Gedruckte Sensorik auf Basis von CNTs erlauben die Überwachung der E-Auto-Batterie auch an schwer zugänglichen Stellen im Batteriegehäuse.

Gedruckte Sensorik auf Basis von CNTs erlauben die Überwachung der E-Auto-Batterie auch an schwer zugänglichen Stellen im Batteriegehäuse. (Bild: AdobeStock 506287858, WenPhoto)

Batteriemanagementsysteme (BMS) sollen für die korrekte Funktion und somit die Sicherheit und Effizienz von Batterien sorgen. Dabei gibt es einige Herausforderungen: Um die für ein E-Auto nötige Kapazität zu erreichen, werden je nach Zellgröße hunderte oder tausende Batteriezellen integriert. Und jede einzelne Zelle kann eine potenzielle Fehlerquelle, bezogen auf das Gesamtsystem, sein. Bei einer Fehlfunktion, z. B. verursacht durch vorzeitige Alterung oder mechanischen Stress, steigt der Innenwiderstand der Batterie an, was thermische Verluste verbunden mit einer unerwünschten Wärmeentwicklung zur Folge hat – mit dem Resultat, dass sich ein gefährlicher Hotspot bildet, der die Batterie weiter schädigt. Um den sicheren Betrieb zu gewährleisten, greift hier das BMS ein und reduziert die Leistung der Batterie oder möglicherweise des kompletten Batterie-Stacks. Das allerdings oft bei bereits verhältnismäßig geringen Temperaturen von 30 bis 40 °C bzw. 40 bis 50 °C. Neben der Alterung oder Defekten neigen bestimmte Bereiche einer Batteriezelle zusätzlich zu einer stärkeren Wärmeentwicklung, zum Beispiel im Bereich der Anschlusskontakte. Eine Lösung wäre die Temperaturüberwachung jeder einzelnen Batteriezelle durch die Integration spezieller Sensoren in der Zelle. Der hohe Preisdruck und die schnellen Entwicklungen bei Batterien machen dies jedoch wirtschaftlich unattraktiv.

Bild 1: Gedruckte Nanokomposit-Sensoren auf CNT-Basis sind Teil einer funktionalen und intelligenten Verpackungstechnologie für Batterien.
Bild 1: Gedruckte Nanokomposit-Sensoren auf CNT-Basis sind Teil einer funktionalen und intelligenten Verpackungstechnologie für Batterien. (Bild: Rutronik, TU Chemnitz)

Genau hier setzt das Projekt „Smart lightweight functionalized materials for Housing of Batteries, SmartHouB“, unter der Leitung der TU Chemnitz an (siehe Kasten). Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird eine funktionale und intelligente Batterieverpackungstechnologie entwickelt. Dazu werden gedruckte Nanokomposit-Sensoren in ein Materialsystem integriert, das für die mechanische Struktur eines Batteriepacks verwendet wird (Bilder 1 und 2). Rutronik Elektronische Bauelemente ist Teil eines Industriebeirates, der die Anwendbarkeit der SmartHouB-Ergebnisse auf verschiedene Applikationsgebiete prüft.

Die E-Mobilität steht durch rasante Stückzahlentwicklung bei Autos, Nutzfahrzeugen, E-Bikes und mehr im Fokus der Anwendungen. Die hohe Anzahl an professionellen batteriebetriebenen Elektrowerkzeugen ist ebenfalls ein wichtiger Massenmarkt mit hohen Sicherheitsanforderungen an das Energiespeichersystem. Als weltweiter Distributor von u. a. Li-Ion-Zellen, Super-Kondensatoren und BMS-ICs werden in den intensiven Beratungsgesprächen mit führenden Firmen in diesem Bereich wichtige Informationen und Anforderungsprofile über die zukünftige Systemlandschaft gesammelt, konsolidiert und für die universitären Forschungspartner zugänglich gemacht. Die zentrale Aufgabe im Konsortium ist es, die erlangten Forschungsergebnisse so zeitnah wie möglich in die industrielle Produktion zu überführen.

Bild 2: Hier sind die gedruckten Sensormatrizen zur Temperaturmessung in ein Batteriegehäuse integriert.
Bild 2: Hier sind die gedruckten Sensormatrizen zur Temperaturmessung in ein Batteriegehäuse integriert. (Bild: Rutronik, TU Chemnitz)

Funktionalisierte Kohlenstoff-Nanoröhrchen als Basis

Für viele Sensorik-Anwendungen sind Kohlenstoff-Nanoröhrchen (Carbon Nanotube; CNT) essenziell (Bild 3). Gerade im Bereich der Nanokomposit-Sensoren werden sie aufgrund ihres hohen Aspektverhältnisses, ihrer sehr guten mechanischen Eigenschaften sowie ihrer guten elektrischen und thermischen Leitfähigkeit eingesetzt. Die CNTs werden dabei unter Verwendung geeigneter Lösungsmittel im Polymer dispergiert. Aufgrund der Van-der-Waals-Kräfte neigen die CNTs zum Bündeln. Die Wissenschaftler an der TU haben hierzu ein spezielles Verfahren entwickelt mit Ultraschall, Wärme und genug Zeit die CNTs zu vereinzeln, um stabile und möglichst homogene Dispersionen und somit reproduzierbare Sensoreigenschaften zu erzielen.

