Elektronik-Fertigung

23. Jun. 2025 | 14:00 Uhr | von Petra Gottwald

Recyclingfähige Materialien im Kommen

Nachhaltigkeit in der Leiterplattenfertigung

Die Herstellung von Leiterplatten (PCBs) gilt als energieintensiv, ressourcenaufwendig und wenig umweltfreundlich. Doch nun könnten neue recyclingfähige Materialien und Technologien die Elektronikfertigung nachhaltig verändern.

Konventionelle Schritte der Leiterplattenherstellung – mit zahlreichen Quellen für Abfall und Emissionen.

Konventionelle Schritte der Leiterplattenherstellung – mit zahlreichen Quellen für Abfall und Emissionen. (Bild: IDTechEx)

Im Rahmen der Studie „Sustainable Electronics and Semiconductor Manufacturing 2025–2035“ hat IDTechEx zahlreiche Marktteilnehmer befragt. Das Ergebnis: Viele Materialien stehen kurz vor der Marktreife – allerdings stehen ihnen Kosten- und Leistungsbarrieren gegenüber, die noch überwunden werden müssen.

Neue Substrate statt FR4

FR4, das glasfaserverstärkte Epoxidharzlaminat, ist nach wie vor Standard in der PCB-Herstellung. Es ist kostengünstig, leicht und mechanisch stabil – aber nicht recycelbar. Zudem enthält es häufig halogenierte Flammschutzmittel, die bei der thermischen Entsorgung toxisch wirken können.

Mit Soluboard hat das britische Unternehmen Jiva ein biologisch abbaubares Substrat aus Flachs- und Jute-Fasern entwickelt. Es löst sich bei 90 °C in Wasser auf und ermöglicht so die Rückgewinnung von Bauteilen und Edelmetallen. Getestet wird das Material aktuell von Schwergewichten wie Microsoft, Infineon und Jaguar – mit Blick auf die stetig wachsenden globalen E-Schrott-Mengen.

Auch Polymilchsäure (PLA), gewonnen aus organischen Abfällen, zeigt Potenzial – insbesondere für flexible Leiterplatten. Zwar hält PLA nur Temperaturen bis etwa 140 °C stand (im Vergleich zu Polyimid oder FR4), eignet sich aber für Verfahren wie das Sintern von Silber-Tinten und steht kurz vor dem industriellen Validierungsmaßstab, unter anderem bei VTT in Finnland.

Lötzinn aus zweiter Hand

Recyclingfähig wird es auch beim Löten: Mayerhofer Elektronik war der erste Hersteller, der „Second-Life“-Zinn einsetzte. Weltweit werden rund 180.000 Tonnen Primärzinn verbraucht – mit erheblichen Umweltschäden durch Bergbau in China, Indonesien und Myanmar. Dabei ist recyceltes Zinn qualitativ gleichwertig, wie die Röntgendiffraktometrie zeigt. Nur etwa 30 % des globalen Zinns werden derzeit wiederverwertet – hier liegt also enormes Potenzial.

Auch bei Kupfer ist der Trend zur Kreislaufwirtschaft spürbar. Die deutsche Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) von 2024 gibt das Ziel aus, den Rohstoffverbrauch bis 2045 zu halbieren. Apple will ab 2035 ausschließlich recyceltes Zinn einsetzen – und andere Hersteller dürften folgen.

Kupferverschwendung und Ätzmittel: Lösungen in Sicht

Bei der konventionellen PCB-Herstellung wird eine Kupferfolie auf das Substrat laminiert, von der bis zu 70 % später wieder weggeätzt werden – mit erheblichem Materialverlust und Chemikalieneinsatz. Alternative Herstellungsverfahren wie Additive Fertigung setzen Kupfer gezielt nur dort ein, wo es gebraucht wird – scheitern bislang aber oft an hohen Umrüstungskosten.

Vergleich Soluboard zu FR 4
Vergleich Soluboard zu FR 4 (Bild: Redaktion)

Ein pragmatischerer Weg ist die Regeneration von Ätzmitteln. Hierbei werden sowohl Kupfer als auch Ätzchemikalien (z. B. Eisen- oder Kupferchlorid) rückgewonnen. Diese Systeme sind bereits kommerziell verfügbar und amortisieren sich meist nach 6 bis 18 Monaten. Technologien auf Chlorbasis oder mittels Elektrolyse verlängern die Lebensdauer der Ätzmittel signifikant – bei Eisenchlorid etwa um den Faktor drei, während der Verbrauch von Salzsäure um bis zu 95 % reduziert werden kann.

Fazit: Nachhaltigkeit ist machbar – mit technologischem Feingefühl

Recyclingfähige Materialien, biobasierte Substrate und intelligente Kreislaufprozesse bieten enorme Chancen, die Elektronikproduktion nachhaltiger zu gestalten. Die Herausforderungen bleiben – insbesondere bei thermischen Eigenschaften, Verfügbarkeit und Kosten. Doch erste industrielle Pilotprojekte zeigen: Der Wandel ist im Gange.

Mehr zu diesen Entwicklungen sowie tiefergehende Analysen finden Sie im IDTechEx-Report „Sustainable Electronics and Semiconductor Manufacturing 2025–2035: Players, Markets, Forecasts“.

Thomas Bithell

Technology Analyst bei IDTechEx, Cambridge, Großbritannien

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