Grafik von E.ON zur Analyse des Speicherpotenzials bidirektional-fähiger E-Autos in Deutschland, zeigt 160.000 geeignete E-Autos mit einer durchschnittlichen Akkugröße von 61 kWh, von denen 60% für bidirektionales Laden genutzt werden. Potenzial von 5.500 MWh kann 1.750.000 Haushalte von 17:30 bis 5:30 Uhr versorgen.“

Die E.ON-Analyse zeigt das bidirektionale Speicherpotenzial von E-Autos in Deutschland. Mit 160.000 geeigneten Fahrzeugen und einer durchschnittlichen Akkukapazität von 61 kWh können 5.500 MWh Energie bereitgestellt werden. Diese Kapazität reicht aus, um 1,75 Millionen Haushalte über Nacht zu versorgen. (Bild: E.ON.)

Bidirektionales Laden ist eine Technologie, die Elektrofahrzeuge nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch als mobile und flexible Energiespeicher nutzt. Idee dahinter ist einfach: Der Strom kann in beide Richtungen fließen (bidirektional): vom Stromnetz in die Fahrzeugbatterie und umgekehrt zurück ins Netz oder ins Haus. Möglich machen dies spezielle Gleich- und Wechselrichter, die den Gleichstrom aus der Batterie des Elektroautos in den im Haushalt benötigten Wechselstrom umwandeln. Schon heute sind asiatische Hersteller führend und bieten erste „bidi-ready“-Modelle an, die nach der 2023 erscheinenden Norm ISO 15118-20 arbeiten und damit das bidirektionale Laden technisch ermöglichen.

Es gibt drei Hauptanwendungen: Vehicle-to-Load (V2L) für den Einsatz als mobile Stromquelle, Vehicle-to-Home (V2H) für die Versorgung des eigenen Haushalts und Vehicle-to-Grid (V2G) für die Rückspeisung ins öffentliche Netz. Trotz vielversprechender Ansätze stehen einer flächendeckenden Einführung derzeit noch regulatorische Hürden sowie Fragen der Batteriegarantie und der Kompatibilität zwischen Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur entgegen. Zudem muss der wirtschaftliche Nutzen gegen den Batterieverschleiß abgewogen werden.

Die Technologie zeigt bereits heute ihr enormes Potenzial, Stromnetze zu stabilisieren und Energiekosten zu senken. Das zeigen die Berechnungen des Energieversorgers E.ON, die sich den aktuellen Stand in Deutschland und die Möglichkeiten angesehen haben, die bidirektionales Laden bietet.

Vor und Nachteile von bidirektionalem Laden
(Bild: Napkin)

E-Mobility: Laden

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(Bild: AdobeStock_39293318)

Wo und wie lässt sich ein E-Auto aufladen? Welche Leistungselektronik steck in einer Ladesäule? Wie wird die Ladesäule intelligent? Halbleiter, Hochvolt-Komponenten, Stecker, Kabel, Wallboxen, Kommunikation, Infrastruktur, Standards, Services und mehr. Die Technologien dahinter finden Sie hier.

Der aktuelle Bestand an E-Autos in Deutschland, die bidirektionales Laden unterstützen

Aktuell sind laut E.ON über 166.000 „bidi-ready“ Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs. Diese Fahrzeuge sind bereits für das bidirektionale Laden vorbereitet, was bedeutet, dass sie nicht nur Strom aus dem Netz beziehen, sondern diesen auch wieder zurückspeisen können. Dieser wachsende Bestand zeigt das enorme Potenzial, das in der E-Mobilität steckt. Mit dem Ausbau dieser Technologie und der Verfügbarkeit passender Ladeinfrastrukturen, wie etwa bidirektionaler Wallboxen, könnte die Anzahl dieser Fahrzeuge in den kommenden Jahren weiter ansteigen.

Das Speicherpotenzial von E-Auto-Batterien

Die Fahrzeuge könnten bereits heute eine Gesamtenergiemenge von etwa 5.500 Megawattstunden (MWh) speichern. Diese Berechnung basiert auf einer durchschnittlichen Batteriegröße von 61 Kilowattstunden und der Annahme, dass 60 % der Akku-Kapazität nachts flexibel zur Verfügung stehen. Selbst wenn nur ein Viertel der Gesamtkapazität für das bidirektionale Laden genutzt würde, könnte ein Speichervolumen von rund 2.300 MWh erreicht werden.

