In einem intern entwickelten Brandtest, in denen eine über 1000 °C heiße Flamme in Kombination mit einem abrasiven Partikelstroms unter dem Batteriedeckel platziert wird, hat sich das Material bewährt.

In einem intern entwickelten Brandtest, in denen eine über 1000 °C heiße Flamme in Kombination mit einem abrasiven Partikelstroms unter dem Batteriedeckel platziert wird, hat sich das Material bewährt. (Bild: Von Roll)

Es gibt etliche Ursachen, warum eine Batterie in einem Fahrzeug mit Elektroantrieb in Brand geraten kann: ein Aufprall, ein Kurzschluss in einer Zelle und viele andere Ursachen. Dann muss es schnell gehen: Die Insassen müssen schleunigst das Fahrzeug verlassen, bevor der Brand die Integrität des Batteriegehäuses zerstört und die Flammen auf das gesamte Fahrzeug übergreifen.

Damit dafür genug Zeit bleibt, sind herkömmliche Batteriedeckel aus Stahl oder Aluminium gefertigt und durch zusätzliche Maßnahmen abgesichert. Hierzu werden beispielsweise Brandschutzelemente aus einem durchbrandsicheren Material über den Batteriezellen in den Deckel eingebracht. Da die Durchbrandschutz-Elemente mittels Formschluss (Clips, Schrauben, etc.) oder Stoffschluss (Klebstoff, Klebebänder, etc.) mit dem Metall zu verbinden sind, ist diese mehrstufige Herstellung recht aufwendig. Aus Aluminium/Stahl gefertigte Batteriedeckel sind schwer – mit nachteiligen Auswirkungen auf Fahrverhalten und Energieeffizienz.

Warum der Batteriedeckel ein Hybrid-Bauteil ist

Um Kosten und Gewicht zu sparen sind Automobilhersteller daher auf der Suche nach Alternativen. Die bei Von Roll entwickelten Batteriedeckel bestehen nicht aus mehreren nachträglich gefügten Elementen, sondern sind als Hybrid-Bauteile gefertigt. Der Batteriedeckel besteht aus mechanisch hoch belastbarem SMC (Sheet Molding Compound) mit sehr guten elektrischen und thermischen Isolationseigenschaften.

SMC ist ein Gemisch aus Kunstharz und Glasfasern, das zu Formteilen verpresst wird. Die genaue Formulierung des SMC lässt sich auf vielfältige Weise anpassen, etwa um bestimmte thermische Eigenschaften zu erzielen. SMC lässt sich unter Hitze in die gewünschte Form pressen und aushärten. Der Clou: Bei diesem Fertigungsverfahren wird das Harz so flüssig, dass es sich homogen in der Pressform verteilt. Die Fasern bewegen sich dabei mit, was dem Bauteil überall eine gleich hohe Festigkeit verleiht, analog zu Stahl oder Aluminium, allerdings eine größere Freiheit im Design bietet.

Das Herzstück der Batteriedeckel sind jedoch die integrierten Branschutzelemente aus Glimmer (englisch: Mica). Glimmerverbundwerkstoffe sind nicht brennbar, weisen eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit und außerordentlich hohe thermische Stabilität auf – selbst bei Temperaturen bis über 1000 °C – und eignen sich damit sehr gut für Brandschutzanwendungen aller Art. Von Roll bezieht Glimmer aus eigenen Minen in Brasilien und bringt viel Erfahrung bei der Verarbeitung des Minerals mit. Glimmer kommt in einer Reihe von Anwendungen zum Einsatz: So befinden sich thermische Glimmerprodukte beispielsweise in Flugzeugwandstrukturen sowie in feuerfesten Stromkabeln der höchsten Wolkenkratzer der Welt und erhöhen damit die Funktion und Sicherheit dieser Anwendungen.

Das Herzstück der Batteriedeckel sind integrierte Brandschutzelemente aus Glimmer (Mica). Im Bild das Mineral in Nahaufnahme (links) und in zusammen mit Kristall (rechts).
Das Herzstück der Batteriedeckel sind integrierte Brandschutzelemente aus Glimmer (Mica). Im Bild das Mineral in Nahaufnahme (links) und in zusammen mit Kristall (rechts). (Bild: Von Roll)

Vollständig automatisierbar

In den brandschutzsicheren Batteriedeckeln hält das SMC die Brandschutzelemente formschlüssig fest, ohne dass eine zusätzliche Fixierung notwendig ist. Als Schutzelemente kommen hierbei die Produkte Von Roll Shield T 18 und T 28 zum Einsatz. Diese bestehen zu 90 Prozent aus Mica und zu zehn Prozent aus einem temperaturbeständigen Harz. Der gesamte Batteriedeckel wird also in einem Arbeitsschritt hergestellt. Der Herstellvorgang wird dadurch deutlich verkürzt – das SMC nimmt binnen Sekunden die vorgegebene Form an und härtet in diesem Zustand aus. Nach dem Abkühlen wird das Teil entnommen, besäumt und ist fertig zum Einbau. Das spart Zeit, Kosten und reduziert außerdem Gewicht, da kein zusätzliches Befestigungsmaterial nötig ist. Automobilhersteller können so den gesamten Batteriedeckel fertig aus einer Hand beziehen, statt ihn aus Teilen von mehreren Lieferanten zusammenzusetzen.

