Bild 1: Die Bauelementestrukturen Superjunction-Transistor, GaN-HEMT und SiC-MOSFET im Vergleich. Alle drei Konzepte treten im 600-V-Bereich an.

Bild 1: Die Bauelementestrukturen Superjunction-Transistor, GaN-HEMT und SiC-MOSFET im Vergleich. Alle drei Konzepte treten im 600-V-Bereich an. (Bild: Infineon)

Bild 1: Die Bauelementestrukturen Superjunction-Transistor, GaN-HEMT und SiC-MOSFET im Vergleich. Alle drei Konzepte treten im 600-V-Bereich an.

Bild 1: Die Bauelementestrukturen Superjunction-Transistor, GaN-HEMT und SiC-MOSFET im Vergleich. Alle drei Konzepte treten im 600-V-Bereich an. Infineon

Mit der Einführung der Superjunction-Technologie vor 20 Jahren wurden in der Leistungselektronik erstmals Bauelemente verfügbar, die die Begrenzungen des klassischen Hochvolt-MOSFETs in Bezug auf den Einschaltwiderstand hinter sich ließen. Was damals revolutionär war, ist heute Standard. Im Produktportfolio von Infineon findet sich heute von 25 V bis 900 V kein einziger Transistor mehr, der nicht das sogenannte Silizium-Limit von Chenming Hu durchbricht. Neben dem Superjunction-Prinzip kommen in den niedrigeren Spannungsklassen auch Feldplattenkonzepte (oder shielded gate-transistor) zum Einsatz.

Diese Technologien erlauben heute den Einsatz von MOSFETs in einem sehr breiten Anwendungsspektrum von sehr kleinen Leistungen bei Ladegeräten für Mobiltelefone bis hin zur Schnellladung von Elektroautos aus dem 3-Phasen-Netz mit mehr als 100 kW. Wesentlich für den Erfolg dieser Klasse von Bauelementen war die kontinuierliche Senkung des flächenbezogenen Einschaltwiderstands, die neben der Verbesserung der Bauelement-Eigenschaften wie Leitungs- und Schaltverluste, vor allem die Kosten pro Funktion mit jeder Technologiegeneration weiter senkte.

Eck-Daten

Mit der kommerziellen Verfügbarkeit aktueller Leistungshalbleiter auf Basis von Wide-Bandgap-Materialien wie SiC und GaN stellt sich für viele Anwender die Frage, welches Bauelement in welchen Schlüsselapplikationen mit welchen Argumenten überzeugt. Im Beitrag gibt Infineon einen tiefen und umfassenden Einblick in die Bauelementekonzepte Superjunction-Transistor, SiC-MOSFET und GaN-HEMT, vergleicht die Bauelement-Eigenschaften und zeigt die jeweiligen Stärken und Schwächen auf. Als Praxis-Beispiel für den Einsatz der Bauelemente dient dabei ein Schaltnetzteil.

Dies ermöglichte den Einsatz extrem niederohmiger Leistungstransistoren in Anwendungen wie zum Beispiel AC/DC- und DC/DC-Stufen für Server- oder Telecom-Schaltnetzteile. Wirkungsgrade von mehr als 98 Prozent pro Stufe oder mehr als 96 Prozent für einphasige Schaltnetzteile (zum Beispiel 3 kW, 12 VDC) sind heute in Silizium-Technik realisierbar. Mit welchen Eigenschaften gehen daher Wide-Bandgap-Bauelemente ins Rennen, um die etablierte Silizium-Technologie zu übertrumpfen?

Vergleich der Bauelemente-Eigenschaften

Während bei Silizium-basierten Bauelementen zur Verbesserung der Leitendeigenschaften bei gegebener Spannungsfestigkeit immer die Kompensation zusätzlich eingebrachter Dotierstoffe benötigt wird, leiten GaN-HEMTs spontan aufgrund des Polarisationsunterschieds zwischen AlGaN- und GaN-Schichten. SiC-MOSFETs entsprechen dagegen im Wesentlichen dem klassischen Hochvolt-Transistor, erreichen jedoch aufgrund ihrer sehr hohen Durchbruchsfeldstärke und damit der Möglichkeit, die benötigte Spannung auf sehr geringem Raum aufzunehmen, einen theoretisch um drei Größenordnungen niedrigeren flächenspezifischen Widerstand als entsprechende Siliziumbauelemente. Die heute am Markt erhältlichen SiC- und GaN-Bauelemente in der 600-V/650- V-Klasse liegen im flächenspezifischen Widerstand um den Faktor 2 bis 4 unterhalb der besten Siliziumtechnik.

