Schneller, höher, weiter?

Warum verteilte Architekturen die Zukunft des DC-Ladens sind

Die steigenden Anforderungen an Ladegeschwindigkeit und Effizienz rücken verteilte DC-Architekturen in den Fokus. Zentrale Leistungsmodule und intelligente Steuerungskonzepte gelten als Schlüssel für eine zukunftssichere Ladeinfrastruktur.

Zentralisierte Leistungsmodule, intelligente Schaltmatrizen und dynamische Leistungsverteilung machen Ladeparks effizienter, skalierbarer und wirtschaftlicher.

Die Zukunft des DC-Ladens: schneller, höher, skalierbarer

  • Schnelles DC-Laden und steigende Fahrzeugleistungen erfordern zentrale, modular aufgebaute Ladearchitekturen, die Leistungselektronik effizient bündeln und Dispenser schlank halten.
  • Intelligente Schaltmatrizen und Dynamic Power Allocation verteilen Leistungen flexibel, senken Kosten, reduzieren Platzbedarf und erhöhen Verfügbarkeit in Ladeparks und Nutzfahrzeugdepots.
  • Standardisierte Kommunikation (ISO 15118-20, OCPP 2.1) und sichere Controller ermöglichen lange Kabellängen, verteilte Systeme, höhere Betriebssicherheit und Cybersecurity im Hochleistungsbereich.

Mobilität wird überwiegend danach bewertet, wieviel in welcher Zeit von einem Ort an einen anderen transportiert werden kann. Gerade im gewerblichen Einsatz zählt dabei jede Minute. Während in den letzten Jahren Elektromobilität in allen Fahrzeugklassen immer alltäglicher wurde, verbessern höhere Batteriekapazitäten und schnellere Ladevorgänge die Verfügbarkeit und Transportleistung von Fahrzeugen, erfordern dafür jedoch höhere Ladeleistungen. Die Frage ist nicht mehr, ob schnelleres Laden mit höherer Leistung kommt, sondern wie die dafür notwendige Infrastruktur wirtschaftlich, sicher und skalierbar im Bestand der Gebäude, Liegenschaften und Verkehrswege aufgebaut werden kann.

„Einfach nur laden“ war gestern noch der Wunsch der Menschen, die sich als erste für Elektromobilität begeistern konnten. Eben jener Personen, für die der Weg und die Erfahrungen beim Laden schon ein lohnendes Ziel waren. Indem die Elektrifizierung für alle Bereiche der Mobilität an Bedeutung gewinnt, weil sie wirtschaftlicher ist als Verbrennung fossiler Kraftstoffe, kommt Laden auch im privaten und beruflichen Alltag an und wird als Notwendigkeit in Kauf genommen, während gleichzeitig die Anforderungen steigen.

Warum der Umstieg von AC- auf DC-Laden unvermeidlich wird

Bei langer Standzeit und für kleine Batterien von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen reicht die heute technisch ausgereifte Wechselstromladetechnik, die bewährte und langfristig kostengünstige AC-Wallbox, gut aus. Sie wird ihren Platz behaupten, solange Autos über On-Board-Charger Wechselstrom laden können, umso mehr, wenn sie demnächst smart und bidirektional das Auto zum Speicher im eigenen Netz machen kann. Schnelleres DC-Laden braucht es, wenn unterwegs nur wenige Minuten zur Ladepause zur Verfügung stehen oder die große Nutzfahrzeugbatterie in wenigen Stunden vollständig geladen werden muss.

Schnelleres Laden verbessert die Auslastung und Verfügbarkeit von Elektrofahrzeugen und senkt damit Kosten vor allem für gewerblich genutzte Fahrzeuge. Das erfordert bei gleicher Batterie entsprechend höhere Ladeleistung. Oberhalb von 43 kW ist das nur mit Gleichstrom an DC-Ladern möglich und benötigt auch Leistungselektronik pro Ladepunkt. Mit steigender Leistung ist irgendwann die Schwelle erreicht, dass diese nur weiter vom Fahrzeug entfernt Platz findet. Somit wird Laden in Zukunft schneller, höher, weiter und das vor allem öffentlich auf Langstrecken sowie für Nutzfahrzeuge. Robuste Funktion und skalierbare Betriebs- sowie Informationssicherheit sind dabei genauso bedeutsam wie Bedienbarkeit und Wirtschaftlichkeit.

Warum geraten kompakte Ladesysteme an ihre Grenzen?

