Egal ob autonomes Fahren, wachsende Vernetzung oder schlicht mehr Sicherheit und Komfort beim Fahren: Der Einsatz von Sensorik zum Erfassen der Fahrzeugumwelt und die Anzahl von Displays zur Visualisierung unterschiedlichster Informationen steigt ständig an, denn sie wird zum unverzichtbaren Teil der Fahrerassistenzsysteme. Damit erhöht sich auch rasant das Datenaufkommen im Fahrzeug. Schon heute sind es rund 600 GByte am Tag. Diese Daten müssen zuverlässig und ökonomisch übertragen werden, was heutige Bussysteme nur mit Einschränkungen leisten können. Mit ADXpress, dem Automotive Data Express, stellt Inova Semiconductors jetzt eine Lösung vor, mit der die Übertragung von Daten im Fahrzeug von morgen in einer völlig neuen Dimension möglich wird.
Sensoren und Displays mit unterschiedlichen Anforderungen
Lidar und Radar haben in der ADAS-Sensorik unbestreitbar eine Schlüsselfunktion, aber auch zahlreiche Kamerasysteme unterstützten das Erkennen der Fahrzeugumwelt in Echtzeit. Im Rahmen der Sensordatenfusion errechnet das System dann ein Umfeldmodell, das wiederum als Basis und elementare Voraussetzung für neue, innovative Assistenzlösungen bzw. für das autonome Fahren an sich dient. Diese Sensorfusion bedeutet aber auch, dass viele unterschiedliche Sensordaten mit niedriger Latenz und vor allen Dingen synchron in einem zeitlichen Zusammenhang an der Auswerteeinheit oder auch an mehreren Auswerteeinheiten simultan (z. B. Multitasking auf mehreren räumlich getrennten Computer-Einheiten) zur Verfügung stehen müssen.
Intuitive Bediener-Schnittstellen der Fahrerassistenzsysteme (HMIs, Human Machine Interfaces) zur Individualisierung des Autos auf dem Weg zum autonomen Fahren führen gleichzeitig zu einer zunehmenden Anzahl von Displays im Fahrzeug. Diese werden ständig größer, haben eine immer höhere Auflösung und benötigen deshalb immer mehr Bandbreite zur Übertragung der Bilddaten.
Anforderungen an die Topologie des Übertragungssystems im Auto
Sind reine Displayverbindungen buchstäblich ein „Bandbreitenfresser“, weil hier einfach Pixeldaten Bit für Bit einzeln übertragen werden, ist die Topologie solcher Verbindungen relativ einfach: Im Wesentlichen sind das heute unidirektionale Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die zwischen Sender und Empfänger verschicken, wobei die Latenzzeitanforderungen gering sind, während diesen kontinuierlichen Datenströmen von bis zu 10 Gbit/s und mehr.
Ganz anders ist die Situation bei Sensoren und Aktuatoren: Auch wenn die Bandbreiten hier bei den einzelnen Sensoren noch im MBit/s-Bereich liegen, macht es hier die Vielzahl der Sensoren aus. So kommt ein Lidar-System mit fünf Sensoren und Kameraunterstützung auch schon in den GBit/s-Bereich. Anders als bei Displays ist hier aber die Anforderung an die Topologie des Übertragungssystems deutlich höher; insbesondere ist hier eine niedrige Latenzzeit für eine Vielzahl von einzelnen Datenpfaden mit deterministischen Latenzzeiten der einzelnen Pfade zur Synchronisation der Daten gefragt. Fünf Lidar-Sensoren benötigen auch fünf einzelne Verbindungen zur Auswerteeinheit. Um durch Sensorfusion zu ganz neuen und immer besseren Assistenzsystemen zu kommen, müssen diese Daten der räumlich über das Fahrzeug verteilten Sensoren effektiv erfassbar sein, aber dann an anderer Stelle – üblicherweise mehreren im Fahrzeug verteilten Rechnern – für die Auswertung zur Verfügung stehen.
