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(Bild: Hy-Line)

Überschrift

Zu jedem IGBT gehört ein Gate-Treiber. Dieser setzt ein PWM-Steuersignal in das Steuersignal für den Leistungshalbleiter um und kann zusätzlich Schutzfunktionen bieten. Es stellt sich die Frage, ob dieser Treiber diskret oder durch Zukauf einer Fertiglösung realisiert wird. Dieser Artikel vermittelt ein allgemeines Verständnis für derartige Gate-Treiber und stellt anhand einer fertigen Zweikanal-Treiberschaltung Vorteile und Kernkompetenzen derselben dar.

Ein Intelligent Gate Driver IGBT enthält eine innere MOSFET- und eine Bipolar-Struktur. Der MOSFET steuert dabei den Bipolar-Transistor, welcher den Leistungsfluss über die Kollektor-Emitter-Strecke führt. So ergänzen sich die Vorteile der hochohmigen Steuerung eines MOSFET mit dem begrenzten Spannungsabfall an einem Bipolartransistor.

Gate hochohmig steuern?

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Bild 1: (a) Zweikanal-Gate-Treiber, (b) Funktionen der Primär- und Sekundärseite. Hy-Line

Bild 2: Zweikanal-Driver Core 2SC0435T mit 35 A und 4 W pro Kanal (Einsatzbereich: IGBT-Module bis UCE

Bild 2: Zweikanal-Driver Core 2SC0435T mit 35 A und 4 W pro Kanal (Einsatzbereich: IGBT-Module bis UCE = 1700 V / IC = 3,6 kA). Hy-Line

Bild 3: Prinzipschaltbild Zweikanal-Driver Core 2SC0435T.

Bild 3: Prinzipschaltbild Zweikanal-Driver Core 2SC0435T. Hy-Line

Durch Laden beziehungsweise Entladen der IGBT-parasitären Gate-Emitter-Kapazität wird das Bauteil in den Durchlass- beziehungsweise Sperrbetrieb gesteuert. Der IGBT schaltet ein, wenn die Gate-Spannung die Schwellenspannung überschreitet, und aus, wenn 0 V oder eine negative Spannung anliegen. Durch negative Spannung wird der Ladungsträgertransport und somit der Entladevorgang beschleunigt. Typische Gate-Spannungen sind +15 V für den Einschalt- und -10 V für den Ausschaltvorgang. Da das Gate eine relativ große Kapazität aufweist, reichen die Leistungs- und Spannungspegel eines gewöhnlichen TTL- oder CMOS-Steuersignals eines Mikrocontrollers für die Umladung nicht aus – die Ansteuerung kommt zwar mit weniger Leistung aus als bei einem reinen Bipolarhalbleiter, doch erfolgt sie nicht wirklich hochohmig. Gängige kommerziell erhältliche IGBT-Treiber mit integriertem DC/DC-Wandler bieten einen Leistungsbereich von 1 bis 4 W und einen Ausgangsstrom von 2 bis 30 A pro Kanal.

Grundfunktionen und Anforderungen

Die wichtigen Grundfunktionen einer Treiberschaltung umfassen das verlustarme Ein- und Ausschalten des Halbleiters innerhalb der RBSOA (Reverse Bias Safe Operation Area) und die galvanische Trennung zwischen Steuerelektronik und Leistungshalbleiter. Intelligente Treiber bieten zudem Schutz vor Kurzschluss und Überspannung. Bild 1a zeigt im Beispiel die Schnittstellenfunktion des Treibers zwischen der Ansteuereinheit (Primärseite) und einem Halbbrückenmodul (Sekundärseite). Da Betriebsspannungen bis in den kV-Bereich typisch sind, ist eine galvanische Trennung zwischen der Primär- und Sekundärseite wichtig. Die Umsetzung der galvanischen Trennung wird im weiteren Verlauf dieses Artikels aufgegriffen.

Des Weiteren sind in Bild 1b Funktionen der Primär- und Sekundärseite eines Gate-Treibers zusammengefasst. Die Primärseite übernimmt die Aufbereitung der Steuersignale und den Schutz vor unerwünschten Betriebszuständen. Zudem steht ein DC/DC-Wandler für die Energieversorgung der Sekundärseite und ein Pulsübertrager für die Signalübertragung zur Verfügung. Die Sekundärseite zeichnet sich durch eine Treiberstufe für die Generierung des Gate-Steuersignals und Logik für den Halbleiterschutz aus.

