Bild 3: Auf der Platine einer Motorsteuerung wird die Verlustwärme der Leistungshalbleiter über zwei Biegekanten und hochgeklappte Leiterplattenlaschen an das Gehäuse und einen Kühlkörper abgeleitet.

Bild 3: Auf der Platine einer Motorsteuerung wird die Verlustwärme der Leistungshalbleiter über zwei Biegekanten und hochgeklappte Leiterplattenlaschen an das Gehäuse und einen Kühlkörper abgeleitet.


(Bild: Häusermann)

Bild 1: In die HSMtec-Platinen eingebettete Kupferprofile verbessern die Strom- und Wärmeleitung zwischen dicht gepackten Leistungshalbleitern.

Bild 1: In die HSMtec-Platinen eingebettete Kupferprofile verbessern die Strom- und Wärmeleitung zwischen dicht gepackten Leistungshalbleitern. Häusermann

Die Spezialität des schwedischen Elektromotorenbauers Frabil in Malmö sind Zusatzfunktionen wie geberlose Vektorregelung oder 3-Phasen-PFC, die Mitbewerbern im Preis überlegen sind. Die jüngste Entwicklung ist ein E-Motorantrieb zum seitlichen Manövrieren von Booten. Der geplante DC/AC-Wechselrichter treibt 225 A und ist gegenüber vergleichbarer Lösungen am Markt viel kompakter, günstiger im Preis und ist ohne Hallsensoren im Lagegeber einfacher zu handhaben.

Bei Betriebsspannungen von 48 oder 24 VDC sind die Ströme für die erforderlichen Leistungspegel sehr hoch. Die Entwickler sind nun gefordert, die Wärme zuverlässig von den MOSFETS direkt über die Leiterplatte abzuleiten und gleichzeitg die Steuerelektronik auf der gleichen Platine unterzubringen. Neben den elektrischen Eigenschaften der Baugruppe sind weitere wichtige Vorgaben eine schnelle Wärmeableitung, die kompakte Baugröße sowie eine einfache Montage.

Eckdaten

Die Leiterplatte HSMtec steht für Hochstromfähigkeit, Thermomanagement und 3D-Formen. In FR4-Multilayer-Platinen integrierte Kupferprofile und Stromschienen können hohe Ströme führen und Abwärme rasch verteilen. Partiell verlegt e Kupfer-Inlays ermöglichen es somit, auf einer Leiterplatte Leistungs- und Steuerelektronik zu kombinieren. HSMtec-Platinen werden im Standardprozess bestückt. Ihre anspruchsvolle Konstruktion rechtfertigt die geringeren Gesamtkosten bei Wechselrichtern und Motorsteuerungen.

Entscheidendes Auswahlkriterium für den Schaltungsträger

Der Wechselrichter muss in der Lage sein, sehr hohe Ströme in einem räumlich begrenzten Bereich zu führen und dabei eine sehr gute Kühlung haben. Die SO-8-MOSFETs sollen über die Leiterplatte und einen angekoppelten Kühlkörper entwärmt werden und dürfen sich dabei auf maximal 55 °C erwärmen. In Betracht kamen eine schwere Kupfer-Leiterplatte, externe Stromschienen oder eingebettetes Kupfer. Augrund der besseren Leistungseigenschaften gegenüber einer vergleichbaren Dickkupfer-Leiterplatte, sowie niedrigeren Gesamtkosten und kleineren Abmessungen als ein Aufbau mit Stromschienen, fiel die Entscheidung auf das HSMtec-Konzept von Häusermann.

Beim HSMtec-Verfahren werden 500 µm dicke Kupferelemente in den Innenlagen des Multilayers verlegt. Die integrierten Kupferelemente übertragen Ströme von bis zu 400 A und drosseln die Hitzeentwicklung zügig auf zulässige Partial- und Systemtemperaturen. Ein starkes Argument, das für die HSMtec-Leiterplatte spricht, ist das am meistverwendete Basismaterial FR4. Der FR4-Multilayer wird im Standard-Herstellungsprozess gefertigt und lässt sich im üblichen Bestückungs- und Lötprozess weiterverarbeiten.

