Bei so gut wie allen aktuellen Trends spielt Elektrotechnik die zentrale Rolle. Hier wären zum Beispiel die Elektrifizierung des Transports, IoT, Digitalisierung, Smart-X in all seinen Ausprägungen oder die mobile Kommunikation und die Umstellung auf erneuerbare Energien zu nennen. Als logische Konsequenz werden in allen Branchen die Elektronikentwicklungsabteilungen erweitert.
Eine typische Laborausstattung in der Elektronikentwicklung beinhaltet neben Labornetzteilen und Multimetern immer Oszilloskope. Damit zählt das „Oszi“ zu den am weitesten verbreiteten Messgeräten. Was macht das Oszilloskop so nützlich und wertvoll für den Elektroniker?
Das sind die Aufgaben eines Oszilloskops
Die wichtigste Aufgabe eines Oszilloskops ist das „Sichtbarmachen“ von Spannung und Strom und die Darstellung im zeitlichen Verlauf. Das Gerät kann daher als Fenster in die Welt der Elektronik betrachtet werden. Es zeigt, ob Signale vorhanden sind, wie diese aussehen, wie groß die Pegel in etwa sind und, bei mehrkanaligen Systemen, wie die zeitliche Korrelation der Signale ist.
Analoge und digitale Erfassung bei Oszilloskopen im Vergleich
In der Zeit der analogen Oszilloskope wurde das abgegriffene Signal nach seiner Verstärkung auf die vertikalen Elektroden gelegt. Das entstehende Feld lenkte den von links nach rechts wandernden Elektronenstrahl analog zum Messsignal ab, so dass der Verlauf sichtbar gemacht werden konnte. Aktuell ist die Erfassung digital und es gibt kaum mehr analoge Geräte. Die einfache Speicherung und die vielseitigen Weiterverarbeitungsmöglichkeiten der digitalisierten Daten ermöglichen eine fast unendliche Anzahl von Analysen.
Oszilloskope zählen in der Elektronik zu den meist verbreitetsten Messgeräten. Aktuell ist die Erfassung digital, was neben Vorteilen wie der einfachen Speicherung und den vielseitigen Weiterverarbeitungs-Möglichkeiten der digitalisierten Daten auch Nachteile mit sich bringt. Die wichtigsten sind die systembedingte Blindzeit und die Genauigkeit der vertikalen Erfassung. Für das bloße Sichtbarmachen von Spannung oder Strom ist eine 8-Bit-Auflösung ausreichend. Die Bereiche Medizintechnik, Leistungselektronik oder IoT profitieren allerdings sehr von einer 12-Bit-Auflösung, da hier auch sehr kleine Signale genau erfasst und analysiert werden müssen.
Die digitale Erfassung bringt aber auch Nachteile mit sich, die gerne mal vergessen werden. Die wichtigsten sind die systembedingte Blindzeit und die Genauigkeit der vertikalen Erfassung.
Blindzeit in der digitalen Erfassung
Die Blindzeit entsteht dadurch, dass während der Verarbeitung der riesigen Datenmengen keine neuen Daten erfasst beziehungsweise gespeichert werden. Das heißt, in dieser Zeit „sieht“ der Anwender nichts. Bei einem guten Mittelklasse Gerät liegt das Verhältnis zwischen der Zeit der Datenerfassung und der Blindzeit bei ungefähr 1 zu 99.
Genauigkeit der Pegelmessung
Die Genauigkeit der Pegelmessung hängt von zwei Dingen ab: Zum einen von der Nähe der Frequenz des Signals zur definierten Bandbreite des Oszilloskops und zum anderen von der vertikalen Auflösung der analog-digital Wandlung. Zum besseren Verständnis sollen nun die beiden Punkte näher erläutert werden.
