
Was bringt Ingenieuren ein Coaching? Lässt sich der Erfolg eines Coachings messen und welche einprägsamen oder ungewöhnlichen Coaching-Erfahrung gibt es? Diese und mehr Fragen beantwortet Dr. Thomas Löbel von Ingenieurshelden hier im Interview. (Bild: Thomas Löbel)
Dr. Thomas Löbel begann seine Karriere relativ klassisch als Maschinenbauingenieur. Doch dann reifte die Entscheidung in ihm, sein Leben zu verändern und Coach speziell für Ingenieure zu werden. Mit Ingenieurshelden machte er sich vor wenigen Jahren selbstständig und arbeitet mittlerweile mit Unternehmen wie Bosch, MAN und BMW. Neben dem Coaching bietet er Artikel, einen Blog sowie den Podcast Heldengeschichten rund um das Thema Coaching von Ingenieuren.
Im exklusiven Interview erzählt er warum er seine Stelle als Ingenieur aufgegeben hat, wie man erkennt, dass man einen Coach braucht und warum Ingenieure Soft Skills entwickeln sollten. Er gibt zudem Einblicke, wie ein Coaching bei ihm abläuft, welche Tipps er Ingenieuren auf den Weg gibt, um ihre Soft Skills zu verbessern und welcher potenzielle Teilnehmer ein so überzogenes Ego hatte, dass die Zusammenarbeit am Ende nicht zustande gekommen ist.
Herr Löbel, erzählen Sie den Lesern doch bitte kurz: Wer sind Sie, was machen Sie und welche Ausbildung hatten Sie vor dem Job als Coach?
Ich bin Thomas Löbel, habe an der TU Dresden Maschinenbauingenieur studiert, wo ich noch ein Diplom gemacht habe, als der Bologna-Prozess gerade im Umbruch war. Während meines Studiums habe ich ein halbes Jahr in Australien gelebt und gearbeitet. Meine Diplomarbeit habe ich am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Braunschweig geschrieben. Dort habe ich auch promoviert, nachdem ich in einem großen EU-Projekt mit internationalen Partnern gearbeitet habe. Danach war ich fünf Jahre als Konstruktionsleiter bei einem Maschinenbaukonzern tätig, bevor ich mich entschieden habe, Coach zu werden.
Wie wird man Coach für Ingenieure – und warum?
Der Weg zum Coach für Ingenieure kann sehr unterschiedlich sein, aber oft beginnt er mit einer technischen Ausbildung und Berufserfahrung. Bei mir war es so, dass ich nach vielen Jahren in der Industrie und nach mehreren – zum Teil sehr lukrativen – Beförderungsangeboten gemerkt habe, dass ich etwas anderes machen möchte. Ich habe mich dann für eine Selbstständigkeit entschieden und ein Fernstudium zum Business Coach gemacht. Die Leidenschaft für persönliche Entwicklung und Kommunikation hat mich letztlich dazu gebracht, Coach zu werden. Außerdem wollte ich nicht der Vater sein, der Vater abends um 10 den schlafenden Kindern ein Küsschen auf die Stirn gibt und morgens vor Sonnenaufgang wieder verschwindet.

Ingenieure können die besten technischen Fähigkeiten haben, aber ohne Soft Skills bleiben sie oft auf der Strecke!
Wie erkennen Ingenieure oder ihre Arbeitgeber, dass ein Coaching notwendig ist?
Es gibt oft zwei Lager: Diejenigen, die ein konkretes Problem haben, und diejenigen, die sich einfach verbessern wollen. Typische Coaching-Anlässe sind Unzufriedenheit im Job, das Gefühl, nicht zu wissen, wohin man karrieremäßig möchte, oder Probleme mit der Work-Life-Balance. Auch Kommunikationsprobleme oder der Wunsch nach besseren Führungskompetenzen können Gründe sein. Manchmal geht es auch um Bewerbungsstrategien und Karriereplanung. Arbeitgeber schicken Mitarbeiter manchmal auch ins Coaching, aber die besten Ergebnisse erzielt man, wenn der Wunsch zur Veränderung aus den Personen selbst kommt.
Warum sollten gerade Ingenieure an einem Coaching für zwischenmenschliche Skills teilnehmen?