Die Kupferelemente werden per Ultraschallverbindungstechnik stoffschlüssig mit dem Basiskupfer der geätzten Leiterbilder verbunden (Bild 1). Nach dem Verpressen der Lagen befinden sich die Kupferprofile in den Innenlagen des Multilayers. Die übrige Leiterplatte bleibt davon unberührt. HSMtec ist nach DIN EN 60068-2-14 und JEDEC A 101-A qualifiziert und auditiert für Luftfahrt und Automotive.

Lagenaufbau unterstützt das thermische Konzept

Die Kupferelemente kombinieren die Applikationsingenieure mit einem wärmetechnisch optimierten Lagenaufbau, der zusätzlich für eine rasche Wärmespreizung sorgt und das gesamte thermische Konzept unterstützt. Mit Thermovias (durchkontaktierte Bohrungen) stellen die Leiterplattenexperten eine direkte Verbindung her zwischen den Leistungshalbleitern auf der Leiterplattenoberfläche und den Kupferelementen in den Innenlagen.

Bild 2: Der DC/AC-Wechselrichter für Boots-E-Antriebe enthält viele SO-8-MOSFETs und eingepresste Hochstromkontakte auf engstem Raum.

Bild 2: Der DC/AC-Wechselrichter für Boots-E-Antriebe enthält viele SO-8-MOSFETs und eingepresste Hochstromkontakte auf engstem Raum. Häusermann

Der durchgängige Pfad aus Kupfer von der Quelle bis zur Senke leitet Wärme 1000-fach besser als FR4. Auf einer Fläche von 10 × 10 mm2 ist es möglich, mehr als 400 durchkontaktierte Bohrungen (Vias) mit einem Durchmesser von 0,25 mm zu platzieren, womit die Fläche dann zu 10 % aus Kupfer besteht. Die effektive Wärmeleitfähigkeit einer solchen FR4-Fläche erhöht sich mit dieser Designmaßnahme auf 30 W/(m·K). Damit ist diese Konstruktion hundertmal besser wärmeleitend als FR4 und noch zehnmal besser leitend als die besten klassischen Wärmeleitsubstrate.

Für Frabil entwickelte das Häusermann-Applikationsteam eine 156 × 143 mm2 große Leiterplatte. In dem 6-Lagen-Multilayer verbinden Microvias die Headpads der MOSFETs mit 12 mm dicken Kupferprofilen in zwei Innenlagen. Außerdem befinden sich Thermovias rund um die Heatpads der MOSFETs für die drei Phasenströme. Mehrere Stromvias bilden den Übergang auf die zweite Profillage aus zwei langen, 12-mm-breiten Kupferprofilen (Plus-Minus-Leitungen).

3D-Aufbau nutzt Bauraum optimal aus

Ein weiterer Vorteil von HSMtec ist die 3D-Verformbarkeit. Die Kupferprofile, die im Multilayer verpresst sind, lassen sich biegen. Für den Biegeprozess wird an den Biegekanten das FR4 mit Kerbfräsungen abgetragen. An diesen Sollbiegestellen lassen sich einzelne Segmente mit einem Neigungswinkel bis ±90° ausrichten. Die Kupferdrähte und Kupferprofile erlauben eine selbsttragende Konstruktion und führen hohe Ströme oder Wärme über die Biegekante ab. Typisch und vorteilhaft ist, dass die Leiterplatten als zweidimensionale Leiterplatte layoutet, im Nutzen gefertigt und bestückt werden. Nach dem Bestücken beziehungsweise zur Montage der Baugruppe wird die Leiterplatte in die dreidimensionale Form gebogen.

Bild 3: Auf der Platine einer Motorsteuerung wird die Verlustwärme der Leistungshalbleiter über zwei Biegekanten und hochgeklappte Leiterplattenlaschen an das Gehäuse und einen Kühlkörper abgeleitet.

