Strategiewechsel mit Risiken & Chancen

ZF 2024: Stellenabbau, Partnersuche & Milliarden-Invests

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ZF 2024 Key Figures
Bei den Kennzahlen für 2024 hat ZF darauf geachtet, dass die negativen Aspekte der Jahrespressekonferenz nicht hervorstechen. Doch auch die gibt es.

ZF Friedrichshafen steht vor einer der größten Transformationen seiner Geschichte. Umsatzrückgang, harter Sparkurs und strategische Neuausrichtung: Während Tausende Stellen wegfallen, investiert der Konzern Milliarden in Zukunftstechnologien.

ZF-Vorstandschef Dr. Holger Klein
ZF-Vorstandschef Dr. Holger Klein präsentierte auf der Jahres-Bilanzpressekonferenz 2025 einen Rückblick auf das vergangen Jahr sowie einen Ausblick auf 2025.

Die ZF Friedrichshafen AG sieht sich aktuell mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, denen der Automobilzulieferer mit einer umfangreichen strategischen Neuausrichtung begegnet. Das wurde auf der Jahres-Bilanzpressekonferenz 2025 extrem deutlich. Vorstandschef Dr. Holger Klein bezeichnete die tiefgreifenden Veränderungen daher auch als „Operation am offenen Herzen“ und machte damit deutlich, wie umfassend der Wandel bei ZF derzeit ist. Neben einem deutlichen Umsatzrückgang im Jahr 2024 und weitreichenden Maßnahmen zur Anpassung der Unternehmensstrukturen hat es zudem einen wichtigen personellen Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats gegeben: Dr. Rolf Breidenbach übernimmt den Vorsitz von Dr. Heinrich Hiesinger.

Obwohl das Umfeld durch eine Vielzahl negativer Einflüsse wie schwache Märkte, steigende Kosten und geopolitische Unsicherheiten belastet war, verfolgt ZF einen klaren strategischen Fahrplan unter dem Motto „Stärken stärken – Potenziale erschließen“. Die umfassenden Maßnahmen zeigen erste Erfolge und bereiten den Konzern auf die Zukunft vor. Klein betonte dabei, dass Entscheidungen wie die angestrebten Partnerschaften in der Division Elektrifizierte Antriebstechnologien bewusst getroffen werden, auch wenn sie verständlicherweise Emotionen bei den Mitarbeitenden hervorrufen.

Finanzkennzahlen von ZF 2024 im Überblick

2024 erzielte ZF einen Umsatz von 41,4 Milliarden Euro, ein Rückgang um 11,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ursache hierfür waren vor allem M&A-Effekte wie das Joint Venture ZF Foxconn Chassis Modules und negative Wechselkurseinflüsse. Das bereinigte EBIT lag bei 1,5 Milliarden Euro, was einer EBIT-Marge von 3,6 Prozent entspricht. Positiv überraschend war der bereinigte Free Cashflow von 305 Millionen Euro, deutlich über den prognostizierten Erwartungen.

Trotz Marktrückgang investierte ZF unverändert stark in Forschung und Entwicklung mit insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Schwerpunkte bildeten dabei E-Mobilität sowie Nutzfahrzeugtechnologien. „Die technische Entwicklung geht trotz der schwachen Marktsituation voran“, betonte Finanzvorstand Michael Frick.

Transformation der Strukturen und Arbeitsplatzabbau

ZF befindet sich mitten in einer grundlegenden Neuausrichtung, um Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Drei zentrale Handlungsfelder wurden benannt: Performance, Portfolio sowie Struktur und Kultur. Insbesondere die Performance-Programme in Deutschland sind ambitioniert: Bis Ende 2028 sollen zwischen 11.000 und 14.000 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. Bisher wurden bereits rund 4.000 Stellen durch natürliche Fluktuation und Arbeitszeitreduzierung eingespart. „Wir setzen alles daran, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern“, so Klein.

Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats bei ZF

Parallel zur strategischen Neuausrichtung gab es eine personelle Veränderung: Dr. Rolf Breidenbach wurde zum neuen Vorsitzenden des ZF-Aufsichtsrats gewählt. Der ehemalige Hella-Geschäftsführer tritt die Nachfolge von Dr. Heinrich Hiesinger an, der sein Amt vorzeitig zur Verfügung stellte, um in einer wichtigen Transformationsphase eine langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten. Neues Mitglied des Kontrollgremiums wird Ingrid Jägering, aktuell Vorständin bei Stihl, die den Aufsichtsrat zukünftig mit ihrem umfassenden Finanz- und Branchen-Knowhow unterstützen soll. „Wir freuen uns auf ihren Rat und die Zusammenarbeit“, betonte Breidenbach.

Dr. Rolf Breidenbach, neuer Vorsitzender des ZF-Aufsichtsrats
Dr. Rolf Breidenbach wird neuer Vorsitzender des ZF-Aufsichtsrats
Dr. Heinrich Hiesinger, ZF-Aufsichtsratsvorsitzender von Januar 2022 bis März 2025
Er folgt auf Dr. Heinrich Hiesinger, der von Januar 2022 bis März 2025 ZF-Aufsichtsratsvorsitzender war.
Ingrid Jägering, vorgesehenes Mitglied im ZF-Aufsichtsrat
Die frei gewordene Position im ZF-Aufsichtsrat soll mit Ingrid Jägering besetzt werden, die in Kürze von der Hauptversammlung der ZF Friedrichshafen AG in das Kontrollgremium gewählt werden soll.

Neuausrichtung des Produktportfolios

ZF überprüft kontinuierlich das eigene Produktportfolio. Geschäftsbereiche mit klaren Synergien bleiben Kernbestandteil der Unternehmensstrategie. Dazu gehört die 2024 gegründete Division Chassis Solutions, die Kompetenzen in Aktiver Sicherheit und Fahrwerktechnik bündelt. ZF konnte jüngst bedeutende Erfolge verbuchen, etwa einen Großauftrag für Brake-by-Wire-Systeme in rund fünf Millionen Fahrzeugen eines US-Herstellers sowie die Ausstattung des Nio ET9 mit einer Steer-by-Wire-Technologie.

Andere Bereiche, die weniger Synergien mit dem Kerngeschäft aufweisen, positioniert ZF eigenständiger am Markt oder überführt sie in Partnerschaften, wie die Division Passive Sicherheitssysteme (nun ZF Lifetec) oder die Achssystemmontage mit Foxconn. „Wir handeln hier nicht unter Druck, sondern suchen stets die optimale Lösung“, erläuterte Klein.

Im Bereich Fahrzeugsoftware wurde die Partnerschaft mit KPIT Technologies zu Qorix ausgeweitet, ergänzt durch den Einstieg von Qualcomm. Diese Zusammenarbeit adressiert gezielt die wachsende Komplexität in Fahrzeugsoftware und Middleware-Stacks.

Partnersuche für Elektrifizierte Antriebstechnologien – Zukunft ungewiss

In der Division für Elektrifizierte Antriebstechnologien, oft als „Herz“ von ZF bezeichnet, sucht das Unternehmen aktiv nach einem Partner oder Käufer. Aufgrund der langsamen Marktentwicklung in der E-Mobilität, hoher Konkurrenz und geringer Margen prüft ZF den Verkauf oder eine Partnerschaft dieser Sparte. Vorstandschef Klein betonte, dass dabei zwar Rücksicht auf die Belegschaft genommen werde, machte aber zugleich klar, dass dieser Schritt für die Zukunft der Sparte unausweichlich sein könnte. Er räumte offen ein, dass solche Entscheidungen bei den Beschäftigten Emotionen hervorrufen und schwierig seien.

ZFs-Ausblick auf 2025: Vorsichtiger Optimismus

Für das Jahr 2025 prognostiziert ZF einen Umsatz von über 40 Milliarden Euro sowie eine EBIT-Marge zwischen 3,0 und 4,0 Prozent. Der bereinigte Free Cashflow wird mit über 500 Millionen Euro erwartet. Trotz des verhaltenen Marktausblicks zeigt sich das Unternehmen zuversichtlich, langfristig von seinen eingeleiteten Maßnahmen zu profitieren. „2024 und 2025 sind Übergangsjahre. Aber die künftigen Konturen von ZF zeichnen sich immer klarer ab“, sagte Klein.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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