Ingenieure bekommen während ihrer Ausbildung exzellente fachliche Fähigkeiten vermittelt. Sie können etwa partielle Differentialgleichungen lösen, Eisen-Kohlenstoff-Diagramme genau einordnen oder verschiedene Phasenübergänge charakterisieren – aber zwischenmenschliche Skills werden oft vernachlässigt. Im Berufsleben spielen jedoch Präsentationsfähigkeiten, Selbstorganisation und Überzeugungskraft eine große Rolle. Das ist ein bisschen so, als würden sie aufs Spielfeld geschubst werden, ohne dass ihnen jemand vorher die Regeln erklärt hat. Ein Coaching kann Ingenieuren helfen, diese Fähigkeiten zu entwickeln und ihre fachlichen Kompetenzen optimal zur Geltung zu bringen. Es geht darum, erfolgreicher und zufriedener im Job zu werden, und das ist ohne gute zwischenmenschliche Fähigkeiten oft schwierig.
Was genau bringt Ingenieuren Ihr Coaching?
Mein Coaching hilft Ingenieuren, ihre beruflichen und persönlichen Ziele klar zu definieren und zu erreichen. Sie lernen, sich besser zu organisieren, effektiver zu kommunizieren und überzeugender aufzutreten. Außerdem hilft das Coaching, Karriereziele zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um diese zu erreichen. Da herrscht bei vielen Nachholbedarf. Viele meiner Klienten berichten von beruflichen Aufstiegen, Gehaltssteigerungen und einer besseren Work-Life-Balance. Das Coaching löst oft was in den Teilnehmer aus und dient dabei als Katalysator für ihre persönliche und berufliche Entwicklung.

Eine gewisse persönliche Reife macht die Coaching-Arbeit effektiver.
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Ingenieure sind oft zahlengetrieben: Lässt sich der Erfolg eines Coachings messen?
Definitiv, denn zu Beginn der Zusammenarbeit definieren ich mit den Teilnehmer klare Ziele, die als Indikatoren für den Erfolg dienen. Diese Ziele können vielfältig sein: eine Beförderung, eine Gehaltserhöhung oder eine Verbesserung der Work-Life-Balance. Der Fortschritt von Punkt A zu Punkt B wird regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden. Häufig sehen meine Klienten innerhalb eines Jahres deutliche Fortschritte, sei es in Form von beruflichen Veränderungen oder persönlichem Wachstum.
Welche typischen Herausforderungen begegnen Ihnen beim Coaching?
Ingenieure sind oft sehr sachlich, rational und analytisch geprägt. Manche auch emotional distanziert. Das gilt aber nicht nur für Ingenieure sondern eher den MINT-Bereich allgemein. Aber diese Eigenschaften können manchmal die Entwicklung zwischenmenschlicher Fähigkeiten erschweren. Eine Herausforderung besteht darin, ihnen die Bedeutung dieser Soft Skills klarzumachen und sie dazu zu motivieren, an diesen Bereichen zu arbeiten. Es ist auch wichtig, ihnen zu zeigen, wie sie ihre fachlichen Kompetenzen besser in beruflichen Erfolg ummünzen können, indem sie ihre Kommunikations- und Führungsfähigkeiten verbessern. Natürlich bringt aber jeder seine individuellen Themen mit.
Coachen Sie eher Männer oder Frauen und richten Sie Ihr Coaching nach dem Geschlecht aus?
Ich coache sowohl Männer als auch Frauen, wobei der Anteil der Frauen in meinem Coaching etwas geringer ist. Das liegt aber schlicht an der allgemeinen Verteilung in den Ingenieurberufen, bei denen Frauen unterrepräsentiert sind. Das Coaching selbst richte ich jedoch nicht speziell nach dem Geschlecht aus. Jeder Klient erhält eine individuelle Betreuung, die auf seine spezifischen Bedürfnisse und Ziele zugeschnitten ist. Es geht darum, die persönlichen und beruflichen Herausforderungen der Einzelnen zu adressieren – unabhängig vom Geschlecht.

In der sich schnell verändernden Arbeitswelt von heute müssen Ingenieure ständig dazulernen – sonst bleiben sie auf der Strecke!.
Wie wirkt sich die zunehmende Digitalisierung und Technologisierung auf die Anforderungen an Ingenieure und damit auch auf das Coaching aus?