Seit einphasige AC-Wallboxen mit 3,7 kW die Steckdose abgelöst haben, sind nur gut zehn Jahre vergangen. Von da entwickelte sich das Laden zunächst zu 350 kW mit dem Combined Charging System (CCS) und reicht heute bis zu 1000 kW mit MW (Bild 1). 

Bild 1: Entwicklung der Ladeleistung von 2010 mit der AC-Wallbox mit 3,7 Kilowatt über DC-Schnellladen und High Power Charger Technologie bis hin zu MCS mit 1000 Kilowatt im Jahr 2024.

Neben der Verkürzung der Ladezeit verbesserten sich Bedienbarkeit, Betriebs- und Informationssicherheit und die netzdienliche Integration, nicht zuletzt durch Standards wie IEC 61851, ISO 15118 und das Open Charge Point Protocol (OCPP) bzw. IEC 63584. Es gelang Reichweitenängste zu reduzieren und Elektrofahrzeugen neue Anwendungsfelder wie Fernverkehr oder Schwerlastlogistik zu erschließen. Gewicht und Größe der Ladetechnik sind dabei mitgewachsen, genau wie die Kosten pro Ladepunkt. Die Entwicklung zu noch größeren sowie schwereren Kompaktladestationen mit zwei Ladepunkten, integrierter Leistungselektronik und mit Batterien im gleichen Gehäuse fortzusetzen, wirft Fragen auf. Vor allem im Straßenraum ist sie unpraktisch, da die Ladestationen bei geringer Auslastung viel Platz beanspruchen und ihre Kühlung zusätzlichen Lärm verursacht.

Warum zentrale Leistungselektronik DC-Laden effizienter macht

Die Leistungselektronik stellt aktuell den größten Teil an Kosten, Volumen, Gewicht und Abwärme einer DC-Ladestation. Das wird trotz sinkender Komponentenkosten und steigendem Wirkungsgrad auch in Zukunft so bleiben. Sie ist neben dem Ladekabel mit am höchsten beansprucht. Gleichzeitig ist ihre Auslastung oft gering, wenn sie ein oder zwei Ladepunkten fest zugeordnet ist, da die Ladeleistung mit steigendem Ladezustand abnimmt und die Belegung der Ladepunkte sporadisch wechselt. In der Nähe der ladenden Fahrzeuge blockiert sie Platz und ist beim Rangieren besonders gefährdet.

Es lohnt sich daher, diese teure Komponente nur in der notwendigen Menge zentral und geschützt unterzubringen. An einem Ort, an dem genug Platz ist, um sie effizient und sicher zu betreiben, zu kühlen, zu überwachen und zu warten sowie von dort viele Ladepunkte zu versorgen. Das senkt nicht nur die Kosten pro Ladepunkt, sondern steigert auch die Effizienz beim Laden, da die Module nahe ihrer optimalen Leistung betrieben werden können. Diese Architektur spart Platz in Fahrzeug- und Parkplatznähe, wo dann lediglich schlanke Dispenser benötigt werden (Bild 2). 

Bild 2: Bündelung der Leistungselektronik an einem zentralen Ort und dynamische Verteilung auf mehrere Ladepunkte.

Zentrale Systeme lassen sich im laufenden Betrieb durch zusätzliche Leistungsmodule erweitern und die Verfügbarkeit des Ladeparks erhöht sich, da bei einem Ausfall einzelner Module andere zugeschaltet werden können. Der Aufwand für die Verkabelung wächst nicht zwangsläufig, denn ob Gleichstrom über zwei Adern zum Fahrzeug fließt oder Wechselstrom über drei oder mehr bis zum Gleichrichter, der Querschnitt muss vom Netzanschluss bis zum Ladepunkt für den maximal möglichen Ladestrom dimensioniert sein. Verschiedene Herstellende setzen bereits auf zentrale Leistungsmodule, die flexibel mehrere Dispenser versorgen.

Statt pro Ladepunkt eine fixe Leistung fest zu verbauen, erlaubt eine intelligente Schaltmatrix dynamische Leistungsverteilung (Dynamic Power Allocation), nämlich die bedarfsgerechte Vergabe der verfügbaren Leistung auf belegte Ladepunkte und die dynamische Veränderung der Zuweisung während des Ladens. Bei gegebener Auslastung eines Ladeparks sind dann für die gleiche Anzahl von Ladepunkten gegenüber Kompaktladern deutlich weniger Leistungsmodule erforderlich. Das optimiert die Investition, reduziert unnötige Reserven, verkürzt Ladezeiten und steigert den Energiedurchsatz.