Alternative zu diskretem Aufbau

Die Umsetzung der zuvor beschriebenen Anforderungen in ein diskretes Treiberdesign ist aufwendig und fehleranfällig. Zudem fordert die Entwicklung Erfahrung und Zeit. Des Weiteren sind beim Layout und bei den Komponenten die Luft- und Kriechstrecken einzuhalten und Maßnahmen zum Minimieren von Störeinkopplungen einzuflechten. Das Leiterplatten-Layout sollte symmetrisch aufgebaut sein und es sollten sich keine Flächen mit unterschiedlichen Potentialen überdecken, um die Koppelkapazitäten zu vermindern.

Power Integrations hat aufgrund jahrelanger Erfahrung mit der Entwicklung diskrete Treiberschaltungen ASIC-Bausteine für diese Zwecke entwickelt und bietet Fertiglösungen für unterschiedliche Treiberanforderungen. Die Scale-2 genannten Gate-Treiber (2. Generation, Scale steht für Scaleable, Compact, All-purpose, Low-cost and Easy-to-use) sind für die IGBT-Module aller Hersteller einsetzbar. Die Kernkompetenz liegt in den ASICs auf Basis von High-Voltage Mixed Signal CMOS und dem Transformator für die galvanische Trennung und Signalübertragung.

Die Integration von Schaltkreisen in ASICs (Application Specific Integrated Circuit) ermöglicht das Design von kompakten und zuverlässigen Treibersystemen. Die Anzahl der Bauteile verringert sich um bis zu 95 % gegenüber einem diskreten Aufbau. Da weniger Bauteile ausfallen können, erhöht sich die Zuverlässigkeit deutlich. Die Verwendung gleicher ASIC-Bausteine in den verschiedenen Treiberplattformen macht diese Fertiglösung zudem preisattraktiv.

Galvanische Trennung

Am Beispiel des Zweikanal-Gate-Treibers wird der kompakte Aufbau deutlich (Bild 2): Hier sind Trafoblock und ASICs (LDI = Logic to Driver Interface und IGD = Intelligent Gate Driver) gekennzeichnet. Die galvanische Isolation kann über verschiedene Arten realisiert werden. Power Integrations nutzt Transformatorbauformen wie Ringkern (flexibler Formfaktor, robust, gekapselt) oder Planar (hohe Leistungsdichte, geringe Abmaße, geringe Streuinduktivität).

In Bild 3 ist ein Prinzipschaltbild des Zweikanal-Gate-Treibers dargestellt, aus dem der innere Aufbau des Transformators deutlich wird. Die galvanische Trennung setzt sich aus zwei Pulstransformatoren für die Treiberkanäle und einem Transformator für die DC/DC-Wandlung zusammen. Die Transformatoren sind auf Ringkerne gewickelt und in ein Gehäuse integriert. Dieses Konzept bietet sich für die Übertragung von Steuersignalen für Eingangs-, Ausgangs- und bidirektionale Feedbacksignale an. Der abgebildete Pulstransformator erfüllt die Anforderungen der Energieübertragung und galvanischen Isolation zugleich.

Der optimierte Aufbau und die Wickelmethoden minimiert Störeffekte wie Interferenz und Koppelkapazität. Zudem ist eine hohe Übertragungsrate garantiert. Gegenüber einem Optokoppler bietet der verwendete Pulstransformator geringe Verzögerungen von < 100 ns mit einer Toleranz von ±1 ns und ist deutlich alterungsbeständiger. Falls die geforderten Kriech- und Luftstrecken bei höheren Sperrspannungen die Dimensionen des Trafos übersteigen, bietet sich die optische Kopplung an. Dies ist ab 3,3 kV sinnvoll.