Während Superjunction-Bauelemente und SiC-MOSFETs vertikale Transistorkonzepte sind, das heißt der Laststrom fließt von der Oberfläche des Transistors vertikal zur Rückseite, sind GaN-HEMTs laterale Transistoren. Source-, Gate- und Drainanschlüsse liegen alle an der Oberfläche des Bauelements und ihre Kontaktierung erfolgt getrennt über entsprechende Metallisierungsebenen. Bild 1 zeigt die entsprechenden Bauelementstrukturen.

Bild 2: Insbesondere in der Spannungsklasse 600 V/650 V hat der SiC-MOSFET eine nahezu temperaturunabhängige Charakteristik des Einschaltwiderstands.

Bild 2: Insbesondere in der Spannungsklasse 600 V/650 V hat der SiC-MOSFET eine nahezu temperaturunabhängige Charakteristik des Einschaltwiderstands. Infineon

Ein erster anwendungsrelevanter Parameter ist die Temperaturabhängigkeit des Einschaltwiderstands. Während der Temperaturkoeffizient von Superjunction-Bauelementen durch die Streuung der Ladungsträger an quantisierten Gitterschwingungen und den Dotieratomen gegeben ist, fließt der Strom bei GaN-HEMTs durch ein im Wesentlichen undotiertes und damit störungsfreies Kristallgebiet. Daher besitzen GaN-HEMTs eine sehr hohe Beweglichkeit der Ladungsträger und zeigen eine geringere Temperaturabhängigkeit des Widerstands. Bei SiC-MOSFETs überlagern sich zwei wirksame Effekte: einerseits der Widerstandsanstieg der Driftzone mit steigender Temperatur, der jedoch durch Verbesserung der Leitendeigenschaften des MOSFET-Kanals kompensiert wird. Damit ergibt sich insbesondere in der Spannungsklasse 600 V/650 V mit ihrem relativ hohen Kanalanteil am Gesamtwiderstand eine nahezu temperaturunabhängige Charakteristik des Einschaltwiderstands. Bild 2 zeigt den entsprechenden Vergleich.

Ladungsträgerbeweglichkeit: Trench-MOSFET als Lösung

Die Eigenschaften des Kanals bestimmen auch einen zweiten relevanten Parameter, die für die Ansteuerung des Transistors benötigte Ladungsmenge und deren Spannungsniveau. Während GaN-HEMTs von Natur aus selbstleitend sind (und nur mit technologischem Aufwand selbstsperrend werden) und daher mit einer sehr geringen Ansteuerspannung einschalten, erfordert die geringe Ladungsträgerbeweglichkeit des SiC-MOS-Kanals typisch relativ hohe Ansteuerspannungen. Die Ursache der geringen Beweglichkeit liegt in der relativ hohen Defektdichte am SiC/Gateoxid-Übergang; dieser Effekt ist insbesondere bei lateralen DMOS-Konzepten sehr stark ausgeprägt. Infineon hat sich daher für den Trench-MOSFET entschieden, bei dem sich der Kanal in eine Kristallebene mit deutlich geringerer Defektdichte legen lässt.

Neben verbesserter Übertragungscharakteristik bringt dies vor allem Vorteile für die Zuverlässigkeit des Bauelements, da sich die im eingeschalteten Zustand am Gateoxid anliegende elektrische Feldstärke entsprechend senken lässt. Superjunction-Bauelemente liegen aufgrund ihres relativ langen Kanals und des Überlapps der Gateelektrode mit den mit Drain verbundenen n-Säulen am oberen Ende des Spektrums der Gateladung. Im Vergleich zu Superjunction-Transistoren besitzt der GaN-HEMT bei gleichem Widerstand mit 5,8 nC eine um mehr als eine Größenordnung geringere Gate-Ladung.

Bild 3: Die Gate-Ladung der drei Bauelementekonzepte im Vergleich. Der GaN-HEMT besitzt eine um mehr als eine Größenordnung geringene Gate-Charge als Superjunction-Transistoren.

