Neue Logo Variosystems, Unterzeile: Co-Creating Leading Innovators

Mit seinem neuem Markenauftritt unterstreicht Variosystems seinen Fokus auf Systemlösungen. Im Interview erklärt CEO Stephan Sonderegger auch, was sich hinter der Co-Creation verbirgt. (Bild: Studio Fasching/Variosystems)

Zugegeben, die electronica 2024 konnte an einigen Stellen mit bunten Ständen aufwarten. Mit seinen kräftigen Farben – dominiert von einem hellen Orangeton – legte Variosystems aber noch eine Schippe drauf. Hintergrund ist, dass das Unternehmen anlässlich der electronica 2024 seinen neuen Markenauftritt vorstellte. So hat sich Variosystems in den vergangenen Jahren von einem Spezialisten für Electronic Manufacturing Services (EMS) zu einem globalen Systemanbieter für Elektroniklösungen entwickelt. Im Zuge dieser Transformation hat das Unternehmen sein Dienstleistungsportfolio erweitert, neue Standorte eröffnet und regionale Lieferketten etabliert.

Wie sich Variosystems an den Anforderungen der globalen Elektronikindustrie ausrichtet, welche Rolle Nachhaltigkeit und Digitalisierung spielen und warum sich das Unternehmen am CDMO-Modell der Pharmabranche orientiert, erläutert CEO Stephan Sonderegger im Interview.

variosystems // Electronica
Variosystems nutzte die electronica 2024, um seinen neuen Markenauftritt der Öffentlichkeit zu präsentieren. (Bild: © Julia Romeiß)

Herr Sonderegger, für alle, die Variosystems noch nicht kennen: Können Sie Ihr Unternehmen kurz vorstellen?

Stephan Sonderegger: Variosystems mit Sitz in Steinach, Schweiz, ist ein global agierender Servicepartner für Elektroniklösungen. Gegründet 1993, beschäftigen wir heute rund 2.000 Mitarbeitende weltweit und erzielen einen Umsatz von über 300 Millionen Schweizer Franken. Wir sind mit Standorten in Europa, Nordamerika, China und im Asien-Pazifik-Raum vertreten. Unser Dienstleistungsportfolio deckt die gesamte Elektronik-Wertschöpfungskette ab – von der Entwicklung und Industrialisierung über die Serienproduktion bis hin zum Life-Cycle-Management. Unsere Lösungen finden Anwendung in Branchen wie der Luftfahrt, Medizintechnik, Industrie und Smart Infrastructure-Technologien. Was uns besonders auszeichnet, ist unser Ansatz der „Co-Creation“, bei dem wir unsere Kunden entlang des gesamten Prozesses partnerschaftlich unterstützen und deren Erfolg in den Vordergrund stellen.

Den Ausdruck „Co-Creation“ habe ich bei Ihnen oft gelesen. Was bedeutet das genau und wie setzen Sie diesen Ansatz um?

„Co-Creation“ ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Wir verstehen uns als Backstage-Partner unserer Kunden, die stets im Mittelpunkt stehen. Das heißt, die Produkte, die wir entwickeln und produzieren, gehören den Kunden. Wir treten nicht mit einem eigenen Markenanspruch nach außen auf, sondern konzentrieren uns darauf, unsere Kunden erfolgreich zu machen. Beispielsweise integrieren wir uns in deren Entwicklungsteams, um Hardwarelösungen, Module oder komplette Geräte zu entwickeln. Dabei unterstützen wir von der ersten Idee bis zur Serienfertigung. Es geht darum, eine enge, vertrauensvolle Partnerschaft aufzubauen, bei der wir den Erfolg unserer Kunden durch unser Know-how und unsere Ressourcen fördern.

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Wir arbeiten an Turnkey-Lösungen, bei denen der Kunde das Produkt nie selbst sehen muss – wir entwickeln, produzieren und managen den gesamten Lebenszyklus.