Bild 3: Auf der Platine einer Motorsteuerung wird die Verlustwärme der Leistungshalbleiter über zwei Biegekanten und hochgeklappte Leiterplattenlaschen an das Gehäuse und einen Kühlkörper abgeleitet.


Häusermann

Die 3D-Konstruktion ist prädestiniert für Einmalbiegungen beispielsweise für Anwendungen, bei denen der flexible Bereich nur für den Einbau der Baugruppe gebogen wird. Durch die niedrige Feuchtigkeitsaufnahme im Gegensatz zu Flexfolien bei den Biegeanwendungen entfallen zumeist thermische Vorbehandlungen beim Löten. Außerdem sind alle weiteren Prozesse vollständig kompatibel zum Standard-Fertigungsprozess.

Alle drei Eigenschaften der HSMtec-Leiterplatte nutzt eine CAN-basierte Lüftersteuerung in Nutzfahrzeugen. Alexander Tonino, Hardwareentwickler beim Elektronikdienstleister Technosert Electronic in Österreich, wurde dafür mit dem PCB Design Award 2016 in der Kategorie High Power ausgezeichnet. Mittels einer intelligenten Elektronik überwacht sich das System selbst, regelt die Lüfterdrehzahl in Abhängigkeit von der Temperatur und reinigt sich automatisch durch Ausblasen beziehungsweise Lüftungsumkehr. Die Baugruppe ist so ausgelegt, dass durch einfache Konfiguration verschiedene Ausgangslasten angeschlossen werden können.

Leistungs- und Steuerelektronik auf einer Platine

Die Aufgabe des Entwicklungsteams bestand darin, eine Hard- und Software zu entwickeln, die die Wärme kontrolliert an die Gehäusewand abführt. Auf keinen Fall durften die Serien- und Entwicklungskosten zu hoch sein. Deshalb hat das Technosert-Team nach einem Standardgehäuse gesucht, das für Automotive zertifiziert ist, die Ansprüche der Nutzfahrzeugbauer erfüllt und es den Entwicklern ermöglicht, die Baugruppe zu entwärmen.

Das einzige Gehäuse, das in Frage kommt, besteht fast ausschließlich aus Kunststoff und hat nur zwei stehend verbaute Kühlflächen. „Das Schwierige daran war, Leistungselektronik in ein günstiges Automotive-Standardgehäuse aus Kunststoff zu bringen“, erklärt Alexander Tonino die Ausgangssituation. Auf der Baugruppe waren hohe Ströme von 2 × 60 A und hohe Verlustleistungen in den Griff zu bekommen. Das dichte Hochstromnetz sollte zudem mit einer Steuerelektronik kombiniert werden. Thermosensoren an den Leistungshalbleitern überwachen die Temperatur und regeln die Lüfterdrehzahl.

Da das geplante Gehäuse zur Entwärmung der Baugruppe nur zwei Aluminumprofile an den Seiten zur Verfügung stellte, entschied sich der Entwickler für eine neue Technologie: HSMtec. Schlagkräftiges Argument für HSMtec: Ansteuerungs- und Signalverarbeitungstechnik mit Leistungshalbleitern lassen sich auf einer konventionellen Standard-FR4-Leiterplatte sicher bewerkstelligen. Damit erübrigt sich die gängige Lösung, die Ansteuerelektronik und Leistungselektronik getrennt auf zwei Leiterplatten zu fertigen und dann über einen Stecker zu verbinden.

