Das Multi-Media-Interface (MMI) „all-in-touch“ von Preh ermöglicht ein aktives haptisches Feedback sowie akustisches Feedback und kommt im Audi Q5 und Q7 zum Einsatz.

Das Multi-Media-Interface (MMI) „All-in-Touch“ von Preh ermöglicht ein aktives haptisches sowie akustisches Feedback und kommt im Audi Q5 und Q7 zum Einsatz. (Bild: Gruner)

Die CES 2018 hat es gezeigt, dass haptisches Feedback von Touch-Systemen jetzt auch für die mittleren, vielleicht auch für die unteren Segmente in den Startlöchern steht. Mit der Entwicklung einer Technologie, die es erlaubt, Bedienoberflächen mit einer aktiven – das heißt über die Ansteuerung variabel gestaltbaren – haptischen Rückmeldung auszustatten, hatte der Automobilzulieferer Preh bereits vor zehn Jahren begonnen. Serienmäßig ist die Technik seit Mitte 2014 bei Audi in den Modellen Q5 und Q7 im Einsatz, war aber über einen längeren Zeitraum die einzige Touch-Lösung, die über ein haptisches Feedback verfügte.

Haptisches Feedback in der Serie

„Mit dieser neuesten MMI-Generation lassen sich eine Vielzahl von Navigations-, Multimedia- oder Telefonanwendungen mit wenigen Schritten erledigen, ohne den Blick von der Straße abwenden zu müssen“, erklärt Jochen Ehrenberg, Geschäftsführer und Entwicklungschef von Preh. „Um die Haptikanforderungen unseres Entwicklungspartners und Kunden Audi umzusetzen, bedurfte es eines perfekt abgestimmten Systems aus Aktuatorik, Kraftsensorik und entsprechender Software.“ Wesentlicher Bestandteil dieses Systems ist ein drückender Hubmagnet, der als Aktuator fungiert und kundenspezifisch sowie in enger Abstimmung mit dem Interface-Hersteller entwickelt wurde.

Drückender Hubmagnet als Aktuator

Der Hubmagnet weist ein geräuschoptimiertes Design auf.

Der Hubmagnet weist ein geräuschoptimiertes Design für haptisches Feedback auf. Gruner

Bei der Umsetzung der Aktuatorik für das „All-in-Touch“, entschied sich Preh für eine Zusammenarbeit mit dem mittelständischen Unternehmen Gruner, das bereits seit mehr als 50 Jahren eigens angepasste Elektromagnete für spezielle Anwendungen entwickelt. „Generell gibt es drei unterschiedliche Typen von Aktuatoren für Haptiksysteme“, erläutert Robert Frank, Key Account Manager bei Gruner. „Neben einem Elektromagneten kann auch ein Unwuchtmotor eingesetzt werden, der aber nur für vergleichsweise kleine Displays geeignet ist. Die dritte Technik basiert auf dem Piezo-Effekt, kann aber aufgrund der geringen Auslenkung nur relativ schwache Feedbacksignale zurückgeben.“ Mit Elektromagneten können dagegen auch sehr intensive Impulse erzeugt werden, weswegen sich Preh für diesen Typus entschied.

Dr. Jochen Ehrenberg (Preh): „Um die Haptikanforderungen unseres Entwicklungspartners und Kunden Audi umzusetzen, bedurfte es eines perfekt abgestimmten Systems aus Aktuatorik, Kraftsensorik und entsprechender Software für haptisches Feedback.“

Jochen Ehrenberg (Preh): „Um die Haptikanforderungen unseres Entwicklungspartners und Kunden Audi umzusetzen, bedurfte es eines perfekt abgestimmten Systems aus Aktuatorik, Kraftsensorik und entsprechender Software.“ Preh

Wenn Jochen Ehrenberg unterschiedlich intensive Formen des haptischen (und akustischen!) Feedbacks demonstriert, dann erkennt man, wie vielfältig die Implementationsmöglichkeiten des Systems sind. Das Touch-HMI für den asiatischen Markt lässt sich durch veränderte Parametrierung damit zum Beispiel bei Bedarf ganz anders konfigurieren als die Variante für Europa oder Amerika und damit auf den individuellen Geschmack der Käufergruppen zuschneiden, falls der OEM diese Form der Lokalisierung wünscht. Über die entsprechende Gestaltung der Impulskurve bietet das System eine erstaunliche Bandbreite.

