WDI Quarze Redesign

Es wird knapp: Lieferschwierigkeiten verlangen es unter Umständen, auf kleinere Quarze umzustellen. Allerdings ist dann ein Redesign nötig. (Bild: WDI)

Neben einer Reihe weltweiter unerwarteter Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit, die zu nie dagewesenen Lieferengpässen geführt haben, sorgt der globale Digitalisierungstrend für eine wachsende Nachfrage nach elektronischen Komponenten.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit

Seit Monaten erlebt die Elektronikbranche turbulente Zeiten. Kontinuierlich sehen sich Entwickler mit schwankenden, teils extrem langen Lieferzeiten, unvorhergesehenen Abkündigungen und inflationären Preisentwicklungen konfrontiert. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen spielt die Corona-Pandemie seit Anfang 2020 eine große Rolle. Zusätzlich sorgen Stromzuteilungen, bedingt durch stark gestiegene Energiekosten in China oder Wasserzuteilungen, notwendig durch anhaltende Dürre in Taiwan und andere Ereignisse in Europa für teils existenzbedrohende Zustände in der gesamten Branche. Wer in Anbetracht dieser Situation noch ruhig bleiben kann, muss sich eine gute Strategie ausgearbeitet haben, um die nächsten Monate, im schlimmsten Fall Jahre, unbeschadet zu umschiffen.

Dabei sahen die Prognosen ursprünglich anders aus, denn in den letzten Jahren war das Wachstum der Weltwirtschaft eher schleppend. Die Produktionskapazitäten nun wieder aufzubauen, stellt die Hersteller elektronischer Bauelemente und ihre Lieferketten vor massive Herausforderungen. Teilweise ist dann ein Redesign erforderlich, aber was muss man dabei in punkto Taktgeber beachten?

Wenn das Redesign notwendig wird

Für neue Designs geht die Empfehlung sowohl bei Quarzen als auch bei Oszillatoren zu den mittlerweile stark nachgefragten kleineren Bauformen ab 3,2 × 2,5 mm2 und noch kleiner.

Für viele bestehende Anwendungen, bei denen noch größere Quarze zum Einsatz kommen, bedeutet dies ein Redesign, damit auch weiterhin die Bauteilversorgung sichergestellt werden kann. Aus technischer Sicht gilt hierbei zu bedenken, dass sich die Umstellung von den größeren Quarzbauformen auf kleinere auch auf die Spezifikationen des Schwingquarzes auswirkt. So können sich beispielsweise der allgemein höhere ESR und der geringere Drive Level negativ auf die Funktion der Oszillatorschaltung auswirken und zu Komplikationen führen.

Bild 1: Für viele bestehende Anwendungen, bei denen noch große Quarze zum Einsatz kommen, ist ein Re-Design nötig.
Bild 1: Für viele bestehende Anwendungen, bei denen noch große Quarze zum Einsatz kommen, ist ein Re-Design nötig. (Bild: WDI)

Höherer Frequenzbereich bei dünneren Quarzen

Zunächst einmal muss beim Redesign auf kleinere Bauformen bedacht werden, dass der verfügbare Frequenzbereich umso höher liegt, je kleiner und dünner der Schwingquarz ist. Die Beziehung zwischen der Stärke des Quarzrohlings (Blank) und der Resonanzfrequenz ist beim Schwingquarz umgekehrt proportional, was bedeutet, dass die Frequenz zunimmt, je dünner der Blank wird. Im Umkehrschluss wird ein stärkerer Blank benötigt, wenn eine niedrigere Frequenz erreicht werden soll. Im Gegensatz zu ihren größeren und höheren Vorgängern sind die kleineren Gehäuse flacher, wodurch die Grenzen der Physik hier schneller erreicht sind. So sind beispielsweise Frequenzen unter 16.000 MHz in der Bauform 2,0 × 1,6 mm2 oder unter 24.000 MHz in der Bauform 1,6 × 1,2 mm2 aktuell nicht möglich.

ESR-Wert beachten

Ebenfalls darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bei kleineren Schwingquarzen der ESR (Equivalent Series Resistance) höher ist. Maßgebend für den ESR-Wert sind hauptsächlich die Frequenz, die Größe des Quarzes und der benötigten Elektroden sowie der Aufbau seiner Befestigung. Als allgemeine Regel gilt jedoch: Je kleiner der Quarzkristall, desto höher ist sein ESR-Wert (auch Lastresonanzwiderstand, RL, genannt).

