Windkraftanlage Windenergie Windrad Vibrtationssensor

Windkraftanlagen stehen oftmals an abgelegenen Orten, die Wartung kann sich deshalb als schwierig erweisen. Eine frühzeitige Erkennung von Anomalien spart dann Zeit und unnötige Kosten. (Bild: Rabih Shasha)

Die relativ geringe Zuverlässigkeit von Getriebekomponenten hat bewirkt, dass ein verstärktes Augenmerk auf die Zustandsüberwachung von Zahnrädern, Lagern und Wellen gerichtet wird. Neben den Getrieben sind die Rotorblätter und der elektrische Generator diejenigen Systemkomponenten von Windkraftanlagen, die die höchsten Ausfallraten aufweisen. Es gibt eine große Zahl kommerziell verfügbarer Zustandsüberwachungs-Systeme für Windkraftanlagen, und die Mehrzahl dieser Systeme zielt auf die Getriebe-Analyse mithilfe von Vibrationssensoren.

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Bild 1: Systemkomponenten einer Windkraftanlage. Windkraftanlagen bestehen aus einer Vielzahl von Bauelementen, von denen sich ein großer Teil mit Vibrationssensoren überwachen lässt. (Bild: Analog Devices)

Das Getriebe

Das Getriebe einer Windkraftanlage überträgt mechanische Energie von der mit geringer Drehzahl laufenden Rotornabe an den mit hoher Drehzahl arbeitenden Generator. Dabei wird das Getriebe durch wechselnde Windgeschwindigkeiten unterschiedlich belastet und durch häufige Bremsvorgänge außerdem mit kurzen Impulsen konfrontiert. Das Erfassen erhöhter Vibrationssignaturen verlangt hier nach Vibrationssensoren, deren Messbereich bis 0 Hz herabreicht. Die Hochdrehzahl-Welle des Getriebes arbeitet mit typisch 3.200∙min-1 (53 Hz). Um genügend Bandbreite zu bieten, damit sich auch die Oberschwingungen von Lager- und Zahnradfehlern erfassen lassen, werden für die langsam und schnell drehenden Wellen Vibrationssensoren mit einem Frequenzbereich bis 10 kHz und darüber hinaus empfohlen.

Lagerfehler haben den bei weitem größten Anteil an Getriebeausfällen. Wenn das rückwärtige Lager der schnell drehenden Welle ausfällt, verkantet sich diese Welle, was einen ungleichmäßigen Eingriff in das Zahnrad der Zwischenwelle bewirkt. Die sich berührenden Zähne weisen bei diesem Szenario eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit auf (siehe Bild 3).

Windkraftanlage Getriebe
Bild 2: Aufbau des Getriebes. Aufgrund der Komplexität des Getriebes sind mehrere Vibrationssensoren notwendig. (Bild: Analog Devices)

Die Rotorblätter

Die Rotorblätter und die Naben-Baugruppe einer Windkraftanlage erzeugen ein auf die Hauptwelle wirkendes Drehmoment, die sich daraufhin mit geringer Drehzahl dreht. Zu den Hauptursachen für Rotorblatt-Ausfälle sind extreme Windlasten, Umgebungseinflüsse wie Vereisung oder Blitzschlag sowie Unwuchten zu rechnen. Diese Phänomene sorgen für Brüche und Risse an den Rändern sowie für Fehler im Pitch-System zur Blattverstellung. Es gibt eine begrenzte Auswahl kommerzieller Vibrationsüberwachungs-Systeme, die entweder innerhalb oder außerhalb der Blätter installiert werden. Miteinander kombiniert, werden die Ausgangssignale verschiedener Sensoren genutzt, um die Ausrichtung und Deformierung der Blattsegmente von Windkraftanlagen zu bestimmen.