„Logic to Driver Interface“ (LDI)

Auf dem Treiber (Bild 2) befindet sich eingangsseitig ein LDI-ASIC. Hier finden sich die Schnittstelle für die Spannungsversorgung von +15 V, die PWM-Steuersignaleingänge für Kanal A und B (Eingangsspannungsbereich 3,3 bis 15 V) und die Open-Collector-Fehlerausgänge. Des Weiteren sind im LDI die bidirektionale Signalaufbereitung, das Spannungs-Fehlermanagement und die Steuerung des DC/DC-Controllers für die sekundäre Spannungsversorgung integriert.

Die eingangsseitige DC-Versorgungsspannung wird in eine AC-Spannung gewandelt und sekundärseitig gleichgerichtet (Bild 3). Hierfür bietet sich ein Push-Pull-Konverter an, der die DC-Eingangsspannung in eine AC-Spannung wandelt und diese Spannung galvanisch getrennt über den Transformator überträgt. Auf der Sekundärseite erfolgt die Gleichrichtung mittels Dioden.

Thema der nächsten Seite: Funktionen des LDI ASIC und des IGD ASIC

Funktionen des LDI ASIC

  • Spannungsversorgung und Kurzschlussfehlermanagement
  • 5-V-Spannungsversorgung
  • Blockier- und Totzeitmanagement der PWM-Signale
  • Steuerung der bidirektionalen Signaltransformator-Schnittstelle
  • Halbbrücken-Controller
  • Schnittstelle Transformator – Ausgangsstufe Kanal A und B
  • DC/DC-Ansteuerung
  • DC/DC-Ausgangsstufe Kanal A und Kanal B

„Intelligent Gate Driver“ (IGD)

Das IGD ASIC realisiert die Leistungsstufe und Schutzmanagement wie Vce(sat)-Monitoring, Miller Clamping und Advanced Active Clamping. Der innere Aufbau des IGD ist in Bild 4 dargestellt. Die Vce-Überwachung schützt den IGBT im Kurzschlussfall. Hierzu wird die Kollektor-Emitter-Spannung im IGD über ein Widerstandsnetzwerk abgebildet. Ein Vergleicher misst und vergleicht dieses Signal mit einer Referenzspannung und erzeugt beim Überschreiten ein Gate-Steuersignal, sodass die IGBT-Abschaltung erfolgt. Das Advanced Active Clamping schützt den IGBT vor Zerstörung durch Spannungsspitzen, die im Abschaltvorgang durch Streuinduktivitäten generiert werden. Wird eine vordefinierte Spannungsschwelle überschritten, reagiert der Treiber.

Das Gate-Steuersignal wird pro Kanal über eine n-Kanal-Push-Pull-Treiberstufe erzeugt. Diese Leistungsstufe besteht aus zwei n-Kanal-MOSFETs. T1 ist für das Einschalten und T2 für das Ausschalten zuständig. Über die Gatewiderstände Rgon und Rgoff sind sie mit dem Gate des IGBTs verbunden. Die MOSFETs werden mit einer positiven Logik angesteuert. Die Verwendung von n-Kanal-MOSFETs weist geringere Durchlassverluste aufgrund des geringeren RDSon im Gegensatz zu p-Kanal-Typen auf. Damit T1 ein- und ausgeschaltet werden kann, werden ein Level Shifter und eine Ladungspumpe benötigt. Eine positive Gate-Source-Spannung schaltet T2 durch, somit liegt die negative Spannung am Gate des IGBTs an.

Funktionen des IGD ASIC

  • Optische Schnittstelle
  • Transformator-Schnittstelle
  • 5-V-Spannungsversorgung
  • Temperatur- und Prozesskompensation
  • Active-Clamping-Logik
  • Gate-Spannungskontrolle
  • Bootstrap und Ladungspumpe
  • Vorstufe für die MOSFET-Leistungsendstufe
  • MOSFET-Leistungsendstufe mit maximal 8 A
  • Semi Array für kundenspezifische Funktionen

Thema der nächsten Seite: Die Treiberfamilien Core und Plug & Play

Die Core-Treiber sind universelle Gate-Treiber mit den zuvor betrachteten Basis- und Schutzfunktionen. Diese Treiber sind sehr kompakt und verfügen über eine Stiftleiste, womit sich die Treiber einfach in ein Design integrieren lassen. Die Anpassung des Advanced Active Clampings A2C oder des Dynamic Advanced Active Clampings DA2C und der Vce(sat)-Schutzfunktion erfolgt durch externe Beschaltung (Bild 4). Somit ist der Core-Treiber individuell an den gewünschten IGBT anpassbar. Zur Entwicklungsunterstützung stehen verschiedene Dokumente und das Hy-Line-Support-Team zur Verfügung.