Eckdaten

Seit Monaten sieht sich die Elektronikbranche mit schwankenden, teils langen Lieferzeiten und inflationären Preisentwicklungen bei zugleich steigender Nachfrage konfrontiert. Im Bereich der frequenzgebenden Bauteile sind Quarze mit 32.768 kHz in der häufigsten SMD-Bauform 3,2 × 2,5 mm2, vor allem aber Quarze und Oszillatoren mit 7,0 × 5,0 mm2, 6,0 × 3,5 mm2 und 5,0 × 3,2 mm2 besonders betroffen. Um Produktion und Lieferungen sicherer zu machen, muss mehr Sorgfalt auf den Aufbau der Lieferantennetzwerke gelegt werden. Bei neuen Designs geht die Empfehlung zu den kleineren Bauformen. Für viele bestehende Anwendungen bedeutet das ein Redesign – und dabei ist einiges zu beachten.

Für die Auslegung einer stabilen Oszillatorschaltung ist der ESR-Wert eine der wesentlichen Eigenschaften. Ebenso wie die benötigte Frequenz wird auch der maximale ESR-Wert häufig vom eingesetzten Controller vorgegeben. Er wirkt sich wesentlich auf die Anschwingsicherheit (Circuit Margin) der Oszillatorschaltung aus, da er direkt in ihre Berechnung einfließt. Für ein stabiles Anschwingverhalten ist eine Circuit Margin von 5 oder mehr wünschenswert; Automotive-Anwendungen erfordern häufig eine Circuit Margin von 10. Der negative Widerstand (R1) der Oszillatorschaltung lässt sich durch Hinzufügen eines Potentiometers in Reihe mit dem Quarz messen (Bild 2).

Der Widerstand des Potentiometers wird so lange erhöht, bis der Quarz aufhört zu schwingen - dieser Widerstandswert markiert RADDmax der addiert zum maximalen ESR-Wert des Quarzes den negativen Widerstand ergibt. Die Anschwingsicherheit wird mit steigendem ESR-Wert geringer, was zur Folge hat, dass ein sicheres Anschwingen des Quarzes nicht mehr gewährleistet werden kann.

Verbesserung der Anschwingsicherheit

Am einfachsten lässt sich die Anschwingsicherheit verbessern, indem die beiden Kondensatoren C1 und C2 kleiner auslegt werden. Dadurch ist der Widerstand RADD an dem Punkt höher, an dem die Schwingung aufhört, was direkt zu einer Verbesserung des negativen Widerstands und damit zu einer höheren Anschwingsicherheit führt. Das ist auch der Grund dafür, dass kleinere Schwingquarze in der Regel mit niedrigeren Lastkapazitäten angeboten werden. Beim Redesign sollte also auch bedacht werden, dass ein Austausch der Kondensatoren erforderlich ist.

Austausch der Kondensatoren

Damit der Schwingquarz innerhalb der gewünschten Spezifikationen arbeitet, ist die Auswahl der richtigen Kondensatoren C1 und C2 und die Ermittlung der geeigneten Lastkapazität für die Oszillatorschaltung von großer Bedeutung. Berücksichtigt werden muss nämlich auch der Trimm, der bei größeren Quarzbauformen, aufgrund der Dimension des Blanks sowie der Elektroden für gewöhnlich ohnehin schon höher ist und zudem bei Verringerung der Lastkapazität in der Oszillatorschaltung weiter zunimmt. Kommt nun ein kleinerer Quarz zum Einsatz, wäre zu erwarten, dass der Trimm geringer und somit die Frequenz stabiler wird. Da aber die Lastkapazität in der Schaltung verringert werden muss, um weiter den negativen Widerstand beizubehalten und damit weiterhin die gewünschte Anschwingsicherheit zu gewährleisten, erhöht sich der Trimm wieder. Letztendlich wird der Trimm bei einem Redesign auf eine kleinere Quarzbauform also unverändert bleiben oder sogar etwas zunehmen.

Auswahl des Systems

Nähere Informationen zum Aufbau der Oszillatorschaltung sowie wichtige Hinweise zur Spezifikation des benötigten Schwingquarzes lassen sich in der Regel in den Datenblättern der jeweiligen Mikrocontroller finden. WDI bietet Unterstützung bei der Auswahl des am besten geeigneten Taktgebers für das entsprechende System – sowohl in wirtschaftlicher als auch in technischer Hinsicht. Unabhängig davon, ob es sich um ein neues Design oder um ein Redesign handelt, zeigt der Distributor schon ab dem Design-In baugleiche Alternativen und Second Sources auf und empfiehlt besonders gängige Bauformen und Spezifikationen.

