Für die Kommunikation per Funk ist die Stabilität des Funkverkehrs und die Mindestreichweite der Funkstrecke ausschlaggebend.

Für die Kommunikation per Funk ist die Stabilität des Funkverkehrs und die Mindestreichweite der Funkstrecke ausschlaggebend. (Bild: @Peera - stock.adobe.com)

Für jede Art der Funkkommunikation ist die Stabilität des Funkverkehrs sowie die Mindestreichweite der Funkstrecke ausschlaggebend, sei es für systemkritische Anwendungen wie die Kommunikation im Luftverkehr oder für die Steuerung des eigenen Smart Homes von unterwegs.

Daher sollten Entwickler schon zu Beginn eines jeden Projektes, das Funkverbindungen beinhaltet, eine Leistungsberechnung durchführen. Diese zeigt auf, ob die Anforderungen an Reichweite und Stabilität mit den ausgewählten Komponenten in der Einsatzumgebung erreicht werden können oder Änderungen notwendig sind.

Grundprinzipien: maximale Reichweite und Link Budget

Jede Funkstrecke besteht aus mindestens einer Empfänger- und einer Senderseite mit deren Antenne. Die maximale Reichweite beschreibt dabei bis zu welcher Distanz der Empfänger das ausgestrahlte Signal des Senders gerade noch so empfangen kann. Dabei ist das Link Budget der Puffer des Systems und gibt die Pegeldifferenz des Signals zwischen der gewünschten und der maximalen Reichweite an. Je größer der Puffer, umso größer ist die Toleranz des Systems gegenüber unerwarteten Einflüssen.

Bild 1: Darstellung einer Funkübertragung.
Bild 1: Darstellung einer Funkübertragung. (Bild: K&K Prime)

Die maximale Reichweite ist dabei von mehreren Faktoren abhängig:

  • Der Sendeleistung PTX
  • Der Empfängerempfindlichkeit PRx
  • Den Antennengewinnen (Sende & Empfang) GAntTx & GAntRx
  • Den diversen Verlusten im Gesamtsystem Lsys

Die meisten Angaben sind in den Datenblättern der verwendeten Komponenten enthalten.

Berechnung der maximalen Reichweite und des Link Budgets

Um die maximale Reichweite zu erhalten, wird zuerst die maximal mögliche Freiraumdämpfung LFSmax bestimmt. Diese gibt die Verluste durch die Signalausbreitung im Raum bei maximaler Reichweite wieder. Die maximale Freiraumdämpfung im logarithmischen Bereich (in dB) entspricht der Summe der oben genannten Parameter:

Formel 1: LFSmax = PTX - PRx + GAntTx + GAntRx - Lsys

Anschließend wird die maximale Freiraumdämpfung in einen linearen Wert umgerechnet und daraus die maximale Reichweite Rmax des Systems (in m) bestimmt:

Formel 2: Rmax = (c0 × LFSmax) / (4π × f)

Hier ist c0 die Lichtgeschwindigkeit und f die Funkfrequenz. Es sei erwähnt, dass es diverse online Tools gibt, die diese Berechnung durchführen.

Der Link-Budget-Puffer LB ergibt sich aus der Freiraumdämpfung bei der mindestens benötigten Reichweite, die aus Formel 2 berechnet werden kann.

Formel 3: LB = PTX - PRx + GAntTx + GAntRx - Lsys - LFSmin

Allgemein ergibt eine Verdopplung der Übertragungsstrecke eine 6 dB größere Freiraumdämpfung und reduziert somit den Puffer um 6 dB.

Beispiel der Funkreichweite in einem idealen System

Als Beispiel wird die maximale Reichweite eines Bluetooth Signals mit einer Frequenz von 2.4 GHz aus dem Aufbau in Bild 2 bestimmt.

Bild 2: Vereinfachte Bluetooth-Übertragung.
Bild 2: Vereinfachte Bluetooth-Übertragung. (Bild: K&K Prime)

Die Sendeleistung ist dabei mit PTX = 20 dBm = 100mW sehr hoch und es wurde für beide Seiten eine gerichtete Patchantenne mit jeweils GAntTx/Rx = 5 dBi Spitzengewinn in Hauptabstrahlrichtung gewählt. Dabei ist dBi eine Maßeinheit für den Gewinn der Antenne im Vergleich zu einem idealen Kugelstrahler. Der Empfänger weist zudem mit PRx = -100 dBm eine hohe Sensitivität auf. Da es sich um ein vereinfachtes ideales Beispiel handelt sind die restlichen Verluste in der Übertragung Lsys = 0 dB.