Bild 3: Carbon Nanotubes kommen unter anderem aufgrund ihres hohen Aspektverhältnisses und der guten mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften zum Einsatz.
Bild 3: Carbon Nanotubes kommen unter anderem aufgrund ihres hohen Aspektverhältnisses und der guten mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften zum Einsatz. (Bild: Rutronik, TU Chemnitz)

Die CNT/Lösungsmittel-Dispersion wird anschließend auf ein Substrat oder direkt auf die Applikation aufgebracht. Dazu kommen Verfahren wie Tintenstrahldruck, Schleuderbeschichtung, Siebdruck oder, wie hier, Sprühbeschichtung zum Einsatz. Durch Variationen der Konzentration, Art der CNTs und mit einer weiteren Funktionalisierung der vereinzelten CNTs mit zum Beispiel Carboxyl- (COOH), Hydroxyl- (-OH) und Amino- (-NH2) Gruppen, lassen sich noch weitere Sensoreigenschaften einstellen. Das ermöglicht schließlich die maßgeschneiderte Entwicklung flexibler Sensoren für unterschiedlichste Anwendungsbereiche.

Aufbau, Funktionsweise und Integration der Sensoren

Die hier entwickelten Nanokompositmaterialien haben das Potenzial, durch eine weitere Funktionalisierung, als multifunktionale Sensoren bereitgestellt zu werden. Damit lassen sich neben physikalischen Größen wie Druck und Dehnung auch selektiv Gase oder auch Temperaturen messen. Die Basis des Sensors ist ein nichtleitendes Polymer. In diesem sind die leitfähigen CNTs eingebettet. Durch äußere Einflüsse, wie z. B. mechanischen Stress oder Temperaturänderungen, verändern sich die elektrischen Eigenschaften des sensitiven Materials. Bei mechanischer Belastung bilden sich leitfähige Kanäle, die sogenannte Perkolation (Bild 4). Diese führen zu einer Änderung des Innenwiderstands des Sensors und zu einem messbaren Signal. Die Detektion von mechanischem Stress ist zukünftig in der E-Mobilität besonders wichtig, weil es dadurch möglich ist, prädiktiv Veränderungen über die Lebensdauer in einem verbauten Batteriepack zu detektieren. Des Weiteren können eventuelle mechanische Schäden am Batteriepack nach einem Unfall identifiziert werden, ohne das Fahrzeug zerlegen zu müssen oder einer Sichtprüfung des Batteriepacks zu unterziehen. Das spart enorme Kosten und ist ein großer Beitrag zur Fahrzeugsicherheit.

Bild 4: Durch äußere Einflüsse ändern sich die elektrischen Eigenschaften der CNTs. Bei mechanischer Belastung bilden sich leitfähige Kanäle (Perkolation).
Bild 4: Durch äußere Einflüsse ändern sich die elektrischen Eigenschaften der CNTs. Bei mechanischer Belastung bilden sich leitfähige Kanäle (Perkolation). (Bild: Rutronik, TU Chemnitz)

Die fertigen Sensoren lassen sich mit der für das Batteriegehäuse verwendeten Verbundkeramik verkleben. Anschließend wird daraus ein Gehäuse gefertigt. Ist die Gehäusestruktur bereits vorhanden, können die Sensoren auch direkt darauf aufgebracht werden. Nach dem Kontaktieren und einer Initialmessung sind die Sensoren einsatzbereit. Die integrierten Polymersensoren überwachen die Temperaturverteilung in jedem Stack-Modul und lassen Rückschlüsse auf das Temperaturverhalten der einzelnen Zellen zu. Die Technologie eignet sich für alle Arten von Batteriezellen und erfordert keine zusätzlichen Temperatursensoren, um die sichere Funktion der Batterien zu gewährleisten (Bild 5).

Bild 5: Sensormatrix, wie sie z. B. zur Temperaturmessung zum Einsatz kommt. Die fertigen Sensoren lassen sich mit der im Gehäuse eingesetzten Verbundkeramik verkleben.
Bild 5: Sensormatrix, wie sie z. B. zur Temperaturmessung zum Einsatz kommt. Die fertigen Sensoren lassen sich mit der im Gehäuse eingesetzten Verbundkeramik verkleben. (Bild: Rutronik, TU Chemnitz)

Warum sind Carbon Nanotubes so wichtig für die Sensorik?