ADXpress ganz kurz erklärt
Mit ADXpress lassen sich jetzt alle Sensor-Rohdaten über Sensor-individuelle, virtuelle Datenpfade mit deterministischer Latenzzeit zu einer oder mehreren Auswerteeinheiten übertragen. Die Sensoren können dabei über PCI-Express, Ethernet oder SPI an einen ADXpress-Knoten angeschlossen werden, wobei die Datentransfers derzeit elektrisch über einen 30-GBit/s-Link erfolgen. Dabei ist die Datenrate im Wesentlichen durch das Übertragungsmedium beschränkt, denn der Physical Layer ist hier bereits für optische Medien vorbereitet, mit denen sich dann 4 x 24 GBit/s übertragen lassen.
Aber auch bei Displays steigen die Anforderungen an die Topologie des Übertragungssystems weiter an, so dass zum Beispiel Repeater und Splitter heute bereits Standard sind, und die Bandbreite kann sowieso nie hoch genug sein.
Auch wenn eine Datenrate von 15 GBit/s (500 MHz Pixeltakt @ 30 Bit Farbe) für die unkomprimierte Übertragung von 4K-Bilddaten (2.160p) vielleicht nur im Premium-Segment zu finden ist, sorgt auch hier die Menge bzw. Anzahl der Videolinks für ein hohes Datenvolumen, denn vier Full-HD-Verbindungen benötigen bereits 15 GBit/s.
Virtuelle Datenpfade bei ADXpress
Die ADXpress-Technologie folgt ganz konsequent dem Grundgedanken, viele unterschiedliche Datenpfade auf einem seriellen 30-Gbit/s-Datenlink zu bündeln – wie auch schon bei APIX, dem Automotive Pixel Link von Inova Semiconductors, der 2008 Premiere im Fahrzeug hatte und aktuell in der dritten Generation (APIX3 mit 12 GBit/s) mit bisher weltweit rund 170 Millionen installierten Knoten auf dem Markt ist.
Im Gegensatz zu APIX ist ADXpress allerdings ein universelles Massendaten-Transportsystem, das jegliche Art von Daten – egal ob Pixel-, Ethernet- oder Sensordaten von Kamera/Lidar/Radar – über einen 30-GBit/s-Link elektrisch überträgt. Dabei ist die Datenrate im Wesentlichen durch das Übertragungsmedium beschränkt, denn der Physical Layer ist hier bereits für optische Medien vorbereitet, mit denen sich dann 4 x 24 GBit/s übertragen lassen.
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Der 13. Kongress "Bordnetze im Automobil" wird am 6. bis 7. Mai 2025 in Ludwigsburg, stattfinden. Die Vorbereitungen sind bereits im Gange. Sind Sie gespannt? Registrieren Sie sich jetzt und sichern Sie sich Ihr Ticket.
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ADXpress ermöglicht neue Netzwerkarchitekturen und Topologien
Bei ADXpress eröffnen sich damit völlig neue Möglichkeiten in Hinblick auf die Netzwerkarchitektur und Topologien: die Technologie erlaubt unter anderem neue Ansätze bei der Implementierung heutiger Videoschnittstellen, zum Beispiel über PCI-Express. Ein exemplarisches und vereinfachtes Netzwerk ist in Bild 1 dargestellt.
Die ADXpress Technologie basiert auf virtuellen Datenpfaden, die durch die Übertragung von Datenzellen konstanter Größe realisiert werden, wobei alle Zellen denselben Weg durch das Netzwerk nehmen. Anders als bei IP (Internet Protocol), wo ein Paket sein Ziel über einen anderen Pfad als vorherige und nachfolgende Pakete erreichen kann, sind bei ADXpress Latenz und Jitter auf einem virtuellen Pfad konstant.
Virtuelle Datenpfade auf Basis von Datenzellen haben den großen Vorteil, dass das Multiplexing, Repeating und Duplizieren auf der die Datenzellen verarbeitenden Schicht diensteunabhängig erfolgen kann (Bild 2). Insbesondere beim Multiplexing besteht die Möglichkeit, die Bandbreitenzuteilung und die Latenzzeit der einzelnen Datenpfade zu kontrollieren beziehungsweise zu steuern. Der Clou dabei: Die 128 virtuellen Datenpfade des ADXpress „verbrauchen“ dabei nur dann Bandbreite, wenn tatsächlich Nutzdaten übertragen werden.
