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(Bild: u-blox)

Heutige Automobile ähneln immer stärker Geräten, die man aus dem Internet der Dinge (IoT) kennt: Eine Vielzahl an Sensoren sammelt interne und externe Daten. Das Fahrzeug handelt auf Grundlage der so gewonnenen Informationen und verbessert dadurch Sicherheit und Komfort der Fahrer. Drahtlose Kommunikation ist ein Grundstein dieser Automobiltechnologie. Die rasant ansteigenden Datenmengen, die Anwendungen wie erweiterte Fahrassistenzsysteme (Advanced Driver Assistance Systems, ADAS) und Fahrzeug-Infotainment-Systeme (In-Vehicle Infotainment, IVI) generieren, treiben die Entwicklung drahtloser Technologien wie Bluetooth, Wi-Fi und Mobilfunk voran. Der Einsatz von Wi-Fi hat sich in der Automobilindustrie bewährt und den steigenden Anforderungen des vernetzten Automobils trägt eine Reihe spezialisierter Releases Rechnung, von Wi-Fi 5 über Wi-Fi 6 und 6E bis zur kurz vor der Veröffentlichung stehenden Wi-Fi-7-Technologie. Bei jedem dieser Sprünge stiegen Bandbreite, Datendurchsatz und Effizienz.

Das Zeitalter des vernetzten Automobils

Das moderne Automobil erfährt durch hochentwickelte elektronische Geräte eine Transformation. Sicherheit, Komfort und Fahrerlebnis der Fahrer und Passagiere verbessern sich, während gleichzeitig ein umfangreiches Ökosystem zur Unterstützung des Fahrzeugs entsteht. Fahrzeug-Infotainment-Systeme erreichen einen immer höheren Entwicklungsstand und unterstützen Audio- und Video-Streaming-Technologie, während erweiterte Fahrassistenzsysteme Daten aus einer Vielzahl verschiedener Sensoren des Fahrzeugs auswerten.

Die drahtlose Kommunikation bildet hier das Fundament; nicht nur, um Daten innerhalb des Fahrzeugs zu übertragen, sondern auch, damit das Konzept des „Internets der Fahrzeuge“ beziehungsweise des vernetzten Automobils Realität wird. Vernetzte Automobile teilen immer mehr Daten mit der externen Umgebung, inklusive anderen Fahrern, intelligenter Straßeninfrastruktur und Fußgängern. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass autonome Fahrzeuge bis zu 80 GB Daten pro gefahrene Stunde generieren werden, wovon ein signifikanter Anteil außerhalb des Fahrzeugs übertragen wird. Hierdurch werden Ferndiagnose und vorausschauende Wartung möglich. Der rasante Anstieg vernetzter automobiler Anwendungen und Einsatzbereiche treibt den Bedarf für eine höhere drahtlose Bandbreite und höheren Datendurchsatz voran (Bild 1).

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Bild 1: Eingebaute Anwendungen wie ADAS und Infotainment benötigen drahtlose Bandbreite und erzeugen ständig mehr Daten. (Bild: u-blox)

Es wird eng im 2,4-GHz-Band

IVI-Anwendungen erfordern ebenfalls eine hohe Bandbreite. Spotify allein verwendet schon bis zu 150 MB pro Stunde und manchen Schätzungen zufolge fallen bei sehr fortgeschrittenen ADAS-Systemen bis zu 1,4 Terabyte pro Stunde an. Gleichzeitig kommt es bei OEMs zu einer Verschiebung, weg von traditionellen, einmaligen Käufen zugunsten der Monetarisierung der verbauten Technologien, beispielsweise über Dienste wie drahtlose Software- und Funktionsaktualisierungen (Over the Air, OTA) sowie im Fahrzeug angebotene, bezahlpflichtige Software. Das weltweite Gesamtvolumen vernetzter Fahrzeuge soll sich nach Hochrechnungen von 236 Millionen Einheiten im Jahr 2021 auf 863 Millionen Einheiten im Jahr 2035 nahezu vervierfachen und somit die Abhängigkeit von drahtlosen Datenübertragungen weiter steigern.

Verbundene automobile Anwendungen sind aktuell stark von Bluetooth und Wi-Fi abhängig, doch werden sich beide Technologien weiterentwickeln müssen, um Signalschwund und abfallender Leistung entgegenzuwirken. Der immer breitere Mix sich im Fahrzeug befindlicher Anwendungen, wovon jede eigene Eigenschaften und Systemanforderungen aufweist, stellt höhere Ansprüche an die Ressourcennutzung des Wi-Fi-Systems. Im 2,4-GHz-Band, das sich Bluetooth und Wi-Fi teilen, wird es langsam aber sicher ziemlich eng. Und obwohl durch die Verfügbarkeit des 5-GHz-Bandes etwas Luft geschaffen wurde, sind weitere Maßnahmen wie die Einführung des 6-GHz-Bandes als Teil von Wi-Fi 6E erforderlich, um dem Datenstau Abhilfe zu verschaffen und den Datendurchsatz zu steigern.

