kompensations-Induktivität für acht Phasen bzw. 16 Stufen mit der erwarteten TLVR-Wellenform, wenn Ltsl ≈ Lc, dargestellt in Schwarz.
Bild 3: Gemessener Spannungsverlauf an der Kompensations-Induktivität für acht Phasen bzw. 16 Stufen mit der erwarteten TLVR-Wellenform, wenn Ltsl ≈ Lc, dargestellt in Schwarz.

Sowohl der tatsächliche Spannungsverlauf an L36 (pink) als auch der erwartete Spannungsverlauf an der Gesamt-Streuinduktivität (schwarz) sowie der RMS-Wert (5,02 V gegenüber 11,3 V) deuten darauf hin, dass LC halb so groß ist wie Ltsl und dass in der Sekundärschleife weitere 100 nH auf Streuinduktivitäten und Leiterbahnen entfallen. Vergleicht man anstelle der Spitzenwerte die tatsächlichen und erwarteten RMS-Werte, verringern sich die Unklarheiten durch das parasitäre Schwingen, das im gemessenen Spannungsverlauf erkennbar ist.

Durch die Gesamtinduktivität von 200 nH in der Sekundärschleife reduziert sich die Steilheit der fallenden Ausgangsstromflanke für das 32-stufige Design auf -28827 A/µs. In der Anwendung mit dem Zielwert 5000 A/µs wurde durch Kurzschließen der tatsächlichen Kompensations-Induktivität LC die Gesamt-Sekundärinduktivität wieder auf 100 nH reduziert. In Anwendungen, deren maximale Flankensteilheit kleiner als 3000 A/µs ist, reduziert das Belassen der Kompensations-Induktivitäten die zirkulierenden Ströme jedoch um die Hälfte, wodurch die auf diese Ströme zurückzuführenden Verluste um 75 Prozent verringert werden.

So lässt sich die Streuinduktivität ermitteln

Wenn man über die tatsächliche Streuinduktivität in der TLVR-Schleife Bescheid weiß, hat man die besten Voraussetzungen, die angestrebte Flankensteilheit des Ausgangsstroms zu erreichen und gleichzeitig die von der TLVR-Schleife erzeugten Verluste zu minimieren. Die Erkenntnis, dass bereits eine einfache Messung die gewünschten Informationen liefern kann, ist ein Beispiel für den Nutzen der Anstrengungen, die bei Texas Instruments für die Optimierung von Stromversorgungen unternommen werden. (bs)

Josh Mandelcorn

Applikationsingenieur bei TI