Gerade für Depots und Ladeparks für Nutzfahrzeuge in Logistik und Nahverkehr ergibt sich ein weiterer Vorteil aus diesem Konzept: Nachts laden viele Fahrzeuge mit geringer Ladeleistung parallel über einen längeren Zeitraum, tagsüber versorgt dieselbe Infrastruktur einzelne Fahrzeuge an ausgewählten Ladepunkten kurzfristig mit hoher Ladeleistung, z. B. über das Megawatt Charging System (MCS). Die wirtschaftlich sinnvolle Anzahl der Ladepunkte, die von einem zentralen Matrixlader versorgt werden, liegt abhängig von der mittleren Auslastung und der Verteilung zwischen diesen beiden Szenarien zwischen sechs und zwanzig Ladepunkten. Gefragt sind jetzt Schaltmatrizen, die über ihre Lebensdauer schnell und sicher schalten, sich digital steuern und überwachen lassen und dabei gleichzeitig kleiner und kostengünstiger sind als die Leistungselektronik, die sie einsparen.

Steuerungs- und Kommunikationsanforderungen in modularen DC-Ladearchitekturen

Dieses Konzept hat auch Konsequenzen für Steuerung und Kommunikation. Standards wie ISO 15118-20 ermöglichen Anpassungen der Leistungsgrenzen ohne Ladeunterbrechung und für den Parkbetrieb schafft OCPP 2.1 mit dem Device Model die Voraussetzung, komplexere Ladestationen zu konfigurieren, in Backends einzubinden und dynamisch zu steuern (Bild 3). 

Bild 3: Intelligente Fahrzeug-Ladepunkt-Interaktion durch ISO 15118-20 und zentrale Anbindung und Steuerung im Backend durch OCPP 2.1.

Das räumliche Auseinanderrücken von Leistung und Logik ist insofern eine Herausforderung, da die Leitungslänge der Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladepunkt über Powerline Communication (PLC) oder 10BaseT1S auf sieben bis fünfzehn Metern begrenzt ist. Die Vector Informatik GmbH entwickelt einen Kommunikationscontroller, der die Daten zwischen Fahrzeug, Ladepunkt, und Leistungseinheiten überträgt, auch wenn große Distanzen zwischen ihnen liegen. Er übernimmt die Steuerung der Zu- und Abschaltung der Leistungsmodule auf die jeweils belegten Ladepunkte und verteilt die verfügbare Leistung bedarfsgerecht und dynamisch ohne Unterbrechung der Ladevorgänge. Damit bildet der Controller das Herzstück der Dynamic Power Allocation in zentralisierten DC-Ladearchitekturen. Zusätzlich verfolgt Vector den Ansatz, die Elektronik für die Fahrzeugkommunikation direkt in den Stecker des Ladekabels zu integrieren. Während die Kabellängen bei herkömmlichen Systemen durch die begrenzte Reichweite eingeschränkt sind, ermöglicht dieser In-Plug-Controller Kabellängen von bis zu hundert Metern, was Ladepunkte erlaubt, die bisher aufgrund des Abstands zwischen Fahrzeug und Leistungseinheit schwer umsetzbar waren. Gleichzeitig lassen sich die Dispenser schlanker bauen, da keine zusätzliche Hardware integriert werden muss.

Wie wird die funktionale Sicherheit umgesetzt?

Mit steigender Komplexität und Systemgesamtleistung wächst auch der Anspruch an funktionale Sicherheit und Cybersecurity. Die mögliche Wechselwirkung verteilter Ladepunkte in zentralisierten Systemen erfordert Sicherheitskonzepte, die sich an der jeweiligen Systemtopologie orientieren und bei Fehlern das gezielte Abschalten einzelner Ladepunkten ermöglichen, ohne den Betrieb des gesamten Systems zu unterbrechen.

Das DC-Laden bringt durch Spannungen über 1000 V und Ströme von mehreren 100 A erhöhte Anforderungen an die elektrische Sicherheit mit sich. Die in der Norm DIN EN 61851-1 definierte Ladebetriebsart 4 setzt klare Vorgaben für Isolationsüberwachung, Diagnose der Sicherheitsschütze, mechanische Verriegelung und Fehlerstromüberwachung. Diese Vorgaben stellen sicher, dass weder Personen noch Fahrzeuge beim Ladevorgang gefährdet werden. Moderne Systeme gehen dabei über die Mindestanforderungen hinaus. Der Brandschutz wird durch thermische Sensoren gewährleistet, die kritische Erwärmungen an Kabeln oder Steckverbindungen erkennen und im Ernstfall eine sofortige Abschaltung auslösen. Normgerechte Prüfungen müssen regelmäßig durchgeführt werden, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten.