Keine vernetzten Automobile ohne Wi-Fi

Sowohl Bluetooth als auch Wi-Fi haben sich in der Architektur vernetzter Fahrzeuge bewährt. Dabei unterstützen Mobilfunktechnologien wie LTE und, Tendenz steigend, 5G die externen Verbindungen. Obwohl 5G signifikante Steigerungen in Bandbreite, Datendurchsatz und Latenz verspricht, gehen Analysten davon aus, dass mehr als 70 % des zukünftigen 5G-Datenverkehrs aus Kostengründen auf Wi-Fi ausgelagert werden. In der Praxis werden Lösungen mit mehreren Modi Anwendungen ermöglichen, zwischen 5G und Wi-Fi zu wechseln, je nachdem, welches Netzwerk jeweils besser geeignet ist (Abdeckung, Geschwindigkeit, Kosten etc.). Somit ließen sich in Großstädten mit vielen Automobilen und hohen Datenanforderungen parallel 5G und Wi-Fi benutzen, wohingegen in Anwendungsbereichen wie Ladestationen oder Parkplätzen Wi-Fi allein die erforderlichen Datenraten bereitstellen könnte.

Künftige Evolutionen des Wi-Fi-Standards werden größere Effizienz, ein breiteres drahtloses Spektrum und einen höheren Datendurchsatz ermöglichen. Diese Weiterentwicklungen werden, gemeinsam mit der Kosteneffizienz eines unlizenzierten Spektrums, die zentrale Position von Wi-Fi in der automobilen Architektur festigen. Dabei wird erwartet, dass der Absatz automobiler Wi-Fi-Module weiter steigt (Bild 2).

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Bild 2: Der Absatz automobiler Wi-Fi-Module soll weiter steigen und die Position von Wi-Fi in der automobilen Architektur festigen. (Bild: TSR Wireless Connectivity Market Report 2022)

2027 kommt Wi-Fi 7

Seit dem ersten Auftreten im Jahr 2011 hat sich Wi-Fi in modernen Automobilen als gängige Funktionalität etabliert. Aktuell sind die meisten Automobile mit Wi-Fi 5 (802.11ac) ausgestattet, doch setzen Automobilhersteller und OEMs immer mehr auf die Funktionen und Möglichkeiten von Wi-Fi 6 und Wi-Fi 6E, um die Fahrzeuge zukunftssicher zu machen. Laut den Analysten von ABI Research werden bis zum Jahr 2024 70 % der für automobile Anwendungen gelieferten Chipsets Wi-Fi 6 verwenden und Lieferungen von Geräten mit Wi-Fi 6E werden ebenfalls rasant ansteigen; Geräte mit Wi-Fi 7 sollen ab 2027 verfügbar sein.

Mit der Einführung von Wi-Fi 5 im Jahr 2014 ging man das Problem des Datenstaus im 2,4-GHz-Band an und wies der Technologie die weniger stark frequentierte 5-GHz-Frequenz zu. Wi-Fi 5 brachte Techniken wie Multi-Benutzer MIMO (Mu-MIMO) und OFDM-Modulation mit sich, um die Ausnutzung des Spektrums und den Datendurchsatz zu verbessern. Während die meisten vernetzten Automobile aktuell Wi-Fi 5 verwenden, bringen neue Releases erhebliche Verbesserungen mit sich, insbesondere wenn es um den Einsatz von Anwendungen mit hohem Bedarf an Bandbreite und Datendurchsatz in ausgelasteten Umgebungen geht (Bild 3).

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Bild 3: Jede neue Wi-Fi-Generation bringt zusätzliche Funktionen und Möglichkeiten mit sich. (Bild: u-blox)

Datenpakete gleichzeitig übertragen

Das im Jahr 2019 eingeführte Wi-Fi 6 (802.11AX) setzt verschiedene Techniken ein, um die Auslastung zu reduzieren, höhere Datenraten zu unterstützen und das Benutzererlebnis zu verbessern. Dabei weist es im Vergleich zu Wi-Fi 5 eine vierfach höhere spektrale Effizienz auf. Grundlage dieser Leistungsverbesserung ist das orthogonale Frequenzmultiplexverfahren mit Vielfachzugriff (orthogonal frequency-division multiple access, OFDMA), ein digitales Modulationsverfahren hoher Ordnung, das mehreren Benutzern gleichzeitige Kommunikation ermöglicht.

Im Gegensatz zum in Wi-Fi 5 verwendeten orthogonalen Frequenzmultiplexverfahren (orthogonal frequency division multiplexing, OFDM), das Datenpakete festgelegter Größe sequenziell überträgt, werden beim OFDMA mithilfe von 256 statt 64 Zwischenträgern Datenpakete variabler Größe gleichzeitig übertragen. OFDM teilt ein Paket in einem einzelnen Datenstrom einem Gerät zu, während mit den geteilten OFDMA-Kanälen ein Paket Informationen für mehrere Clients in mehreren Datenströmen gleichzeitig beinhalten kann (Bild 4).

