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Murata

Fahrzeuge mit Elektro‑ und Hybridantrieb verzeichnen in den letzten zehn Jahren steil zunehmende Absatzzahlen, und speziell Hybridfahrzeuge mit ihrer Kombination aus Verbrennungs‑ und Elektromotor erweisen sich zunehmend als nachhaltige und für den massenweisen Einsatz taugliche Automotive-Technologie. Die hohen Zuwachsraten auf diesem Sektor sorgen dafür, dass die Automobilhersteller vermehrt elektronische Bauelemente nachfragen, denn in vielen dieser neuen Fahrzeuge finden sich Funktionen, die bisher rein mechanisch implementiert wurden, inzwischen aber durch elektrische oder elektronische Komponenten ersetzt werden.

Ein weiterer Wachstumsaspekt in der Automobilindustrie hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Steigerung des Wirkungsgrads von Fahrzeugen mit herkömmlichem Verbrennungsmotor zunehmend ins Blickfeld rückt. Start-Stopp-Automatiken, die Energierückgewinnung beim Bremsen und so genannte ‚Mild-Hybrid‘-Fahrzeuge sind nur einige der neuen Initiativen, die die Nachfrage nach hochzuverlässigen und stabilen Bauelementen gegenwärtig anheizen.

Power-Management-Elektronik, Wechselrichter und Gleichspannungswandler sind integrale Bestandteile von Elektro‑ und Hybridfahrzeugen und werden unter anderem für den Klimaanlagen-Kompressor sowie die Kühlmittelpumpe verwendet. Alle diese Bauteile müssen mit den rauen Umgebungsbedingungen im Motorraum zurechtkommen. Abgesehen von der Forderung nach hoher Zuverlässigkeit müssen die verwendeten Bauelemente auch der Forderung nach Größen‑ und Gewichtsminimierung Rechnung tragen, um zu gewährleisten, dass der Kraftstoffverbrauch optimiert wird und den Insassen möglichst viel Platz zur Verfügung steht.

Keramik-Kondensatoren

Kondensatoren sind grundlegende Bauelemente elektronischer Schaltungen und werden in modernen Kraftfahrzeugen zu Tausenden eingesetzt. Keramik-Kondensatoren bieten gegenüber konkurrierenden Technologien viele Vorteile beim Einsatz in der Leistungselektronik oder auch in konventionellen elektronischen Schaltungen für den Kfz-Bereich.

Keramik-Kondensatoren haben ihren Marktanteil immer weiter erhöhen können und verdrängen allgemein die Tantal‑ und Aluminium-Kondensatoren. Über sämtliche Anwendungsgebiete hinweg ist Keramik mittlerweile die führende Kondensatortechnologie, auch bei Kapazitätswerten von 1, 10 und 100 µF, während Tantal und Aluminium bei 1.000 µF dominieren und oberhalb dieser Marke nur noch Aluminium ganz vorn dabei ist. Einen ähnlichen Trend gibt es im Automotive-Bereich: hier verzeichnen Keramik-Kondensatoren bis 10 µF einen Marktanteil von über 90 %, und speziell bei den Werten 22 µF und 47 µF sind die Zuwachsraten hoch.

Ein wichtiger Trend für MLCCs (Multi-Layer Ceramic Chip Capacitors, Keramik-Vielschicht-Kondensatoren) speziell auf dem Gebiet der Hybrid‑ und Elektrofahrzeuge ist die kontinuierliche Reduzierung von Größe und Gewicht. Die Consumer-Märkte, und dabei besonders die mobilen Produkte, treiben die Nachfrage nach geringer  Bauhöhe und Baugröße maßgeblich voran. Das 0402-Format ist derzeit die führende Gehäusebauform, während das 0201-Format hohe Zuwachsraten verzeichnet und in den kommenden zehn Jahren die Spitzenposition übernehmen dürfte. In der Automobilindustrie ist man dagegen konservativ: hier dominiert das 0603-Format, obwohl das 0402-Format rasch aufholt und es Anzeichen dafür gibt, dass das 0201-Format in den kommenden Jahren Marktanteile hinzugewinnen wird.

Auswahl der richtigen Kondensatoren

Abgesehen von der Größe der Bauelemente sind die Zuverlässigkeit und elektrischen Eigenschaften wie die Spannungs‑ und Stromfestigkeit die entscheidenden Parameter bei der Auswahl von Kondensatoren für Automotive-Applikationen. Diese Charakteristika zu untersuchen, bildet den ersten Schritt (Bild 1).

Bild 1: Vor- und Nachteile unterschiedlicher Kondensator-Technologien.

Bild 1: Vor- und Nachteile unterschiedlicher Kondensator-Technologien. Murata

Insgesamt sind Keramik-Kondensatoren die beste Wahl in Sachen Zuverlässigkeit, Spannungsfestigkeit, Impedanz und ESR (effektiver Serienwiderstand). Auch wenn diese Bauelemente einen deutlich kleineren Kapazitätsbereich abdecken, gibt es auch gute Argumente für die Verwendung von Filmkondensatoren, die für bestimmte Anwendungen im Kfz-Bereich (z. B. mit 600 µF/600 V als Zwischenkreis-Kondensatoren in Umrichtern) benötigt werden.

