Dr.-Ing. Nicole Ahner, Martin ProbstDr.-Ing. Nicole Ahner, MartinProbst
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Mikroelektronik ist die Basis für eine Vielzahl verschiedener Anwendungen und ist dementsprechnd stark nachgefragt. Auch die Corona-Pandemie konnte dem keinen Abbruch tun.(Bild: Alexandre Debiève @ Unsplash)
Der ZVEI hat den Mikroelektronik-Markt 2020/21 analysiert: Während China und Europa schwächeln, wächst der Markt in Amerika. Als Wachstumstreiber gelten etwa autonomes Fahren und Edge-Computing. Hier haben wir die wichtigsten Infos zusammengefasst.
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Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen ging der Umsatz am Mikroelektronik-Markt 2020 nicht zurück. Vielmehr verhielt sich der Markt antizyklisch. „Der weltweite Mikroelektronikmarkt ist während der Corona-Pandemie 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 6,8 Prozent auf 440 Milliarden US-Dollar gewachsen“, erklärt Dr. Sven Baumann, ZVEI-Experte für Mikroelektronik, Sensorik und Aktorik, im Rahmen des ZVEI-Pressegesprächs zur Vorstellung der aktuellen ZVEI-Mikroelektronik-Trendanalyse. Zurückzuführen sei das vor allem auf die starke Nachfrage nach Elektronik für das Home-Office und Unterhaltungselektronik. Doch auch das autonome und elektrische Fahren, Edge Processing und die 5G-Kommunikationsinfrastruktur seien 2020 starke Wachstumstreiber gewesen. Nach Einschätzung des ZVEI werde sich diese Entwicklung wohl noch fortsetzen, denn auch der digitale Wandel und die grüne Transformation erhöhten die Nachfrage nach Halbleitern langfristig.
Trendanalyse Mikroelektronik des ZVEI
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2017 und 2018 zeigte der weltweite Halbleitermarkt ein überdurchschnittliches Wachstum, das vor allem von Speichern getrieben war. 2019 normalisierte sich die Lage wieder. Trotz (oder wegen?) der Corona-Krise wuchs der Halbleitermarkt 2020 um 6,8 Prozent – ganz im Gegensatz zum starken Einbruch der Weltwirtschaft.
2020 betrug das Marktvolumen des Welthalbleitermarkts 440 Milliarden US-Dollar, ein Wachstum von 6,8 Prozent gegenüber 2019. Pro Kopf der Weltbevölkerung sind das 57 US-Dollar. 1995 waren es noch 25 US-Dollar pro Kopf. Interpretiert in Stückzahlen sind dies 2020 41 ICs pro Kopf, 1995 waren es noch 8 ICs.
Die einzelnen Halbleitertypen wachsen ganz unterschiedlich. Speicher und Logik haben den Micro-Bereich als größtes Segment abgelöst. Sensoren zeigen ein starkes Wachstum, allerdings ausgehend von einer eher kleinen Basis. Ein überdurchschnittliches Wachstum ist im Bereich Optoelektronik zu beobachten.
Die Corona-Pandemie hat die Korrelation zwischen Weltwirtschaft und Mikroelektronik gehörig durcheinandergewirbelt. Bis zum Beginn der Pandemie korrelierte die Entwicklung beider recht gut, wobei die Mikroelektronik dem Welt-BIP um sechs Wochen vorauseilte. 2020 verzeichnete das Welt-BIP den größten Einbruch seit 1945, der Mikroelektronik-Umsatz ist jedoch deutlich gestiegen.
Auf die Regionen heruntergebrochen ging der Marktanteil Chinas an der Mikroelektronik 2020 im Vergleich zu 2019 erstmals zurück, China bleibt aber der größte Markt für Mikroelektronik. Leicht rückläufig sind auch die Anteile von Asien/Pazifik (ohne China), deutlicher ist der Rückgang zu sehen bei Japan und Europa und damit auch in Deutschland. Einzig der Anteil Amerikas stieg deutlich.
Rück- und Ausblick 2015, 2020 und 2025: Asiens Anteil (inkl. China) am Mikroelektronikmarkt wird 2025 bei 372 Milliarden US-Dollar liegen. Dies sind 62 Prozent des Marktes, wobei China 34 Prozent halten wird. Amerika wird nahezu unverändert bei 21 bis 22 Prozent bleiben (129 Milliarden US-Dollar) und Europas und Japans Anteil wird mit 52 bzw. 48 Milliarden US-Dollar erwartet (9 bzw. 8 Prozent).
Aus Sicht des Pro-Kopf-Verbrauches nach Ländern zeigt sich, dass dieser in den USA wesentlich deutlicher wächst als in Deutschland. 2013 lagen beide noch beinahe gleichauf. Der Einbruch 2020 in Deutschland wurde im Wesentlichen durch den Corona-bedingten Einbruch in der Kfz-Industrie verursacht.