Nähe der Signalfrequenz zur Bandbreite
Es besteht ein Zusammenhang zwischen der maximalen Abtastrate des AD-Wandlers und der maximalen Frequenz des abzutastenden Signals. Der Zusammenhang ist im Nyquist-Shannon Theorem definiert und besagt vereinfacht, dass ein Signal mit einer mindestens doppelt so großen Frequenz wie die Maximalfrequenz erfasst werden muss. Ist dies nicht gegeben, entsteht Aliasing, das heißt, dass eine falsche, meist wesentlich niedrigere Frequenz aus den erfassten Punkten reproduziert wird (Bild 1).
Daher limitiert ein Tiefpass am Eingang die Bandbreite des digitalen Oszilloskops. Die Bandbreite des Tiefpasses ist als 3-dB-Bandbreite definiert. Das heißt, an der Bandgrenze dämpft der Filter bereits so stark, dass die Spannung um 30 % zu klein gemessen wird. Daraus ist ersichtlich, warum die Nähe der Signalfrequenz zur Bandbreite Einfluss auf die Bestimmungsgenauigkeit der Spannung hat. Um den Einfluss des Eingangsfilters zu reduzieren, wird empfohlen, die Bandbreite mindestens doppelt so groß wie die höchste zu messende Frequenz zu wählen.
Vertikale Auflösung des D/A-Wandlers
Der Einfluss der vertikalen Auflösung des D/A-Wandlers auf die Messgenauigkeit kann einfacher abgeleitet werden. Je höher die Auflösung ist, desto kleiner sind die Stufen und desto genauer kann das Signal reproduziert werden. Dabei muss der Anwender berücksichtigten, dass die Signalkonditionierung am Eingang ebenfalls einen Einfluss hat. Hier sind das Rauschen und die Linearität der Komponenten maßgeblich. Aus der nominellen Auflösung wird die effektive Anzahl der Bits (ENOB) abgeleitet. Über die Jahre hat sich die nominelle Standardauflösung von 8 Bit etabliert. Dies ist ein Kompromiss aus Verfügbarkeit von schnellen Wandlern und Kosten.
Fehler bei 8-Bit-Wandlung
Bei einer 8-Bit-Wandlung wird der analoge Eingangsbereich in 28 = 256 Stufen eingeteilt. Mit einer vertikalen Einstellung von 200 mV/Skaleneinteilung und mit den üblichen 8 Skaleneinteilungen kann am Display ein Signal mit maximal 1,6 V angezeigt werden. Bei der Unterteilung des Bereichs in 256 Stufen ergibt das 6,25 mV pro Stufe (beziehungsweise Bit).
Wird ein Bit aufgrund von Rauschen oder Nichtlinearität falsch gesetzt, liegt der Fehler bei ca. 0,4 Prozent. In der Realität sind es aber mehr als ein Bit, die falsch gesetzt werden, so dass schnell ein Fehler von 2 Prozent entstehen kann.
Für die ursprüngliche Aufgabe eines Oszilloskops, nämlich dem „Sichtbarmachen“ von Spannung oder Strom, reichen 8-Bit aber im Grunde völlig aus.
Von 8 Bit auf 12 Bit vertikale Auflösung
Die technologische Entwicklung der letzten Jahre hat die Verfügbarkeit und Kosten für AD-Wandler mit höherer Auflösung verbessert. Damit konnten Oszilloskope mit 12 Bit auch für das mittlere Preissegment entwickelt und damit für eine größere Kundengruppe verfügbar gemacht werden. Wenn 8 Bit bislang ausreichend waren, stellt sich die Frage, für wen eine höhere vertikale Auflösung vorteilhaft ist und bei welchen Anwendungen 12 Bit ihre Stärke zeigen.