Ein verteiltes Ladesystem muss nicht nur jederzeit zuverlässig gefahrlos funktionieren, sondern auch gegen unbefugte Eingriffe und Ausfall geschützt sein. Die Ladeinfrastruktur ist heute eine Schnittstelle zwischen Fahrzeug, Betreibenden, Energienetz und Backend. Sie ist betriebsrelevant für die Fahrzeuge und ihre Leistung erreicht für Energienetze stabilitätskritische Werte. Damit steigt das Risiko von Manipulation und Cyberangriffen. Standards wie ISO 15118-20 und OCPP 2.1 schreiben unter anderem eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Fahrzeug, Ladepunkt und Backend vor, die verhindert, dass Daten auf dem Übertragungsweg abgefangen oder verändert werden können. Die Authentifizierung über digitale Zertifikate macht Plug & Charge sicher und komfortabel. Zugriffskontrollsysteme tragen Sorge dafür, dass nur autorisierte Personen eingreifen können. Die Prüfung von Soft- oder Firmware durch signierte Images auf Integrität sowie Herkunft vor der Installation stellen bei effizienter Fernwartung sicher, dass nur unveränderte und autorisierte Updates eingespielt werden können. Für ein einheitliches Sicherheitsniveau wird die Umsetzung solcher Vorgaben ab 2026 in der Europäischen Union verpflichtend für alle öffentlich zugänglichen Ladepunkte.

Zukunft der Ladeinfrastruktur

Damit wird der Trend der Entwicklung im DC-Laden deutlich: schneller, höher, verteilter. Schneller, weil Ladezeiten verkürzt und Fahrzeuge flexibler eingesetzt werden können. Höher, weil Ladeleistungen bis in den Megawattbereich realisiert werden, um auch Schwerlastanwendungen abzudecken. Und verteilter, weil die Zukunft des DC-Ladens nicht in immer größer werdenden Kompaktstationen liegt, sondern in modularen, zentralisierten Architekturen mit intelligenter Steuerung, die Leistung dort bereitstellt, wo sie gebraucht wird. Die Verbindung von Leistungselektronik, Steuersoftware und standardisierter Kommunikation mit einer Schaltmatrix ermöglicht es, Ladeinfrastruktur effizienter, wirtschaftlicher und zuverlässiger zu betreiben. Besonders im gewerblichen Umfeld, wo Verfügbarkeit und kurze Ladezeiten entscheidend sind, ist das ein Erfolgsfaktor. (bs)

Warum wird DC-Laden immer wichtiger?

Mit größeren Batterien und geringeren Standzeiten steigt der Bedarf an schnellerem Laden. DC-Laden ermöglicht hohe Ladeleistungen über kurze Zeiträume und verbessert die Verfügbarkeit von Pkw und Nutzfahrzeugen.

Wo liegen die Grenzen klassischer Kompaktladestationen?

Kompaktlader werden bei hohen Leistungen groß, schwer, laut und teuer. Sie benötigen viel Platz, erzeugen mehr Abwärme und haben oft eine niedrige Auslastung, da Leistungselektronik fest einem oder zwei Ladepunkten zugeordnet ist.

Warum sind zentrale Leistungseinheiten effizienter?

Zentralisierte Leistungsmodule nutzen Platz, Kühlung und Wartung deutlich effizienter. Sie lassen sich modular erweitern, sind besser geschützt und können mehrere Dispenser flexibel versorgen – mit weniger Kosten pro Ladepunkt.

Was ist Dynamic Power Allocation und warum ist das wichtig?

Eine Schaltmatrix teilt die verfügbare Leistung dynamisch auf belegte Ladepunkte zu. Das reduziert Überdimensionierung, verkürzt Ladezeiten und steigert den Energiedurchsatz im Ladepark erheblich.

Welche Kommunikationsstandards sind dafür nötig?

ISO 15118-20 ermöglicht flexible Leistungsanpassungen ohne Ladeunterbrechungen, und OCPP 2.1 erlaubt komplexe Konfigurationen und Backend-Steuerung. Spezielle Controller sorgen für zuverlässige Kommunikation auch über große Distanzen.

Wie wird Sicherheit in zentralisierten DC-Systemen gewährleistet?

Normen wie DIN EN 61851-1 definieren klare Vorgaben für Isolationsüberwachung, Verriegelungen und Fehlerstromschutz. Ergänzend sichern Cybersecurity-Standards, Zertifikate und verschlüsselte Kommunikation den Betrieb ab 2026 verbindlich ab.

Melina Danieli

Marketing Expert bei Vektor

Peter Guse

Director Business Development bei Vektor