Die Digitalisierung und Technologisierung erhöhen die Anforderungen an Ingenieure erheblich. Sie müssen ständig neue Technologien erlernen und sich an veränderte Arbeitsmethoden anpassen. Das erlebe ich aktuell beim Thema KI, dass es die Leute extrem beschäftigt. Denn KI hat die Arbeitswelt ganz klar schon tief durchdrungen. Viele suche hier jetzt Orientierung und sind verunsichert: „wie kann ich ChatGPT im Corporate Kontext einsetzen? Welche Daten darf ich verwenden?“
Im Coaching geht es auch oft um Themen wie agiles Arbeiten, interkulturelle Kompetenzen und lebenslanges Lernen. Ingenieure müssen kreativ und innovativ sein und bereit, sich kontinuierlich weiterzubilden. Diese neuen Anforderungen spiegeln sich auch im Coaching wider, wo wir an diesen Fähigkeiten gezielt arbeiten.
Haben Sie eine besonders einprägsame oder ungewöhnliche Coaching-Erfahrung?
Eine besonders einprägsame Erfahrung war ein potenzieller Klient, der das Ziel hatte, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG zu werden. Seine Erwartungen waren hier sehr hoch, denn er hätte in den letzten zwei Jahren bereits Hunderttausende verloren, weil er nicht im C-Level unterwegs sei. Dabei hatte er eine sehr überhebliche Haltung. Solche extremen Ansprüche sind zwar selten, zeigen aber die Vielfalt der Persönlichkeiten und Ziele, mit denen ich arbeite. In solchen Fällen ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen und klare Kommunikationswege zu schaffen. Letztendlich haben wir die Zusammenarbeit nicht begonnen, da die Vorstellungen zu weit auseinander lagen.
Gab es Teilnehmer, die das Coaching abgebrochen haben? Falls ja, kennen Sie die Gründe?
Es kommt selten vor, dass Teilnehmer das Coaching abbrechen, da ich im Vorfeld eine ausführliche Prüfung durchführe, um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten passt. In wenigen Fällen kam es zu Abbrüchen aufgrund unvorhergesehener Erkrankungen oder weil Teilnehmer kostenlose interne Coaching-Angebote ihres Arbeitgebers vorzogen. Eine gründliche Auftragsklärung und Zielsetzung zu Beginn der Zusammenarbeit minimieren jedoch das Risiko eines Abbruchs.
Welche Tipps würden Sie Ingenieuren geben, die ihre Soft Skills unabhängig von einem Coaching verbessern möchten?
Ingenieuren, die ihre Soft Skills unabhängig von einem Coaching verbessern möchten, empfehle ich, mit Selbstreflexion zu beginnen: Analysiere dein eigenes Verhalten und identifiziere dabei sowohl deine Stärken als auch Schwächen. Setze dir klare Ziele für deine persönliche und berufliche Entwicklung. Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Einholen von Feedback. Bitte Kollegen, Freunde oder Mentoren um ehrliches Feedback zu deinem Auftreten und deiner Kommunikation. Dieses Feedback ist wertvoll, um gezielt an den Schwächen zu arbeiten. Außerdem ist es entscheidend, sich kontinuierlich Wissen anzueignen. Nutze Netzwerke, Bücher, Podcasts und Onlinekurse, um dich weiterzubilden. Es gibt viele Ressourcen, die dir helfen können, dich zu verbessern.
Welche neuen Fähigkeiten und Kompetenzen sollten Ingenieure Ihrer Meinung nach in der Zukunft entwickeln?
Ingenieure sollten in der Zukunft folgende Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln:
- Agiles Arbeiten und Projektmanagement: Die Fähigkeit, in agilen Teams zu arbeiten und Methoden wie Scrum oder Design Thinking zu beherrschen, wird immer wichtiger.
- Interkulturelle Kompetenzen: Da viele Unternehmen international agieren, sind Kenntnisse über verschiedene Kulturen und die Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation entscheidend.
- Kontinuierliche Lernbereitschaft: Ingenieure müssen bereit sein, sich ständig weiterzubilden und neue Technologien und Arbeitsmethoden zu erlernen. Lebenslanges Lernen ist essenziell, um in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt erfolgreich zu sein.