Windkraftanlage Zahnrad
Bild 3: Aus verschiedenen Gründen können die Zähne an den Zahnrädern abbrechen. (Bild: Analog Devices)

Turm und Gondel

Der Turm einer Windkraftanlage stützt die Gondel und die Rotorbaugruppe. Er kann durch äußere Einwirkung beschädigt werden, was zu einer Neigung des Turms führen kann. Ein geneigter Turm aber hat zur Folge, dass die Blätter bezogen auf die Windrichtung nicht optimal ausgerichtet sind. Zum Messen der Neigung bedarf es eines Sensors, der bis 0 Hz herab einsatzfähig ist, damit die Neigung nach wie vor erfasst werden kann.

Strukturelle Schäden am Fundament können Wankbewegungen des Turms verursachen, und so ist eine Wanküberwachung tatsächlich Bestandteil einiger Zustandsüberwachungs-Systeme für Windkraftanlagen. Allerdings ist die Zahl der zur Auswahl stehenden, kommerziell verfügbaren Optionen gegenüber den Vibrationsüberwachungs-Lösungen für die Getriebe überschaubar. Die untere Grenzfrequenz reduziert sich bei der Detektierung von strukturellen Fehlern am Turm, die eine Neigung bewirken, auf 0 Hz unter statischen Bedingungen. Für die Neigungsmessung wird ein Sensor mit hoher DC-Stabilität benötigt.

Vibrationssensoren in Windkraftanlagen

Tabelle 1 bietet eine Zusammenfassung der Anforderungen an Vibrationssensoren, basierend auf den Anforderungen von Windkraftanlagen-Anwendungen. Sensoranzahl, Messrichtung und Frequenzbereich sind in der DNVGL-Zertifizierung der Zustandsüberwachungs-Spezifikation angegeben. Die Eignung für Frequenzen bis 0 Hz herab ist wichtig für die Überwachung struktureller Probleme des Turms. Aus Tabelle 1 gehen auch der Amplitudenmessbereich und die Rauschdichte, basierend auf den in diesem Artikel präsentierten Feldstudien und Messungen, hervor.

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Tabelle 1: Anforderungen an Vibrationssensoren zur Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen. (Bild: Analog Devices)

Methode zur Erfassung der Fehlerdaten

Alle großen, für die allgemeine Energieversorgung genutzten Windkraftanlagen verfügen über ein SCADA-System (Supervisory Control And Data Acquisition), das vorrangig zur Überwachung von Parametern wie etwa Temperatur und Schmierungszustand der Getriebelager, aktive Leistungsabgabe und Phasenströme dient. In einigen Referenzen wird die Verwendung von SCADA-Daten für die Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen diskutiert, um Trends zu erkennen.

Geeignete Vibrationssensoren für die Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen

Piezoelektrische Vibrationssensor-Technologien haben es bei Frequenzen von 0,3 Hz oder weniger schwer oder schaffen es gar nicht, Vibrationssignaturen zu erfassen. Mit geringer Drehzahl laufende Bauteile von Windkraftanlagen, wie etwa die Rotorblätter, das Hauptlager, der langsam laufende Teil des Getriebes oder der Turm lassen sich mit dieser Technik also nicht ordnungsgemäß überwachen. MEMS-basierte Sensoren, die ab 0 Hz einsetzbar sind, können dagegen kritische Fehler an sämtlichen Komponenten einer Windkraftanlage erfassen. Es wird somit nur eine einzige Vibrationssensor-Lösung benötigt, denn mit MEMS-Sensoren lassen sich Fehler mit Frequenzen von 0 Hz bis 10 kHz und darüber detektieren.