Leiterplattenlaschen übertragen Strom und Abwärme

Die Steuereinheit für ein Laubgebläse hat zwei Power-Blöcke und einen Logik-Block. Die Power-Blöcke werden mit je 10 bis 32 V und 60 A versorgt. Jeder Block hat vier Halbbrücken BTN8982TA von Infineon, die je 15 A im High oder Low Modus treiben. Da die Konfiguration in jedem Anwendungsfall unterschiedlich sein kann, muss sowohl die GND- als auch die VCC-Anbindung der vollen Last gewachsen sein. Mit einer HSMtec-Leiterplatte war es möglich, die SMD-Leistungsbauteile mit dem Kühlkörper und der Versorgung zu verbinden und zusätzlich die Temperatur des Treibers zu messen. Außerdem ließ der enge Bauraum nur eine dreidimensionale Lösung zu.

Bild 4: Entgegen der Einpressschraubanschlüsse aus Bild 2 sind Leiterplattenlaschen kostengünstiger wie auch kompakter und übertragen Abwärme an das Gehäuse.

Bild 4: Entgegen der Einpressschraubanschlüsse aus Bild 2 sind Leiterplattenlaschen kostengünstiger wie auch kompakter und übertragen Abwärme an das Gehäuse. Häusermann

In der Steuereinheit müssen acht Halbbrücken mit 3 × 15 A Leitungen zu den Steckern angeschlossen sein. Im Betrieb darf die Umgebungstemperatur maximal 80 °C erreichen. „Dank einer geschickten Aufteilung in acht Halbbrücken konnte der zu übertragende Strom auf 60 A pro Block reduziert werden. Dabei hat der Designer eine hervorragende symmetrische Aufteilung der Anordnung der vorgegebenen SMT-Leistungsbauteile gefunden“, bemerken die Juroren des PCB-Design-Award.

Das thermische Management der Motorsteuerung haben die Entwickler über eine dreidimensionale Konstruktion gelöst: Die Entwärmung der Halbbrücken erfolgt über zwei Biegekanten zu Leiterplattenlaschen, die im Gehäuse mit einem Aluminium-Kühlkörper verklebt werden. Die Laschen befinden sich an zwei gegenüberliegenden Seiten und werden nach dem Bestücken der Leiterplatte um 90° nach oben gebogen.

Über die biegbaren Kupferinlays wird die entstehende Wärme optimal an die seitlichen Aluminiumprofile abgegeben und mit verschiedenen geschickt platzierten Via-Typen ein maximaler Wärmefluss sichergestellt. Der Clou: Durch zusätzliche kleine Flügel an den Laschen lässt sich die Baugruppe werkzeuglos im Gehäuse montieren (Bild 3).

Hochstromleiterbahnen im Layout zuerst verlegen

Die Leiterplatte für die Motorsteuerung mit Hochstrom-Profilen und integriertem Entwärmungskonzept ist ein 4-Lagen Multilayer und nur 1,7 mm dick. Auf der gerade mal 197,35 × 152,40 mm2 großen Grundfläche befinden sich 12 mm breite Profile in der oberen Zwischenlage, welche über Biegekanten auch zum Entwärmen der Halbbrücken dienen. Hier befinden sich auch 2, 4 und 8 mm breite Profile, welche Lastströme von 15 und 60 A übertragen. In der unteren Zwischenlage übertragen 2 und 4 mm breite Kupferprofile Lastströme von 15 und 60 A.

Das Design der Hochstromleiterbahnen sollte grundsätzlich vor dem Standardlayout erstellt werden. Das normale Leiterplattenlayout wird später um die Hochstromleiterbahnen herum entworfen. Die Hochstromleitungen müssen mit idealen Querschnitten positionsgenau im Lagenaufbau eingebettet werden. Hierfür ist es ratsam, gemeinsam mit einem Leiterplattenspezialisten die optimale Aufbau- und Verbindungstechnik auszuwählen.

In HSMtec-Platinen eingebettete Kupferprofile verbessern die Strom- und Wärmeleitung zwischen dicht gepackten Leistungshalbleitern. Damit realisierbare, biegbare Leiterplattenlasche bilden kompakte und kostengünstige Anschlussterminals, die gleichzeitig Abwärme an Gehäusekühlflächen übertragen.

Stefan Hörth

Anwendungsentwickler bei Häusermann

(jwa)

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