Die Zukunft der Elektromobilität erfordert auch die Integration intelligenter Lade- und Lastmanagementsysteme.

Die Zukunft der Elektromobilität erfordert auch die Integration intelligenter Lade- und Lastmanagementsysteme. (Bild: Vector Informatik)

Der Ladevorgang von Elektrofahrzeugen (EVs) kann über Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) erfolgen. AC-Ladestationen sind eine kostengünstige Lösung für das Laden zu Hause oder am Arbeitsplatz. Im Gegensatz dazu ermöglichen DC-Ladestationen ein schnelleres Laden, da sie den Strom bereits außerhalb des Fahrzeugs in Gleichstrom umwandeln. Diese Technologie ist ideal für Standorte, an denen Fahrzeuge schnell aufgeladen werden müssen, wie beispielsweise Autobahnraststätten oder öffentliche Ladeparks. Stand März 2024 gab es laut der Nationalen Leitstelle Infrastruktur in Deutschland knapp 110.000 öffentliche Ladepunkte, davon zirka 90.000 AC- und 20.000 DC-Ladepunkte. Hinzu kommen knapp eine Million geplanter sowie bereits realisierter nicht öffentlicher Ladepunkte zu Hause oder in Unternehmen, gefördert über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Um eine effiziente Nutzung dieser und künftiger Ladestationen zu gewährleisten, ist aktuelles Lademanagement unerlässlich. Zusätzliches Lastmanagement kann die Effizienz bei begrenzter Anschlussleistung steigern und Netzausbaukosten reduzieren.

Optimierte Energieverteilung durch aktuelles Lade- und Lastmanagement

Die Ladeinfrastruktur für EVs ist integraler Bestandteil eines größeren Energieökosystems, das eine Vielzahl von Verbrauchenden umfasst. Die Kapazität des Stromnetzes ist begrenzt und mit der zunehmenden Anzahl von EVs steigt der Bedarf an elektrischer Energie, besonders zu Spitzenzeiten. Die heutige Anzahl der vollelektrischen Pkws in Deutschland von etwa 1,5 Millionen soll sich laut Bundesregierung bis 2030 verzehnfachen, was etwa einem Energiebedarf von rund 44 Terrawattstunden (TWh) gleich käme.

Die Herausforderung liegt in der Komplexität der Verwaltung mehrerer Ladepunkte am gleichen Anschluss, der Integration in bestehende Umgebungen und der Notwendigkeit fortgeschrittener elektrischer Infrastruktur. Lademanagement konzentriert sich auf die Optimierung der individuellen Ladevorgänge und umfasst die Planung, wann und wie EVs geladen werden sollen sowie Kostenminimierung durch die Nutzung von Zeiträumen mit niedrigen Strompreisen.

Lastmanagement optimiert die Gesamtenergienutzung eines Standortes und gewährleistet die Netzstabilität. So verteilt statisches Lastmanagement die verfügbare Leistung gleichmäßig mit einer vorab festgelegten Obergrenze auf alle angeschlossenen EVs eines Standorts, um die Überlastung des Netzanschlusses zu verhindern. Dynamisches Lastmanagement via lokaler Hardware wie vCharM.edge von Vector Informatik verbindet sich mit der globalen Lade- und Lastmanagementsoftware vCharM und passt die Leistungsverteilung zusätzlich in Echtzeit an den Bedarf des Gebäudes an. Besonders nützlich ist dies in Szenarien mit hoher Variabilität des Leistungsbedarfs und begrenzter Anschlussleistung.

Aktuelle Software bietet weitere Funktionen, die über das einfache Laden von EVs hinausgehen. Dazu gehört das Monitoring der Ladevorgänge, um Transparenz über den Ladezustand der Fahrzeuge und die Auslastung der Ladepunkte zu erhalten. Echtzeit-Monitoring und -Berichterstattung helfen Betreibenden, Störungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Mit verschiedenen Autorisierungstechnologien wie RFID-Karten und Smartphone-Apps wird sichergestellt, dass nur berechtigte Nutzende Zugang zu den Ladestationen erhalten. Die lokale Hardware gewährleistet, dass Autorisierung und Lastmanagement auch bei Internetunterbrechungen zuverlässig funktionieren.

