Bestückung im Produktionsprozess einer Prototypen-Platine. Hier halb-automatisiert.

Bestückung im Produktionsprozess einer Prototypen-Platine. Hier halb-automatisiert. (Bild: AITAD)

Bei einem angenommenen Maschinenstundensatz von 2500 Euro wird der Ausfall eines Roboterarms oder Industrieroboters schnell kostspielig. Deshalb gilt es, technisch bedingte Betriebsunterbrechungen zuverlässig zu vermeiden, ganz egal, ob nur ein Roboterarm oder viele hundert Industrieroboter in einem Betrieb zum Einsatz kommen. Ein Ausfall führt nicht nur zum Produktionsstillstand, sondern hat auch massive Auswirkungen auf die Lagerhaltungskosten, da viele kritische Ersatzteilkomponenten ständig vorgehalten werden müssen.

Offizielle Zahlen zu den Ausfallzeiten von Produktionsrobotern sind nur schwer zu erhalten – gleichzeitig variieren diese Zahlen sehr stark, sodass es schwerfällt, sich ein realistisches Bild der entstehenden Ausfallkosten zu machen. Es gibt jedoch zuverlässige Quellen über Ausfallkosten in der Automobilindustrie, die jährlich von hohen Millionenbeträgen pro Betrieb ausgehen. Typische Ausfallkomponenten sind Gelenke, Antriebe und Hydraulik. Schon aufgrund des natürlichen Abnutzungsprozesses werden Roboterarme mit der Zeit immer unpräziser.

Starre Wartungsmodelle sind an der Tagesordnung

Diesem Problem begegnen die Roboterhersteller mit mehr oder minder starren Wartungsmodellen. Aktuell üblich sind korrektive bzw. präventive Modelle – wobei punktuelle, korrektive Wartungen zu einer schnelleren Abnutzung führen. In der Praxis zeigt sich, dass Roboterarme oft nur dann gewartet werden, wenn sie reparaturbedürftig sind, die Betriebsstundenzahl dies verlangt oder aber die Wartung erfolgt präventiv ohne Berücksichtigung des Maschinenzustands.

Roboterhersteller reagieren auf diese Problematik mit der Etablierung von Condition-Monitoring-Systemen. Hier wird auf Grund des Ist-Zustands einer Maschine eine Vorhersage für den künftigen Wartungsbedarf getroffen. Allerdings bleiben die Prognosen vergleichsweise vage. Unter dem Strich ist Condition Monitoring nur eine verfeinerte Ausfallerkennung. Dabei ist der Weg zur vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance), die Unternehmen deutlich mehr Vorteile bringt.

Lebensdauer- und Umgebungstests fertiger Produkte in Klimakammern: hier -40 °C.
Lebensdauer- und Umgebungstests fertiger Produkte in Klimakammern: hier -40 °C. (Bild: AITAD)

Datensammeln: „Viel hilft viel“ – aber wie übertragen?

In der Praxis zeigt sich, dass es gar nicht so einfach ist, die richtigen Daten zu sammeln und für einen effektiven Nutzen der Maschine auszuwerten. Viele Roboter werden noch immer mit wenigen, teilweise nicht sehr leistungsstarken Sensoren überwacht, die nur ein Teilspektrum der Daten erfassen. Doch anders als in vielen anderen Arbeitsbereichen gilt für die Datenerhebung und datengetriebene Entwicklung das Prinzip „Viel hilft viel“ – je mehr Daten also durch die Überwachung gesammelt und ausgewertet werden können, desto zuverlässiger lassen sich Aussagen über den künftigen Maschinenzustand treffen. Ein weiteres Hindernis ist die Netzwerkkapazität. Eine tiefe Beobachtung, z. B. von Vibrationsdaten, erzeugt oft sehr große Datenmengen, die kaum noch über die Netzwerkinfrastruktur übertragbar sind.

Dieser Schwierigkeit wird heute meist mithilfe sogenannter Edge-Lösungen begegnet. Dabei versucht ein Algorithmus oder auch eine KI (Künstliche Intelligenz), den relevanten Datenanteil herauszufiltern und nur diesen an die Steuerung zu übertragen, wo dann die eigentliche Auswertung erfolgt. Dieser Vorgang erfordert aber immer noch ein hohes Maß an (kostspieliger) Rechenleistung oder Auslastung.