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Bild 4: Scale-2 IGD: Schaltplan zur Sekundärseite von Kanal A. Hy-Line

Im Unterschied zum Core-Treiber ist der Plug-&-Play-Treiber bereits ab Werk mechanisch und elektrisch auf das gewünschte Modul angepasst. Bei der Positionierung der Bauteile auf der Leiterkarte wurden magnetische Felder, die beim Schalten des IGBT entstehen und die Elektronik beeinflussen könnten, berücksichtigt. Jeder Plug-&-Play-Treiber wurde bei Power Integrations auf IGBT-Module aller am Markt verfügbaren Hersteller vermessen. Dies bedeutet, dass der Treiber sofort nach Montage auf dem IGBT-Modul einsatzfähig ist. Lediglich die Spannungsversorgung von +15 V, die PWM-Signale und der Fehlerausgang sind noch zu beschalten. Die Gate-Widerstände und die externe Beschaltung für die Schutzfunktionen sind auf das IGBT-Modul abgestimmt. Alle Treiberfamilien sind zu 100 % funktionsgeprüft.

Entwicklungshelfer

Um die Evaluierung und Integration der Treiber zu vereinfachen, sind ausführliche Manuals, Application-Notes, Whitepapers und Reference-Designs verfügbar. Diese Entwicklungshilfen unterstützen den Anwender die Treiber zu verstehen und diese ins Design zu bringen.

Nicht benutzte Treiberkanäle sollten deaktiviert sein. Bei der Inbetriebnahme ist auf die Positionierung des Treibers im Umfeld der stromführenden Leitungen zu achten, da die hohen Ströme magnetische Felder erzeugen. Die Steuersignale sind vor Anschluss an den Treiber mit einem Oszilloskop zu prüfen und dürfen nicht störbehaftet sein. Abhilfe verschafft der Einsatz von verdrillter Steuerleitung.

Es geht noch kleiner: Scale-I-Driver

Eine interessante Lösung für den Leistungsbereich von 5,5 bis 110 kW (400 kW mit Booster-Stufe), Taktfrequenzen bis 250 kHz und Schaltspannungen bis 1700 V ist der Scale-I-Driver (eigene Schreibweise: SCALE-iDriver) von Power Integrations. Hier sind beide ASICs, Isolatoren und Leistungsstufen in einem Chip vereint – es werden nur noch wenige externe Bauteile benötigt. Im IC selbst werden die Signale über ein eigenes Protokoll bidirektional galvanisch getrennt übertragen, also sowohl vom Treiber zum IGBT-Modul als auch umgekehrt vom IGBT-Modul zurück zum Treiber, womit die Module perfekt gegen fehlerhafte Betriebsbedingungen geschützt werden können. Entsprechende Verfahren, die Überstrom und Kurzschluss erkennen, sind ebenfalls bereits integriert. Die galvanische Trennung wird bei diesen Chips durch den patentierten Flux-Link bidirektional realisiert.

Lediglich zur Spannungsversorgung ist noch ein externer Übertrager mit nur einer positiven Ausgangsspannung erforderlich. Der Chip generiert automatisch die negative Gate-Spannung aus der Ausgangsspannung des Übertragers und stabilisiert zugleich die positive Gate-Spannung auf +15 V. Referenzdesigns ermöglichen auch hier den schnellen Aufbau von kompletten IGBT-Treibern.

Hy-Line Power Components hilft bei der Auswahl eines geeigneten Treibers und unterstützt den Anwender beim Design-In. Passende Mitsubishi-IGBT-Module sind ebenfalls im Angebot.

Kai Asmacher

Gebietsverkaufsleiter bei Hy-Line Power Components

Wolf-Dieter Roth

Technischer Redakteur bei Hy-Line Power Components

(neu)

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