Für die breite Akzeptanz und Nutzung von EVs ist die gerechte und einfache Verwendung von Ladesäulen von Bedeutung. Eine demokratisierte Ladeinfrastruktur umfasst die transparente Abrechnung von Ladevorgängen und räumlich verteiltes Roaming. Um die Zugänglichkeit für alle Nutzenden zu gewährleisten, werden verschiedene Tarifmodelle angeboten, detaillierte Abrechnungen zur Verfügung gestellt und unterschiedliche Zahlungsmethoden unterstützt. Auch können Nutzende ihre EVs an verschiedenen Stationen laden, ohne mehrere Mitgliedschaften oder Verträge abschließen zu müssen, was durch standortunabhängige Backend-Systeme erleichtert wird. Die Verwendung des Open Charge Point Protocols (OCPP) und Cybersicherheitsmaßnahmen zum Schutz persönlicher Daten bilden die Grundlage dafür. OCPP als offenes und herstellerunabhängiges Kommunikationsprotokoll gewährleistet die Interoperabilität zwischen Ladestationen und ihren zentralen Managementsystemen. Es ermöglicht Funktionen wie die Authentifizierung von Nutzenden, das Starten und Stoppen von Ladevorgängen, das Erfassen von Ladedaten und die Fernwartung von Ladestationen.

Ladekosten mit Software senken

Dynamisches Lastmanagement mit einem lokalen Controller, der mit der cloudbasierten Lade- und Lastmanagementsoftware verbunden ist und in Echtzeit die Leistungsverteilung an den Bedarf des Gebäudes anpasst.
Dynamisches Lastmanagement mit einem lokalen Controller, der mit der cloudbasierten Lade- und Lastmanagementsoftware verbunden ist und in Echtzeit die Leistungsverteilung an den Bedarf des Gebäudes anpasst. (Bild: Vector Informatik)

Neben der effizienten Energieverteilung und einfachen Zugänglichkeit von DC-Ladesäulen spielt auch die Kostenoptimierung eine Rolle. Hohe Energienachfragen führen zu Lastspitzen und diese wiederum zu erhöhten Stromkosten. Kosten können beispielsweise durch intelligente Ladepläne, die sich an die Bedingungen des Stromnetzes anpassen, oder automatisiertes Laden basierend auf aktuellen Energiepreisen gesteuert werden.

Lokale Hardwaregeräte optimieren Ladevorgänge effizient, indem sie auf Änderungen im Bedarf des Gebäudes reagieren. Nutzungszeitabhängige Stromtarife oder Demand-Response-Programme, die die Nutzung von Energieüberschüssen beispielsweise während der Mittagszeit fördern, incentivieren das kostenoptimierte Laden seitens der Nutzenden. Peak Shaving (Lastspitzenkappung) reduziert dabei die Leistungsspitzen, die durch gleichzeitiges Laden aufgrund günstiger Tarife entstehen können. Auch Nachtstromtarife wirken diesem Effekt entgegen, indem sie das Laden in Zeiten geringer Nachfrage fördern.

Die künftige bidirektionale Leistungsübertragung (Bidirectional Powertransfer, kurz: BPT) hat das Potenzial, die Nutzung der Ladepunkte noch weiter zu optimieren und den Energiefluss zwischen EVs und dem Stromnetz in beide Richtungen zu ermöglichen. Energie kann dann in den Fahrzeugbatterien gespeichert werden, wenn die Nachfrage gering ist, und während der Spitzenlast ins Netz zurückgespeist werden. Die Vehicle-to-Grid-(V2G) -Technologie nutzt EVs somit als mobile und verteilte Energiespeicher.

Integration erneuerbarer Energien in Ladeprozesse

Die Nutzung erneuerbarer Energien leistet einen direkten Beitrag zur Energiewende. Die Integration von Solar- und Windenergie reduziert den Einsatz sowie die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und ist entscheidend für die Reduzierung von CO2-Emissionen sowie für die Förderung einer nachhaltigen Energieversorgung. Laut Bundesregierung wurden im ersten Quartal 2024 bereits über 58 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen und bis 2030 sollen es dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu Folge 80 Prozent sein.

Dank dynamischer Stromtarife können Ladevorgänge an die Verfügbarkeit und die Preise von Strom aus erneuerbaren Quellen angepasst werden. Aktuelles Lade- und Lastmanagement macht die entsprechende Steuerung des Bezugs aus unterschiedlichen Energiequellen während der Ladevorgänge möglich. Beispielsweise Wetterbedingungen beeinflussen die Tarife und geben Verbrauchenden Anreize, ihre EVs zu Zeiten geringer Nachfrage oder hoher Produktion erneuerbarer Energien zu laden.