On-board DC-Versorgungen von FPGAs
Die aktuellen Entwicklungen in der Technologie führen unter anderem dazu, dass bei vielen Anwendungen die Anforderungen gestiegen sind. Die Höhe und die Toleranzen von Spannungen sind ein Beispiel. Bei on-board DC-Versorgungen von FPGAs (Field Programmable Gate Array) ist zum einen die Versorgungsspannung auf unter 0,9 V gesunken. Zusätzlich wurden die Toleranzen für Ripple und Drift immer kleiner. „Power Integrity“ Messungen werden damit wichtiger und eben auch komplexer. An dieser Stelle können Oszilloskope mit höherer vertikaler Auflösung ihre Stärken zeigen. Die Erhöhung von 8 auf 12 Bit bringt eine 16-fach höhere Auflösung und ermöglicht eine wesentlich genauere Bestimmung von Ripple und Spannungspegel.
Genaue Analyse durch Signaldetails
In Hinblick auf bandbreitenbedingte Messungenauigkeit ergibt sich, dass die Verbesserung der Pegelmessgenauigkeit von beispielsweise 2 Prozent auf 0,5 Prozent nicht der wichtigste Vorteil ist.
Die Fähigkeit Signaldetails zu sehen ist dagegen ein echter Gewinn. Damit können auftretende kleine Schwingungen auf dem Plateau von geschalteten Spannungen sehr gut detektiert und analysiert werden. Daraus sind wiederum Rückschlüsse auf die Ursache, wie zum Beispiel eine zu kleine Phasenmarge, möglich.
Bei Anwendungen in der Medizintechnik spielt, wie oben beschrieben, die Analyse von sehr kleinen Signalen eine wichtige Rolle.
Der Vorteil von High-Resolution Geräten ist wiederum die detailgenaue Erfassung und Analyse der Signale.
Messungen in der Leistungselektronik
Die Leistungselektronik hat sich ebenfalls in den letzten Jahren sehr stark verändert. Die neuen Halbleiter SiC und GaN ermöglichen schnelle Schaltzyklen und auch höhere Schaltspannungen. Die Problematik bei der Messung ist, dass der große Spannungshub dargestellt werden muss. Hierbei ist die vertikale Ablenkung auf vergleichsweise hohe V/div-Einstellung gesetzt.
Bei einer 8-Bit-Erfassung bedeutet das, dass die oben beschriebene Stufenhöhe pro Bit groß ist. Entsprechend wird eine Betrachtung der Signaldetails schwierig. Allerdings sind genau diese Details der interessante Bereich der Schaltspannung.
Für die Analyse dieser Signale und von möglicherweise auftretenden Schwingungen auf dem High- oder Low-Pegel ist ein Oszilloskop mit höherer vertikaler Auflösung extrem nützlich. Das Bild 4 zeigt den Unterschied deutlich.
Herausforderungen bei IoT-Geräten
Im Rahmen der Entwicklung von IoT-Geräten sind viele der bisher beschriebenen Herausforderungen vereint. Signale von Sensoren sind hier mitunter sehr klein, Versorgungsspannungen von µController müssen „sauber“ sein und innerhalb der Toleranzen liegen. Ungewollte Schwingungen können unter anderem auch zu Schwierigkeiten bei der EMV führen. Der Einsatz eines 12-Bit Oszilloskops unterstützt den Entwickler beim Lösen der Mess-und Entwicklungsaufgaben und hilft somit Produkte schneller an den Markt zu bringen.
Fazit
Die Weiterentwicklung des Oszilloskops vom Standard-8-Bit zum High-Resolution-Gerät ist für spezielle Anwendungen aus den Bereichen Leistungselektronik oder Medizintechnik besonders wichtig. Dort bringt die hohe Auflösung die meisten Vorteile, ermöglicht detailgenaue Einsicht und trägt damit auch zu besseren Produkten bei. Das Standard-Oszilloskop hat aber mitnichten ausgedient. Für eine riesige Anzahl an Anwendungen, bei denen es im Grunde „nur“ um die Anzeige der Kurven und nicht um exakte Pegelmessungen geht, sind 8 Bit mehr als ausreichend. Aufgrund der beschriebenen Problematik sollten Anwender sich bei der Verwendung der automatisierten Messfunktionen bezüglich der Einschränkungen im Klaren sein und nicht blind den Zahlen glauben.