  • Der große g-Messbereich und die äußerst geringe Rauschdichte ermöglichen die problemlose Einhaltung der in Tabelle 1 aufgeführten Anforderungen.
  • MEMS-Sensoren enthalten eine eingebaute Selbsttest-Funktion (Built-In Self Test, BIST). Betreiber können die korrekte Funktion eines Sensors folglich kostensparend aus der Ferne prüfen. Bei piezoelektrischen Lösungen fehlt die BIST-Funktionalität dagegen.
  • Die Schnittstelle eines MEMS-Sensors bietet gegenüber piezoelektrischen Lösungen mehr Flexibilität für die Datenübertragung und Stromversorgung. Es gibt beispielsweise nur eingeschränkte Optionen, den hochohmigen Ausgang eines piezoelektrischen Sensors mit einem langen Kabel zu verbinden. Die größte Verbreitung hat das zweiadrige IEPE-Interface, das den piezoelektrischen Sensor über eine gemeinsame Stromversorgungs- und Datenleitung speist und eine zweite Masseleitung besitzt. IEPE nutzt einen an den piezoelektrischen Sensor angepassten Verstärker, um eine Kabeltreiber-Lösung mit geringer Impedanz bereitzustellen. Auch mit MEMS-Sensoren lassen sich IEPE-Interfacelösungen realisieren, jedoch bieten MEMS-Sensoren eine einfachere Möglichkeit zur Integration in bestehende Systeme, die mit Feldbussen (RS-485, CAN) oder Ethernet-basierten Netzwerken arbeiten. Es werden nämlich MEMS-Sensoren mit analogem oder digitalem Ausgang (SPI, I²C) angeboten, der sich einfach an andere Protokolle übertragen lässt.
  • MEMS-Bauelemente kommen problemlos mit den Umgebungsbedingungen von Windkraftanlagen zurecht, die üblicherweise bei Temperaturen von -40 °C bis +55 °C arbeiten müssen.
  • Verglichen mit piezoelektrischen Sensoren weisen MEMS-Sensoren ein besseres Empfindlichkeits- und Linearitätsverhalten über die Zeit auf. Die Nichtlinearität der Beschleunigungssensoren von Analog Devices etwa ist so gering, dass sie in den meisten Fällen vernachlässigt werden kann. Die typische Nichtlinearität des MEMS-Beschleunigungssensors ADXL1001 beträgt beispielsweise weniger als 0,025 Prozent über den vollen Messbereich. Akademische Studien mit standardisierten Messungen an piezoelektrischen Sensoren berichten dagegen von einer Nichtlinearität von 0,5 Prozent oder weniger.

Heute verfügbare MEMS-basierte Vibrationssensoren und Lösungen

Alle für die Vibrationsüberwachung von Windkraftanlagen geltenden Anforderungen in Bezug auf Bandbreite, Messbereich und Rauschdichte lassen sich mit den MEMS-Sensoren ADXL1002, ADXL1003, ADXL1005 und ADcmXL3021 (Tabelle 2) einfach erfüllen. Die Sensoren ADXL355 und ADXL357 eignen sich mit ihrer geringeren Bandbreite und ihrem kleineren Messbereich auch für die Überwachung des Turms, denn sie weisen eine ausgezeichnete DC-Stabilität auf, die wichtig zum Messen der Turmneigung ist, und ihr hermetisch dichtes Gehäuse ist Garant für eine hervorragende Langzeitstabilität. Über eine Lebensdauer von 10 Jahren liegt die Reproduzierbarkeit des ADXL355 innerhalb von ±3,5 mg, sodass er sich als präziser Sensor für die Neigungsmessung anbietet.

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Tabelle 2: Geeignete MEMS-Sensoren von Analog Devices für die Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen. (Bild: Analog Devices)

Lösungen für die Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen

Um die Entwicklungsarbeit der Kunden zu beschleunigen, bietet Analog Devices eine vollständige Palette an validierten Referenzdesigns, Evaluierungssystemen und plug-and-play-fähigen Maschinenzustands-Sensormodulen an. In Bild 4 ist die Evaluierungs-Plattform von Analog Devices für die drahtlose Vibrationsüberwachung zu sehen. Diese Systemlösung besteht aus mechanischen Befestigungen, Hardware, Firmware und PC-basierter Software zur zügigen Installation und Evaluierung einer einachsigen Vibrationsüberwachungs-Lösung. Das Modul lässt sich per Magnet oder Schraube direkt an einem Motor oder einer Halterung anbringen. Es kann außerdem mit weiteren Modulen in ein und demselben drahtlosen Mesh-Netzwerk kombiniert werden, um mit mehreren Sensorknoten eines Zustandsüberwachungs-Systems (Condition-based Monitoring, CbM) ein umfassenderes Bild zu liefern.