Stephan Sonderegger, CEO Variosystems

Der Interviewpartner

Stephan Sonderegger, CEO  Variosystems
(Bild: Variosystems)

Stephan Sonderegger ist ein erfahrener Führungsexperte mit über 20 Jahren internationaler Berufserfahrung in der Industrie- und Gesundheitsbranche. Seit Mai 2022 ist er Group CEO von Variosystems in Steinach, Schweiz. Zuvor war er sechs Jahre lang CEO von Swisslog Healthcare, wo er zuvor Führungsrollen in Nordamerika und Asien-Pazifik innehatte. Frühere Stationen seiner Karriere umfassen leitende Positionen bei Tecan und Rieter, wo er unter anderem als Vice President Operations in China tätig war. Er verfügt über einen Master-Abschluss in Produktionstechnik und Industriebetriebslehre der ETH Zürich.

Sie haben kürzlich auf der electronica 2024 Ihren neuen Markenauftritt vorgestellt. Was steckt dahinter?

Der neue Markenauftritt spiegelt unsere Weiterentwicklung vom EMS-Spezialisten zum globalen Systemanbieter wider. Unser Slogan „Co-Creating Leading Innovators“ bringt unseren Anspruch auf den Punkt: Wir wollen die besten Partner für die führenden Innovatoren in ihren Branchen sein. Das neue Markenbild unterstreicht unseren Fokus auf Gesamtlösungen und das Kundenerlebnis. Dabei kombinieren wir 30 Jahre Erfahrung mit einem klaren Blick nach vorne.

Was war der Auslöser für diese Transformation?

Unsere Kunden erwarten heutzutage viel mehr als nur die Produktion von Elektronikkomponenten. Sie suchen einen Partner, der sie über den gesamten Produktlebenszyklus begleitet. Dazu gehören Innovation, Industrialisierung, Serienfertigung, Logistik und Life-Cycle-Management. Um diese Anforderungen zu erfüllen, haben wir unser Dienstleistungsangebot ausgebaut, neue Standorte eröffnet und unsere globale Lieferkette sowie Produktionsplattform harmonisiert. Ein entscheidender Punkt war die Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse: schneller zur Marktreife, hohe Qualität, Resilienz in der Lieferkette und eine kompetente Betreuung – und das weltweit. Dabei geht es uns auch um Vertrauen, Nachhaltigkeit und Innovation – Werte, die wir sowohl in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden als auch intern bei Variosystems leben.

Sie sprechen häufig über Nachhaltigkeit. Was bedeutet dieser Begriff in Ihrem Unternehmen?

Nachhaltigkeit betrachten wir in zwei Dimensionen: Erstens wirtschaftlich – unser Wachstum soll langfristig und stabil sein. Wir setzen auf strategische Partnerschaften und vermeiden es, kurzfristige Gewinne oder reines Umsatzwachstum zu priorisieren. Zweitens kulturell und ökologisch – wir legen Wert darauf, ressourcenschonend zu arbeiten, unsere Mitarbeitenden zu fördern und eine Unternehmenskultur zu schaffen, die auf Verantwortung, Integrität und Innovation aufbaut. Auch im Umgang mit unseren Kunden steht eine nachhaltige Zusammenarbeit im Vordergrund: Wir wollen langfristige Partnerschaften aufbauen, die für beide Seiten Mehrwert schaffen.

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Die Elektronik allein reicht nicht – Kunden erwarten heute eine Gesamtlösung von der Idee bis zur Lieferung des verpackten Produkts.

 

Stephan Sonderegger, CEO Variosystems

Die Wachstumsziele von Variosystems sind ambitioniert. Sie haben sich ein Umsatzziel von etwa 300 auf 500 Millionen Schweizer Franken in den nächsten zwei Jahren gesetzt. Was macht Sie zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen?