Entwicklung der Halbleiter-Marktsegmente in Europa seit 2000: Der Bereich der Automobil-Elektronik ist in Europa seit 2000 um 214 Prozent gewachsen. Weltweit lag das Wachstum bei 337 Prozent. Auch der Industriebereich legte in Europa um 114 Prozent zu. Alle anderen Segmente sanken um 39 bis 60 Prozent.
Ausgehend vom Firmensitz dominieren die Halbleiterhersteller aus den USA weiterhin das Geschehen am Weltmarkt, wobei Südkorea und Taiwan aber auch eine Zunahme zeigten. Mit der EU als Einheit sind Firmen aus nur sechs Ländern maßgeblich an der Halbleiterherstellung beteiligt, ihr Anteil beträgt nahezu 100 Prozent der Weltproduktion.
Betrachtet man die Lage aus Sicht des Standorts der Wafer-Fabs ist China seit 2019 auf dem ersten Platz, gefolgt von Taiwan. Drei Viertel der gesamten Produktionskapazität liegt damit in Asien (einschließlich Japan). Die EU liegt mit 7,9 Prozent auf Rang 6, Deutschland mit 2,8 Prozent auf Rang 7. Die Top-7-Länder haben einen Anteil von 97 Prozent der Weltproduktionskapazität.
Aufgeschlüsselt nach Halbleiter-Technologie zeigt sich, dass die Hälfte der Kapaziät für Leading Edge, also Technologien <18 nm, in Taiwan und Südkorea angesiedelt ist. Europas Anteil an größeren Strukturabmessungen ist deutlich höher als der Gesamtanteil. Der Grund dafür ist Europas Stärke im Bereich diskreter Leistungshalbleiter und Smart-Power-ICs. Die fehlenden 12 Prozent für <10 nm liegen weitgehend in Intel-Fabs in Israel.
In der Automobil-Elektronik ist nach einem extremen Einbruch in 2020 wieder ein weltweites Wachstum in allen Regionen zu sehen. Europa hat die Position als größter Kfz-Produzent der Welt an China endgültig abgegeben – das alles aus Sicht des Ortes der Fabrik.
Anders sieht es aus, wenn man den Firmensitz der Hersteller betrachtet. Auch 2025 wird noch fast ein Drittel aller Autos von europäischen Firmen kommen, davon fast die Hälfte von deutschen Firmen. Es ist aber auch ein großes Wachstum bei asiatischen Unternehmen zu sehen.
Der Mikroelektronik-Verbrauch für Kfz nach Regionen/Ländern: Nach dem starken Rückgang in den Jahren 2019 und 2020 ist mit einem hohen Wachstum in den nächsten Jahren zu rechnen. Getrieben ist dies durch die Zunahme der Fahrer-Assistenz-Systeme bis hin zum autonomen Fahren. Die Automobilelektronik wird dominiert von Europa und zunehmend auch von China.
Wertanteil der Halbleiter pro Kfz im weltweiten Mittel: Der Wert der Mikroelektronik pro Kraftfahrzeug wächst von 206 US-Dollar in 2000 auf über 744 US-Dollar in 2020 auf 1050 US-Dollar bis 2025. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht, denn Fahrer-Assistenz-Systeme und Car-to-Car-Kommunikation sind weiter auf dem Vormarsch.
Mikroelektronik-Markt wächst in den USA, rückläufig in China und Europa
Im regionalen Vergleich konnte vor allem Amerika wachsen und seinen Marktanteil von 19,1 auf 21,7 Prozent steigern. Dagegen verringerte sich der Marktanteil Chinas, allerdings bleibt das Land mit einem Anteil von 34,4 Prozent der größte Markt für Mikroelektronik. Der europäische Mikroelektronikmarkt gab zwar im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent nach (auf 8,5 %), zählt jedoch neben Amerika, der Region Asien-Pazifik und Japan weiterhin zu den vier wichtigsten Halbleitermärkten der Welt.
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Das sind die Anforderungen an Europas Mikroelektronik
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Damit Europa auch in Zukunft ein innovativer und erfolgreicher Mikroelektronikstandort bleibt, fordert der ZVEI, dass Forschung, Entwicklung und Produktion in Deutschland und Europa erhalten und ausgebaut werden. Bei Investitionen in den Produktionsstandort Europa ist wichtig, dass sie sowohl in kleine als auch große Strukturgrößen erfolgen. „Große Strukturgrößen beispielsweise sind unter anderem für die Leistungselektronik und Sensorik von hoher Bedeutung und stellen in ihrer spezifischen Applikation eine Leading-Edge-Technologie dar“, erläutert Baumann. Laut Baumann geht es bei Schlüsseltechnologien wie der Mikroelektronik vor allem darum, in Europa weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben und dabei die technologische Souveränität zu stärken. Gemeint sei damit, globale Wertschöpfungsnetzwerke zu erhalten und zuerst die Kompetenz in bedeutenden Halbleitergebieten in Europa zu sichern und auszubauen. Gleichzeitig muss sich Europa auch um den Auf- sowie Ausbau von Kompetenzen in Bereichen kümmern, bei denen es aktuell nicht zur Weltspitze gehört.
Unternehmen
ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V.