Auch Energiespeichersysteme wie EVs können in das dynamische Lastmanagement integriert werden, um überschüssige erneuerbare Energie während Zeiten niedriger Nachfrage zu speichern und sie während Spitzenzeiten freizugeben. Besonders relevant ist dies, da volatile erneuerbare Energien laut dem Bundesumweltamt 2023 rund 40 Prozent der deutschen Gesamtstromerzeugung ausgemacht haben. Aus Wind und Sonne gewonnene Energie ist nicht jederzeit verfügbar und somit ergibt sich die Notwendigkeit, die gewonnene Energie zur späteren Verwendung zu speichern.

Der Bedarf für Energiespeicher liegt laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme für 2025 voraussichtlich bei 22 GWh (Gigawattstunden) und wird für 2030 auf 104 GWh, sowie für 2050 auf etwa 180 GWh prognostiziert. Die V2G-Technologie bietet somit auch in diesem Aspekt bedeutende Vorteile für die Integration erneuerbarer Energien. Besonders relevant ist das angesichts der proklamierten Ziele Deutschlands für mehr erneuerbare Energien und dem Ausstieg aus der Kernenergie.

Systemdienliche Ladeprozesse für eine stabile Energieversorgung

Systemdienliches Laden bezeichnet die intelligente Steuerung der Ladevorgänge von EVs, um die Integration erneuerbarer Energien zu fördern und die Netzstabilität zu unterstützen. Die intelligente Abschaltung von Verbrauchern bei Netzüberlastung ist ein wichtiger Mechanismus zur Sicherstellung der Netzstabilität. Lade- und Lastmanagementsysteme nutzen Echtzeitdaten, um Energieverbrauchsmuster vorherzusagen, Ladevorgänge der EVs präventiv anzupassen und das Netz stabil zu halten. Auch die hohe Standzeit der meisten EVs, beispielsweise über Nacht oder während der Arbeit, bieten ein erhebliches Potenzial für die Netzstabilisierung.

Geht man von einer durchschnittlichen Speicherkapazität von 30 kWh pro vollelektrischem Pkw aus, so beträgt die gesamte Speicherkapazität der etwa 1,5 Millionen EVs in Deutschland im April 2024 schon etwa 45 GWh. Ohne die Fahrenden der Pkws in ihrer Reichweichte und die Lebensdauer der Batterien spürbar einzuschränken, können davon zirka zehn Prozent, sprich etwa 4 GWh, für die Netzstabilisierung eingesetzt werden. Geht man für 2030 bei 15 Millionen EVs von einer auf 50 kWh erhöhten Speicherkapazität pro vollelektrischem Pkw aus, können so bis zu 75 GWh genutzt werden. Das entspricht etwa 72 Prozent des geschätzten Bedarfs.

Die lokale Hardware vCharM.edge ist in Szenarien mit hoher Variabilität des Leistungsbedarfs und begrenzter Anschlussleistung besonders nützlich.
Die lokale Hardware vCharM.edge ist in Szenarien mit hoher Variabilität des Leistungsbedarfs und begrenzter Anschlussleistung besonders nützlich. (Bild: Vector Informatik)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

Regulatorische Rahmenwerke wie die Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR) -Verordnung und der Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung setzen Richtlinien und Ziele für die Infrastrukturentwicklung und prägen die Strategien für die Implementierung systemdienlicher Ladelösungen. Die AFIR-Verordnung behandelt unter anderem den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und der Masterplan definiert den Anteil von EVs und öffentlichen Ladestationen mit Schnellladeinfrastruktur. Die Einhaltung der Regularien und gesetzlicher Rahmenbedingungen, wie der Marktreife des bidirektionalen Ladens bis 2025, ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Ausblick

Die Zukunft der Elektromobilität erfordert nicht nur den Ausbau einer zuverlässigen und effizienten Ladeinfrastruktur, sondern auch die Integration intelligenter Lade- und Lastmanagementsysteme wie zum Beispiel vCharM. Mit Technologien wie V2G und der Nutzung erneuerbarer Energien kann die Netzstabilität verbessert und die Energiewende vorangetrieben werden. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um durch innovative Lösungen und unterstützende Rahmenbedingungen die Herausforderungen zu meistern und das volle Potenzial der Elektromobilität auszuschöpfen. (neu)

Autor

Autor Peter Guse
(Bild: Vector Informatik)

Peter Guse ist als Business Development Manager verantwortlich für die strategische Geschäftsentwicklung und Identifikation neuer Geschäftsmöglichkeiten der Abteilung Offboard Electric Charging Solutions.

Autorin

Autorin Melina Danieli
(Bild: Vector Informatik)

Melina Danieli betreut als Marketing Expert die Produktlinien im Bereich E-Mobilität. Sie verantwortet die Planung sowie Durchführung von Kampagnen und ist für die Erstellung von Content zuständig.

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