Bild 3: Die Gate-Ladung der drei Bauelementekonzepte im Vergleich. Der GaN-HEMT besitzt eine um mehr als eine Größenordnung geringene Gate-Charge als Superjunction-Transistoren. Infineon

Auch im Vergleich mit einem SiC-MOSFET gleichen Einschaltwiderstands ist die Gate-Ladung noch um den Faktor 5 geringer. Zusätzlich sind jedoch noch Verluste im benötigten RC-Netzwerk hinzuzurechnen und für Konzepte mit bipolarer Gatestruktur ein permanenter Gateladestrom. Bei Betrachtung der gesamten Ansteuerleistung, also das Produkt aus Gate-Ladung und Ansteuerspannung, benötigt der GaN-HEMT eine um etwa eine Größenordnung geringere Leistung als ein vergleichbarer SiC-MOSFET, ein insbesondere für hochfrequente Anwendungen nicht unerheblicher Aspekt. Bild 3 zeigt eine Grafik der Gate-Ladung für die drei betrachteten Bauelementkonzepte.

Die Ausgangskapazität

Das elektrische Verhalten des Bauelements beim Schalten wird neben der Gate-Charakteristik vor allem durch den Verlauf der Ausgangskapazität bestimmt. Superjunction-Bauelemente überzeugen hier vor allem durch ihre sehr geringe Hochvolt-Ausgangskapazität und die hieraus resultierende extrem geringe gespeicherte Energie Eoss. Aufgrund der ausgeprägten Nichtlinearität der Ausgangskapazität lässt sich der Transistor nahezu verlustfrei ausschalten. Die Schaltverluste bei hartem Schalten reduzieren sich damit auf Werte nahe der in der Ausgangskapazität gespeicherten Energie Eoss. Insbesondere in Kombination mit SiC-Schottky-Dioden als Freilaufelement ist ein ideales Bauelement-Tandem verfügbar, das heute weltweit die ab 75 W für alle AC/DC-Netzteile verbindlich vorgeschriebene Power-Factor-Correction-Schaltung (PFC) dominiert.

Bild 4: Die in der Ausgangskapazität gespeicherte Energie (a) und die entsprechende Ladung der drei Konzepte im Vergleich.

Bild 4: Die in der Ausgangskapazität gespeicherte Energie (a) und die entsprechende Ladung (b) der drei Konzepte im Vergleich. Infineon

Wie der Vergleich der Eoss-Energien in Bild 4 zeigt, erreichen GaN-HEMTs das gleiche Level wie Superjunction-Bauelemente. Bereits in der nächsten Generation von Superjunction-Bauelementen liegen perspektivisch jedoch Silizium-basierende Technologien in diesem Parameter wieder vorn. Daher bringt der Einsatz von SiC-MOSFETs oder GaN-HEMTs in einpoligen Schaltungen wie der PFC-Stufe keinerlei Vorteile.

Halbbrückenbasierte Topologien

Die Stunde der Wide-Bandgap-Bauelemente schlägt dagegen in halbbrückenbasierten Topologien wie brückenlosen PFC-Schaltungen. Hier können SiC und GaN ihre Stärken voll ausspielen. Relevant ist hier einerseits die Reverse Recovery Charge Qrr, also die Ladung, die beim Rückwärtsbetrieb des Bauelements gespeichert wird, und andererseits die Ladung der Ausgangskapazität Qoss. Hier liegt der GaN-HEMT fast eine Größenordnung unterhalb des Silizium-Pendants und um knapp den Faktor 2 unterhalb des SiC-MOSFETs.

Auch im Parameter Qrr überzeugt der GaN-HEMT mit absoluter Kommutierungsfestigkeit und dem jeglichen Fehlen der bipolaren Speicherladung. Grund hierfür ist das Fehlen eines sperrenden pn-Übergangs im Bauelementkonzept, der bei Rückwärtspolung zur Injektion von Löchern in das aktive Gebiet des Transistors führen würde. GaN-HEMTs leiten in Rückwärtsrichtung, ähnlich wie ein lateraler CMOS, wenn die Drainspannung die anliegende (negative) Gatespannung (inklusive der Einsatzspannung) unterschreitet. SiC-MOSFETs besitzen zwar eine integrierte Bodydiode, die prinzipiell Speicherladung im Rückwärtsbetrieb injiziert, jedoch ist die ambipolare Ladungsträgerlebensdauer so kurz, dass an den Klemmen auch bei hoher Kommutierungsgeschwindigkeit nur ein sehr kleiner Beitrag der Speicherladung Qrr zu sehen ist. Bild 4 zeigt die in der Ausgangskapazität gespeicherte Energie Eoss und die entsprechende Ladung Qoss im Vergleich aller diskutierten Bauelementkonzepte.