Einsatz von Embedded-KI in Robotern: Höhere Präzision bei geringeren Kosten

Will man die Ausfallwahrscheinlichkeit von Robotern nahe gegen Null treiben und gleichzeitig die Kosten dafür senken, bietet sich die Auswertung der Sensordaten am Ort des Entstehens an. Möglich wird dies seit wenigen Jahren durch die steigende Leistungsfähigkeit von Halbleitern, auf denen mittels hochentwickelter spezieller Verfahren eine KI „embedded“ läuft. Solche Embedded-KI-Sensoren übertragen nur noch das Auswertungsergebnis und reduzieren so das Übertragungsvolumen auf ein Minimum. Gleichzeitig steigt die Fähigkeit zur Verarbeitung auch sehr großer Datenmengen, was eine deutlich tiefere und präzisere Auswertung ermöglicht.

Setzen Hersteller und Unternehmen in Robotern Embedded-KI ein, ist nicht nur der aktuelle Abnutzungsgrad erkennbar, es werden auch präzise Vorhersagen zur Lebensdauer eines Bauteils oder auch der gesamten Maschine möglich (Predictive Maintenance). Embedded-KI bietet gegenüber der bei Edge-Lösungen eingesetzten Algorithmik den Vorteil, dass auch komplexe und sonst unvorhersehbare Ereignisse als Anomalie erkannt und entsprechende Aktionen ausgelöst werden können. So können beispielsweise untypische Vibrationsmuster einen Getriebeschaden ankündigen.

Embedded-KI hat jedoch nicht nur den Vorteil der tieferen Datenauswertung, sondern aufgrund des geringen Ressourcenbedarfs auch deutliche Kostenvorteile. Es gibt also deutlich mehr Leistung für weniger Geld. Präzise Vorhersagen zu einem bevorstehenden Ausfall machen den Service flexibler, schneller und kostengünstiger. An die Stelle von Wartungsintervallen tritt eine effiziente Servicestrategie. Damit entsteht eine Win-Win-Situation für Hersteller und Kunden.

Statt Baukasten: Kunden- und Use Case spezifische Entwicklung

Mit KI ausgestattete Sensoren werden als „Embedded-KI-Systemkomponenten“ kundenspezifisch entwickelt. Dabei geht es immer um den konkreten Use Case, für den die KI und die Sensorplatine entwickelt und später in Serie gefertigt werden. Die Systemkomponenten sind so gestaltet, dass sie die Konnektivität mit dem jeweils verwendeten Bus (z. B. CAN, LIN, etc.) herstellen. Neben der KI- und Elektronikentwicklung wird auch der jeweils passende Bauraum gesucht, wo sich die Sensoren optimal platzieren lassen. Gegenüber marktüblichen KI-Baukasten-Systemen sind derartige Systeme deutlich flexibler an die Robotereigenschaften anpassbar.

Mithilfe solcher Komponenten können beispielsweise Antriebe, Gelenke, Getriebe, Lager oder auch Hydraulikantriebe der Robotorarme mittels Vibration, Ultraschall oder Laser überwacht werden. Laser eignen sich auch dann, wenn die Anbringung des Sensors nur außerhalb des Geräts möglich ist. Komplexe Use Cases können den Einsatz mehrerer Sensoren erforderlich machen (Sensor Fusion).

Die Funktionalität der Roboter verbessern

Embedded-KI bietet noch weitere Einsatzmöglichkeiten in der Robotik: Mithilfe von Gesten- oder Sprachsteuerung ist die Kollaboration verbesserbar; Personenerkennungslösungen sorgen für mehr Sicherheit ohne Datenschutzthemen zu tangieren, da ja keine Sensordaten übertragen werden. Und auch Aktuatoren und Werkzeuge lassen sich mittels Embedded-KI verbessern. So können Greifer mit Drucksensoren in Echtzeit Rückmeldung geben, ob ein Gegenstand richtig gefasst wurde.

Das Unternehmen AITAD ist auf individuelle Embedded-KI spezialisiert und nach eigenen Angaben auf diesem Gebiet der weltweit einzige branchenübergreifende Anbieter dieser Technologie. In einem interdisziplinären Team werden KI-Modelle und Elektronik-Bauteile entwickelt, die für mehr (Ausfall) -Sicherheit sorgen. Die zentralen Kompetenzen sind Predictive Maintenance, User Interaction und Funktionale Innovationen.

Autor

Autor Viacheslav Gromov
(Bild: AITAD)

Viacheslav Gromov ist Gründer und Geschäftsführer von AITAD.

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