Dabei spielt sowohl die Metallurgie, das heißt die Lotlegierung und die Veränderung des Gefüges in speziellen Lötprozessen, eine Rolle als auch die Chemie, und hier insbesondere die Flussmittel im Bereich von Lotpasten und deren Rückstände. Innerhalb der Tamura Corporation entwickelt man verschiedene Lösungen im Bereich der Lotprodukte, um die Zuverlässigkeit von Lötverbindungen bei thermo-mechanischer Beanspruchung zu verbessern.
Eine Erweiterung von Sn-Ag-Cu-Loten, das Sechsstoffsystem Sn-Ag-Cu-Sb-Bi-Ni, bietet hierbei ein großes Potenzial, das mit den bislang etablierten Lotlegierungen dieser Gruppe noch nicht vollständig ausgeschöpft ist. Durch eine optimierte Zusammensetzung und den Einsatz spezieller Mikrolegierungselemente ermöglichen die Legierungen Tamura #287 und Tamura #251 eine erhöhte Zuverlässigkeit und Nutzbarkeit in nahezu allen konventionellen Lötprozessen als Paste, Draht oder Barren. Die quasi-statische Festigkeit kann gegenüber SAC305 auf ca. 100 MPa mehr als verdoppelt werden. Die Polykristallisation und die Wachstumsgeschwindigkeit intermetallischer Phasen werden signifikant verringert.
Insgesamt kann hierdurch bei Thermoschock-Wechselbelastungen ein hoher Risswiderstand erreicht werden, die Zuverlässigkeit ist weit besser als bei SAC305 und auch gegenüber bekannten Sn-Ag-Cu-Sb-Bi-Ni -Legierungen nochmals erhöht. Bei Zyklen von -40 °C bis 125 °C zeigte sich ein wesentlich verringerter Rissanteil der Legierung #287, sodass hier im Gegensatz zu den übrigen geprüften Legierungen auch nach 3000 Zyklen bei keiner Probe ein vollständiges Versagen auftrat. Ein ähnlich gutes Verhalten ergibt sich auch bei noch höherer Maximaltemperatur von 150 °C, Lösungen für bis zu 175 °C befinden sich in der Entwicklung.
Hohe Einsatztemperaturen
Werden hingegen noch höhere Einsatztemperaturen benötigt, beispielsweise bei der Verbindungstechnik von Siliziumkarbidhalbleitern gelten Anforderungen an die Wiederaufschmelz-Temperatur von 300 °C, können klassische, bleifreie Weichlotlegierungen (abgesehen von teuren Goldbasisloten) in konventionellen Lötprozessen nicht mehr genutzt werden. Eine Lösung können hier Silbersintertechnologien bieten, bei denen die Verbindung theoretisch eine Wiederaufschmelz-Temperatur von über 960 °C aufweisen würde. Je nach Verfahren werden teilweise jedoch hohe Anpressdrücke im Sinterprozess benötigt, zudem liegt der Materialpreis mehrere Größenordnungen über dem von bekannten Weichloten. Eine attraktive Alternative kann der in der Grundlagenforschung (beispielsweise [Lug03]) schon lange bekannte TLPS-Prozess (TLPS = Transient Liquid Phase Soldering) nun zunehmend auch in der praktischen Umsetzung darstellen.
lot mit qualität
Esold wurde 2010 gegründet und ist seit Ende 2017 Mitglied der Tamura Unternehmensgruppe mit Sitz in Tokyo. Das Unternehmen entwickelte sich als eigenständiges Profitcenter im Bereich Produktion, Entwicklung und Vertrieb von Lotprodukten aus der JL Goslar GmbH heraus. Als Hersteller von innovativen Lotprodukten bedient man die elektrotechnische und elektronische Industrie, ebenso wie die Solarindustrie.
