
(Bild: Melexis)
Elektrofahrzeuge (EV) nehmen eine bedeutende Position dabei ein, die aktuellen Herausforderungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit und Begrenzung der wachsenden Auswirkungen des Klimawandels anzugehen. Die Abkehr von Verbrennern ist ein dringendes Anliegen für die gesamte Automobilindustrie. Diese Umstellung bringt neue Herausforderungen mit sich, die von der Ladeinfrastruktur über die Fahrzeugleistung bis hin zu den Fertigungskosten reichen. Eine Technik, die im Mittelpunkt vieler dieser Aufgaben steht, sind neue leistungsstarke Stromsensoren. Diese müssen zuverlässig, genau und kostengünstig sein.
Welche Aufgaben haben Hall-Effekt-Sensoren in E-Fahrzeugen?
Entscheidend für diese Entwicklung sind die mit hoher Spannung betriebenen Systeme in einem EV. Die Batterien arbeiten mit bis zu 400 V, und kommende Fahrzeuge werden mit bis zu 800 V betrieben. Es muss gewährleistet sein, dass diese Batterien sicher und effizient arbeiten. Für Elektromotoren und Aktuatoren sowie für die Ladeinfrastruktur, Heizungen und Batteriemanagementsysteme (BMS) sind Stromsensoren ein wesentlicher Bestandteil des Systems. Bei einem effizienten Betrieb kommt es darauf an, dass die Sensoren genaue Rückmeldungen über den Stromfluss liefern. Der Bedarf an zuverlässigen Stromsensoren birgt für die Hersteller von Elektrofahrzeugen und Sensoren daher Herausforderungen, aber auch Chancen.
So funktionieren Stromsensoren im Batterie-Management-System
Um die Bedeutung von DC-/Gleichstromsensoren in EV-Batteriesystemen zu verstehen, kommt es auf die Funktionen des BMS an. Es spielt eine wichtige Rolle für den sicheren und effizienten Betrieb der Batterie. Dazu gehört die Interpretation von Parametern, die sicherstellen, dass die Batterie innerhalb sicherer Grenzen arbeitet, sowie der Ausgleich einzelner Zellen während der Lade- bzw. Entladezyklen (Cell-Balancing). In EVs wird das BMS verwendet, um Faktoren wie den Ladezustand (State of Charge, SoC), den Alterungszustand (State of Health, SoH) und den Funktionszustand (State of Function, SoF) zu ermitteln, die entscheidend sind, um die Sicherheit aufrechtzuerhalten, die Ladezeiten zu schätzen und die Reichweite des Fahrzeugs zu gewährleisten.

Stromsensoren stellen auch sicher, dass die EV-Batterie im optimalen Betriebszustand bleibt. Ein typischer EV-Akku hat einen idealen Betriebstemperaturbereich zwischen 15 und 35 °C. Das US Office of Energy Efficiency & Renewable Energy hat herausgefunden, dass die Reichweite eines EVs bei Minustemperaturen um bis zu 39 Prozent sinken kann. Den idealen Temperaturbereich einzuhalten sorgt für optimale Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit, während übermäßige Abweichungen zu erheblichen Leistungseinbußen und Alterung der Akku-Zellen führt. Die meisten EVs nutzen eine Kombination aus PTC-Heizungen, E-Kompressoren und Lüftern, um die thermischen Bedingungen zu steuern. Stromsensoren liefern dem BMS das notwendige Feedback, um die Wärmetauschsysteme präzise zu regeln. Sie ermöglichen auch Diagnosefunktionen, um ungewöhnliche Betriebszustände (z. B. eine übermäßige Stromaufnahme) zu erkennen.
E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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Bisher haben die Fahrzeughersteller generische Strommesslösungen genutzt, von denen viele für den Einsatz im Fahrzeug nicht optimal sind – sei es aufgrund der Genauigkeit, des Platzbedarfs oder der Kosten. Aus diesem Grund evaluieren die EV-Hersteller nun neue Stromsensoren.
Welche Herausforderungen stellen Gleichstromsensoren im EV-Bereich?
DC-Sensoren finden sich in zahlreichen aktuellen Elektroniksystemen, aber die Optimierung von EVs erfordert einen neuen Ansatz. Genauigkeit, Chipgehäuse und Kosten stehen bei den OEMs an erster Stelle. Hinzu kommen Überlegungen zu Wärmeverhalten und elektromagnetischen Störungen (EMI). Ein gut konzipierter Stromsensor muss dafür in bestehende Kommunikationsprotokolle integriert werden und effizient, mit minimalem Stromverbrauch arbeiten. Außerdem müssen ein zuverlässiger Betrieb gewährleistet sein, die Verarbeitungslast der Steuergeräte (ECUs) minimiert und sicherheitskritische Anwendungen unterstützt werden (ISO 26262).
Die vorhandenen Strommesslösungen für BMS umfassen Fluxgate-, Shunt- oder Hall-Effekt-Sensoren, die alle ihre jeweiligen Vor- und Nachteile mit sich bringen. Das Dilemma ist, dass es aufgrund der zahlreichen Gegebenheiten, die sich auf den Einsatz eines Sensors auswirken (Wärme/Kälte, EMI, physikalische Einschränkungen, Gewicht, Kosten und Datenkommunikation), schwierig ist, einen ausgewogenen Sensor zu finden, der sich in allen Kategorien bewährt. Die Fluxgate-Technik bietet zwar eine hohe Genauigkeit und die für Batterieanwendungen erforderliche Zuverlässigkeit, ist aber derzeit für einen breiten Einsatz zu teuer. Shunt-Widerstände sind eine schnell reagierende, kostengünstige Lösung. Allerdings können thermoelektrische Ungleichgewichte im System bei höheren Strömen ihre Genauigkeit beeinträchtigen. Für viele Hall-Effekt-Sensoren ist es eine Herausforderung, die erforderliche Genauigkeit für BMS-Anwendungen mit hoher Spannung zu erreichen.