Wir wissen, dass 2024 für die EMS-Branche ein herausforderndes Jahr war. Wir haben ebenso wie unsere Mitbewerber eine Abkühlung gespürt. Aber unser Wachstum basiert auf drei Säulen: organische Expansion, geografische Erweiterung und gezielte Akquisitionen. Geografisch möchten wir in Europa nach Norden expandieren und unsere Präsenz in Ländern wie Deutschland und Skandinavien verstärken. In Nordamerika setzen wir auf Wachstum in spezifischen Industrien wie Medizintechnik und Sensorik. Gleichzeitig bauen wir unsere Produktionskapazitäten in Mexiko und Kroatien aus, um die steigende lokale Nachfrage zu bedienen. Dieses Wachstum basiert auf einem harmonisierten und digitalisierten System, das uns erlaubt, Kostenvorteile zu erzielen, diese mit unseren Kunden zu teilen und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kunden von Ihrem Wachstum profitieren?

Wachstum muss für unsere Kunden Vorteile bringen, indem wir Kosteneffizienz und Skalenvorteile an sie weitergeben können. Wenn wir durch Expansion unsere Kostenstruktur verbessern, können wir bessere Preise anbieten und die eingesparten Kosten teilweise an unsere Kunden weitergeben. Wachstum ist für uns nur sinnvoll, wenn es auch den Kunden zugutekommt und einen echten Mehrwert schafft.

Sie haben sich bei Ihrer Neupositionierung am CDMO-Modell der Pharmabranche orientiert. Was bedeutet das konkret?

In der Pharmabranche begleitet ein CDMO (Contract Development and Manufacturing Organization) den Kunden über die gesamte Wertschöpfungskette – von der Entwicklung über Tests und Produktion bis hin zur Marktnachbearbeitung. Dieses Modell passt auch auf die Elektronikindustrie, da die Anforderungen ähnlich sind: hohe Qualitätsstandards, stabile Lieferketten und eine enge Partnerschaft mit dem Kunden. Wir haben diesen Ansatz auf Variosystems übertragen und bieten heute nicht nur Entwicklung und Fertigung, sondern auch Dienstleistungen wie Rapid-Prototyping, Life-Cycle-Management und global integrierte Lieferketten an.

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In der Elektronikbranche wird die Integration von Entwicklung, Produktion und Life-Cycle-Management immer wichtiger – nur so bleibt man wettbewerbsfähig.

 

Stephan Sonderegger, CEO Variosystems
"Mitarbeiter eines EMS-Dienstleisters bei der Montage und Qualitätsprüfung von elektronischen Baugruppen in einer modernen Fertigungsumgebung mit Leiterplatten und technischem Equipment."
Präzision und Sorgfalt stehen im Mittelpunkt der Produktion von Elektroniklösungen bei Variosystems. (Bild: Variosystems)

Was unterscheidet Variosystems dabei von klassischen E²MS-Anbietern?

Der Begriff E²MS (Electronic Engineering and Manufacturing Services) greift für uns zu kurz. Kunden erwarten heute mehr als Engineering und Manufacturing – sie suchen einen Dienstleister, der sie partnerschaftlich über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg betreut und dabei auch global präsent ist. Unser Angebot umfasst Entwicklung, Produktion und After-Sales in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Mit unserem Co-Creation-Modell und dem Fokus auf strategische Partnerschaften können wir so ein umfassenderes, langfristig ausgerichtetes Angebot machen, das den hohen Anforderungen unserer Kunden gerecht wird.

Digitalisierung ist ein großes Thema in der Elektronikbranche. Welche Rolle spielt sie bei Variosystems?

Digitalisierung ist für uns ein zentraler Baustein. Ein Beispiel ist unsere globale IT-Plattform: Alle Werke sind in einem harmonisierten SAP-System integriert. Das erlaubt es uns, Produkte nahtlos zwischen verschiedenen Standorten zu transferieren, ohne Daten oder Qualität zu verlieren. Zudem setzen wir auf Künstliche Intelligenz (KI), um Prozesse wie das Materialnummern-Matching zu automatisieren. Damit können wir z. B. Stücklisten von Akquisitionen schneller integrieren oder Prototypen effizienter entwickeln. Solche digitalen Lösungen ermöglichen uns, schneller und präziser auf Kundenanforderungen einzugehen.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel für Ihre Rolle als Systemanbieter geben?

