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(Bild: Seho)

Unter den automatisierten Lötprozessen gilt der Selektiv-Lötprozess als besonders anspruchsvoll. Aber auch der bekannteste Prozess, der Wellen-Lötprozess, steht bedingt durch die wachsende Komplexität der Baugruppen vor immer neuen Herausforderungen. Die variablen Parameter wie beispielsweise die Flussmittelmenge, Vorheiztemperatur oder die Benetzungszeit und Lottemperatur haben einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität einer Lötstelle.

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Lötbrücken gehören zu den häufigsten Fehlern in THT-Prozessen. Seho

Typische Lötfehler und ihre Ursachen

Lötbrücken sind eine der Hauptursachen für fehlerhafte Baugruppen. Wie für viele typische Defekte können hierfür unterschiedliche Faktoren ursächlich sein. Bei bleifreien Prozessen trägt das geringere spezifische Gewicht der Lotlegierung zu einem veränderten Fließverhalten bei, das zu Brücken führen kann. Jedoch kann auch ein ungenügender Flussmittelauftrag oder Vorheizprozess Lötbrücken verursachen.

Pyrometer

Ein Pyrometer ermittelt die von einem Objekt abgegebene Infrarotstrahlung und berechnet auf dieser Grundlage die Oberflächentemperatur. Gekoppelt mit einer entsprechenden Software, kann die auf der Leiterplatte erforderliche Vorheiztemperatur exakt vorgegeben werden, wodurch eine gradientengesteuerte Regelung des Vorheizprofils möglich ist.

Schlechte Lot-Durchstiege sind häufig auf eine ungenügende Wärmebilanz zurückzuführen. Eine nicht ausreichende Flussmittelmenge kann aber ebenfalls die Ursache für diesen Defekt sein. Dies sind nur einige wenige Beispiele für mögliche Lötfehler. Oft stehen sie im Zusammenhang mit dem Flussmittelauftrag oder Wärmeeintrag beim Vorwärmen der Baugruppen oder während des Lötprozesses. Es ist also durchaus sinnvoll, diese Prozessschritte zu überwachen und zu kontrollieren.

Auf die korrekte Menge kommt es an

Das Flussmittel macht im Grunde genommen den nachfolgenden Lötprozess überhaupt erst möglich. Es löst die vorhandene Oxidschicht und verhindert eine erneute Oxidation, sodass eine Benetzung stattfinden kann. Es muss also ausreichend Flussmittel an die Lötstellen gebracht werden, um einen optimalen Lotdurchstieg während des folgenden Lötprozesses zu erhalten. Andererseits sollten keine Flussmittelrückstände auf der Leiterplatte verbleiben, da diese zu deutlichen Qualitätseinbußen, bis hin zum Ausfall des Produkts, führen können. Flussmittelüberwachungssysteme sind daher essenziell. Die einfachste Variante, die vor allem bei Selektivlötanlagen Verwendung findet, ist die Überwachung der Funktion der Fluxerdüse. Hierbei durchläuft die Fluxerdüse einen Testzyklus bevor der eigentliche Flussmittelauftrag im Produktionsmodus stattfindet. Damit kann sichergestellt werden, dass die Funktion der Fluxerdüse zum Zeitpunkt des Tests gegeben war, es ist jedoch kein Rückschluss auf die tatsächliche Produktion möglich.

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Automatische Flussmittelmengenmessung im konventionellen Wellenlötprozess.



Seho

Weitaus zuverlässiger ist die Mengen- oder Volumenüberwachung während des Flussmittelauftrags, sowohl bei Selektivprozessen als auch bei konventionellen Wellenlötprozessen. Während des Fluxprozesses wird hier die tatsächlich aufgetragene Flussmittelmenge gemessen und mit einem Sollwert verglichen. Stellt das System eine Abweichung fest, wird eine Fehlermeldung ausgegeben und gegebenenfalls der Einlauf für nachfolgende Baugruppen gesperrt. Bei Selektiv-Lötanlagen werden zusätzlich die Fehlerursache sowie der Name der fehlerhaften Geometrie über die Software angezeigt. Damit sorgt die Flussmittelmengenüberwachung für höchste Prozesszuverlässigkeit und konstante Prozessbedingungen, ohne jeglichen Einfluss auf die Taktzeit.