Bestehende Lösungen erweisen sich als zu kostspielig (Fluxgate) oder schwierig zu integrieren. Die Fahrzeughersteller überdenken daher ihre Batteriesysteme und suchen nach neuen Lösungen für die DC-Messung. Die Entwicklung eines Produkts, das die Herausforderungen in EV-BMS erfüllt und gleichzeitig kosteneffizient ist, stellt jedoch eine knifflige technische Aufgabe dar. Nicht nur ein genauer und robuster Sensor wird benötigt. Der Fahrzeughersteller muss auch die Systemintegration in das Fahrzeug berücksichtigen – und das alles bei gleichzeitiger Kosteneffizienz. Wie können Halbleiterhersteller also die Stärken aktueller Chiptechnologien zusammenführen und gleichzeitig deren Schwächen abfedern?
Was zeichnet die neue Generation von Hall-Effekt-Sensoren aus?
Für Melexis führten diese Anforderungen zum neuen Stromsensor MLX91230 für die DC-Messung. Dieser intelligente Hall-Effekt-IVT-Sensor stellt einen komplett neuen Ansatz dar. Die Basis des ICs ist ein Embedded-Mikrocontroller (MCU), der eine vollständig digitale Infrastruktur mit Signalverarbeitung bereitstellt. Durch eine MCU mit integriertem Flash-Speicher kann das Unternehmen die Entwicklung maßgeschneiderter Software unterstützen und OEMs ermöglichen, Systemmängel wie den Beginn ferromagnetischer Sättigung, Nichtlinearitäten und Hysterese-Kompensation (magnetischer Offset) auszugleichen.
Das IVT-Design ermöglicht die Messung von drei physikalischen Größen: Strom, Spannung und Temperatur. Es umfasst auch Diagnosefunktionen wie eine On-Chip-Überstromerkennung (OCD), die eine direkte Ansteuerung der Pyro-Sicherung ermöglicht. Zur einfachen BMS-Integration werden LIN- sowie UART-Kommunikation unterstützt. Dies steigert den Wert der Sensoren für Fahrzeughersteller.
Eine hochpräzise Strommessung ist in modernen EVs unerlässlich. Bei so vielen elektronischen Systemen, die direkt mit der Leistungsfähigkeit und Sicherheit eines Fahrzeugs verknüpft sind, ist eine präzise und zuverlässige Messung entscheidend. Melexis setzt dafür eine digitale Infrastruktur mit Signalverarbeitung ein, die eine Genauigkeit von 0,5 Prozent für die thermische Drift bzw. 1 Prozent für die Gesamtgenauigkeit (Drift über der Lebensdauer und Linearitätsfehler) erreicht. Dies wurde mit Hall-Effekt-Stromsensoren bisher noch nicht erreicht und stellt eine echte Verbesserung gegenüber bestehenden Lösungen dar. Ein Bereich, in dem diese Entwicklung sofort einen Mehrwert bietet, ist die SoC-Berechnung der Batterie. Die höhere Genauigkeit ermöglicht es, die installierte Batteriekapazität besser auszunutzen, was die Reichweite des Fahrzeugs erhöht.
Welche potenitellen Anwendungsmöglichkeiten gibt es?
Bei EVs entfallen derzeit 72,5 Prozent der Entwicklungskosten des Antriebsstrangs auf das Batteriepaket, weitere 4,7 bzw. 9,8 Prozent auf die elektrischen Antriebsmodule und den Wechselrichter.

Alle drei Systeme sind auf zahlreiche DC-Sensoren angewiesen. Für Fahrzeughersteller und Tier-1-Zulieferer, die ihre Produktionskosten senken wollen, sind diese Stromsensoren sinnvoll für Verbesserungen. Solche Lösungen sind wirtschaftlicher und ermöglichen eine Leistungssteigerung (durch Batterieoptimierung, bessere Wärmeregulierung und weniger Verkabelungsaufwand). Vorhandene Sensoren auszutauschen hat so einen messbaren Effekt auf die Batterieoptimierung und die Produktionskosten.
Der Bedarf an kostengünstigen und hochpräzisen DC-Sensoren beschränkt sich nicht nur auf die Automobilindustrie. Bei Anwendungen wie nachhaltige Energiespeichersysteme für Privathaushalte und alternative Transportmittel wie E-Bikes erhöhen neueste Stromsensoren die Leistungsfähigkeit. Sei es durch optimiertes Laden bzw. Entladen, erhöhte Batterieauslastung, weniger komplexe Systeme und geringere Kosten – aktuelle DC-Sensoren verbessern die Produktleistungsfähigkeit und fördern so eine nachhaltige Infrastruktur.
Fazit
Die Fahrzeugbranche strebt nach immer mehr Effizienz. Höhere Messgenauigkeit optimiert dabei die Systeme, die durch Stromregelung gesteuert werden, wie z. B. Motoren. Auch ein besseres Wärmemanagement von Batterien erhöht die Effizienz, während intelligente MCUs und zusätzliche Messkanäle dazu beitragen, die Kabelbäume weniger komplex zu gestalten und die Anzahl der Komponenten zu verringern, was wiederum Gewicht einspart. Die Evaluierung aktueller DC-Sensoren im Vergleich zu bestehenden Lösungen zeigt, dass die Einführung neuer Technik eine echte Chance für messbare Leistungssteigerungen darstellt. (bs)