Dadurch ergibt sich eine maximal mögliche Freiraumdämpfung von 130 dB, bei der das System noch in der Lage ist zu kommunizieren. Um diese Freiraumdämpfung zu erreichen, muss die Distanz zwischen den beiden Seiten für Bluetooth 32 km betragen! Wenn nun die benötigte Distanz für die Applikation zum Beispiel bei 25 m liegt, dann wäre die Freiraumdämpfung LFSmin = 68 dB. Dadurch hätte das Signal am Empfänger in 25 m Entfernung eine Stärke von -48 dBm und der Puffer am Empfänger sind 62 dB. Das stellt einen immensen Spielraum für Störeinflüsse dar.

Allerdings wurden bei diesem Beispiel Systemverluste Lsys von 0 dB angenommen und damit die Einflüsse der Umgebung sowie der Verbausituation vernachlässigt. Diese haben jedoch einen erheblichen Einfluss auf die maximale Reichweite.

Einflussfaktoren auf die Funkübertragung

Der Aufbau sowie die gewählten Komponenten von Sender und Empfänger, wie auch deren Antennenparameter und Antenneninteraktion haben dabei meistens den größten Einfluss auf die Funkübertragung.

Dadurch ändern sich in unserem Beispiel verschiedene Parameter und somit die maximale Reichweite signifikant.


Bild 3: Bluethooth Übertragung mit wesentlichen Systemeinflüssen.
Bild 3: Bluethooth Übertragung mit wesentlichen Systemeinflüssen. (Bild: K&K Prime)

Gewählte Sendeleistung

Bei der gewählten Sendeleistung gibt es neben der Auswahl des Sendemoduls auch andere Limits, wie zum Beispiel Zertifizierungs- bzw. Hardwarelimits oder die Batterielebensdauer. Daher ist es nicht immer möglich, die maximale Ausgangsleistung zu verwenden. Beispielsweise werden oftmals anstatt 20 dBm nur 0 dBm gewählt.

Empfindlichkeit des Empfängers

Bei der Auswahl des Empfängers ist seine Sensibilität bei geringer Dekodierungsfehlerquote ausschlaggebend. Zudem beeinflussen Störungen und Umgebungsrauschen die Empfängerempfindlichkeit oft erheblich. In dem Beispiel wird daher das kleinste empfangbare Signal von -100 dBm auf -85 dBm abgeändert.

Hardwareverluste sind Material- und Anpassungsverluste

Unter Hardwareverlusten versteht man Material- und Anpassverluste zwischen dem Funkmodul und der Antenne. Dies sind beispielsweise Verluste in den PCB-Leitungen oder den Anschlusskabeln sowie in den ausgewählten Komponenten, wie Durchgangsverluste von Schaltern oder Diplexern. Für das Beispiel in Bild 3 wurde daher ein Hardwareverlust von 3 dB pro Seite angenommen.

Antenneneffizienz und Anpassung

Auch die Antenne selbst kann für verschiedenartige Verluste verantwortlich sein, seien es Materialverluste oder Fehlanpassungen. Fehlanpassung bedeutet, dass die Antennenimpedanz nicht zur Systemimpedanz, meist 50 Ω, passt und dadurch ein gewisser Signalanteil zurückreflektiert wird. Meistens sind diese Verluste im Datenblatt aufgeführt und schon im Antennengewinn verrechnet. Allerdings ist oftmals die endgültige Verbau-Situation anders als der Testaufbau im Datenblatt und die Antenne wird beispielsweise durch das applikationsabhängige Gehäuse negativ beeinflusst. Dadurch entstehen zusätzliche Verluste. Außerdem ist die Effizienz der Antenne an den Bandrändern oftmals geringer, besonders bei breitbändigen Funkbändern. Der Antennengewinn in Hauptabstrahlrichtung für das Beispiel in Bild 3 wurde daher von 5 dBi auf 3 dBi reduziert. Das entspricht einem zusätzlichen Verlust von 2 dB durch die Verbausituation und zusätzliche Fehlanpassung.

Orientierung

Bei Antennen mit Richtcharakteristik, wie z. B. Patchantennen, ist auch die Orientierung ausschlaggebend. Daher sollte die Funkverbindung in Hauptabstrahlrichtung der Antennen ausgerichtet werden, da ansonsten der Antennengewinn signifikant geringer ist. Bei unbekannter Richtung ist eine omnidirektionale Antenne geeigneter, wie z. B. ein Dipol. Im Beispielaufbau würde sich durch eine geringe Abweichung von der Hauptabstrahlrichtung der Antennengewinn fiktiv um weitere 2 dB auf 1 dBi reduzieren.