Den Vorheizprozess überwachen

Das Überwachen der Vorheizung ist erforderlich, um definierte Temperaturprofile zu erhalten, die wiederum für die Aktivierung des Flussmittels notwendig sind. In Wellenlöt-Prozessen sorgen neue Strahlersysteme, die sich durch eine sehr schnelle Reaktionsfähigkeit auszeichnen dafür, dass sich ein großer Baugruppenmix und hohe Produktionsvolumen nicht länger ausschließen. Abhängig von der thermischen Masse der zu bearbeitenden Baugruppen kann die Wärme der Atmosphäre innerhalb der Maschine aber einen großen Einfluss auf das Temperaturprofil haben. So könnte beispielsweise eine massearme Baugruppe zu stark aufgeheizt werden, wenn sie nach einer großen Serie von massereichen Baugruppen mit entsprechend hoher Heizleistungseinstellung die Anlage durchläuft, da sich die Temperatur im Tunnel zwangsläufig im Volllastbetrieb aufheizt. Um ein konstantes Temperaturprofil zu erreichen, erfassen zusätzliche Temperatursensoren in der Wellenlötanlage kontinuierlich den Zustand der Atmosphäre und messen den Einfluss auf die Leiterplatte. Mit dieser zusätzlichen Regelung führt eine hohe Temperatur innerhalb der Anlage zu einer Absenkung der Strahlungsleistung für das in diesem Bereich laufende Produkt. Dadurch wird die für das jeweilige Produkt resultierende Vorwärmtemperatur unabhängig vom Anlagenzustand sehr konstant gehalten.

Bei Selektiv-Lötanlagen ist eine der gängigsten und zudem zuverlässigsten Methoden zur Überwachung des Vorheizprozesses die Verwendung von berührungslosen Infrarot-Thermometern (Pyrometer). Ein Pyrometer ermittelt die von einem Objekt abgegebene Infrarotstrahlung und berechnet auf dieser Grundlage die Oberflächentemperatur. Gekoppelt mit einer entsprechenden Software, kann die auf der Leiterplatte erforderliche Vorheiztemperatur exakt vorgegeben werden, wodurch eine gradientengesteuerte Regelung des Vorheizprofils möglich ist.

Kontrolle für den Lötbereich

Dem Lötbereich sollte spezielle Aufmerksamkeit gewidmet werden, da viele Variable das Lötergebnis beeinflussen können. Hierzu gehören beispielsweise die Temperatur der Lotlegierung und das Lotniveau im Tiegel, die daher permanent überwacht und automatisch geregelt werden müssen. Vor allem im Selektivlöt-Prozess, wo naturgemäß mit sehr kleinen Lötdüsen-Geometrien gearbeitet wird, ist zudem eine Wellenhöhenkontrolle erforderlich, um konstante und reproduzierbare Prozessbedingungen zu erhalten.

Das einfachste Verfahren besteht in dem Verwenden einer Messnadel, die mit der Spitze eine Kontaktmessung zur Lötwellenoberfläche ausführt. Vor allem bei Multidüsen-Systemen ist die Wellenhöhenüberwachung mit Wirbelstromsensor von Vorteil. Basierend auf dem Prinzip der kommunizierenden Röhren, einer indirekten Messung, entsteht hierdurch sowohl an den Lötdüsen als auch am Messtrichter die gleiche Höhe. Das Signal des Wirbelstromsensors wird mit einem Sollwert verglichen und so die Wellenhöhe konstant gehalten.

Speziell bei Miniwellen-Düsen kann die Wellenhöhe mit einem Laser-Messsystem automatisch geregelt werden. Die Messung findet hierbei simultan zum Produktionsprozess statt, sodass die Taktzeit nicht beeinflusst wird. Die direkte Messung der Wellenhöhe erkennt zudem Verschmutzungen im Düsensystem, die das Lötergebnis beeinflussen könnten. Der große Messbereich des Sensors und die Nullung auf die Düsenoberkante ermöglichen außerdem den Einsatz von Düsen mit unterschiedlicher Höhe. Besonders effektiv ist der neue Kreuzsensor von Seho Systems, der gleich mehrere Funktionen übernimmt. Zum einen wird hiermit die Wellenhöhe in Miniwellen-Lötprozessen präzise geregelt. Die Messung erfolgt dabei berührungslos direkt an der Lötdüse und ist vollkommen unabhängig von der eingesetzten Lotlegierung.