Performance im Schaltnetzteil

Wir vergleichen alle Bauelementkonzepte in der bereits besprochenen PFC-Schaltung. Für die Wide-Bandgap-Vertreter bietet sich hier die sogenannte Totempole-Topologie an, bei der eine hochfrequent taktende Halbbrücke über eine Eingangsdrossel direkt am AC-Netz hängt und eine zweite mit Netzfrequenz taktende Halbbrücke mit dem Neutralleiter verbunden ist. Fällt die Wahl beim Modulationsverfahren auf trapezförmige Stromverläufe (CCM), tritt bei jedem Schaltvorgang ein harter Kommutierungsvorgang in der hochfrequent taktenden Hallbrücke auf. Hier spielen SiC und GaN jeweils ihre Stärken bezüglich Qrr und Qoss aus. Aufgrund niedrigerer Qoss-Werte und des völligen Fehlens der Reverse-Recovery-Ladung liegt der GaN-HEMT in diesem Vergleich mit etwa 0,1 bis 0,3 Prozent Wirkungsgrad vorn.

Bild 5: Aufgrund niedrigerer QOSS-Werte und des völligen Fehlens der Reverse-Recovery-Charge liegt der GaN-HEMT hier im Vergleich um etwa 0,1 bis 0,3 Prozent Wirkungsgrad vorn.

Bild 5: Aufgrund niedrigerer QOSS-Werte und des völligen Fehlens der Reverse-Recovery-Charge liegt der GaN-HEMT hier im Vergleich um etwa 0,1 bis 0,3 Prozent Wirkungsgrad vorn. Infineon

Beide Bauelementkonzepte knacken die magische Grenze von 99 Prozent Wirkungsgrad, die für Schaltnetzteile mit einem Gesamtwirkungsgrad von 98 Prozent und mehr absolut notwendig ist. Die Bauelemente wurden auf zwei unterschiedlichen Testplattformen betrieben: im Fall der SiC-Bauelemente taktet das Board mit 45 kHz, die Testplattform für die GaN-HEMTs arbeitet dagegen bei 65 kHz. Die Eingangsspannung beträgt 230 VAC (Bild 5).

Der Einsatz von Superjunction-Transistoren in dieser Topologie ist bei trapezförmiger Strommodulation aufgrund der hohen Reverse-Recovery-Verluste nicht möglich. Jedoch existiert mit der dreiecksförmigen Strommodulation mit negativen Stromanteilen (TCM) eine Alternative, die ebenfalls einen Wirkungsgrad von 99 Prozent erlaubt. Nachteilig gegenüber dem Einsatz von Wide-Bandgap-Bauelementen ist hier jedoch die erhöhte Komplexität der Ansteuerung, die sich sowohl aus der stark über Last und AC-Eingangsspannung verändernden Taktfrequenz als auch aus der Notwendigkeit einer präzisen Stromnullpunktserkennung ergibt.

Superjunction-Bauelemente kommen daher vor allem in der klassischen CCM-PFC-Stufe mit Brückengleichrichter zum Einsatz. Mit der H4-Topologie, die zwei Bauelemente in anti-serieller Schaltung aufweist, hat sich jedoch in den letzten Jahren eine Semi-Bridgeless-Topologie auf dem Markt etabliert, die in Kombination mit zwei Superjunction-Transistoren und zwei SiC-Schottky-Dioden einen Spitzenwirkungsgrad von etwa 98,8 Prozent erlaubt.

Das Rennen um den Königsweg in der Bauelementeklasse 600 V/650 V bleibt spannend. Der Beitrag diskutiert die Konzepte Superjunction-Transistor, GaN-HEMT und SiC-MOSFET und zeigt ihre Stärken und Schwächen. Die Kenntnis dieser individuellen Charakteristik in Hinblick auf die Zielanwendung wird wegweisend für den Einsatz der jeweiligen Bauelemente sein. Infineon wird alle Bauelementekonzepte unterstützen.

Dr. Gerald Deboy

Sr. Principal Power Discretes und System Engineering bei Infineon

René Mente

Application Engineering für Hochvolt-Schaltnetzteile bei Infineon

(na)

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