Von Roll hat diesen Prozess bereits erfolgreich demonstriert. In der Serienfertigung läuft dieser vollständig automatisiert ab. Roboter legen dabei die Glimmerformteile ein, schneiden die SMC-Matten und platzieren sie in der Form. Die komplette Fertigung eines Teils ist somit deutlich effizienter als bei einem nachträglich mit Durchbrandschutz versehenem Batteriedeckel aus Stahl oder Aluminium. Tests in der Prototypenherstellungsphase ergaben, dass sich die Lösung sehr gut für den Serienmodus eignet. Um diesen Prozess auf die Anforderung einzelner OEMs zu optimieren, ist im nächsten Schritt in einem Entwicklungsprojekt für die großangelegte Serienfertigung mit den Automobilherstellern zusammenzuarbeiten und die Batteriedeckel zur Serie zu bringen.

Dieser Batteriedeckel für Elektrofahrzeuge ist aus einem faserverstärken Verbundwerkstoff mit integriertem Durchbrandschutz aus Glimmer hergestellt.
Dieser Batteriedeckel für Elektrofahrzeuge ist aus einem faserverstärken Verbundwerkstoff mit integriertem Durchbrandschutz aus Glimmer hergestellt. (Bild: Von Roll)

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Batteriedeckel besteht Vibrationstest und Durchbrandschutz

Kombinierte Vibrations- und Klimawechseltests haben gezeigt, dass die Verbindung aus SMC und Glimmerformteilen sehr widerstandsfähig und stabil ist. Dabei wurde das Bauteil auf dem Prüfstand wechselnden Vibrationsfrequenzen ausgesetzt und entsprechend der Prüfanweisung angeregt. Dieses Prüfvorgehen wurde gemeinsam mit einem OEM-Partner abgestimmt. Neben den Erschütterungen musste der Batteriedeckel zudem Temperaturschwankungen in der Batterie zwischen +85 °C und -40 °C sowie eine hohe Luftfeuchtigkeit aushalten. Nach den durchgeführten Tests waren keinerlei Beeinträchtigungen oder Veränderungen am Bauteil messbar und beide Materialien hielten unverändert fest zusammen.

Der Batteriedeckel wurde beim Vibrationstest mit unterschiedlichen Vibrationsfrequenzen beaufschlagt, um seine Widerstandsfähigkeit zu testen.
Der Batteriedeckel wurde beim Vibrationstest mit unterschiedlichen Vibrationsfrequenzen beaufschlagt, um seine Widerstandsfähigkeit zu testen. (Bild: Von Roll)

Die wichtigste Eigenschaft des Batteriedeckels aus SMC und Glimmer ist der Durchbrandschutz, und auch hier konnte der Prototyp überzeugen. Die Entwickler hatten sich zum Ziel gesetzt, dass die Brandbarriere mindestens 15 Minuten bestehen muss – ein Wert, der deutlich über den Anforderungen und dem Brandschutz aktueller Lösungen liegt.

In einem intern entwickelten Brandtest, in denen eine über 1000 °C heiße Flamme in Kombination mit einem abrasiven Partikelstroms unter dem Batteriedeckel platziert wird, hat sich das Material bewährt. Auch Abusetests mit 120-Ah-NMC-Zellen haben die Glimmerinserts ohne Durchbrand überstanden. Die Glimmerprodukte sind dabei extrem widerstandsfähig gegenüber dem Partikelstrom eines thermischen Events von typischen Batteriezellen, die in der E-Mobiliät Verwendung finden.

In einem intern entwickelten Brandtest, in denen eine über 1000 °C heiße Flamme in Kombination mit einem abrasiven Partikelstroms unter dem Batteriedeckel platziert wird, hat sich das Material bewährt.
In einem intern entwickelten Brandtest, in denen eine über 1000 °C heiße Flamme in Kombination mit einem abrasiven Partikelstroms unter dem Batteriedeckel platziert wird, hat sich das Material bewährt. (Bild: Von Roll)

Fazit

Kommende Regularien zu Brandschutzanforderungen im Elektromobilitätssektor sind eine Herausforderung. Der bei Von Roll entwickelte Batteriedeckel aus SMC und Glimmer hat in Tests gezeigt, dass er mechanisch und thermisch sehr stabil ist und den kommenden Anforderungen gewachsen ist. Gemeinsam mit OEMs wird das Konzept nun in die Serienfertigung überführt.

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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