Was bringt ADXpress in Lidar- und Radar-Systemen?
Lidar- und Radar-Systeme entfalten ihre Leistungsfähigkeit oft erst zusammen mit anderen Sensoren bzw. Kamerasystemen im Rahmen der Sensorfusion. Dabei ist eine Datenvorverarbeitung am Sensor oft nicht sinnvoll, da erst die gemeinsame Auswertung der Rohdaten aller Sensoren ein (plausibilisiertes) Bild der Situation ergibt. Dies wird unter anderem bei 360°-Radar-Detektion nötig. Mit ADXpress lassen sich jetzt alle Sensor-Rohdaten über Sensor-individuelle, virtuelle Datenpfade mit deterministischer Latenzzeit zu einer oder mehreren Auswerteeinheiten übertragen. Die Sensoren können dabei über PCI-Express, Ethernet oder SPI an einen ADXpress-Knoten angeschlossen werden.
Paketierung in Hardware
In Hardware implementierte generische „Application-Adaption Units“ für Burst- und Stream-Daten ermöglichen bei ADXpress eine „software-lose“ Paketierung und De-paketierung der kontinuierlichen (Radar, Lidar, Video) oder burst-orientierten Daten (PCI-Express, Ethernet, SPI) in ein einheitliches Zellformat. Damit wird es möglich, Burst- und Stream-Daten mit besonders niedriger Latenz zu bündeln. Dies wiederum ermöglicht durch den bidirektionalen Aufbau von ADXpress eine simultane Bündelung einer Vielzahl von Schnittstellen über mehrere Funktionseinheiten hinweg – in beliebiger Richtung und mit beliebigen Einspeise- und Ausgabepunkten.
Man kann bei ADXpress zurecht von einer neuen Dimension von Konnektivität im Fahrzeug sprechen, da die bekannten Point-to-Point oder Point-to-Repeater Konzepte durch deutlich besser integrierbare und flexiblere Topologien ersetzt werden können – und das alles bei deterministischer und sehr niedriger Latenz.
Roland Neumann, Inova Semiconductors
Eine universelle Netzwerk Topologie
Diese Eigenschaften ermöglichen universelle Netzwerk-Topologien, die sich an jede denkbare Schnittstelle anpassen lassen. Dabei implementiert jeder ADXpress-Baustein eine Gateway-Funktion an der Applikationsschnittstelle sowie eine Routingfunktion bei den virtuellen Daten-Pfaden.
Man kann sich ein komplexes Netzwerk mit mehreren Routern, Gateways und Gateway-Routern vorstellen (Bilder 1 und 2), das über ein oder mehrere bidirektionale serielle Interfaces simultan eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten überträgt. So können ADXpress-Bausteine SoCs über deren PCI-Express Schnittstelle verbinden, während simultan über dasselbe serielle Interface mehrere Videoströme in beliebige Richtungen transportiert werden. Dabei funktioniert der ADXpress-Baustein als Router für die virtuellen Datenströme und/oder als Gateway zu den Applikationen. Ein ADXpress Baustein bietet mit seiner Gateway Funktionalität die Möglichkeit, Daten entweder in das Netzwerk einzuspeisen (Sensorik, SoCs) oder auszugeben (Displays, Lautsprecher, Licht, Aktuatoren, SoCs). Mit seiner Router-Funktionalität verteilt er die Daten im gesamten Netzwerk über virtuelle Datenpfade. Die Bilder 3 und 4 zeigen beispielhaft unterschiedliche Aufteilungen der Bandbreite für verschieden Applikationen bzw. Architekturkonfigurationen.
ADXpress kann sowohl zentrale als auch dezentrale Datenverarbeitungsansätze direkt und adäquat bedienen: So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, Satelliten-Steuergeräte sowohl zentral mit einem SoC zu verbinden als auch simultan direkt mit weiteren Satelliten-Steuergeräten zu kommunizieren. Man kann bei ADXpress zurecht von einer neuen Dimension von Konnektivität im Fahrzeug sprechen, da die bekannten Point-to-Point oder Point-to-Repeater Konzepte durch deutlich besser integrierbare und flexiblere Topologien ersetzt werden können – und das alles bei deterministischer und sehr niedriger Latenz.
