
Model-Based Design unterstützt die Transformation zu Software-defined Vehicles (SDVs) durch Wiederverwendung von Software, kontinuierliche Verifikation und frühzeitige Fehlererkennung sowie Stärkung interdisziplinärer Teams. (Bild: The MathWorks, Inc.)
Im Zeitalter von Software-Defined Vehicles (SDVs) erleben wir eine tiefgreifende Transformation der Automobilindustrie. Fahrzeuge entwickeln sich von mechanikzentrierten Systemen zu intelligenten, softwaredefinierten Plattformen, die sich kontinuierlich weiterentwickeln können. Die Implementierung zentraler und zonaler E/E-Architekturen, der Einsatz von Hochleistungsrechnern (HPCs) sowie serviceorientierter Softwarearchitekturen ermöglicht es Herstellern, während der gesamten Lebensdauer eines Fahrzeugs neue Funktionen und Services bereitzustellen.
Doch diese Transformation bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Traditionelle Fahrzeugentwicklung und moderne Softwareentwicklung folgen unterschiedlichen Paradigmen und sprechen unterschiedliche „Sprachen“. Dies führt zu fragmentierten Toolchains, ineffizienter Zusammenarbeit und langsameren Innovationszyklen. Ein Umdenken ist erforderlich. Der Schlüssel liegt in der Neuausrichtung von Tools, Kollaborationskultur und -philosophie.
Modellbasierte Integration als Schlüssel für Sicherheit und Effizienz
Mithilfe von Model-Based Design und Automatisierung in der Software Factory können Fahrzeugingenieure die Barrieren zwischen Systems Engineering und Softwareentwicklung für sicherheitskritische Systeme reduzieren. Sie schaffen eine einheitliche, modellbasierte Grundlage für beide Bereiche. System Engineering ist entscheidend, da es die interdisziplinäre Koordination komplexer Hard- und Softwarekomponenten ermöglicht. So lassen sich funktionale Sicherheit, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit in der Fahrzeugentwicklung sicherstellen. Die Ingenieure können frühzeitig die Interaktion zwischen Fahrzeugkomponenten und Software testen, bevor physische Prototypen existieren.
Entwicklung ohne Umwege
Model-Based Design richtet Entwicklungsprozesse nicht an statischen Dokumenten aus, sondern an ausführbaren Modellen. Diese Modelle dienen als zentrale Referenz für Anforderungen, Architektur, Algorithmen, Simulationen und Software(-Code) und schaffen damit eine durchgängige Verknüpfung bisher isolierter Entwicklungsschritte. Auf diese Weise bilden die Modelle die Grundlage für Verifikation, Validierung und Tests über alle Entwicklungsstufen hinweg. So lassen sich frühzeitig funktionale Schwächen, Architekturprobleme und Anforderungsfehler erkennen, lange bevor die erste Codezeile geschrieben wird. Die ist ein entscheidender Vorteil, um die Komplexität von SDVs zu beherrschen und die Anforderungen an funktionale Sicherheit und Zuverlässigkeit zu erfüllen.
Mit Software wie Simulink® von MathWorks lassen sich vollständige Systemmodelle entwickeln und simulieren, die sowohl die physikalischen Komponenten wie Batterie oder Lenkung als auch die Software umfassen. Neue Softwarefunktionen können direkt virtuell entwickelt und im Gesamtkontext getestet werden, bevor reale Hardware verfügbar ist.
Model-Based Design unterstützt zudem eine modulare, serviceorientierte Architektur (SOA), die für softwaredefinierte Fahrzeuge (SDVs) essenziell ist. Durch die Modellierung und Simulation sowohl signalbasierter als auch serviceorientierter Anwendungen sind Teams in der Lage, Softwaremodule zu entwickeln, die sich unabhängig voneinander aktualisieren lassen.
Gerade im Kontext von Software-Defined Vehicles bietet dieser Ansatz entscheidende Vorteile:
- die Wiederverwendung von Software über verschiedene Zielplattformen hinweg, wie HPCs, zonale Controller oder klassische Steuergeräte (ECUs).
- die Reduktion der Entwicklungszeit durch automatisierte, kontinuierliche Verifikation und Rückverfolgbarkeitsanalysen.
- die Shift-Left-Integration, die eine frühzeitige Fehlererkennung beschleunigt und die Testabdeckung verbessert.
- die Stärkung interdisziplinärer Teams, da Fachexperten auch ohne klassische Programmierkenntnisse moderne Softwareentwicklungsmethoden anwenden können.
Zukunft der Fahrzeugentwicklung
Die Automobilindustrie steht am Beginn einer neuen Ära, in der Software-Defined Vehicles die Richtung vorgeben. Um die Potenziale dieser Entwicklung vollständig auszuschöpfen, ist es unerlässlich, die Kluft zwischen klassischer Fahrzeugentwicklung und Softwareengineering zu überwinden. Model-Based Design spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem es eine gemeinsame Basis für beide Disziplinen schafft und deren Zusammenarbeit beschleunigt. Durch die Integration von Fahrzeugarchitektur und Software in einem einheitlichen, virtuellen Modell wird nicht nur die Komplexität beherrschbar, sondern auch die Effizienz gesteigert – vom Design bis zur Markteinführung.
MathWorks als Event-Partner auf dem Automobil Elektronik Kongress am 24. und 25. Juni 2025 in Ludwigsburg
Erfahren Sie mehr über die Bedeutung von Model-Based Design im Zeitalter von SDVs auf dem diesjährigen Automobil Elektronik Kongress am MathWorks-Stand 39 im Showcase-Bereich.
Am 24. Juni 2025 um 16.45 Uhr bieten die beiden MathWorks-Experten Jim Tung (Fellow) und Rashmi Gopala Rao (Industry Manager Automotive) in ihrer Keynote spannende Einblicke in die beschleunigte Entwicklung softwaredefinierter Fahrzeuge.
Abstract zur Keynote:
Die Entwicklung von Software-Defined Vehicles (SDVs) stellt Automobilunternehmen weltweit vor tiefgreifende Herausforderungen: die Entkopplung von Hard- und Software, kontinuierliche Software-Updates sowie funktionale Sicherheitsanforderungen erfordern ein grundlegendes Umdenken. Die Keynote beleuchtet vier zentrale Handlungsfelder:
- Migration der Software von Mikrocontrollern zu Mikroprozessoren und die damit verknüpfte Einführung neuer Software-Architekturen.
- Modernisierung der Toolchains, Software Factories und Entwicklungsplattformen, um mittels kontinuierlichem Testing und Virtualisierung die Qualität, Sicherheit, Kompatibilität und Funktionalität der Software zu gewährleisten.
- Einbindung von Anforderungs- und System-Engineering in agile Entwicklungsprozesse.
- Reskilling und Organisationswandel, um interdisziplinäre Teams erfolgreich zusammenzuführen.
Automobilhersteller weltweit modernisieren Prozesse und Toolchains, um mit Cloud, Virtualisierung und SysML2 effizienter zu entwickeln, Komplexität zu meistern und die SDV-Entwicklung zu beschleunigen.
Der Autor

Robert Ter Waarbeek, Principal Automotive Industry Manager bei MathWorks