Polarisation

Für die Funkkommunikation zwischen zwei Antennen ist auch die Polarisation der Antennen zueinander entscheidend. Diese ist oft von der Geometrie, Montage und Einspeisung der Antenne abhängig. Idealerweise weisen beide Antennen die gleiche Polarisation auf, beispielsweise sind beide linear senkrecht oder waagrecht polarisiert. Schlimmstenfalls sind die Antennen zueinander entgegengesetzt polarisiert, das heißt eine Antenne wäre z. B. linear waagrecht und die andere senkrecht polarisiert. Dann ist eine Funkverbindung nicht möglich und die Antennen sind sozusagen voneinander isoliert.
Bei unbekannter Polarisation oder sich bewegenden bzw. rotierenden Systemen ist daher eine Kombination aus linear und zirkular polarisierten Antennen für die Funkstrecke sinnvoll, da zirkulare Antennen mit jeder Art von linear polarisierter Antenne kommunizieren können. In dem Beispiel wird eine arbiträre Ausrichtung der Polarisation angenommen, wodurch der Antennengewinn auf der Empfangsseite auf - 7 dBi schrumpft.

Beispiel: Reichweite und Link Budget mit Systemeinflüssen

In dem Rechenbeispiel aus Bild 3 würde der Einfluss von Sender- und Empfängeraufbau sowie deren Ausrichtung zueinander die maximale Reichweite aus Beispiel 1 von 32 km auf 45 m reduzieren!
Für die fiktive benötigte Reichweite von 25 m würde sich die Signalstärke am Empfänger auf -80 dBm verringern und somit der Puffer am Empfänger auf 5 dB schrumpfen. Das bedeutet, dass noch 5 dB Puffer für Signalschwankungen oder Umgebungsstörungen zur Verfügung stehen.

Zwar wären für viele Applikation 45 m Reichweite mehr als ausreichend, jedoch ist in dem Beispiel die Umgebung noch nicht miteinbezogen.

Einflussfaktor Umgebung

Oftmals befinden wir uns nicht in einem perfekten Freiraum. Daher müssen auch die Umgebungseinflüsse innerhalb der Funkstrecke auf die Signalübertragung berücksichtigt werden.

Bild 4: Bluethooth Übertragung mit allen Einflüssen.
Bild 4: Bluethooth Übertragung mit allen Einflüssen. (Bild: K&K Prime)

Meist sind innerhalb der Übertragungsstrecke Hindernisse wie Wände, Menschen, Fahrzeuge etc. (Bild 4, Nummer 7). Diese dämpfen oder blockieren die abgestrahlten Signale zusätzlich. In dem Beispiel in Bild 4 befinden sich in der Funkstrecke Wände, die insgesamt 12 dB Dämpfung verursachen.
An vielen Flächen und Objekten wie z. B. dem Boden oder großen Metallobjekten entstehen Reflexionen, die an der Empfangsantenne zu Interferenzen führen können (Bild 4, Nummer 8). Je nachdem sind dies positive oder negative Interferenzen bis hin zur totalen Auslöschung. Für das Rechenbeispiel wurde eine negative Beeinflussung durch Bodenreflexion mit -3 dB angenommen. Insgesamt reduziert sich durch die Umgebung die maximale Reichweite nun von 45 m auf 8 m. Wenn jedoch die Mindestreichweite ohne Puffer 25 m betragen soll, fehlen 10 dB im System. Diese müssen durch Optimierung der Komponentenwahl, Sendeleistung und/oder dem Aufbau der Systeme zueinander herausgeholt werden.

Fazit

Viele Faktoren sind bei der Bestimmung der maximalen Reichweite und des Systempuffers wichtig. Neben produktspezifischen Parametern sind dies auch die Umgebungsbedingungen. Die produktspezifischen Parameter sowie der Einfluss der Einbausituation lassen sich meist gut bestimmen, ansatzweise über die Angaben in den jeweiligen Datenblättern oder besser noch durch gezielte Messungen.
Die umgebungsspezifischen Einflüsse können jedoch sehr variabel und somit schwierig zu beziffern sein. Daher ist es sinnvoll den Use-case der Applikation so gut wie möglich zu definieren und ausreichend Puffer einzuplanen. Je ungenauer die Abschätzung oder kritischer die Anwendung ist, umso höher sollte der Puffer gewählt werden. Außerdem sollten zudem Reichweitentests früh in der Projektphase stattfinden, um die Annahmen zu verifizieren und Anpassungen durchzuführen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die angesprochenen Einflüsse sowie deren typischen Werte. Zudem werden verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung angeführt.

Überblick von Einflüssen auf eine Funkübertragung
Tabelle 1: Überblick von Einflüssen auf eine Funkübertragung. (Bild: K&K Prime)

Alle beschriebenen Effekte können einen kompletten Signalabbruch nach sich ziehen. Darüber hinaus gibt es im Einzelfall weitere Phänomene, die zu beachten sind aber hier nicht aufgelistet wurden. Daher ist es spätestens bei Funkproblemen – jedoch schon während der Konzeptionierung und Prototypenphase – ratsam, alle Möglichkeiten zu betrachten und passende Untersuchungen durchzuführen. (bs)

Melanie Klenner, K&K Prime
(Bild: K&K Prime)

Melanie Klenner

HF Entwicklungsingenieurin bei K&K Prime

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