Eckdaten

Mithilfe eines einzigen Hubmagnets ist es möglich, ein aktives haptisches Feedback auf einem Touchpad zu implementieren. Die Technologie hat sich in der Serie bewährt, steht aber in Konkurrenz zu anderen Verfahren wie beispielsweise der Piezo-Technologie.

Zum Einsatz kommt ein für die Anwendung im „Al-in-Touch“-MMI von Preh konzipierter drückender Hubmagnet, mit dessen Hilfe das System über haptisches Feedback auf der Bedienoberfläche einen Tastendruck simuliert. „Wir haben ein optimiertes Elektromagnetsystem entwickelt, das sich unter anderem durch ein deutlich reduziertes Lagerspiel auszeichnet, um eine unerwünschte Geräuschentwicklung zu vermeiden“, erklärt Robert Frank. „Dieser Punkt war Preh sehr wichtig; daher haben wir an der Schnittstelle zum Bedienteil zusätzlich dämpfende Werkstoffe – Einzelteile – eingesetzt. Darüber hinaus wurde die Feder des Hubmagneten eigens angepasst, um eine hohe Vibrations- und Schockresistenz zu erreichen.“ Durch die eigenen Fertigungsprozesse sei es zudem gelungen, einen kostengünstigen Aufbau eines Rahmenhubmagneten zu realisieren.

Robert_Frank

Robert Frank (Gruner): „Generell gibt es drei unterschiedliche Typen von Aktuatoren für Haptiksysteme und haptisches Feedback.“ Gruner

„Eine magnetisch stabile Auslegung des Arbeitsbereichs durch Preh sorgt für ein gleichbleibendes Feedback über Temperatur- und Spannungsschwankungen sowie für die geforderte Lebensdauer des Magneten“, führt Robert Frank weiter aus. Dazu trage auch die „optimierte Lagerung“ bei, durch die das Haptikfeedback über die gesamte Lebensdauer hinweg gewährleistet werden könne. Zusätzlich konzipierte Gruner auch eine „günstige und prozesssichere Verbindungstechnik“ ohne zusätzliche Lötprozesse: Der Magnet für das „All-in-Touch“ verfügt über eine Pressfit-Verbindung direkt zur Leiterplatte. Diese Kontaktierung ist kostenneutral, da alle sonst notwendigen Verschaltungen oder Verschraubungen entfallen.

Zur präzisen Abstimmung des Haptiksystems, und damit auch des Magneten, berücksichtigte Preh wesentliche Parameter wie Masse und Größe des zu bewegenden Bauteils, aber auch die Charakteristik der Federaufhängung. Die Ansteuerung des Hubmagnets kann auf verschiedene Arten erfolgen, aber über Details zu diesem Thema schweigen die beiden beteiligten Unternehmen ganz bewusst, denn offensichtlich steckt darin auch ein wesentlicher Teil des Know-hows. Immerhin: Im Praxis-Schnelltest der Redaktion erwies sich das im Audi Q7 verbaute Touch-Feedback-System als effizient und wirklich gut bedienbar.

Einsatz von Simulationstools

Dieser drückende Hubmagnet fungiert als Aktuator des Systems für haptisches Feedback.

Dieser drückende Hubmagnet fungiert als Aktuator des Systems. Gruner

Um in Zukunft die passenden Magneten für die gewünschte Ansteuerung zu konzipieren, habe sich Gruner die erforderliche Simulations-Expertise erarbeitet. So erfolgten im Vorfeld neuer Entwicklungen auf Basis der Parameter „umfangreiche FEM-Analysen“, hebt Robert Frank hervor. Diese Dienstleistung biete sein Unternehmen ohne Berechnung an, da die Nutzung der Tools für Gruner „eine wesentliche Voraussetzung ist, um einen auf die Kundenanwendung abgestimmten Magneten auslegen zu können“.

Der Hubmagnet im MMI weist eine Lebensdauer von über eine Million Schaltzyklen auf, sodass während der üblichen Nutzungsdauer von Fahrzeugen – in der Regel sind dies etwa 10 bis 15 Jahre – nicht mit einem Ausfall zu rechnen ist. Summa Summarum sehen beide Unternehmen „großes Potenzial für die Realisierung eines aktiven haptischen Feedbacks für diverse weitere Bediensysteme im Fahrzeug“.

Alfred Vollmer

Chefredakteur all-electronics und AUTOMOBIL-ELEKTRONIK

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