Hände in Handschuhen mit Batterien

Die Batterie, heute meist in Lithium-Ionen-Technologie, ist die zentrale und auch teuerste Komponenten im E-Auto. (Bild: nevodka – Adobe Stock)

Das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien (LIB) wird in Zukunft eine zentrale Rolle für Europa spielen. Derzeit sind sowohl Ausbauprojekte als auch Ankündigungen neuer Recycling-Anlagen zu beobachten. Entscheidend für die LIB-Recycling-Kapazitäten in Europa sind neben der abfallwirtschaftlichen Behandlung die Reduzierung von Importabhängigkeiten für Rohstoffe und die Reduzierung von Umweltauswirkungen der Batterieproduktion. Gesetzliche Sammel- und Recyclingquoten, der Ausbau der europäischen Batterieindustrie und der Produktionsausschuss in der Zellfertigung stoßen die Entwicklung weiter an. Auch End-of-Life-Traktionsbatterien (EoL), die aktuell noch oft aus Pilot- und Testfahrzeugen kommen, tragen dazu bei. Insbesondere die EoL-Rückläufer von Traktionsbatterien nach 8 bis 15 Jahren zeigen, dass der Aufbau von Recycling-Kapazitäten zeitverzögert zum Markthochlauf der Batterieindustrie und Elektromobilität stattfindet.

Recyclingstandorte für Lithium-Ionen-Batterien in Europa

In ganz Europa werden bis Ende 2024 Recyclinganlagen voraussichtlich installiert oder sind für die kommenden Jahre angekündigt. Auffallend ist die besonders hohe Anzahl an Recyclingstandorten in Mitteleuropa, aber auch in Osteuropa sollen vermehrt Kapazitäten entstehen. Dabei ist die Nähe zu Batteriematerial-, Batteriezell oder Automobilherstellern ein Treiber für die Standortauswahl von Recyclinginfrastrukturen, etwa in Mittel- und Ostdeutschland, Ungarn, Nordfrankreich oder an der skandinavischen Küste. Zahlreiche Anlagen werden aus Pilotprojekten oder kleineren Anlagen mit Ausbaustufen geplant. Für ersteres sind etwa Cylib oder Tozero als universitätsnahe Start-ups zu nennen. Für letzteres stehen bereits etablierte Unternehmen wie Northvolt, SungEel HighTech und EcoBat, die bis 2030 die Recycling-Kapazität ihrer Standorte um teilweise mehr als 100 kt Verarbeitungskapazität pro Jahr erweitern möchten. Automobilhersteller wie Mercedes-Benz mit Licular in Kuppenheim bauen in der Nähe ihrer Produktionsnetzwerke eigene Spoke- und Hub-Recyclingkapazitäten aus.

Recyclingstandorte lassen sich nach Recyclingtiefe (also je nachdem, was Eingangs- und Ausgangsmaterialien des Recyclingprozesses sind) in Spokes und Hubs einteilen. In den Spokes erfolgen vorrangig die ersten Schritte des Batterierecyclings, das sogenannte Pretreatment. Hierbei werden Altbatterien u.a. gesammelt, entladen, demontiert und mechanisch (teilweise auch durch Pyrolyse) zur sogenannten schwarzen Masse (ein Gemisch aus Kathoden- und Anoden-Aktivmaterialien) mit wertvollen Metallen wie Li, Ni, und Co aufbereitet.

Li, Ni, Co und Cu aus schwarzer Masse raffinieren

In den Hubs findet das eigentliche Recycling und damit die Rückgewinnung (Refinement) der Rohstoffe statt. Hierbei wird die schwarze Masse mit pyro- oder hydrometallurgischen Verfahren oder elektrochemischen Verfahren raffiniert, wodurch sich wertvolle Stoffe wie Li, Ni, Co und Cu zurückgewinnen lassen. Aber auch weniger wertvolle, aber kritische Rohmaterialien wie Graphit oder Mangan rücken nun in den Fokus der Rückgewinnung. Einzelne Recyclingprojekte umfassen sowohl das sogenannte Pretreatment (Spoke-Aktivität) als auch das Refinement (Hub-Aktivität) an einem Standort.

Insgesamt ist das Batterierecycling vielfältig und mit unterschiedlichen Prozesskombinationen durchführbar. In Europa zeichnet sich die Hydrometallurgie als Kernprozess in den Hubs klar ab. Nur vereinzelt findet die Pyrolyse in der Vorbehandlung oder die Pyrometallurgie als Teilprozess im Refinement noch Anwendung, etwa bei Umicore oder Nickelhütte Aue.

Spokes liegen für eine optimale Sammellogistik eher dezentral, während Hubs für die Bearbeitung der Schwarzmasse zentral entstehen beziehungsweise zumeist gut infrastrukturell angeschlossen sind. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass der Transport von Lithium-Ionen-Batterien als Gefahrguttransport eingestuft und damit teuer ist. Der Weitertransport von Schwarzmasse zu den Hubs stellt hingegen keine große Anforderung dar.

330.000 Tonnen Recyclingkapazität bis 2026

In Europa übersteigen aktuell die kumulierten Kapazitäten der Hubs (Stand 2024: ca. 350 kt/a) die Kapazitäten der Spokes (Stand 2024: ca. 300 kt/a). Die aktuellen Kapazitäten von ganzheitlichen Recyclern (Spoke und Hub gleichzeitig und an einem Standort) umfassen nur einige zehn Kilotonnen pro Jahr. Auf den ersten Blick übersteigt die absolute Anzahl an Hubs die Anzahl der Spokes. Allerdings sind viele Hub-Aktivitäten entweder installierte oder angekündigte Kapazitätserweiterungen bereits bestehender Anlagen. Nahezu jeder Akteur im europäischen Batterierecycling plant die Errichtung mehrerer Standorte für die eigene Recyclingaktivität.