Erweiterbarkeit des Übertragungssystems
Die Erweiterbarkeit für Ausstattungsoptionen und Modellpflege werden eine Schlüsselanforderung für neue Netzwerkarchitekturen im Auto sein, um universelle und damit kostengünstige Plattformen zu schaffen. Die ADXpress-Technologie ermöglicht es, Netzwerk-Topologien flexibel und erweiterbar zu gestalten und diese später jederzeit bzw. je nach Ausstattungsoption beliebig zu erweitern. ADXpress gestattet es, von einem Punkt aus das gesamte bestehende Netzwerk zu erreichen. Ebenso lassen sich virtuelle Pfade frei umlenken oder klonen, was auch eine Vielzahl an Sonderfunktionen ermöglicht, die unter anderem für Behördenfahrzeuge, Diagnosezwecke etc. eine Rolle spielen.
So funktioniert die Skalierbarkeit der Bandbreite bei ADXpress
Für zukünftige Anwendungen mit immer mehr und höheren Bandbreitenanforderungen muss die Skalierbarkeit auch möglichst einfach umsetzbar sein. Dies ist im Interesse des OEM und Tier1, da sie so nicht ständig völlig neue Plattformen mit neuen Halbleitern von Grund auf neu entwickeln müssen. ADXpress bietet deshalb die Möglichkeit, beim Physical Layer (PHY) mit unterschiedlichen Bandbreiten zu arbeiten – und zwar sowohl über elektrische als auch über optische Übertragungsmedien. Dies minimiert nicht nur die Entwicklungskosten und vermeidet Kompatibilitätsprobleme, sondern es sorgt auch dafür, dass ADXpress auch bei sehr hohen Anforderungen noch lange zukunftssicher ist.
Prototyping von ADXpress mit FPGA
Durch die Flexibilität bei der Wahl des PHYs kann das ASIC-Komplettsystem auch in modernen FPGAs (zum Beispiel von Achronix oder Xilinx) implementiert werden. Dies ermöglicht Testsysteme im FPGA mit vollständigem Zugang zur gesamten ADXpress-Technologie (Framegrabber etc.). Anwender können ihre Prototypen bereits auf der Ziel-Technologie erstellen, die dann nahtlos in ein finales ASIC-Design einfließen können. Dadurch lässt sich bei der Systementwicklung viel Zeit einsparen, während die Entwickler potenzielle Fehler beim Systemdesign bereits in einer frühen Entwicklungsphase entdecken können. Zusätzlich ist es möglich, für Kleinserien Sonderlösungen auf Basis von FPGAs zu bauen, für die eine ASIC-Lösung unrentabel ist.
Systemdefinition von ADXpress mit SystemC
Inova Semiconductors hat die gesamte Systementwicklung des ADXpress-Zell-Transportsystems inklusive der Hardware-Paketierer, der SERDES- und PHY-Schnittstelle mit SystemC durchgeführt. Mit diesem Modell hat der Halbleiterhersteller schon vor Implementierungsbeginn der Logik alle wesentlichen Systemparameter wie Latenzzeiten, Bandbreitenbedarf, Puffergrößen, Zellgrößen etc. ermittelt und optimiert.
Dieses Simulationsmodell wird – um ein GUI erweitert – auch den ADXpress-Anwendern zur Verfügung stehen. Damit können die Entwickler kundenspezifische Netzwerkarchitekturen hardwarenah und sehr effektiv modellieren und simulieren, ums so Systemparameter, Konfigurationen und Bandbreitenauslastung bereits im Vorfeld zu optimieren.
ADXpress ist nicht nur ein ambitioniertes Konzept: bereits in wenigen Tagen, auf der Messe electronica in München, wird Inova Semiconductors ein erstes System vorstellen (Halle B4, Stand 301), das die Leistungsfähigkeit von ADXpress demonstriert. (av)