Die Hardware-Signalkette des CbM-Systems besteht aus einem einachsigen Beschleunigungssensor des Typs ADXL1002, der an der Grundplatte des Moduls angebracht ist. Das Ausgangssignal des ADXL1002 wird von einem stromsparenden Mikrocontroller des Typs ADuCM4050 eingelesen, der es puffert, in den Frequenzbereich umwandelt und an den SmartMesh IP Mote streamt. Vom SmartMesh-Chip aus wird das Ausgangssignal des ADXL1002 drahtlos an den SmartMesh IP Manager gestreamt, der wiederum mit einem PC verbunden ist, auf dem die Visualisierung und Speicherung der Daten erfolgt. Die Daten werden als Rohdaten im Zeitbereich sowie als FFT-Daten dargestellt. Zusätzlich sind zusammenfassende statistische Angaben zu den über die Zeit aufgezeichneten Daten verfügbar. Der vollständige Python®-Code der PC-seitigen GUI sowie die im Modul installierte C-Firmware stehen für die individuelle Anpassung durch den Kunden zur Verfügung.

Windkraftanlage Übertragung Vibrationssensor
Bild 4: Evaluierungs-Plattform für ein drahtloses Vibrationsüberwachungs-System. (Bild: Analog Devices)

Die leitungsgebundene CbM-Evaluierungsplattform Pioneer 1 von Analog Devices stellt eine leitungsgebundene Verbindung zu dem Drei-Achsen-Vibrationssensor ADcmXL3021 zur Verfügung. Die Hardware-Signalkette des CbM-Systems besteht in diesem Fall aus dem Drei-Achsen-Beschleunigungssensor ADcmXL3021 mit einem Hirose Flex-PCB-Steckverbinder. Dieser Anschluss mit SPI- und Interruptausgängen wird mit Interface-Leiterplatten verbunden, die die SPI-Signale in das RS-485-Format umwandeln, das die Übertragung über ein mehrere Meter langes Kabel an ein abgesetztes Master Controller Board ermöglicht. Die SPI/RS-485-Wandlung lässt sich mit isolierten oder nicht-isolierten Interface-Platinen realisieren, die mit iCoupler®-Isolationsbausteinen (ADuM5401/ADuM110N) und RS-485/RS-422-Transceivern (ADM4168E/ADM3066E) bestückt sind. Die Lösung überträgt die Versorgungsspannung und die Daten über ein Standardkabel, was die für Kabel und Steckverbinder entstehenden Kosten der abgesetzten MEMS-Sensorknoten senkt. Eine spezielle GUI-Software ermöglicht ein einfaches Konfigurieren des ADcmXL3021 und unterstützt die Erfassung von Vibrationsdaten über lange Kabel. Mit der GUI-Software lassen sich die Daten als Rohdaten im Zeitbereich sowie als FFT-Kurven visualisieren.

Zusammenfassung

Mit MEMS-basierten Sensoren lassen sich sämtliche kritische Fehler an den entscheidenden Systemkomponenten von Windkraftanlagen erfassen. Mit ihrer Bandbreite, ihrem Messbereich, ihrer DC-Stabilität und ihrer Rauschdichte bieten MEMS-Sensoren gute Voraussetzungen für die Verwendung in Windkraftanlagen.

Richard Anslow System Applications Engineer bei Analog Devices Dara O’Sullivan System Applications Manager bei Analog Devices

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