Bis 2026 sollen die Recyclingkapazitäten für Lithium-Ionen-Batterien in Europa auf 330.000 Tonnen pro Jahr ansteigen. Zu den meisten Recyclinganlagen gibt es Informationen hinsichtlich der Kapazität. Da aber nicht alle Anlagen die gleiche Recyclingtiefe haben, sind diese Kapazitäten nicht einfach addierbar. Jedoch lassen sich die Kapazitäten für Spokes und Hubs getrennt addieren und liefern so eine Abschätzung der gesamten Recycling-Kapazität in Europa. Anlagen, die alle Prozessschritte abdecken, werden zu Spokes und Hubs dazugezählt.

Kapazität mehr als verdoppelt in einem Jahr

In Europa werden die Gesamtkapazitäten der Spokes für das LIB-Recycling bis Ende 2024 voraussichtlich auf 300.000 Tonnen pro Jahr steigen. Dabei sind bereits Kapazitäten inkludiert, die für das Jahr angekündigt, aber noch nicht offiziell eröffnet sind. Im Vergleich zu 2023 ist das mehr als eine Verdoppelung der Kapazitäten (160.000 Tonnen bis Ende 2023), etwa allein durch die Ankündigungen von Li-Cycle in Magdeburg, Eramet in Dünkirchen und Re.Lion.Bat in Meppen mit einer kumulierten Kapazität von 100.000 Tonnen im Jahr 2024. Mit angekündigten Neuanlagen und Erweiterungen werden die Kapazitäten in Europa 2026 voraussichtlich 330.000 t/a erreichen. Bis 2030 sind insgesamt knapp 370 kt/a an Kapazitäten allein für das Pretreatment angekündigt.

Nach 2024 steigen auch die angekündigten Kapazitäten zur Wiederaufbereitung der Rohstoffe und -materialien in Hubs deutlich an. Bis 2030 entspräche die Gesamtkapazität für die Materialrückgewinnung mit 900 kt/a nahezu dem Doppelten der Pretreatment-Kapazität. Ob und wie viel dabei der Import von Schwarzmasse als Input für die Materialrückgewinnung eine Rolle spielt, ist noch unbeantwortet.

Ein Vergleich der geplanten Recycling-Kapazitäten mit den prognostizierten Rücklaufmengen an Recyclingbatterien und Produktionsausschüssen (2026 liegt die prognostizierte Rücklaufmenge bei ca. 270.000 t/a) deutet darauf hin, dass die kumulierten geplanten Kapazitäten in den kommenden Jahren über dem Bedarf liegen werden.

Asiatische Akteure holen auf

Die hohe Marktdynamik im europäischen Raum ist unter anderem durch den Aufbau von Batteriezellproduktionsstandorten getrieben. Denn besonders während der Hochlaufphase, aber auch im laufenden Betrieb fallen relevante Mengen an Produktionsausschüssen an, die zu recyceln sind. So installiert SungEel HighTech eine neue Recyclinganlage zur Verwertung von Produktionsausschüssen unweit der LG Chem Zellfertigung in Wroclaw, Polen. Eine Verlangsamung des Aufbaus von Zellproduktionskapazitäten könnte damit auch Auf- und Ausbauziele von Kapazitäten im Recycling weiter zeitlich nach hinten schieben.

Europäische Unternehmen dominieren zwar den Wettbewerb beim Batterierecycling in der EU, doch asiatische Akteure holen auf. In den vergangenen Jahren konnten europäische Unternehmen sich mit neuen Standorten und Anlagenerweiterungen gegen den ausländischen Wettbewerb behaupten. Aktuell stellen asiatische und amerikanische Unternehmen in Europa rund 40 Prozent der Spoke-Kapazitäten bereit; 2023 lag der Anteil noch bei rund 30 Prozent. SungEel aus Südkorea und das amerikanische Ecobat betreiben hier die größten Anlagen. Spannend ist, dass rund ein Viertel der europäischen Spoke-Kapazitäten von deutschen Unternehmen kommen. Bei den Hub-Kapazitäten liegt der Anteil von asiatischen und amerikanischen Unternehmen bei rund 45 Prozent der Gesamtkapazität. Auch hier betreiben SungEel und Ecobat die größten Anlagen, gefolgt von Altilium Metals und BASF als europäische Akteure auf dem Markt.
Europäische Unternehmen wie Northvolt (Hydrovolt), Altilium Metals und Librec haben ihre Kapazitätsankündigungen ausgebaut. Allein Northvolt will bis 2030 die Kapazität um mehrere 100.000 t/a steigern. Aktuelle Meldungen könnten diese und andere Erweiterungen jedoch noch einige Jahre nach hinten schieben oder reduzieren. Insgesamt sollen die derzeitigen Größenverhältnisse aber voraussichtlich bestehen bleiben, da sowohl asiatische Unternehmen in den kommenden Jahren durch Erweiterungen (SungEel in Deutschland, Polen und Ungarn) und Neubauten (Eintritt EcoNiLi in Spanien) ihre Kapazitäten erhöhen wollen wie auch europäische Unternehmen wie Glencore in Italien, BASF in Spanien oder Tozero in Deutschland.

Die Daten stammen aus den vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekten BEMA2020.

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