Lieferengpässe bei Quarzen

Noch haben einige Hersteller die großen Bauformen im Programm, allerdings geht der Trend eindeutig zu kleineren Quarzbauformen.
Noch haben einige Hersteller die großen Bauformen im Programm, allerdings geht der Trend eindeutig zu kleineren Quarzbauformen. (Bild: WDI)

Im Bereich der frequenzgebenden Bauteile sind die Probleme in den Lieferketten bei den Uhrenquarzen in den am häufigsten verwendeten SMD-Bauformen mit 3,2 × 1,5 mm2 am deutlichsten zu beobachten; diese 32.768-kHz-Quarze sind schon seit Ende 2020 auf Allokation. Das größte Problem liegt bei den Gehäusen (Keramikboden und Metalldeckel), weil die wenigen Hersteller sie nicht in ausreichender Menge produzieren können. Es ergeben sich hier teilweise immer noch Vorlaufzeiten von mehr als einem Jahr. Die Situation verbessert sich aktuell eher schleppend.

 

Große SMD-Bauformen

Noch schlimmer sieht es bei den Quarzen und Oszillatoren in den mittlerweile in die Jahre gekommenen größeren SMD-Bauformen 7,0 × 5,0 mm2, 6,0 × 3,5 mm2 und 5,0 × 3,2 mm2 aus. Teilweise sind sie komplett auf Allokation oder nur mit Lieferzeiten von mehr als 50 Wochen zu bekommen, einige Hersteller haben sie gleich ganz abgekündigt. Hauptursache hierfür sind wieder die Gehäusezulieferer. Diese sind vor allem daran interessiert, der starken Nachfrage aus dem Bereich der Consumer-Produkte nachzukommen, bei denen überwiegend SMD-Bauformen wie 3,2 × 2,5 mm2, aber gerade im Zuge der Miniaturisierung und dem Boom von Wearables auch noch kleinere Bauformen eingesetzt werden. Es ist absehbar, dass die größeren Gehäuse langsam vom Markt verschwinden. Oftmals kann nicht einmal eine Last-Time-Buy-Option gewährt werden.

 

ICs mit 5 V für Oszillatoren

Bei den Oszillatoren kommt ein weiterer Faktor hinzu: Die Hersteller der benötigten ICs fahren die Produktion der 5-V-Varianten herunter oder produzieren diese gar nicht mehr. Oszillatoren-Hersteller, die noch passende ICs von ihren Vorlieferanten geliefert bekommen, sind bereits dabei, prognostizierte Bedarfszahlen für ein Last-Time-Buy anzufordern, um ihre Kunden noch eine gewisse Zeit mit 5-V-Oszillatoren versorgen zu können – zumindest so lange bis diese auf eine andere Spannungsversorgung umgestellt haben.

 

Für sichere Lieferketten sorgen

Um sicher durch die Krise zu kommen, heißt es für den Anwender, frühzeitig und vorausschauend zu planen sowie Trends zu erkennen. Zukünftig lautet die Devise, beim Ausarbeiten globaler Lieferketten unvorhersehbare Ereignisse genauso zu berücksichtigen wie Obsoleszenz oder Allokation von elektronischen Bauteilen. Um Produktion und Lieferungen sicherer zu machen, muss mehr Sorgfalt auf den Aufbau breit aufgestellter Lieferantennetzwerke sowie die Auswahl zuverlässiger Handelspartner und Bezugsquellen gelegt werden. Lieferketten müssen solide, durchdacht und krisensicher aufgebaut sein, ihre Bewertung darf nicht nur nach ihrem Einsparpotenzial erfolgen. Dabei ist es unabdingbar, so früh wie möglich mindestens eine Second Source für ein Bauteil zu testen und freizugeben. Im Ernstfall kann der Produzent dann auf eine oder mehrere unabhängig voneinander agierende und lokal voneinander getrennte Second Sources zurückgreifen und so einen Bandstillstand verhindern.

WDI, Hedrik Nielsen
(Bild: WDI)

Hendrik Nielsen

Technical Sales Specialist FCP bei WDI

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