Carbon Nanotubes können in verschiedenen Arten von Sensoren eingesetzt werden, da sie eine hohe Empfindlichkeit gegenüber chemischen, biologischen und physikalischen Veränderungen aufweisen. Zum Beispiel können CNTs als Widerstandssensoren verwendet werden, um verschiedene Gase oder Flüssigkeiten zu erkennen, indem sie Änderungen in ihrem elektrischen Widerstand messen. CNTs können auch als Biosensoren verwendet werden, um spezifische biologische Moleküle wie DNA, Proteine oder Zellen zu erkennen. Darüber hinaus können CNTs auch in der Temperatur- und Dehnungsmessung eingesetzt werden. Durch die Funktionalisierung von CNTs mit spezifischen Molekülen können sie spezifische Zielmoleküle erkennen und so eine selektive Erkennung ermöglichen. Der Einsatz von CNTs in Sensoren wird intensiv erforscht und hat das Potenzial, die Empfindlichkeit und Selektivität von Sensoren in verschiedenen Anwendungen zu verbessern.

Langfristiges Ziel ist es, das Aufbringen der Sensorik direkt in die Gehäusefertigung zu integrieren. Um mit den Taktzeiten der industriellen Produktion mitzuhalten, ist jedoch noch Forschungsarbeit nötig. Eine Option ist ein Sensor von der Rolle, der nachträglich appliziert wird, ähnlich dem Tape&Reel-Konzept bei SMD-Bauteilen.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

Wie entstehen bessere E-Auto-Batterien und sind sie sicher? Bewährte und neue Batterietechnologien von Entwicklung bis Recycling, Brandschutz von Simulation über Materialien bis Batteriemanagement und Safety-Konzepten, sowie Testverfahren von EMV bis Sicherheit. Die Technologien dahinter finden Sie hier.  

Das Forschungsprojekt SmartHouB

Das Forschungsprojekt „Smart lightweight functionalized materials for Housing of Batteries, SmartHouB“ mit einer Laufzeit vom 15. Juni 2021 bis zum 31. Mai 2024 bringt vier Partner aus drei Ländern zusammen: die Technische Universität Chemnitz, vertreten durch die Professur für Mess- und Sensortechnik (Projektkoordination) und die Stiftungsprofessur „Textile Kunststoffverbunde und Hybridverbindungen“ (Deutschland), die İzmir Katip Çelebi Universität (Türkei), die Universität von São Paulo (Brasilien) und Bevi Plastic Ltda. (Brasilien). Das Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms M-ERA.NET gefördert und befasst sich mit dem Thema „Funktionelle Materialien“. Unterstützung kommt außerdem vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK), der Sächsischen Aufbaubank (SAB), dem Scientific and Technological Research Council of Turkey (TÜBİTAK) und der Fundação de Amparo à Pesquisa do Estado de São Paulo (FAPESP). Rutronik ist im Industriebeirat des Forschungsprojektes vertreten.

Weitere Einsatzgebiete der Technologie

Aufgrund ihrer geringen Größe und der kostengünstigen Herstellung sowie der Möglichkeit, sie direkt auf dem vorhandenen Batteriegehäuse aufzubringen und damit Gewicht einzusparen, sind die Sensoren speziell für das Marktsegment der elektrischen Mobilität interessant. Dazu sind sie sehr robust, da sie über ein hohes Festigkeits-Gewichts-Verhältnis, eine hohe Temperaturbeständigkeit sowie eine hohe Stoß-/Durchstoßfestigkeit verfügen. Durch die Möglichkeit, mit einem Material unterschiedliche Messgrößen an unterschiedlichen Stellen erfassen zu können, ergeben sich große Sicherheitsvorteile im Bereich Elektromobilität.

Generell eignen sich die kostengünstigen und kleinen Sensoren für einen Einsatz in schwer zugänglichen Bereichen und überall dort, wo eine genaue Temperaturüberwachung wichtig ist, beispielsweise in der industriellen Fertigung. In Kombination mit 3D-Druckverfahren und der schichtweisen Produktion eines Gehäuses ermöglicht die neue Technologie quasi eine beliebige Platzierung der Sensorik und speziell an Stellen, wo herkömmliche verdrahtete Sensorik gar nicht möglich ist, z. B. in ineinander verschachtelten Konstruktionen. Auf der konstruktiven Seite des Gehäuses lässt sich dadurch höchste Flexibilität im Abwägen von Form und Funktion des Batteriegehäuses erreichen. (na)

Prof. Dr. Olfa Kanoun, TU Chemnitz
(Bild: TU Chemnitz)

Prof. Dr. Olfa Kanoun

Professorin für Mess- und Sensortechnik an der Technischen Universität Chemnitz

Andreas Mangler, Rutronik
(Bild: Rutronik)

Andreas Mangler

Director Strategic Marketing bei Rutronik Elektronische Bauelemente

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