Vergleicht man die Leistungsfähigkeit eines 1-µF-MLCC mit Tantal‑ und Aluminium-Kondensatoren mit 10 µF, so weisen die Keramikversionen eine vergleichbare oder sogar deutlich bessere Spannungsfestigkeit auf. Automotive-Kunden können deshalb einen 10µF-Tantalkondensator durch einen MLCC mit 1 µF ersetzen. MLCCs haben überdies bei hohen Frequenzen (und bei geringerer Kapazität) eine niedrigere Impedanz als Tantal‑ und Aluminium-Kondensatoren. Ein weiterer Faktor ist die geringere Eigenerwärmung, die auf den niedrigeren ESR-Wert von MLCCs gegenüber Tantal‑ oder Aluminium-Versionen bei höheren Frequenzen zurückzuführen ist. Die höhere Durchbruchspannung der MLCCs bedeutet außerdem einen Zuverlässigkeitsgewinn.

Keramik-Chipkondensatoren bieten jedoch noch zahlreiche weitere Vorzüge im Vergleich zu Tantal‑ und Aluminium-Kondensatoren. Dazu zählen die hervorragenden Rauschunterdrückungs-Eigenschaften ebenso wie der höhere MTTF-Wert (Mean Time To Failure) sowie die Tatsache, dass sich die Kapazität über einen weiten Frequenzbereich nicht oder nur wenig ändert (allerdings ändert sich die Kapazität von MLCCs unter dem Einfluss sehr hoher Temperaturen oder beim Anlegen einer Gleichspannung).

Minimierung von Kurzschlüssen

Die Vermeidung von Kurzschlüssen ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit Keramik-Kondensatoren in Automotive-Applikationen. Unter dem Einfluss großer mechanischer Belastungen, wenn beispielsweise die Leiterplatte gebogen wird oder starke Temperaturschwankungen auftreten, können im Kondensatorkörper Risse entstehen, die zu Kurzschlüssen führen. Da Kurzschlüsse somit zu den Ausfallarten von Keramik-Kondensatoren gehören, kann es im ungünstigsten Fall, wenn ein Kondensator eine direkte Verbindung mit der Fahrzeugbatterie hat, zu einem Durchbrennen der Leiterplatte kommen.

Murata hat daher viele F&E-Ressourcen in die Realisierung von Lösungen zur Vermeidung dieser Phänomene investiert. Unter anderem kündigte das Unternehmen jüngst die MLCC-Serien GCJ und GCE an. Um gegen Kurzschlüsse gefeit zu sein, wurden diese speziell für die Biege‑, Vibrations‑ und Temperaturbeanspruchungen ausgelegt, die typisch für Anwendungen im Motorraum von Kraftfahrzeugen sind.

Kenzeichnend für diese Bauelemente ist eine als ‚Soft Termination‘ bezeichnete Verbindung zum keramischen Kondensatorkörper (Bild 1). Das leitende Harz an den herausgeführten Elektroden wirkt wie ein nachgiebiges Kissen, das übermäßige mechanische Spannungen infolge von Biegungen der Leiterplatte oder Temperaturwechseln absorbiert, sodass es zu keinen Rissen im Kondensatorkörper kommt. Das bei der GCE-Familie angewandte Konzept des Multi-Layer Serial Capacitor (MLSC) basiert ferner auf einer internen potenzialfreien Kondensatorplatte, so dass hier praktisch zwei Kondensatoren in Reihe geschaltet sind und es äußerst unwahrscheinlich ist, dass ein Ausfall des Bauelements zu einem Kurzschluss führt.

Hochtemperatur-Bausteine

Die maximale Betriebstemperatur von Keramik-Kondensatoren beträgt normalerweise 125 °C. Der Automotive-Markt aber verlangt nicht selten nach Bauelementen, die für 150 °C oder noch höhere Temperaturen spezifiziert sind. Bei konventionellen, das heißt nicht mit Elektro‑ oder Hybridantrieb ausgestatteten, Fahrzeugen gehen die Hersteller zunehmend dazu über, die Bordelektrik möglichst im Motorraum unterzubringen, um die Größe der Fahrzeuge nicht ausufern zu lassen. Für die verwendeten Bauelemente allerdings bringt dies zwangsläufig hohe Umgebungstemperaturen mit sich. Murata hat bereits Bauelemente für 150 °C entwickelt – so zum Beispiel die MLCC-Serie GCM X8R oder die bedrahteten MLCCs der RH-Serie für den Einsatz als Störfilter an Sensoren für Motor-Steuergeräte.