Laut der Potenzialanalyse könnte 5.500 MWh ausreichen, um 1,75 Millionen Haushalte für zwölf Stunden mit Energie zu versorgen. Dabei handelt es sich um eine theoretische Berechnung, die zeigt, wie groß der Beitrag dieser Technologie zur Stromversorgung sein könnte. Die 2.300 MWh könnten etwa 730.000 Haushalte eine ganze Nacht mit Strom beliefern. Runtergebrochen auf ein einzelnes bidirektional-fähiges Auto, das über eine Wallbox angeschlossen ist und 60 Prozent seiner Batterie freigibt, könnten es beispielsweise in der Zeit von 17:30 Uhr bis 5:30 Uhr bis zu elf Haushalte mit Strom versorgen. Dieses Potenzial zeigt, wie wirkungsvoll die Integration von E-Auto-Batterien in das Energiesystem sein könnte, um als dezentrale Speicherlösung zu agieren. Dennoch ist ein weiterer Ausbau nötig, angesichts der etwa Zahl von 41,3 Millionen privaten Haushalten in Deutschland (Stand 2023)

Einsparungen bei CO2 und Erdgas durch bidirektionales Laden

Doch die Nutzung der bidirektionalen Kapazitäten von E-Autos hat nicht nur das Potenzial, Strom bereitzustellen, sondern auch erhebliche Mengen an fossilen Energieträgern und CO2-Emissionen einzusparen. E.ON zeigt auf, dass durch die flächendeckende Nutzung des aktuellen Fahrzeugbestands pro Entladezyklus fast eine Million Kubikmeter Erdgas und somit rund 2.000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Dies entspricht der Leistung von etwa vier großen Gaskraftwerken, die dafür stillstehen könnten. Diese Einsparungen sind ein Beispiel für den Beitrag, den bidirektionales Laden zur Reduktion von Treibhausgasen leisten könnte, indem der Bedarf an flexiblen Kraftwerken deutlich verringert wird.

Laut der dargestellten Umfrage war die Mehrheit der Hausbesitzer mit E-Auto in Deutschland im Jahr 2023 offen für bidirektionales Laden. Dabei fällt auf, dass Hausbesitzer mit Solaranlage eine etwas größere Offenheit hatten als solche ohne Solaranlage. Außerdem war die Offenheit gegenüber Vehicle-to-Home, also bidirektionalem Laden zwischen dem Auto und dem privaten Haus, größer als die gegenüber Vehicle-to-Grid, also bidirektionalem Laden zwischen dem Auto und dem öffentlichen Stromnetz.
Laut der dargestellten Umfrage war die Mehrheit der Hausbesitzer mit E-Auto in Deutschland im Jahr 2023 offen für bidirektionales Laden. Dabei fällt auf, dass Hausbesitzer mit Solaranlage eine etwas größere Offenheit hatten als solche ohne Solaranlage. Außerdem war die Offenheit gegenüber Vehicle-to-Home, also bidirektionalem Laden zwischen dem Auto und dem privaten Haus, größer als die gegenüber Vehicle-to-Grid, also bidirektionalem Laden zwischen dem Auto und dem öffentlichen Stromnetz. (Bild: Statista)

Warum Eigenheimbesitzer das bidirektionale Laden bevorzugen

Eine Umfrage von E.ON, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Civey, zeigt, dass 79 % der E-Autofahrer, die über ein eigenes Haus verfügen, an der Technologie des bidirektionalen Ladens interessiert sind. Besonders hoch ist das Interesse bei Eigenheimbesitzern mit Photovoltaikanlagen: 83 % dieser Gruppe geben an, die Technologie nutzen zu wollen. Die Möglichkeit, den eigenen erzeugten Strom zu speichern und später ins Netz zurückzuspeisen oder für den Eigenbedarf zu verwenden, bietet diesen Nutzern nicht nur eine größere Unabhängigkeit, sondern auch die Chance, Energiekosten zu senken und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Diese Zielgruppe sieht im bidirektionalen Laden ein großes Potenzial zur Optimierung ihres Energiehaushalts.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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