Gleichzeitig dient der Kreuzsensor aber auch zur automatischen Werkzeug-Vermessung: Durchmesser, Höhe und Einbaulage der Lötdüse werden automatisch geprüft und somit potenzielle Bedienfehler ausgeschlossen. Eine weitere Funktion übernimmt der Kreuzsensor, wenn Zusatzprozesse, wie ein automatischer Bürstprozess, in der Selektivlötanlage integriert sind. Der Kreuzsensor überwacht dann ebenfalls den Zustand der Bürste und zeigt bei entsprechender Abnutzung einen erforderlichen Austausch der Bürste automatisch an.

Zusätzliche automatische Überwachungsfunktionen tragen dazu bei, potenzielle Lötfehler zu vermeiden. Hierzu gehören zum Beispiel die automatische Korrektur der X, Y und Z-Werte bei Baugruppen mit Versatz oder Durchbiegung, oder ein intelligentes Tool-Management, bei dem über Sensoren und Software überwacht wird, dass nur Produkte zur Bearbeitung eingelassen werden, für die die Anlage entsprechend gerüstet ist. Auch die kontinuierliche automatische Überwachung der Stickstoff-Eingangsqualität sowie der für den Prozess erforderlichen Stickstoffmenge trägt zur Sicherung reproduzierbarer Ergebnisse entscheidend bei.

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Wenn ein AOI-System im Selektivlötprozess integriert ist, ist eine Null-Fehler-Fertigung möglich. Seo

AOI in den Prozess integrieren

100% Prozesskontrolle sichert das AOI-System PowerVision, welches direkt in die Selektiv-Lötanlage integriert werden kann und im Hinblick auf die Gesamtproduktionslinie enorme Vorteile bietet. Die Inspektion einer Baugruppe findet dabei parallel zum Lötprozess der nachfolgenden Baugruppe statt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Neben kurzen Taktzeiten bietet das System eine hohe Wirtschaftlichkeit, da Löteinheit und AOI mit einem gemeinsamen Achssystem verfahren werden. In einer anschließenden Separierstation werden fehlerfreie und als fehlerhaft erkannte Baugruppen automatisch voneinander getrennt, die Verifizierung und Klassifizierung der detektierten Lötfehler erfolgt an einem Verify-Arbeitsplatz. Anschließend kann die Baugruppe wahlweise einer weiteren Lötanlage zugeführt werden oder sie durchläuft die gleiche Lötanlage ein zweites Mal. Hier wird dann entsprechend der Fehlerklassifizierung ausschließlich an den Fehlerkoordinaten ein automatischer Nacharbeitsprozess durchgeführt. Ein deutlicher Vorteil aus prozesstechnischer Sicht, da nur die fehlerhafte Lötstelle den Prozess erneut durchläuft, nicht die gesamte Baugruppe. Durch die Integrierung des AOI-Systems sind alle Prozesse komplett rückverfolgbar und vollständig reproduzierbar. Zudem sorgt die Auswertung von Trend- und Serienfehlermeldungen für eine frühzeitige Prozessoptimierung. Dies betrifft besonders die Bauteile-Bestückung und den Lötprozess, aber auch Designfehler werden schnell sichtbar.

Die einzelnen Fertigungsschritte sind natürlich verlinkt und es erfolgt ein bidirektionaler Datenaustausch. Die kompletten Prozess- und Maschinenparameter werden vollständig erfasst, analysiert und dokumentiert und natürlich ist auch die Anbindung und Produktionssteuerung durch ein MES-System möglich. Das Ergebnis: Automatisch null Fehler.

 

productronica 2017: Halle A4, Stand 578

Heike Schlessmann

ist Marketing Manager bei Seho Systems.

(hw)

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