Beim TLPS wird als Fügematerial eine Kombination aus einem niedrigschmelzenden (in der Regel Weichlot) und einem hochschmelzenden Material (Kupfer) genutzt. Im Lötprozess bei typischen Temperaturen von 240 bis 250 °C schmilzt das Weichlot auf und ein diffusiver Stoffaustausch mit dem Kupfer findet statt. Dies führt zur Bildung von intermetallischen Phasen wie Cu6Sn5 mit Schmelztemperaturen weit oberhalb der Löttemperatur und damit zur isothermen Erstarrung.
Um bei Anwendungen wie der Halbleitertechnik eine besonders voidarme TLPS-Verbindung zu ermöglichen, die Voraussetzung für einen homogenen Wärmefluss und das Vermeiden sogenannte Hot Spots ist, werden aktuell TLPS-Preforms als Film oder Tape entwickelt. Es zeigt sich zunächst, dass der im Fügespalt platzierte Preform-Tape und die nahezu vollständig nach dem Lötprozess bei 240 bis 250 °C gebildete Fügeverbund, unterstützt von einem leichten Anpressdruck von 0,6 MPa sowie einem konventionellen Flussmittel, überwiegend aus intermetallischen Phasen besteht. Auch in thermoanalytischen Untersuchungen konnte der geringe, für die Verbindungseigenschaften nicht kritische Anteil an Restlot sowie damit die hohe Wiederaufschmelz-Temperatur von über 300 °C nachgewiesen werden.
Innovative Flussmittel-Systeme
Bei den Flussmitteln für Lotpasten stehen zwei Ansätze im Fokus der aktuellen Entwicklung, die sich auf deren Rückstände beziehen. Im ersten Fall werden diese durch ein speziell entwickeltes Harzsystem funktionell als unterstützender Bestandteil der Lötverbindung genutzt, im zweiten Fall nahezu vollständig vermieden. Die Rückstände von TLF-GTS-VR REL1 No Clean Lotpasten bleiben auch nach anspruchsvoller thermo-mechanischer Belastung, bei der konventionelle Rückstände harzhaltiger Flussmittel eine teils starke Rissbildung zeigen, rissfrei. Dies ermöglicht einen erhöhten Schutz vor rissinduzierter Korrosion und Elektromigration sowie eine weitere Steigerung der thermo-mechanischen Performance der gelöteten Verbindung, durch die adhäsive Wirkung und die mechanische Stabilität der Rückstände, sowohl in Kombination mit konventionellen SAC305-Loten als auch der eingangs beschriebenen Legierung #287.
Für Anwendungen, in denen hingegen aus technischen Gründen weder Rückstände noch eine Reinigung zulässig sind, kann die neuentwickelte Lotpaste D131-204-199-33 eine innovative Lösung darstellen. Das von Röhrenlot-Flussmitteln wie dem Tamura Esold Z0 (Orlo) bekannte Prinzip, dass die Flussmittel-Bestandteile (nahezu) vollständig während des Lötprozesses verdampfen, wurde hier erstmals auch für Lotpasten realisiert. Sowohl die optische Bewertung der Lötstellen als auch thermogravimetrische Untersuchungen bestätigen dies. Ein weiterer Vorteil im einfachen Entweichen der gesamten Flussmittel-Bestandteile ergibt sich in Hinblick auf die Voidbildung. Während bei konventionellen Lotpasten-Flussmitteln nur ein Teil im Prozess verdampft und der Rest in flüssiger Form aus dem Lötspalt fließen muss, ist das Verdampfen bei der Lotpaste D131-204-199-33 vollständig und einfach möglich. Sowohl unter Schutzgas als auch im Vakuum wird hierdurch der Voidanteil um etwa den Faktor 4 verringert, was insbesondere im Bereich der Leistungselektronik einen klaren Vorteil darstellt.
Literatur
[Lug03] Lugscheider, E., Ferrara, S. et al.: Fortschritte und Entwicklungen bei den TLP- und Weichaktivloten, in Schriftenreihe des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) der TU Braunschweig ; 141-149 eine Kooperation der Sonderforschungsbereiche 440, 499 und 516, Kolloquium Mikroproduktion, 2003, Vulkan-Verlag , Essen; 2003
SMTconnect: Halle4, Stand A339 (bei Weidinger)
(hw)