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Bild 4: Wi-Fi 6 setzt OFDMA ein, um die spektrale Effizienz zu steigern und die Kommunikation mehrerer Benutzer gleichzeitig zu ermöglichen. (Bild: u-blox)

Vierfache Bandbreitenkapazität mit Wi-Fi 6E

Das OFDMA verbessert somit die Gerätekapazität in ausgelasteten Umgebungen und verringert den Mehrkanal-Signalschwund der hochfrequenten Trägersignale, wodurch die Robustheit von Wi-Fi 6 in Außenbereichen steigt. Sonstige wichtige Merkmale von Wi-Fi 6:

  • Die 1024-QAM-Modulation verbessert den Durchsatz um 25 % gegenüber dem von Wi-Fi 5 verwendeten 256-QAM-Modulationsverfahren, indem jedes Symbol 10 statt 8 Bit überträgt.
  • Wi-Fi 6 setzt Mehrfachbenutzer-Mehrfachein- und -ausgabe (MU-MIMO) sowohl in Uplink als auch Downlink ein, womit beidseitig der Datendurchsatz und die Kapazität steigen.
  • Target Wake Time (TWT) verringert den Energieverbrauch, indem sich Geräte untereinander abstimmen, wann und wie oft sie den Standby-Modus verlassen, um Daten zu senden oder zu empfangen. TWT ist wertvoll für Anwendungen, die stetig laufen müssen, wenn das Automobil nicht in Benutzung ist, weil sich die Belastung der Batterie verringert.
  • Die Funktion Single User Extended Range verlängert die Zeit, die ein Symbol empfangbar bleibt, von einer auf zehn Mikrosekunden. Und obwohl diese längere Übertragungszeit der Symbole die Datenrate reduziert, steigen sowohl die Qualität als auch die Zuverlässigkeit der Datenübertragung, womit sich die Übertragung über längere Strecken verbessert.

Als Weiterentwicklung von Wi-Fi 6 wurde in vielen Ländern Wi-Fi 6E eingeführt, nachdem die FCC im Jahr 2020 entschieden hat, das 6-GHz-Band freizugeben. Mit der Verwendung des 6-GHz-Bandes ermöglicht Wi-Fi 6E Anwendungen Zugriff auf ein Spektrum von bis zu 1200 MHz (je nach Land), was den Datenverkehr auf höhere Frequenzen verlegt und das 2,4-GHz-Band entlastet. Wi-Fi 6E bietet eine bis zu vierfach größere Bandbreitenkapazität, wobei Geräte in 14 zusätzlichen 80-MHz-Kanälen oder 7 zusätzlichen 160-MHz-Kanälen arbeiten können (Bild 5).

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Bild 5: Wi-Fi 6E erweitert das 6-GHz-Band um ein größeres Spektrum und bietet die vierfache Bandbreitenkapazität. (Bild: Wi-Fi Alliance)

Die neueste Entwicklung des Wi-Fi-Standards ist IEEE 802.11be - oder Wi-Fi 7. Wi-Fi 7 arbeitet in den Bändern 2,4 GHz, 5 GHz und 6 GHz und bietet einen extrem hohen Datendurchsatz. Dieser neueste Wi-Fi-Standard umfasst die folgenden Funktionen:

  • Eine Verdopplung der Kanalbreite gegenüber Wi-Fi 6 von 160 auf 320 MHz.
  • 4096-QAM-Modulation, womit jedes Symbol 12 Bits tragen kann.
  • Eine effizientere Verwendung des Kanalspektrums, indem einem einzelnen Benutzer mehrere Ressourceneinheiten zugeteilt werden können.
  • Mehrfach-Link-Betrieb, in dem Geräte gleichzeitig Daten über verschiedene Frequenzbänder und Kanäle senden und empfangen, wodurch sich der Datendurchsatz erhöht und die Latenz verkürzt.

u-blox, Wi-Fi und die Automobilindustrie

Die Wi-Fi-Technologie hat sich bereits für automobile Anwendungen bewährt und OEMs sowie Automobilhersteller müssen sich für den Entwicklungsweg mit der kürzesten Zeit zur Marktreife entscheiden. Als Spezialist für automobile Technologie bietet u-blox mit der Jody-Modulserie vereinfachte Entwicklungsmöglichkeiten für sämtliche Anwendungen, die auf Wi-Fi, Bluetooth Classic und Niedrigenergie (LE) basieren. Die vorzertifizierten Module und unterstützenden Entwicklungskits im Jody-Portfolio eignen sich bestens zum Einsatz in der automobilen Telemetrie und im IVI. Dabei unterstützen die Module eine Vielzahl von Anwendungen, darunter Telemetrie-Kontrolleinheiten (Telematics Control Units, TCU), OTA-Aktualisierungen, ECUs (Engine Control Units, Motorkontrolleinheiten) sowie die Kameraverbindung über Wi-Fi.

Peter Karlsson

Head of Technology, Product Centre Short Range Radio, u-blox

Fredrik Lonegard

Senior Product Marketing Manager bei u-blox

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