Ein typisches Beispiel ist der Gerätebau. Kunden kommen mit einer Produktidee zu uns – oft mit einem Fokus auf Software oder einer spezifischen Technologie. Wir übernehmen dann die Entwicklung der Hardware, das Elektronikdesign, die Industrialisierung und die Serienfertigung. Am Ende liefern wir ein fertiges Produkt, das in der Verpackung des Kunden direkt an den Endnutzer verschickt wird. In einigen Fällen übernehmen wir sogar den After-Sales-Service. Unsere Kunden können sich so auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, während wir uns um alles andere kümmern.

Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich in der Elektronikbranche aktuell konfrontiert?

Eine der größten Herausforderungen ist die Materialverfügbarkeit. Volatile Märkte und Lieferschwierigkeiten bei Komponenten erfordern flexible Produktionsprozesse und ein proaktives Life-Cycle-Management. Zudem sehen wir eine steigende Nachfrage nach regionalen Lieferketten, insbesondere in Nordamerika und Europa. Hier reagieren wir mit unserem „Local for Local“-Ansatz, indem wir Produktionskapazitäten vor Ort aufbauen. Schließlich erfordern kürzere Produktlebenszyklen und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen eine enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden, um ihre Produkte schneller und effizienter auf den Markt zu bringen.

Hinzu kommt, dass sich der Elektronikmarkt aktuell in einer Phase dynamischer Veränderung befindet, die von technologischen Innovationen und globalen Herausforderungen geprägt ist. Einen immensen Einfluss darauf haben kürzere Produktlebenszyklen. So sehen wir, dass elektronische Produkte zunehmend schneller entwickelt und auf den Markt gebracht werden müssen, was agile Entwicklungsprozesse und eine nahtlose Übergabe in die Produktion erfordert. Wir begegnen diesen Herausforderungen durch unser Incubator-Angebot. Dies ermöglicht es Kunden, in einem technologiegetriebenen Umfeld rasch von der Idee zum Prototyp zu gelangen und nahtlos in die Serienproduktion zu wechseln. Dabei ist eine ausgeprägte Engineering Kompetenz gepaart mit Rapid-Prototyping Kompetenzen entscheidend.

Inwieweit beeinflusst der Fachkräftemangel Ihre Arbeit und Ihre Strategie?

Wir haben den Vorteil, dass wir in vielfältigen Branchen und Projekten arbeiten. Das bietet unseren Mitarbeitenden Abwechslung und spannende Herausforderungen – von der Luftfahrt über Medizintechnik bis hin zur Industrieelektronik. Das macht uns als Arbeitgeber attraktiv, da Ingenieure bei uns an verschiedenen innovativen Projekten arbeiten können, statt nur in einem spezifischen Bereich. Trotz Fachkräftemangel haben wir so ein Umfeld, das Talente anzieht.

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Größe allein bringt nichts – Wachstum muss für den Kunden Vorteile schaffen, sonst ist es sinnlos.

Stephan Sonderegger, CEO Variosystems

Wie positioniert sich Variosystems langfristig?

Langfristig möchten wir unser Dienstleistungsangebot weiter ausbauen und uns als führender Systemanbieter für Elektroniklösungen etablieren. Das bedeutet, dass wir uns kontinuierlich in den Bereichen Entwicklung, Rapid-Prototyping, Produktion und Life-Cycle-Management verbessern. Unsere geografische Expansion in Europa, Nordamerika und Asien-Pazifik ist dabei ein wichtiger Baustein. Gleichzeitig setzen wir auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovation, um unseren Kunden einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Sie sprechen von viel Know-How, das sie aufgebaut haben. Könnten Sie sich vorstellen, dass Variosystems zukünftig auch eigene Produkte entwickelt?

Nein, eigene Produkte sind überhaupt nicht unsere Strategie. Wir sind und bleiben ein Dienstleister, der im Hintergrund die Produkte unserer Kunden fertigt. Unser Grundsatz ist, keine Produkte zu entwickeln, um nicht in Konkurrenz zu unseren Kunden zu treten. Wir unterstützen unsere Kunden in der Entwicklung, Industrialisierung und Produktion, aber die Produkte gehören ganz klar unseren Kunden.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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