Metallanschluss-Kondensatoren

Ein entscheidender Entwicklungsschritt mit Blick auf hohe Zuverlässigkeit war die Einführung von Keramik-Kondensatoren mit metallenen Anschlüssen. Diese eignen sich ausgezeichnet für die Anforderungen von Elektro‑ und Hybridantrieben, Start/Stopp-Systemen und Energierückgewinnungs-Applikationen. Ursprünglich waren sie für verschiedene Märkte (zum Beispiel Automotive, Telekommunikations-Basisstationen und LED-Beleuchtungen) gefragt, um Probleme beispielsweise mit Lötstellen-Brüchen, Rissen durch Biegung der Leiterplatten oder akustische Geräusche zu lösen. Unter diesen Phänomenen dürften Lötstellen-Brüche für Automotive-Applikationen die größte Tragweite haben.

Bild 2: Standard-Kondensatoren (links) und MLSCs („Reihenkondensatoren“, rechts) unterscheiden sich in ihrem Aufbau deutlich voneinander.

Bild 2: Standard-Kondensatoren (links) und MLSCs („Reihenkondensatoren“, rechts) unterscheiden sich in ihrem Aufbau deutlich voneinander.Murata

Dieses Problem hat durch den Umstieg auf bleifreies Lot, das in der Regel wesentlich härter ist als frühere Materialien, noch an Brisanz gewonnen. In Temperaturzyklusprüfungen kann es nach beispielsweise 2.000 Zyklen zu Rissen zwischen Keramikmaterial und Lot kommen. Kondensatoren mit metallenen Anschlüssen bieten hier bessere Eigenschaften als Standard-MLCCs, da die Elastizität der Metall-Pins einen Teil der mechanischen Spannungen auffängt, die durch thermische und mechanische Einflüsse entstehen, sodass die Kondensatoren sehr hohe Zuverlässigkeitswerte erreichen.

Durch das Anordnen zweier MLCCs übereinander (Stacking) lassen sich hohe Kapazitätswerte erreichen, was einen Kondensator mit großen Abmessungen mit sich bringt. Typische Gehäuse mit Metallanschlüssen messen nicht selten bis zu 6,1 mm x 5,3 mm.

Kapazitäts-Anforderungen in Hybrid‑ und Elektrofahrzeugen

Die in Fahrzeugen mit Hybrid‑ und Elektroantrieb verwendeten Gleichspannungswandler und Wechselrichter verlangen nach Kondensatoren mit hoher Spannungsfestigkeit und hoher Kapazität.

Bild 3: Keramik-Kondensatoren mit Metallanschlüssen erfüllen die Anforderungen an die Filterkondensatoren C1 und C5 in der oberen Schaltung sowie den Glätt-Kondensator C1 und den Snubber-Kondensator C2 in dem darunter befindlichen Wechselrichter.

Bild 3: Keramik-Kondensatoren mit Metallanschlüssen erfüllen die Anforderungen an die Filterkondensatoren C1 und C5 in der oberen Schaltung sowie den Glätt-Kondensator C1 und den Snubber-Kondensator C2 in dem darunter befindlichen Wechselrichter.Murata

In dem in Bild 3 gezeigten Schaltungsbeispiel müssen die Filterkondensatoren C1 und C5 für hohe Spannungen ausgelegt sein (zum Beispiel 25 V/47 µF und 35 V/33 µF). Diese Forderungen lassen sich nur mit Bauelementen mit Metallanschlüssen erfüllen. C2, C3 und C4 dagegen sind Standard-Chipkondensatoren für Automotive-Applikationen. In der ebenfalls in Bild 3 gezeigten Wechselrichterschaltung sollten als Glättungs-Kondensator (C1) und Snubber-Kondensator (C2 – zur Unterdrückung von Störungen) ebenfalls Keramik-Bauelemente mit Metall-Anschlüssen zum Einsatz kommen.

Eine neue Anforderung stellt sich bei der Batterielade-Einrichtung für Fahrzeuge mit Elektro‑ und Hybridantrieb. Hier wird aus Sicherheitsgründen ein applikationsspezifisches Bauelement wie etwa ein Y-Kondensator (100…4.700 pF; 250 V AC) eingesetzt, da eine direkte Verbindung zur Netzspannung besteht.

Abgesehen von all den soeben beschriebenen Keramik-Kondensatoren wächst der Bedarf an weiteren applikationsspezifischen Ausführungen sowie an Versionen mit höherer Spannungsfestigkeit (zum Beispiel 250 V, 630 V oder 1 kV), immer kleineren Gehäusen und dennoch hoher Zuverlässigkeit. Alles deutet außerdem darauf hin, dass seitens des Automotive-Markts im Allgemeinen sowie des Hybrid‑ und Elektrofahrzeugmarkts im Besonderen zunehmend innovative, fortschrittliche Keramikkondensator-Technologien nachgefragt werden dürften.

Naoyuki Kobayashi

: ist Senior Product Manager bei Murata Europe

(av)

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